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Tag Archives: Rauminstallation

A million times, 2013 von „Humans Since 1982“


© humans since 1982, planet earth, 2010

Wie eine Welle ist die Zeit. Sie bewegt sich stetig und gleichmässig. Sie bewegt sich mit vielen Uhren und an einem Punkt können auch wir sehen welche Stunde es ist. Die Installation ist Zen. Sie zieht uns in den Bann, die Minuten und Stundenzeiger, die gleichmässig die Zeiten zeigen und dann doch einen gemeinsamen Nenner finden.

A million times (Time Dubai) by Humans since 1982 from Humans since 1982 on Vimeo.

Diese Kinetische Installation ist das Ergebnis eines langen Weges. Nicht erst vorgestern haben die Gestalter der Stockholmer Agentur „Humans Sinse 1982“ das Thema der Zeit und der Uhren in ihrem Repertoire. Beide wurde 1982 geboren und haben 2008 ihre Zusammenarbeit bei der Master Graduationsparty der HdK Gothenburg beschlossen. Per Eman (Sweden) hat den Master of Science an dem Royal Institute of Technology in Stockholm gemacht und Bastian Bischoff studierte Communication Design an der HTWG in Konstanz.


© humans since 1982, planet earth, 2010

Seit 2010 sind sie in Stockholm angesiedelt. Beide haben Interesse am Interesse. Und so formulieren sie das auch: Humans since 1982 are interested in interest itself. Sie wollen Interesse und Neugierde hervorrufen, herstellen. Sie nehmen die dingliche Welt, stellen sie in einen Kontext und eine Form die sich irgendwie damit beschäftigt zu zeigen, wie die Welt ist, oder sein könnte. Und wer will kann sich diesem Versuch stellen. Und so haben sie die Zeit zum Thema gemacht. Natürlich auch Uhren. Diese Objekte demonstrieren gleichmässige Bewegung und gleichzeitig codierte Bilder und Zeichen die Zeit zeigen.


© humans since 1982, planet earth, 2010

In „A  Million Times“ sind 288 analoge Uhren zu sehen. Sie sind auf einer 3.44 Meter grossen Fläche installiert und jede Uhr verfügt über einen eigenen Motor für den grossen und kleinen Zeiger. Alles zusammen schafft die Illusion von einer choreografierten Zeit.

Ein Blick in die Geschichte von „Humans Since 1982“ übrigens ein wirklich toller Name, zeigt die Beständigkeit der Arbeit.  Das erste Objekt mit dem Namen „Surveillance Light“ wurde 2008 auf der Stockholmer Möbel Show gezeigt. Und dort nicht nur in den klassichen Medien, sondern auch in politischen Blogs und Magazinen besprochen und bewertet. Das führte zu der in Brüssel zu findenden Kunstgallerie Victor Hunt. Weitere Projekte folgten und oft wurden ihre Objekte eben nicht nur von der Kunstwelt beurteilt, sondern auch von anderen Geistesströmungen, wie z.b. Religion, Politik, Wirtschaft. Sie tragen eine gewisse Zweideutigkeit in sich diese Objekte. Einige  sind in namhaften Galerien wie der Saatchi Gallery, London oder der von Phillips de Pury gelandet. Und Preise kamen natürlich auch dazu. Sie arbeiten sowohl an Auftragsarbeiten als auch an Eigenen. Sie sind erfolgreich und füllen  Einzelausstellungen. Kein Wunder.


© humans since 1982, planet earth, 2010

Dimension: 344cm x 180cm x 5cm
anzahl von Einzeluhren: 288
Material: Aluminium + Elektrische Komponenten
Elektrik: Standard 100-240V, 50-60Hz Sockets
Operation System: selbst geschriebene software die durch das iPad gesteuert wird
Oberfläche: Pulverlack beschichtete schwarze und weisse Zeiger, Zifferblätter Siebdruck

Herstellung: David Cox

Über das Video:
Unterstützung: Tim Meier, Francesca Lusuardi
Musik: Mountains Crave
Von Anna von Hausswolff geschrieben
Aufgeführt von Anna von Hausswolff
vom Album: Ceremony (Kning Disk)
Veröffentlicht durch: Misty Music AB

Beitrag von Ursula Drees

Fearful Symmetry in der Tate Modern, London von Ruairi Glynn


© und Credits der Photgrafien an Simon Kennedy www.simonkennedy.net

Build up to The Tanks – Teaser from Ruairi Glynn on Vimeo.

