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In der Dasa Arbeitswelt Ausstellung in Dortmund fand vom 23. bis 25. Januar 2013 das 13. Kolloquium für Szenografie statt. Der Titel: Aussichten – zur Öffnung des Unverhofften.
Eröffnungsworte von Dr. Gerhard Kilger
Dr. Gerhard Kilger in seiner Funktion als Direktor des Museums auch verantwortlich für das Festival fokussierte das Fachpublikum auf innovative Museumskonzepte durch gestalterische Vermittlungsarbeit-en. Es wird die Frage gestellt, wie sich das Staunen der Menschen in Ausstellungen oder Museen manifestiert, wodurch das Staunen erzeugt wird oder warum überhaupt gestaunt wird. Ist es Überraschung, Erinnerung, Offenheit, Bildungshunger, Langeweile was uns zum Staunen bringt? Bleiben wir ein bisschen bei der Überraschung. Diese Gefühlslage wollen wir als Ausdruck hoher Wertschaetzung und als Initialzündung zur Aufnahmewilligkeit neuer Inhalte ansehen. Welchen Anteil hat Neugierde, welchen Lernerfekt hat das Experimentieren und wie bewältigt ein Ausstellungsbereich den Anspruch und Wunsch der Besucher unterhaltsam, lehrreich, eindrücklich zu sein, damit es einen inneren Wiederhall gibt und ein Erlebnis entsteht?
Blick von der Publikumsseite auf die Bühne in der Stahlhalle
Die Referenten der unterschiedlichsten Museen erzählen von ihren Erfahrungen, Erfolgen und Rückschlägen. Und immer versuchen sie differenzierte Strategien fuer die Darstellung von Objekten, von immateriellen Zustaenden, von tabuisierten Themen, von Forschung und Wissenschaft, Kultur und Menschsein zu erläutern. Literaturmuseen stellen ihre Sammlungen und Artefakte anders vor als die Biologie, Physik, Medizin, Kulturgeschichte, Malerei alter und neuer Künstler usw. Wie können Inhalte adäquat bereit gestellt werden?
Blick in das Konferenzszenario. Die Stahlhalle mit blau angestrahlten Stahlobjekten.
Ansätze von Szenografen der klassischen Gattungen wie Theater, Oper und Bühnenaufführung werden ausgeführt, aber auch von Jenen, die kurzfristige Interventionen im urbanen öffentlichen Raum initiieren, den Guierrillia Szenografen oder von Agenturen der Szenografie für markantile Kulturpräsentationen wie EXPOS oder Roadshows.
Schneckeninvasion. Eine urbane Intervention der Szenografie Masterklasse von Prof. Oliver Langbein.
Eine Theologin erläutert den Anspekt des Unverhofften in der Sakralarchitektur der Gotik und Romanik, ein Oberst der Bundeswehr zeigt Konzepte und Ideen im Dresdner Museum für Militärische Geschichte auf. Von Konzepten und Überlegungen über Best Practise Case Studies zur wissenschaftlichen Studie und zur Erforschung des menschlichen Verhaltens.
Mittig, die zweite von rechts, mit der dunklen Brille sitzt Lea Mirbach im Publikum. Sie ist die Gründerin und Betreiberin des blogs: szenografans.wordpress.com. Eine Institution, die wächst, gewinnt und zu einer Quelle von gebündelten Szenografie Wissen wird.
Ich werde in den nächsten Beiträgen die bewegenden Gedanken und Vorträge darlegen. Das kann zu einem Verriss aber auch zur Lobeshymne führern. Alles in allem empfehle ich dieses Kolloquium für die, die intellektuelle Mischung und Wissenschaft mit Beispielen aus den Szene schätzen.
Eine 3D Videomapping Installation Projektion auf die Amsterdamer Westerglasfabriiek am 1. April 2012. Was hier gezeigt ist, ist Werbung. Werbung auf einem besonders hohem und auch künstlerischen Niveau für eine Arbeitsvermittlungsgruppe mit dem Namen Experis. Die haben sich den Eintritt in die Wirtschaft etwas kosten lassen. Es wurde das Kreativ Studio POSTPANIC beauftragt die ziemlich beeindruckende Fassade, ein Stahl-Glas Zylindertank aus dem Jahr 1902, mit der Höhe von 40 Metern zu bespielen. 4 Minuten mit dem Titel ‘The Human Age’.
Experis – Enter the Human Age from PostPanic on Vimeo.
PostPanic zeigen ihr zweites Projektions Mapping Projekt. Das erste 3D Projektion Mapping fand in Dubai für Ariel, Waschmaschinen Pulver statt. Die trauen sich was.
