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Honorary Mention Interactive Art
In der Kulturgeschichte tauchen zahlreiche Darstellungen von Höllen, Dämonen und Bestrafungen auf. Ausgehend von diesen Höllenvorstellungen ist Inferno wie ein Ritual zu verstehen – als Modell der unendlichen Automation und Unterwerfung unter die Maschine. Es steht für unsere Angst vor dieser Singularität.
In dem Projekt werden aus dem Publikum Mitwirkende akquiriert. Sie nehmen an der Performance teil und machen dabei eine eindringliche Erfahrung: Sie schlüpfen in die Rolle eines Roboters und sind in ihm gefangen. Für die Dauer dieser unmittelbaren, körperlichen Erfahrung wird man zum Cyborg (Mensch-Maschine-Mischwesen).
Die Besucher werden in die Roboter Vorrichtung eingefügt, fest angeschnallt. Sie stehen in einer Formation vor dem Publikum, Das Licht ist dunkel, die Musik beginnt, die Roboter bewegen den Menschen. Der zuckt zusammen, ist erstaunt, er verliert sich Autonomie.
Die Roboter geführten Menschen geben sich Mühe. Versteinerte Gesichter, ungläubiges Lächeln, sie versuchen den Bewegungen vorzugreifen, versuchen die Muskulatur zu lockern, den Roboterbewegungen keinen muskulären Widerstand zu leisten. Sich nicht verletzten. Die Roboterarme sind mit Lichtern aller Art versehen. Die leuchten und zappeln. Mal in Blau, mal mit Stroposkoplicht wird die Bühne beleuchtet. Die Musik schallt mit tiefen Bässen durch den Raum, erfasst den Körper. Zieht ihn mit, die Performer bewegen ihre Füsse, die sind nicht dem Roboter unterlegen.
Wenn die Show vorbei ist, werden die Besucher wieder zu Besuchern. Sie werden aus der Vorrichtung herausgeschält. Meine Frage nach dem Genuss beantwortet eine Performern mit Unsicherheit und Furcht vor Kontrollverlust. Sie ist erschüttert und froh, dass es vorbei ist.
Holoman
Brainlab Ars Electronica Center 2016
Im Untergeschoss befinden sich 4 Labore: Im BioLab wird über Wahrnehmung nachgedacht, im neurolab geht es Microkosmen und Gentechnik, im FabLab werden high tech Modematerialien, 3 D trends und das Selbermachen in den Vordergrund gerückt und im RoboLab wird die Verschmelzung des Menschen mit Maschinen gezeigt. Es geht um Prothesesn, Spielzeug oder auch Haushaltshilfen. Alles was dem Menschen zur Hand geht. Das muss ja nicht gleich sichtbar als Roboter sein, es sind die Maschinen und Geräte, die uns bedienen.
Dieses Geschoss, wie das ganze Ars Electronica Center wird an Kinder adressiert. Alles ist zu berühren, Bewegung, Projektionen und die Aufforderung zu agieren steht im Vordergrund. Als nächste Schicht geht es um das Betrachten. Wie schnell das geht, bleibt jedem überlassen. Die Kinder stellen die Dinge zügig von links nach rechts oder wo auch immer hin, schauen auf das Feedback der Maschine und sind damit zufrieden.
Andere schauen ausgiebig die Installation an. Betrachten die Technologie. Erkunden das Material und die Vielfalt der Möglichkeiten. Dann agieren sie, bleiben erneut stehen, erkunden die Änderungen, ermitteln die Aussage, wollen den Kontext begreifen. Vielleicht ist vorher die Informationstafel gelesen worden, vielleicht nicht. Es ist eine innere und äußere Auseinandersetzung mit den Aufbauten und den flüchtigen Bildern. Die Aussagen bleiben manchmal verschlüsselt, manchmal offenbaren sie sich. Und in orange gekleidete Helfer sind jederzeit zur Ansprache bereit. Sie erklären. Es gibt viele Wege, das Werk zu erschließen.