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Ein Jahr Vorbereitung hat es gebraucht um diese Installation in der Tate Modern zu realisieren. Der Künstler, Ruairi Glynn beschäftigt sich mit der Vorrangingkeit von Bewegung über Farbe, über Texturen über Formen. Bewegung bestimmen die Wahrnehmung des Menschen am intensivsten. Er bedient sich an den Erkenntnisse aus der Kybernetik, der Herstellung von Puppen und der Architektur, die in seinen Installation Raum finden.

© und Credits der Photgrafien an Simon Kennedy www.simonkennedy.net

Ausgehend von der Architektur, die in der Regel als Ort, nicht aber als Zeitalter verstanden wird, versucht er diesen Begriff zu erweitern. Architektur ist ein Ort der Zeit und der Bewegung. Bewegung die initiiert werden kann. Durch Objekte, durch Wände und andere Einbauten. zeit die gemessen wird im einfachsten Sinne durch eine Uhr. Durch die interaktiven Medien hat die Architektur eine Erweiterung erfahren. Durch die Kinetik, Teil der klassischen Mechanik,der Lehre von der Bewegung von Körpern und deren Auslöser, können neue Auslöser in der Architektur zu einem erweiterten Bewegungsraum führen. Architektur wird als Disziplin erweitert, nicht nur Ort sondern Zeit, Ort und Bewegung.

© und Credits der Photgrafien an Simon Kennedy www.simonkennedy.net

Diese Arbeit ist eine konsequente Weiterentwicklung früherer Arbeiten den Künstlers Glynn. Im Centre Pompidou in Paris und im Nation Art Museum in Beijing fanden bereits Vorläufer der jetzigen Arbeit einen Wirkundskreis. Auch hier ging es um eine Art Robotertanz mit dem Publikum.Der schwarze Riesencontainer in der grossen Turbinenhalle der Tate Modern inspirierte diese Arbeit. Sie wollten dieses Monstrum mit Ton und Licht bespielen, wollten die Mensch mit einer scheinbar lebenden maschine spielen und interagieren lassen Sie wollten dem Roboter die Aura einer Puppe von Puppenspielerhänden aus der Dunkelheit gesteuert schenken. Ein intimes objekt, nicht kalt und unnahbar, das sollte dem Ort eine nue Wirkung verleihen.

© und Credits der Photgrafien an Simon Kennedy www.simonkennedy.net

“This work is a direct reaction to The Tanks space itself,” so Glynn. “We will fill the space with the sounds of this living machine, mixed live by our team of sound artists. The movements have been choreographed by master puppeteers with a lifetimes’ experience breathing life into inanimate objects. The entire installation will be constantly creating a different environment from one moment to the next, and is completely reactive to the audience in the space.”

© und Credits der Photgrafien an Simon Kennedy www.simonkennedy.net

Bei Fearful Symmetry fliegt ein leuchtendes Tetrahedron durch die Luft und verweilt über den Köpfen der Besucher. Der Leuchtkörper ist an einer 21 Meter langen Schiene installiert. Sie hält den grössten Delta Roboter den es zeitlich gibt. Er ist die einzige Lichtquelle im Raum, sonst ist alles dunkel. Seine Bewegungen sind der Mittelpunkt allen Geschehens und Gesehenen. Besucher betreten den Raum und lassen sich durch das Licht leiten, manchmal erkennen sie tänzerische Bewegungen, manchmal unterhaltsame Aspekte, wenn der Roboter sich ihnen nähert und scheinbar interagiert, reagiert? Die Besucher machen mit, versuchen den Robert zu Reaktionen zu bewegen, malen sie auch, dass ihre Bewegung, ihre Veränderungen den Roboter führen. Sie beginnen zu spielen. Trotzdem wer leitet wen?