Jules Tervoort in seiner Position als Executive Producer bei PostPanic kommentiert: „This was a great project for us because Experis ultimately gave us the freedom to achieve something highly ambitious – an abstract and graphic interpretation as a journey through their story of ‘The Human Age“.
In der Tat, kann ich nur sagen, nicht nur das, sondern obendrauf gab es noch das überaus anspruchsvolle und attraktive Gebäude, und vom Geld wollen wir nicht mal reden. Massive Music hat den Soundtrack komponiert, schön abgestimmt und mit genügend Drama auf die Bildwelten.
Client: Experis
Concept & Production: PostPanic
Director: Eat My Dear (Patrick Sturm, Markus Hornof)
Executive Producer: Jules Tervoort
Audio Composer: Guy Amitai @ Massive Music
Audio Producer: Lodewijk Pottker @ Massive Music
Technical Supervision: 4AV
Animators/Designers: Anton Woll Söder, Michael Olea, Benjamin Philippovich,
Beate Höller, Doma Harkai, Markus Hornof and Patrick Sturm
Light Emitting Dudes sind Performer, Artisten, die von Kopf bis Fuß mit LED’s beleuchtet sind. Sie springen, tanzen, laufen und hüpfen durch die Lichter flackernde Stadt von Bangkok. Wir sehen hier Jason Paul, Shaun Wood und Anan Anwar. Einer kommt aus Frankfurt, der andere aus Sydney und der letzte aus Bangkok. Der Regisseur Franz Sauer und die Kostümbildnerin Christina Zahra wurden auch aus Deutschland eingeflogen, damit es zu diesem Video kam. Was wiederum eine erhebliche Herausforderung darstellte. Es gab keine feste Location, kein Script, keine geplanten Stunts, nicht mal einen einzigen getesteten LED Anzug. Nichts. Alles kam auf den Moment an und Hoffnung wurde zum treibenden Moment. Franz Sauer als Regisseur hatte eine Idee im Kopf, wusste wohin es gehen sollte aber eine Sicherheit, dass dieser Akt auch klappt, die hatte er nicht. „All I had was an idea in mind of what I wanted to create.“
Light Emitting Dudes – LED Freerunning from Frank Sauer on Vimeo.
Er hatte aber bereits Erfahrungen mit Jason Paul auf der Art of Motion Freerunning in London gemacht. Und seit der Zeit wollte er noch mal was in dieser Art machen. Aber besser als das bisher gesehene. „I realized that freerunning at night was a barely-touched space where I could do some ground-breaking work, so I began thinking about LED suits as a concept.“ Franz Sauer
Solche Anzüge müssen relativ ansprechend, neuwertig, nicht aufgesetzt und vor allem funktional sein. Schnelle Bewegungen, extreme Streckungen und Krümmungen muss er hergeben, ohne dass weder der Künstler noch die LED’s behindert sind. Das Umgebungslicht sollte auch niedrig sein, die Bildeffekte dadurch deutlich und beeindruckend. Eine Art TRON trifft auf Planet of the Apes. Geld war natürlich nicht vorhanden. Aber das ist eher ein weiterer Motor für mehr Einfallsreichtum.
„Once the suits were ready, and we were tired of playing dress-up in the apartment and scaring the cat, it was time for the team to hit the streets.“ Franz Sauer
Dann ging es auf die Strassen. Und hier wurden ganz unerwartete Hindernisse offenbar. Wer wie ein beleuchteter Power Ranger mit Low Key Apparel durch die Strassen geht, der zieht die Massen an, wie das Licht die Mücken. Und dann kommen relativ gefährliche Sprünge und Stunts hinzu, nicht nur in abgelegenen Strassenecken sondern auch auf gut befahrenen Strassen. Die Gefahr bei solchen Aktionen ist nicht zu unterschätzen. Die Batterien mussten auch neu aufgeladen, bzw. ausgewechselt werden, einige LED Streifen sind natürlich sofort kaputt gegangen, was auch sonst. Also Neue mit Duct Tape befestigen und hoffen, dass es klappt, bis der Morgen graut.
Gute zwei Wochen war das Team jede Nacht auf den Strassen und drehten. Und selbst in der allerletzten Nacht war die Faszination für diese Gestalten ungebrochen.