Zeit aber ist notwendig. Denn alle Elemente dieser Werke wollen bemerkt werden. Wie ist der Aufbau des Ganzen? Welche Ebenden und Medien werden eingesetzt? Wo sind interaktive Schnittstellen. Wo stehen die Projektoren, werden Daten generiert, arbeitet ein Algorithmus, werden Medien zugespielt, sind sie vorbereitet und als Dateien abspielbar? Funktionieren die Technischen Geräte, sind die Projektoren noch Licht und kontraststark genug oder haben sie so viele Arbeitsstunden hinter sich, dass sie bald ausgewechselt werden müssen? Gibt es Aufbauten, die als Vermittler dienen, als Elemente deren Form und Funktion etwas bestimmtes assoziieren sollen, aber sollen eher als Repräsentanten verstanden sein? Spielt vielleicht Licht eine besondere Rolle? Gibt es Grafiken? Wird Ton eingespielt? Nur für den Betrachter oder strömt er durch den Raum? Ist er vielleicht zentriert auf einen bestimmten Punkt ausgerichtet? Hat er eine illustrierende oder informierende Funktion? Werden Bedienungsanleitungen gegeben? Werden Informationstexte geliefert? Muss ich mit vielen, einigen, mehreren Menschen das Kunstwerk oder das Experiment durchführen oder ist es für eine Person ausgelegt? Ist es von einer Forschungseinrichtung, Künstler oder Künstlerin oder einem Kollektiv? Ist es ein aktuelles Kunstwerk oder schon 2 oder 3 oder 6 Jahre alt?
Wer sich diesen Fragen stellt, unvoreingenommen seine Alltags- und Wissenswelt im Hintergrund belässt, der wird sich lange aufhalten und viel bemerken.
Der Holoman. An der Stirnseite eine Projektion, etwas über das Gardemaß des Menschen. Zweigeteilt in einen oberen und unteren Teil, deshalb wohl weil es ungefähr 50 Zoll große Flächen im Hochformat sind. Ob es Steglosmonitore oder Aufprojektionen sind, bleibt offen, die Abbildungsqualität in dem dunklen Bereich ist klar und genügend Kontrastreich. Es werden anatomische Darstellungen zum menschlichen Körper aus der Wissenschaft und Kunst über die Jahrhunderte anschaulich gemacht. Eine Slideshow. Davor stellt sich der Besucher auf einen vorbestimmten Punkt, nimmt aus einer Nische einen Holoscreen im Din A 2 Format, zuvor noch das Geschlecht durch Knopfdruck gewählt haben, dann den Screen vor den Körper halten und schauen was kommt. 4 Modi sind verfügbar. Die Interaktion besteht nicht nur durch das reine Hinstellen, sondern durch Drehen des Screens, an den Seiten sind Sensoren angebracht, die Drehbewegung wird abgelesen und das stellt das Signal zum Programmwechsel dar. Ein Blick auf das menschliche Skelett, innere Organe, Nervenbahnen oder Muskeln wird gegeben. Immer im Ausschnitt des Screens. Es ist eine hochwertige Scheibe aus Acrylglas gegossen, leicht und nicht besonders schadensanfällig. Eher Rückprojektionsfähig, aber auch Aufpros gehen. Die Projektionen auf dem Holoscreen erscheinen 3 Dimensional. Das Bild ist beidseitig sichtbar, es entsteht im Inneren der Scheibe und wird durch Polymere in alle Richtungen gleichmäßig weiter geleitet. Für Holoscreens ist Dunkelheit gut, dann erst entfaltet sich das Bild ordentlich. Das Umgebungslicht im Lab ist mittelig, und so ist auch das Bild auf dem Screen erkennbar aber nicht brilliant. Kein Ton dazu, aber die Helferin in orange (orange ist he new black as we know) hilft mit, erklärt wie der Screen zu halten ist, eher in der Diagonale für die beste Abbildungsmenge und gibt Randinformationen.
Es ist eine Installation die wissenschaftliche Erkenntnisse technisch und grafisch anspruchsvoll vermittelt, Kunst ist es nicht, ein massentaugliches Darstellungsobjekt von menschlicher Forschung.