© und Credits der Photgrafien an Simon Kennedy www.simonkennedy.net

Fearful Symmetry – Tate Modern 2012 from Ruairi Glynn on Vimeo.. . . .

Fearful Symmetry by Ruairi Glynn was exhibited at the Tate Modern in August 2012 as part of the Undercurrent Programme curated by Mark Miller.http://www.ruairiglynn.co.uk/portfolio/fsymmetry/Photos & Press Release from the Exhibitionhttp://ge.tt/7vuGRPMSpecial thanks to my great team.Robotics – Vahid Aminzadeh (KCL) & Alex Zivanovic (Middx Uni)Computer Vision – Paul Ferragut & George Profenza (UCL)Mechanical Engineering – Neil (Spike) Melton (Middx Uni)Sound Design – Emmett Glynn & Sam ConranLight Engineering – Lianka Papakammenou (UCL)Photography – Simon KennedyPuppetry Consultant – Ronnie Le DrewGraphic Design – Amy LewisFilming – Ronan GlynnCommunication – Ollie Palmer (UCL) & Diony Kypraiou (UCL)Fabrication Assistant – Djorn FevrierBuilt with the Support of…Bartlett School of Architecture, UCLCentre for Robotics Research, KCLProduct Design Engineering, Middlesex UniversityLighting Sponsored by Lumitec AGhttp://www.lumitec.ch/e/ 
Ruairi Glynn
Installatons Künstler, er doziert an der  Bartlett, UCL und im  Central Saint Martin College, UAL. Ausserdem ist er zusammen mit Bob Sheil Mitherausgeber von Digital Architecture: Passages Through Hinterlands & Fabricate: Making Digital Architecture .

Anwohnerpark Kunstwerk, Köln, 2006 von osa-office for subervise + architecture_plan06,

2006 wurde zum Architekturfestival nicht nur ein stillgelegtes Kaufhaus oder eine Messehalle in Betrieb genommen, wie es bei innovativen Designprojekten oft der Fall ist, sondern der Stadtraum sollte grossflächiger einbezogen werden. Dies nannte sich plan06. Es fanden Aktionen, Ausstellungen, Vorträge und Präsentationen in Ladenlokalen, Restaurants, Clubs, Höfen und Plätzen, Baucontainern  – überall statt.

Auch ein riesiger Atelierkomplex namens KunstWerk war Teil  davon. Es gibt da einen Parkplatz, der durch eine imposante Brandwand begrenzt wird. Dieser Parkplatz ist eine Art Grenze von einer Verbindungstrasse zwischen Deutz und Mühlheim, dort wo die Zoobrücke unterquert wird und dem Ende des Messegeländes. Ein ungeklärter Ort, Autos fahren durch, keiner hält sich auf, nichts Beschönigendes ist dort. Es ist ein urbaner Stadtraum, ein Parkplatz von einer grossen Brandmauer überschattet. Die Brandwand selbst gehört zum Atelierkomplex KunstWerk.

Die Leute von den Ateliers klagten, dass sie Parkplätze  mieten müssten, falls Besucher kommen. Aber jeder weiss, dass die Künstler kein Laufpublikum haben. In Ateliers wird gearbeitet und wenn man Glück hat wird man dabei nicht gestört.  Freunde kamen mit den Öffentlichen oder Fahrrad. Aber die Parkplätze mussten trotzdem für eventuelle Besucher angemietet werden.  Das ging an den Bedürfnissen der Künstler vollständig vorbei. Aber gegen die Stadt kann auch ein gigantischer Altelierkomplex mit Brandmauer nicht viel ausrichten.