„Oddly enough the cool factor of looking like a general bad ass never wore off. I think a lot big kids dream of dressing up like superheroes and leaping around the city.“
CREDITS
WRITTEN & DIRECTED Frank Sauer (frank-sauer.com)
IN COOPERATION WITH Team Farang (farang-mag.com/)
EDITING Frank Sauer & Sebastian Linda
COSTUME DESIGN Christina Zahra
SOUND DESIGN Jens Fischer
TITLES Stephan Baumann
MASTERING Matthias Greule
MUSIC Metric – Artificial Nocturne (Love Thy Brother Remix)
TECH-SPECS
CAMERA: GH2 (Hack: EOSHD Vanilla)
LENSES: Voigtlander f/0.95 25mm, SLR Magic Hyperprime f/1.6 12mm, Panasonic f/4 7-14mm , Canon FD f/1.4 50mm, Canon FD f/2 85mm
Urban Screen hat in der Krypta des Bremer Doms am 21-23.05 2009 eine Videokunstinstallation platziert.
Hier in dieser Installation wird auf stille und kontemplative Art über mediale Überflutung und Vielfalt gesprochen. Der Ort, die Krypta des St. Petri Doms in Bremen und der Anlass, der Evangelische Kirchentag bieten sich für eine medienkritische Installation an.
Es geht um die Schaffung und auch Erhaltung einer Position des Menschlichen, des Subjekts innerhalb der modernen digitalen Zeiten. Dieses Thema werfen wir in den Studioproduktionen auch vereinzelt auf, Medienethische Kongresse behandeln die Thematik genauso vertiefend wie die Philosophie, die Bildwissenschaft und -Theorie. Ein aktuelles Themenfeld.
Spiegelbilder | videoinstallation from urbanscreen on Vimeo.
Die Installation Spiegelbilder dauert ca. 25 min. Ein langsam im Kreis rotierender, an der Decke installierter Beamer, strahlt auf eine, mit einer rund geschwungenen Achse verbundene, Mattglasscheibe. Der Mensch steht im Mittelpunkt, weiss gekleidet und gefasst. Für diese Aufnahmen wurden die Performer Tina Havers, Mimi Jeong, Constantin Georgescu und Marco Jodes engagiert. Sie treten in den Bildträger hinein, bewegen heraus, manchmal gehen sie mit der Kreisbewegung, manchmal beschleunigt einer oder verlangsamt das Tempo. Sie stehen nah an der Kamera, weiter weg, überkreuzen die Wege, stehen im Hintergrund oder erscheinen übergross.
Die endgültige Installation umfasst noch weitere hochkant gestellte, rechteckige Leinwände. Schwarz weisse Filmaufnahmen zeigen Bewegung. Die Kamera steht auf Strassenpflasterniveau. Es sind unscharfe, verschwommene und teils überbelichtete Aufnahmen. Sie sind nicht zufällig an den Wänden, im Aussenbereich der Krypta installiert. Sie erscheinen wie flüchtige Erinnerungen, Traumbilder, Szenen, die nicht wahrgenommen werden, aber als Stückwerk vor dem innen Auge ablaufen. Randbilder und Impressionen.
Eine lange, schmale, rechteckige, auf Kopfhöhe angebrachte Projektion verbindet die Elemente. Menschen in kleinen Grüppchen, Spaziergänger, aufgenommen aus grosser Ferne, wandern am Betrachter vorbei. Sie gehen, spazieren durch die Natur. Sind sie nur Sonntagsspaziergänger, Pilger oder eine Schulklasse auf Wandertag? Das weiss der Betrachter nicht. Es sind die Menschen im Allgemeinen, in Bewegung begriffene, deren Innenleben verborgen ist.
Mit wenigen gestalterischen Mitteln wird gearbeitet. Urban Screen reduzieren die Aussage auf das Wichtige, beschränken sich sehr gekonnt auf das Wesentliche und schaffen ein stilles und einleuchtendes Werk.
Auf die Frage wie so etwas verkabelt wird antwortet Urban Screen: „garnisch. Player is onboard, und kann via Infra rot oder wlan gesteuert werden. strom über 240v schleifring.“
Die Tests wurden auf VIMEO veröffentlicht.
Video installation „Spiegelbilder“ TEST from urbanscreen on Vimeo.
Alle Screenshots stammen aus den Videos und sind Eigentum von urban Screen. ©Urban Screen
Länge: 25min.
Art Direction: Thorsten Bauer
Produktion Assistant: Jonas Wiese
Performer: Tina Havers / Mimi Jeong / Constantin Georgescu / Marco Jodes
Produziert von urbanscreen.com
Unterstützt durch naumedia.de
Hubert Lepka, künstlerische Leiter der Theatergruppe Lawine Torrèn stellt auf dem diesjährigen Szenographie Festival in Stuttgart einige Arbeiten vor. Es tritt eine Mischung aus in die Jahre gekommener Pennäler, verbunden mit dem flachs- und dünnhaarigen Nordlichtideal, der in den Kinderjahren seine Zahnspange verabscheute, auf die Bühne. Es ist Hubert Lepka und der erklärt in einer unnachahmlich verhuschten und fahrigen Liebenswürdigkeit seine massiven Theaterinszenierungen auf und in den Bergen.