So auch die nächste Station. Hier wird ein Blick ins Auge geworfen. Es geht um die Retina, es ist die Rückseite des Augapfels und dort werden mit rund 130 Millionen Sehzellen Kontraste und Farben erfasst. In den Nervenzellen entstehen erste Bildeindrücke. Über den Sehnerv, der aus rund einer Million Nervenfasern besteht, werden diese an das Gehirn weitergeleitet. Impulsgeber für das Sehen. An der Wand wird eine Retinaoperation als Video gezeigt. Denn erkrankt die Retina, kann es zu einem vollständigen Sehverlust kommen. Für solche Fälle entwickeln WissenschaftlerInnen derzeit eine digitale Netzhaut (so genannte Retina-Chips). Diese Retina-Chips können Lichtsignale in elektrische Impulse umwandeln und diese über den Sehnerv an das Gehirn weiterleiten. Die Retina ist eine Art Außenstelle unseres Gehirns und eines der wichtigsten Portale für unsere Weltwahrnehmung. Der Punkt, an dem das Licht der Außenwelt in die Bilder unserer inneren Vorstellungswelt verwandelt wird.
Es besteht die Möglichkeit, sich ein Bild der Retina per Mail nach Hause zu schicken.
Das ist meine vom 8.9.2016. Es war dunkel und die Oranghelferin beschwerte sich, meine Linse sei so klein, der Lichteinfall minimal, die Retinafotografie würde wohl schwer. Aber es ist doch was raus gekommen. Am hinteren Ende, der rechten Bildseite, dort wo die hellen Punkte sind, dort befindet sich der Sehnerv. Da geht es ab ins Gehirn und in die Verarbeitung. Halali! mein Auge. Auch wenn ich beim Augenarzt das alles schon kenne, im Ars Electronica Center ist es auch schön.
Wissenschaftliche und medizinische Beratung: Prim. Priv. Doz. Dr. Siegfried Priglinger (AKh Linz)
Visionen neuer Interaktionen zwischen Mensch und Maschine stehen im Mittelpunkt einer neuen Ausstellung, die auch als Namensgeber des diesjährigen Ars Electronica Festivals fungiert: Die Radical Atoms Exhibition zeigt Arbeiten der Tangible Media Group des MIT Media Lab rund um Hiroshi Ishii, dessen Team es sich zum Ziel gesetzt hat, Ideen von morgen schon heute erlebbar und greifbar zu machen. Die Bandbreite der gezeigten Arbeiten reicht von frühen Installationen, die mittlerweile zu Klassikern der Medienkunst avanciert sind, über formverändernde Displays bis hin zu einem neuartigen Gewebe, das bei steigender Körpertemperatur kleine Laschen öffnet und so für eine Kühlung der Körperoberfläche sorgt. Darüber hinaus sind Carlo Rattis digital steuerbare Sitzlandschaft sowie eine poetische Installation der ART+COM Studios zu sehen.
Was ist weiter entfernt vom bürgerlichen Leben: Der Mond oder das Leben eines Häftlings in US Gefängnissen? Und nicht irgendein Häftlingsleben, sondern jener in Einzelhaft? Kaum zu beantworten diese Fragen. Beide Leben oder Zustände sind unendlich entfernt. Interessiert uns das Leben eines Häftlings in Einzelhaft? Interessiert uns der Mars? Der wohl eher, daran sind Visionen und SciFi geknüpft. Ein Häftling ist kaum noch Mensch, eine Nummer, eine unbekannte Person. Der hat etwas Schlimmes getan, hat vielleicht getötet also hat er kein Recht auf Menschlichkeit, oder?
Ed Thomas von the Mill, London lassen mit dem Game 6×9:solitary confinement in 360 Grad das Leben, das Dasein der US Amerikanischen Häftlinge in Einzelhaft nachvollziehbar auferstehen. Es ist eine VR immersive Geschichte um einen Tag in Einzelhaft. Wie kann Empathie aufgebaut werden? Von so entfernten Lebenswelten?
Der Blick in eine übertriebene Fantasiewelt vielleicht? Geschichten von Angehörigen, von Wärtern, von Opfern? Oder der Blick des Häftlings. Die „One Person Story?“ Es heisst authentisch zu sein, ernsthaft und „faithfully“.