Deshalb ist dieses Projekt ist aus zweierlei Gründen sehenswert. Erstens: die Lösung eines schwerwiegenden Problems wurde realisiert und zweitens: die Herangehensweise, wie habt man es geschafft. Die osa-Artisten kannten ja die Lösung. Die Künstler der KunstWerke hatten ziemlich eindeutig die Lage beklagt und die Lösung genannt. „Wir wollen keine teueren Parkplätze, die niemand braucht, anmieten.“ Wie kriegt man so was hin?

Die Künstler von osa durchforsteten das Gelände. Und damit fiel ihnen die vielen Fahrbahnmarkierungen ins Auge. Auf den Strassen sahen sie nicht mehr Markierungen, sondern weisse Codierungen, geheime Strichkombinationen und Grenzen. Die Brandmauer war im Grunde die einzige leere Fläche. Da mussten auch Codierungen hin. Vielleicht weitere Parkplatzfläche? Und am besten noch Strassenverkehrszeichen mit Strassenlampe die brennt, wenn es dunkelt wird.

„Unser Projekt Anwohnerpark greift das bestehende Markierungsornament des Messeparkplatzes auf und führt es auf der angrenzenden Brandwand des benachbarten KunstWerk fort. Mit der ästhetischen Kraft dieser ebenso alltäglichen wie abstrakten Grafik wird nicht nur ein öffentlichkeitswirksames Icon an prominenter Stelle in einen strukturell schwierigen Stadtraum eingebracht, sondern auch ganz nebenbei das Problem der Anwohnerparkmöglichkeiten bei anhaltendem Druck der Messe auf benachbarte Flächen auf einfachste Weise nachhaltig gelöst.“  Zitat von der osa website

Jetzt gibt es eine grosse Menge an neuen Parkplätzen, eben auf der Brandmauer. Und sie entsprechen natürlich der Norm. Die Stadtverwaltung musste feststellen, dass es keine Regelungen für vertikale Parkplätze an Brandmauern gibt. Und so gelten diese Parkplätze als vollwertige. Die Parkplatzfrage ist geklärt.

Und ganz nebenbei ist ein Kunstwerk entstanden. Die Passanden verstehen sofort, auch wenn sie die Hintergründe nicht kennen. Aber ein Lächeln, das kann wohl niemand verhindern. Design Thinking im besten Sinne.

© Photographien von Anja Ohlinger oder Oliver Langbein. 

das team:-entwurf osa / realisierung: osa & kunstwerk köln

Thomas Deyle Kunstwerk, Köln, Dipl. Ing. Britta Eiermann, osa, Prof. Dipl Ing. Oliver Langbein, osa, Dipl. Ing. Anja Ohlinger, osa, Andreas Schön, Kunstwerk, Köln, Dipl. Ing. m.a. Anke Strittmatter, osa, Dipl. Ing. Bernd Trümpler, osa, Nicolaus Westenberger, Kunstwerk, Köln, Thorsten Zenk, Kunstwerk Köln.

Gefördert als plan06-Projekt vom Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen / Veranstalter: Stadt Köln, Dank an: Kay von Keitz & Sabine Voggenreiter [plan06] Realisiert im Auftrag des  KunstWerk Köln e.V. Dank an Thomas Deyle, Manfred Gabriel, Andreas Schön und all die helfenden Hände und Köpfe.

Beitrag von Ursula Drees

Prof. Langbein, osa – office of subversive architecture

Schneckeninvasion, eine Arbeit der Studierenden der Szenografie FH Dortmund unter der Leitung von Prof. Oliver Langbein Fotografie © Ursula Drees

Oliver Langbein, Professor für Szenografie an der FH Dortmund ist Mitglied der osa, dem Office for subversive architecture. Hier handelt es sich um ein Netzwerk, eine seit ca. 10 Jahren bestehende offene Arbeitsgemeinschaft und „sich – wann immer der Anlass, die Zeit und die finanzielle Möglichkeit dazu gegeben ist – mit der experimentellen Gestaltung und/oder Transformation von Raum, unabhängig von Maßstab und Definition sowie der Subversion festgetretener Sichtweisen beschäftigt.“ (Zitat Website osa).