Seine Vortragsweise lässt einen Blick in die fantasievolle Gedankenwelt zu, der es an Gedankensprüngen, -verweisen und Assoziationen nicht mangelt. Er wird als Junge lange und ausdauernd von Betonmischmaschinen oder anderem schweren und lautem Gerät gestanden und die schiere Urgewalt der Funktion bewundert haben. Vielleicht wird bei jeder Explosion und jedem Feuerwerk ein Leuchten in den Augen getreten sein, vielleicht nicht. In seinen Inszenierungen jedoch mangelt es nicht an maschineller Kraft und pyrotechnischer Schönheit, die mit einer unverstellten, mitreissenden Wucht offeriert wird.
Der Raum ist der Berg, der Pass, der Gletscher, wenn es weit oben ist, oder wenn es sich im Urbanen abspielt, dann auf ähnlich nur artifiziell gestalteten, archaischen Umgebungen. Die Bühne ist vorhanden, bestehende Natur oder Eine, die bald dort hin zu finden hat. Es werden schwere Maschinen eingesetzt, Grössenverhältnisse gebrochen und die Perspektive des Zuschauenden herausgefordert. So wie zum Beispiel bei dem Theaterstück Hannibal, irgendwann mal um 2004 entstanden und zwischen 2009 und 2013 mehrmals aufgeführt.
Die Geschichte ist die Hannibals, der mit einer Armee von mehr als 60.000 Soldaten, Elefanten und anderem schweren Geschütz über die Alpen Richtung Rom zog. Auf dem Weg dorthin ist er dann verschwunden und keiner weiss so recht, wo er über die Alpen gekommen ist und was sonst noch geschah.
Eine Sage, eine Geschichte, ein Mythos, vielleicht Geschichte: nicht mehr nicht weniger.
Zitat von der Website: eine donnernde und gleichzeitig feinfühlige choreographie von pistenbullys, flugzeugen, helikoptern, motorcrossmaschinen, skidoos, fallschirmspringern, skiläufern und tänzern, alles zusammen mehr als 300 mitwirkende, die gemeinsam mit bislang ungesehenem lichtdesign, eindringlicher musikkomposition, breaking news von karthago-TV und szenischer pyrotechnik die antike geschichte neu entstehen lässt.
Es ist ein Gletscherschauspiel in Sölden. Die Besucher müssen sich warm anziehen und wenn sich der Berg zuzieht, dann gibt es auch mal kurzfristig oder längerfristig nicht viel zu sehen. Die Distanzen von einem Spielort zum nächsten sind nicht überschaubar und werden durch Videoübertragungen auf beweglichen Videowalls abgebildet. Es werden live Bilder und vorproduzierte Videos gezeigt. Ausserdem gibt es immer eine Bewegtbild Schiene, die die gesamte Spielzeit umfasst und auf Grossbildschirme gespielt wird. Darüber erhalten die Schauspieler in ihren entlegenen, teils schwer einsehbaren Bühnen, Regieanweisungen. Wenn der Film dies oder jenes zeigt, dann ist das ihr Einsatz. Eine hervorragende Regielösung, man spart sich die meterlangen Papierskripte mit Zeit-, Raum- und Handlungsanweisungen. Die Zeit ist etwas unscharf, aber das korrespondiert mit den Distanzen.
Die eingesetzte Technik ist atemberaubend und zum Glück passt der Ausdruck zum Panorama, wenn denn der Himmel blau ist. Alles muss in die lichten Höhen transportiert und installiert werden. Stromgeneratoren, Intercomanlagen, TÜV, Sicherheit, Kabelschienen, Kameras, Kabelträger vor Ort, Livemonitoring, Sound, Lichtequipment. Die Schauspieler agieren mit Skidoos, Pistenwalzen, Helikoptern, Booten (ist ja Hannibal nicht vergessen!), stehen auf Eistürmen und bewegen sich durch Eisskulpturen, die nicht nur erdacht sondern auch irgendwann einmal gemacht werden müssen. Mit anderen Worten: es geht zur Sache. Was Werner Herzog für den Dokumentarfilm tat, das ist Lawine Torrèn für die Szenographie.
Alle Photographien stammen von der Website Lawine Torrèn und werden dort in der Pressesektion angeboten. Ich habe sie gescreenshooted, weil dann gleich der Verweis zum jeweiligen Fotograf beinhaltet ist.