Es ist der Versuch ein Dokumentarisches VR Game zu präsentieren. Es soll echt wirken, real. Der Spieler ist in einer Zelle: 6 x 9. einer wirklichen Zelle nachempfunden, vielleicht sogar mehr. Nicht erdacht, sondern dokumentarisch nachgebaut. Eine Metazelle, eine die für alle Zellen gilt. Als real time environment ist das gut, denn eine Zelle ist vom Raum überschaubar, Detailreichtum kann erzielt werden. Und das macht die Zelle lebendig. So ein Umfeld ist beängstigend. „Creepy“ und der Sound ist es ebenso. Es ist echter Sound. Wirkliche Stimmen, wirkliche Geräuschkulissen. Es gibt Voice overs von Insassen. Sie erzählen von sich, von Phantasien, Gedanken von Erinnerungen, reflektieren, denken laut. Diese Voice overs basieren auf Gesprächen mit den Häftlingen. Die Stimmen passen. Die Lautstärke, der Raum. Es ist ein real time environment. Der Spieler begibt sich 9 Minuten in die Schuhe eines Häftlings. Er soll körperlich erleben was die Häftlinge fühlen. Es ist der Kontrollverlust, es ist der Wunsch zu überleben in dieser Isolation. Mit immer gleichen Wänden, mit einer spartanischen Einrichtung. Einer Matratze, die tagsüber aufgerollt wird. Mit eingeschränkten Lebensrechten. Mit vielen Verboten und Geboten: „roll die Matratze auf, putze, esse, schlafe wenn das Licht aus geht“.
Anfangs dürfen die Spieler nichts. Erst langsam lockert sich die Schärfe und Interaktion wird zugelassen. Sie dürfen einen Brief schreiben, “ letter writing excercises“ hört sich stärker an. Die Spieler erlebt den Verfall des Ichs, „psychological detoriation of the inmate“.
Wie kommt es zu so einer Idee? Denn VR wird oft für irrelevante Umgebungen eingesetzt. natürlich geht es immer um Immersion, um das Eintauchen in eine fremde Welt, um ein körperliches Empfinden, nicht die passive Vorstellung mit Empathie angereichert, sondern das in die Rolle eintauchen. „Mache einen Fallschirmsprung, fliege wie ein Vogel, gehe als Zwerg durch eine Welt.“ Aber „Lebe das Leben eines Outcasts?“ Dokumentarische Themen sind stark, sie sind da, sie sind Leben. Auch ein Leben das der Normalmensch nicht ansatzweise versteht. Jetzt wird VR klug. Wie lebt ein Flüchtling, wie lebt es sich als Expat im Ausland, wie lebt man in Johannesburg oder in anderen lebensbedrohlichen Umgebungen?
Ed Thomas erzählt, dass die Tester durch ihre Körpersprache den Spielzeitpunkt anzeigten. Wie eingeschränkt, wie bewegungsbeschnitten sie waren. Wie sie sich drehten und dann nicht mehr. „Tester had a specific body language. We knew where they were by examining the body language“.
Anfangs dachten die Kreativen von THE MILL, 9 Minuten seinen zu lang. Aber nein, die Zeit vergeht schnell. Es ist ein 6×9 VR Experience.
Fotos: entweder Screenshots vom Trailer auf You Tube oder mit freundlicher Genehmigung der Organisatoren der FMX.
Chris O’Reilly spricht unter dem Schirm von „Games For Change Europe“, eine Sektion der fmx, die sich mit sinnvollen Formen der Spielindustrie auseinander setzt. Die Überlegungen müssen nicht automatisch zum Edutainment, Education, zu „serious games“ führen, es können Wege vorgestellt werden, die einbinden ohne belehrend zu sein. Nein, nicht nur können, sondern das ist das Ziel von „Games for Change Europe“.