intact, illegal refurbishment of a signal box, london/shoreditch © Website osa

Die Mitglieder, in fast allen Fällen kommen sie aus der Architektur,  leben und arbeiten überall: Berlin, Darmstadt, Frankfurt, Graz, London, München und Wien.  Wenn sie zusammenarbeiten, dann geht dem eine Phase der Diskussion und Vorbereitung voraus. Die Mitglieder treffen sich online und erst wenn das Wichtigste geklärt ist, treffen sie sich zu einem festen verabredeten Zeitpunkt am Ort des Geschehens. Die Gruppe arbeitet an no budget Projekten, aber teilweise auch mit Projektpartnern und Geldkunden. Und die meisten Mitglieder sind in der Lehre tätig, sie verarbeiten und verbreiten ihre Überzeugungen, analysieren und machen Gedanken zugänglich.

intact, illegal refurbishment of a signal box, london/shoreditch © Website osa

Das intellektuelle Leitbild ist mit der Frage beschäftigt wie der Stadtraum verändert werden kann, was dazu führt, gibt es Leitbilder, Orte und Unorte, was macht Wandelt aus und wie kann er beschleunigt werden? Gibt es Utopien, Visionen und Ideen der Perspektiv- und Positionsänderung.  Es sind Szenografen der Städte. Ihre Aktionen sind teils aus langer Hand geplant, mit medialen und technischen Mitteln über längere Zeiträume  hergestellt und umgesetzt, teils an das Happening erinnernde spontane Aktionen, die so schnell da sind, wie sie auch wieder verschwinden. Dann es ist ein Glücksfall wenn man die Aktion mitzubekommt.

intact, illegal refurbishment of a signal box, london/shoreditch © Website osa

Prof. Langbein stellte eine Vielzahl von Projekten auf der DASA, Kolloquium für Szenografie in Dortmund, vor, darunter auch das Projekt Intact.  Zwischen den Jahren 2004 bis 2006, von Idee bis zur Realisation entstand intact.  Die Arbeit kann nicht mit streng geplantem Projektmanagement und -zeitstrahl verglichen werden, eher beginnen Eindrücke zu Ideen zu werden und  irgendwann mal kommt es zu einer Umsetzung.  Die Gedanken entstehen über Zeit. Und so ist diese Aktion wie auch andere eine Geschichte wert. Oliver Langbein erzählt sie.

intact, illegal refurbishment of a signal box, london/shoreditch © Website osa

Einige Mitglieder der Gruppe wanderten durch einen verlassenen Londener Ortsteil namens Shoreditch, östlich der sogenannten Brick Lane.  Shoreditch gehört zum hippen East End, ist selber noch in der Identitätsfindung. Hier passiert noch einiges. Die Künstler und Gallerien sind gerade erst eingefallen. Graffitis und  kleine Läden und Büros mit Namen wie „future lab“ oder „dishroom“ markieren den Wandel.

intact, illegal refurbishment of a signal box, london/shoreditch © Website osa

Dort befindet sich auch der 2006 still gelegte Shoreditch Bahnhof. Dieser alte Bahnhof wurde durch eine neue Verbindung und Station, der Shoreditch High Street Station überflüssig. Hier fanden die osa Mitgleider eine alte „signal box“, ein Bahnwärter Häuschen. Es steht auf Stelzen und überblickt das Areal.  Bei dem Anblick  kann an Baumhaus, erhöhtes Schrebergartenhaus,  Badeumkleidebungalow oder Wasserspeicher in Häuschenform gedacht werden. Es ist hoch und gut sichtbar, durch Wind und Wetter in Mitleidenschaft genommen und sieht aus, als es nicht ganz zugehörig wie zufällig dort hingestellt worden.  Hier kam der Gedanke auf, dass dieses runtergekomme Gebäude eine Auffrischung gebrauchen könnte. So klein und idylisch, da wäre es schade, wenn es verfallen und in Vergessenheit geraten  würde. Ein kleines Traumhaus sollte entstehen.

