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Der Pavillon ist gleich der Erste nach dem Eintritt in die Giardinis. Erst seit 1952 hat die Schweiz einen eigenen Pavillon. Es ist ein Bau ganz im Sinne von Mies van der Rohe. Form follows Funktion, sachlich, klar und Licht geflutet. Mit einem Vorhof und dann dem Zugang zu einem großen Ausstellungsraum. In diesem Jahr von Pamela Rosenkranz. Sie nennt ihre Installation „Our Product“.
Pamela Rosenkranz beschäftigt sich in ihrer Malerei mit der Farbe der Haut. Sie hat eine Hundertschaft von großformatigen abstrakten Malereien zu diesem Thema geschaffen. Die Farbe der Haut ist eine Kontemplation wert, denn sie ist schwer zu erreichen. Wie kann sie natürlich aussehen? Nicht zu rötlich, nicht zu bleich, nicht zu blau oder gar mit Grünstrich, oder nur Grau. Diese gesunde Hautfarbe, die schon die Maler der Renaissance in den Wahnsinn trieb. Das ist das formale Anliegen. Inhaltlich geht es bei ihr um die Frage nach dem Sinn des Menschseins, der Unsterblichkeit. So so…
Wir betreten den Pavillon und finden uns im Atrium einem kleinen Garten. An der Längsseite der Außenmauer hängen 5 LED Strahler. Sie tauchen den Vorhof in ein knackiges Grün. Die Farbintensität bleibt bei Sonnenschein vorhanden. Dann treten wir in einen kleinen Flur, auch der in pralles Grün getaucht, stellen uns an, denn vor uns sind bereits Besucher. Wir kommen voran und schauen in den Hauptraum. Weiter kommt man ja nicht, denn der Raum ist auf ca. 150 Meter geflutet. Er ist zu einem Wasserbecken geworden, einer der mit einer hautfarbenen Flüssigkeit gefüllt ist. Sie ist intensiv und taucht Wände und Teile der Decke in den gleichen Ton. Ein Fest der Fleischlichkeit.
Das Wasser derweil ist nicht besonders einladend, blubbernd mäandert es von links nach rechts, schlägt hier und da keine Blasen, in der Mitte bilden sich Strudel und Strömungen. Es riecht abgestanden. Die meisten Besucher werden mit der Nase am Beckenrand stehen und in die Beschaffenheit der Flüssigkeit getunkt.
Wir stehen vor der Brühe und meditieren über Chinas Ekelflüsse, wo die Verschmutzung nur noch farbige Tinte mit Blasen und Schäumauswürfen in den Gewässern hervorruft. Etwas angeekelt wenden wir uns ab und gehen hinaus. Jetzt ist der grüne Flur eine Wohltat und wird tatsächlich wahrgenommen. Uns beschleicht das Gefühl dass die Gestaltung wenig inspirierend ist. Die Geschichte soll entscheiden ob die Kunst von Pamela Rosenkranz nur eine Eintagsfliege ist oder mehr.
Betrag und Fotos stammen von Ursula Drees
Irina Nakhova hat den Russischen Pavillion auf der Biennale in Venedig in diesem Jahr verantwortet. Er trägt den Titel: The Green Pavillon. Sie ist die erste Frau die für Russland den Pavillion gestaltet. Sie wurde 1955 geboren und graduierte 1978 am Moskau Institute für Grafik Design. Seit 1992 lebt sie in den USA. An der Wayne State University in Detroit, Michigan, Carnegie Mellon University in Pittsburgh, Pennsylvania und an der International Summer Academy of Fine Arts in Salzburg gibt sie Klassen in Moderner Kunst.