Nexus Productions, vertreten von Chris O’Reilly, präsentiert Google Holiday Lights, aus dem Jahr 2014. Vor dem Weißen Haus in Washington DC wurden in nur 5 Wochen der große Weihnachtsbaum und drum herum viele Kleinere aufgestellt. Alle mit LED Lichterketten versehen, die wiederum verbunden mit Microkontrollern und einem Interface, über das die Farbkombination der Lichtfarbwerte eingestellt werden konnten. Dieses Interface wurde publik gemacht und alle konnten die Farben der Bäume mitbestimmen. In USA wird am 4. Dezember der Akt des Weihnachtsbaum Entzünden gross in Szene gesetzt. President Obama gibt des Startschuss und dann „BÄM“ sind die Bäume im Lichterglanz. Eine medienwirksamere Installation gibt es wohl kaum. Google und Nexus haben zusammen daran gearbeitet. Google mit ihren Verbindungen zu Michele Obama, die Kids zum Coden bringen will, Nexus mit der entsprechenden technischen, logistischen und prozessorientierten Kompetenz. Eine einfache und gut verständliche Idee. Sowas überzeugt.
„Made with Code“ auch von Google initiiert, um Kids zum coden zu animieren. Die Aufgabe besteht darin die Lichter und Farben eines LED Kleids selber zu animieren.
https://www.madewithcode.com/projects/fashion
Und eine Installation in einem Londoner Krankenhaus um Kids zu Bewegung zu animieren wird vorgestellt. Bei dieser Installation wurde ein überdimensionierter Fernsehrahmen im alten Stil in das Krankenhaus gebaut, mit Projektionsleinwand als Mattscheibe, Gestensteuerung, die Bilder angereichert durch Figuren aus Wizard of the OZ, der Hase steht im Vordergrund, Bäume und bunte Farben. Kinder stehen davor und zappeln, tanzen, springen und hüpfen. Für die Demonstration standen die Kinder der Agenturmitglieder von Nexus zu Verfügung. Spaß schien es zu sein. Die visuelle Metapher des TVs, die projizierten Bilder und die direkte Übertragung von Bewegung und Mensch auf den Screen hinterlassen den Eindruck, das Inhalt, Konzept, Gestalt und Technik zu einer funktionierenden Einheit verschmelzen.
Chris O’Reilly ist Geisteswissenschaftler der zum Geschichtenerzähler, zum interaktiven Initiator wurde. Die Notwendigkeit Sinnhaftigkeit in den anfänglich technisch anspruchsvollen, experimentellen aber inhaltsschwachen Animationsfilms zu bringen, erklärt seinen Anspruch. Es geht um sinnvolle Inhalte in die unterschiedlichen Medien zu bringen. Etwas zu machen, was nicht ausschließlich für den Moment gedacht ist, etwas das eine Tragweite aufzeigt.
„There was the need to strenghten animation through story telling“.
Das war der Anfang. Der führte weiter zur Frage
„Can a digital experience have an impact on my life“?
Kann ein digitales, ein produziertes Umfeld eine wirkliche Erfahrung hervorrufen? Erfahrung zu planen, zu schaffen ist eine Sache, Erfahrung im digitalen Umfeld zu entwickeln, ist eine andere. Es ist der Moment, das Ereignis, dass in der Erinnerung haftet, es wird zur Hülle eines Gefühls, der Erfahrung, des Eindrucks und das wird unwiderruflich im Gedächtnis festgehalten. Ist das digitale Medium in der Lage einen solchen Wirkungskreis zu entwickeln?
Diese Frage stellt die Grundvoraussetzung für den Umgang mit neuen Formaten bei Nexus dar. Denn natürlich lässt sich mit jedem neuen Medium, jeder neuen Technik eine unterhaltsame Geschichte entwickeln. Aber wird sie auch über den Moment der kurzfristigen Unterhaltung, des Amüsements tragen, oder wird sie in Vergessenheit geraten? An dieser Stelle wird es interessant.
Wir erleben in Virtual Reality Umgebungen schon seit langer Zeit das Phänomen der Oberflächlichkeit. Zwar lässt sich Begeisterung für die Technik nicht verbergen, wir geben uns gerne der Sensation des Neuen hin, aber das war es soweit erst mal.