Anfangs verhandelten die Gruppenmitglieder mit den Behörden und der London Railway Heritage Society, aber irgendwann wurde ihnen klar, dass sie zwar überaus liebenwürdig, aber stetig vertagt und abgewimmelt wurden. Vom Projekt wurde nicht abgelassen und eine Nacht und Nebelaktion entwickelte sich daraus. Gegen 4 Uhr morgens verschafften sich die Mitglieder Zugang zum Gelände. Es war dunkel und man musste das Renovierungsmaterial gleich mitnehmen. Die Zeit war knapp, die Aktion illegal, Schnelligkeit war gefragt. Deshalb wurde das Traumhaus für eine bestimmte Betrachterperspektive renoviert, den „hintere“ Teil blieb wie vorgefunden. Die Wände wurden weiss getüncht, ein kleiner mit grünem Kunstrasen ausgelegter Balkon, angelegt, Blumenkästen mit blühenden Geranien, ein Grill und eine Sitzecke addiert. Fensterscheiben eingesetzt und 10 Stunden später war das Traumhaus fertig.

intact, illegal refurbishment of a signal box, london/shoreditch © Website osa

Das Traumhaus wurde jedoch nach schon 3 Tagen zerstört, Vandalismus, von welcher Institution oder Bevölkerungsschicht initiiert bleibt im Ungewissen. Also wurde eine erneute Aktion durchgeführt und diesmal stand kein Grill und Gartenstuhl vorne, sondern ein behängter Wäscheständer. Nach einigen Monaten wurde auch dieses Traumhaus zerstört und eine dritte Aktion fand statt. Keine Blumenkästen diesmal, sondern ein grossen blaues Stofftier namens Schlampi, eine Skulptur der Künstlerin Simone van gen Hassend. Schlampi war eine liebevolle Antwort auf den zweifachen Vandalismus.

intact, illegal refurbishment of a signal box, london/shoreditch © Website osa

Die „guerilla action“ wurde im Britischen Fernsehen – chanel_4 ausgestrahlt. Dan Edelstyn ist der Filmemacher. Das Projekt wurde aber nicht nur im Fernsehen besprochen, die Medien allgemein haben die Aktion in Zeitungen, Websites, Blogs und Architekturmagazinen ausgiebig behandelt. Dazu die Macher: „Public reaction to this project and other interventions of its kind has been overwhelming. Through a simple, low budget and temporary action on a specific site such projects capture the imagination and raise awareness and debate around the spaces that we often pass by without so much as a glance.“

The Subversive Architects von Daniel Edelstyn: unbedingt diesen FILM ansehen!

Szenografie kann spontan sein, leichtfüssig, kein Kostenfresser. Sie kann schnelllebig sein, inspirierend und freudig. Diese Merkmale kennzeichnet viele eigentlich fast alle Projekte der Gruppe. Eine erholsame Art Aufmerksamkeit zu schaffen. Da schaut der Betrachter gerne hin, lässt sich begeistern und der Tag ist gerettet.

Ein weiteres Projekt, diesmal von Studierenden von Oliver Langbein, war die Invasion der Schnecken, die direkt im Zuge des DASA Kolloquiums inszeniert wurde. Es war kalt, Schnee lag auf den Strassen, die Fussgängerwege dürftig frei geschaufelt. Und vor dem Haupteingang durchquerte der Kolloquiumsteilnehmer eine Invasion der Schnecken. Mehr als 1000 kleine Schnecken krochen unaufhaltsam zum Gebäude. Sie wurden abends vor Dieben gerettet und morgens in der Frühe wieder, ein Stück näher am Eingang platziert. Ob sie den Weg in den Innenraum geschafft haben, immerhin gab es eine Drehtür zu überwinden, soll offen bleiben.