Der russische Pavillion ist einer der grössten und imposantesten Bauwerke in den Giardinis. Neben dem deutschen Pavillion steht er und ist mit petrolgrüner Farbe gestrichen. Schon immer bildet man sich ein. Er heisst „The Green Pavillon“. Das lässt die Erwartungen steigen. Was wird wohl gezeigt? Vielleicht ein grüner Wald, grüne Farbe überall, vieleicht Buschwerk, vielleicht eine abstrahierte in Grün getauchte Alltagssituation, oder Politikerskulpturen mit grüner Farbe überzogen? Nichts dergleichen. Im ersten Raum überrascht eine übergroße MIC-Fliegermaske. Alles in einem dunklen Graphitton. Die Maske füllt akkurat den Raum, sprengt ihn sogar. Man kann sie umkreisen, stiefelt über den Sauerstoffzufuhrschlauch und hält verwundert inne. Dann ganz kurz, flackern die Gläser auf und es starren die Augen der Künstlerin aus der Maske heraus. Direkt ins Gesicht.
©Courtesy the Artist; Stella Art Foundation
Im Anschluss geht es 5 Stufen in den nächsten Raum. Man soll sich auf die gläserne Bodenplatte stellen. Alles ist dunkel, kein Licht, nur die helle Bodenplatte gibt Orientierung. Ganz vorsichtig nähert man sich und starrt in den Abgrund. In geschätzten zwei Metern Tiefe bewegen sich Würmer langsam durch das Erdreich. Sind das LED Roboterkreaturen? Aber es ist ein HD Video, klar und exakt von vergösserten Regenwürmern, deren Oberfläche schlüfrig glänzt. Sie lockern das Erdreich. Langsam, beständig, ohne Unterbrechung.
Wer sich nicht überwindet wird diese Ebene nicht sehen. Dann plötzlich öffnet sich die Abdeckung der Glaskuppel über den Köpfen.
Und Sonnenlicht straht hinein, direkt auf die Platte und reflektiert Helligkeit. Die Welt dort unten wird unsichtbar. Schon wieder wird der Blick versperrt.
Wo ist der grüne Ort? Wo der grüne Pavillon? Wir gehen weiter und da kommt der Farbschock. Ein Decken, Böden und Wände füllender Rot Grün Komplementärkontrast tapeziert alles. Gerasterte Formen, nicht zu entschlüsseln, kein Motiv, nur Farbe. Der Mensch in der Maske, die versteckte Welt des Erdreichs, die pralle Farborgie. Aber lassen wir uns nicht täuschen. Die Farborgie ist nur ein gleicher Grauwert mit Licht.
Denn nur dieser Kontrast hat die gleiche Lichtstärke, die in Grauwerten den selben Ton ergibt und damit ist dies ein grauer Raum. Im Innenraum gibt es keinen Grün. Nur die Täuschung. Und Struktur wird durch Matt- und Glanzlackierung erzeugt.
Die Künstlerin selbst gehört zu einer inoffiziellen in Russland verbotener Künstlergruppe von Conzept Art Künstlern. Es sind Konzepte in dem Werk zu finden. Klare Ideen und Gedanken, mit rigoroser Zielgenauigkeit verfolgte Kunstwerke. Sie sind eng mit der Abstraktion einer Idee gebunden, lassen sich daher nicht narrativ erklären.
Jeder Raum spricht vom Erblinden mit nur kurzen Momenten der Erleuchtung. Dann in diesen wenigen Sekunden gäbe es die Chance zu begreifen, aber die Zeit läuft zu schnell ab und schon stehen wir wieder in der Inneren und äusseren Blindheit.
Ps. Der Russische Pavillon wurde von der Künstlerin mit dem ursprünglichen Aussenfarbanstrich versehen. Jahrelang zeigte er sich in einem Occafarbton.
Sie spricht von George, und meint George Lucas. Sie hat seit den Anfängen für Star Wars Creratures gestaltet, war bei Industrial Light & Magic, bei Pixar und jeder kennt ihre Charactere. Jabba the Hut, Jar Jar Blix usw.