Das gilt für VR, Augmented Realities, mit Spielen und Anwendungen mit Occulus Rift oder 3 D Briller anderer Hersteller oder mit 360 Grad Filmen und bildschirmbasierten Games, stationär und für mobile Endgeräte. Einmal gesehen, einmal durch gespielt, nie wieder angefasst. Fertig. Bei den Machern geht es um das Ermitteln der technischen Möglichkeiten, um wirtschaftlichen Erfolg, aber wirkliches Story Telling? Selten sehen und erleben wir Nachhaltigkeit. Also bleibt das Erlebnis auf der Strecke. Die kulturelle Botschaft ist Schnelllebigkeit, Kurzweiligkeit, Oberflächlichkeit, Ablenkung von was eigentlich?
Anders bei Nexus. Zwar sind die vorgestellten Projekte über alle Massen publikumswirksam, fast schon PR Gags, aber hinter der Hochachtung für die logistische, prozessuale, technische Leistung, steht eine ernstzunehmende Absicht. „Erleichtere Mädchen den Einstieg in die Welt des Codes, der Programmierung, der absichtsvollen Steuerung.“ Denn auch wenn es schwer fällt dies zu schreiben, Mädchen, sehr jung, Teenagealter und darauf folgend, sehen sich immer noch deutlich weniger in der Codeingszene als Jungen und Jungmänner. Das sollte sich doch ändern lassen? Diese Frage ist falsch gestellt, dass muss sich ändern lassen. Dort setzt Google und damit auch Nexus an.
Es geht um einen einfachen Einstieg in diese Art des strukturierten Denkens. Es geht darum, nicht nur freudig einmal reinzuschnuppern, sondern mit einfachen Mitteln etwas bis zu Ende zu bringen und den Effekt zu erkennen. Zu Verstehen: Ich bewege DAS.
Einfache Interfaces: intuitiv, nicht überfüllt, mit sofortigen Feed Back und Kontrolle, einfachem Abschluß, großer Benefit. Und dann ist der Weihnachtsbaum erleuchtet oder ein eigenes Kleid fertig. Das wird durch Celebrities, die mit genau so einem Kleidungsstück auf dem roten Teppich erscheinen, getoppt.
Ein Beispiel, es gibt viele Möglichkeiten. „We think in further projects about multiple levels, for engaging girls. We want that girls interact and they understand the pupose of their doing.“ Da ist Raum nach oben.
Design Thinking nimmt Form an. Wo kann Media sinnvoll eingesetzt werden? Welche Ursache, Sinn und Ziel? Etwas wirkungsvolles, etwas längerfristiges. Frage die Menschen, ermittele Bereiche wo Media zur Handreichung werden kann.
„We recently started to work with teachers, with educational professionals, with psycologists, with therapists. We spend time talking to personal in hospitals, with nurses.“
Sie sprechen mit Therapeuten, mit Lehrern, mit Krankenschwestern, mit Psychologen; wollen heraus finden, wo Medien Hilfeleistungen für die Arbeit geben. Wie sollen welche Medien wo eingesetzt werden? Chris O’Reilly spricht von Problemen der Krankenschwestern bei der Blutentnahme bei kleinen Kindern. Wie kann vom Einstich und der Angst vor Schmerz abgelenkt werden? Sie halten vielleicht Handpuppen, rollen Bälle, machen Witze und erzählen Geschichten. Aber einfach ist das nicht, denn unterm Strich haben wir zwei Arme und Hände und die müssen für die Blutabnahme genutzt werden. Damit ist dann keine Hand frei für Ablenkung.
Er erzählt davon, vielleicht auf die Hand des Kindes von oben herab eine kleine selbstgemachte Figur zu beamen. Die Handfläche öffnet sich und hinein fällt mein Charakter. Er bewegt sich in der Handfläche des Kindes, tut etwas, lebt und wird geschützt. Da geht doch was!
Ich danke Chris O’Reilly für die Zeit auf der FMX. Seine Geduld für das Interwiev und seine Offenheit. Die Bilder stammen entweder von Google „Made with Code“ oder von der Website Nexus Productions. Nur das Bild von Chris O’Reilly stammt von mir. Vor Ort im Raum für Interviews.