Schneckeninvasion, eine Arbeit der Studierenden der Szenografie FH Dortmund unter der Leitung von Prof. Oliver Langbein

Fotografie © Ursula Drees

Beitrag von Ursula Drees

13. Szenografie Kolloquium in der DASA, 2013: Wo und Was?

In der Dasa Arbeitswelt Ausstellung in Dortmund fand vom 23. bis 25. Januar 2013 das 13. Kolloquium für Szenografie statt. Der Titel: Aussichten – zur Öffnung des Unverhofften.


Eröffnungsworte von Dr. Gerhard Kilger
Dr. Gerhard Kilger in seiner Funktion als Direktor des Museums auch verantwortlich für das Festival fokussierte das Fachpublikum auf innovative Museumskonzepte durch gestalterische Vermittlungsarbeit-en. Es wird die Frage gestellt, wie sich das Staunen der Menschen in Ausstellungen oder Museen manifestiert, wodurch das Staunen erzeugt wird oder warum überhaupt gestaunt wird. Ist es Überraschung, Erinnerung, Offenheit, Bildungshunger, Langeweile was uns zum Staunen bringt? Bleiben wir ein bisschen bei der Überraschung. Diese Gefühlslage wollen wir als Ausdruck hoher Wertschaetzung und als Initialzündung zur Aufnahmewilligkeit neuer Inhalte ansehen. Welchen Anteil hat Neugierde, welchen Lernerfekt hat das Experimentieren und wie bewältigt ein Ausstellungsbereich den Anspruch und Wunsch der Besucher unterhaltsam, lehrreich, eindrücklich zu sein, damit es einen inneren Wiederhall gibt und ein Erlebnis entsteht?

Blick von der Publikumsseite auf die Bühne in der Stahlhalle

Die Referenten der unterschiedlichsten Museen erzählen von ihren Erfahrungen, Erfolgen und Rückschlägen. Und immer versuchen sie differenzierte Strategien fuer die Darstellung von Objekten, von immateriellen Zustaenden, von tabuisierten Themen, von Forschung und Wissenschaft, Kultur und Menschsein zu erläutern. Literaturmuseen stellen ihre Sammlungen und Artefakte anders vor als die Biologie, Physik, Medizin, Kulturgeschichte, Malerei alter und neuer Künstler usw. Wie können Inhalte adäquat bereit gestellt werden?



Blick in das Konferenzszenario. Die Stahlhalle mit blau angestrahlten Stahlobjekten.
Ansätze von Szenografen der klassischen Gattungen wie Theater, Oper und Bühnenaufführung werden ausgeführt, aber auch von Jenen, die kurzfristige Interventionen im urbanen öffentlichen Raum initiieren, den Guierrillia Szenografen oder von Agenturen der Szenografie für markantile Kulturpräsentationen wie EXPOS oder Roadshows.

Schneckeninvasion. Eine urbane Intervention der Szenografie Masterklasse von Prof. Oliver Langbein.

Eine Theologin erläutert den Anspekt des Unverhofften in der Sakralarchitektur der Gotik und Romanik, ein Oberst der Bundeswehr zeigt Konzepte und Ideen im Dresdner Museum für Militärische Geschichte auf. Von Konzepten und Überlegungen über Best Practise Case Studies zur wissenschaftlichen Studie und zur Erforschung des menschlichen Verhaltens.


Mittig, die zweite von rechts, mit der dunklen Brille sitzt Lea Mirbach im Publikum. Sie ist die Gründerin und Betreiberin des blogs: szenografans.wordpress.com. Eine Institution, die wächst, gewinnt und zu einer Quelle von gebündelten Szenografie Wissen wird.

Ich werde in den nächsten Beiträgen die bewegenden Gedanken und Vorträge darlegen. Das kann zu einem Verriss aber auch zur Lobeshymne führern. Alles in allem empfehle ich dieses Kolloquium für die, die intellektuelle Mischung und Wissenschaft mit Beispielen aus den Szene schätzen.