Terryl ist eine zierliche Frau. Ein lächelnder Mensch mit versteckten Humor und einer Portion Skurrilität. Sie präsentiert, unterbricht sich für ein „I love baby animals“, Blick ins Publikum, Lächeln und weiter im Text. Sie zeigt wilde Tiere, warmherzige, lustige, dumme, verschmitzte, vertrauenerweckende und gefährliche. Es sich phantastische Kreaturen. Sie erinnern uns an eine Kombination von Dinosaurier und Pferd, von Großechsen mit Schlangenköpfen und Giftzähnen ungeahnten Ausmaßen, von schlappohrigen Giganten mit gutgläubigen Dobermännleingesichtern, Emus mit 4 Armen, Tausendfüssler mit Krötenvisagen. Terryl Whitlatch ist Creature Designerin für Star Wars.
Eigentlich plante sie eine Karriere in der Paleontologie. So kennst sie sich auch in allem aus, was mit Dinosauriern, Skeletten, Muskelgruppen, Bewegungsformen und Verhalten zu tun hat.
Zur Creature Designerin wurde sie eher zufällig. Was immer Zufall bedeuten mag, denn eines Tages bewarb sie sich als Creature Designer für den ersten Star Wars Film. Kurz vorher erlebte sie eine entmutigende Situation, sie war verunsichert und verschüchtert. und entwarf dabei ein Tier dass ihrer Gefühlslage Ausdruck verlieh. Freundlich, verschüchtert, naiv und begeisterungsfähig.
Sie zeigte diese Bilder gleich zu Anfang, eher um zu amüsieren. George Lucus erkennt die Natürlichkeit, die Bewegung, das liebenswert Lebendige. Die erste Version von Jar Jar Blix war geboren. Übrigens der erste vollständig digitale Character. Die andren Entwürfe taten den Rest und sie bekam das Engagement. Ihr Interesse für Paleontologie verbindet sich mit zeichnerischen Können und dem Wunsch ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen.
„It is about crossing known animals with long forgotten ones. Or with the ones that we know from times way before us. When the world was wilderness, chaotic, when animals, plants were bigger, more dangerous and absolutely nothing for mankind“.
Wenn Sie Creaturers entwirft, orientiert sie sich an den lebenden Tieren und kreuzt sie mit allen möglichen anderen Geschöpfen. „You should really become a zoologist when you think about becoming a creature Designer. All of my creaturers are inspired by real animals. That is why people relate to them.“
Die Tiere werden dann lebendig wenn wir in ihnen Ähnlichkeiten erkennen können. Es ist vielleicht der Gang einer Gans, vielleicht die Augen eines treuen Hundes, vielleicht die Form des Rochens, der mit einem Mal gehen kann.
Sie zeichnet, nimmt Stift und Papier, nimmt digitale Mittel. Alles was gut in der Hand liegt, was die Arbeit leicht macht. Sie spricht vom Chaos Factor. Wenn plötzlich ein Strich ausrutscht, eine Proportion nicht so raus kommt wie gedacht, wenn das Papier die Farben anders aufsaugt, wenn etwas daneben geht. Dann landet das Blatt auf dem Boden im Vorbeigehen schweift der Blick nach unten und haftet an den diesen Entwürfen. Wer frei ist, dem kann es passieren dass er das Neue und Besondere in diesem Bodenchaos entdeckt. Und sich ein Entwurf als Chance für entpuppt. Offenheit und Wahrnehmung sind Voraussetzung. Der Chaos Factor. „Don‘ t you ever forget this!“
Take Reality, Tweek it, be open, don‘ t forget the coincidences and go for it.“
Ihre Creaturen werden durchleuchtet. Sie zeichnet die Oberfläche, Haut und Behaarung, das Sichtbare. Farben, Federn, Krallen, Schnäbel, Zähne, Bäuche alles was wir sehen. Sie stellt Bewegungsstudien, mimische Ausdrucksstudien her. Und dann geht sie tiefer, dann wird sie zum Forscher, zum Mediziner, zum Anatomiespezialist. Sie entwirft ein anatomisches Model, zeichnet alle Muskelpartien und Verlagerungen, mit Sehnen und Knorpeln und endet bei dem funktionierenden Skelett.
„Anatomy is key. Life is assymmetrical, all creaturers are asymmetrical.“
„Once you got a clear understanding of the creature go simplify“ Wer seine Kreaturen von innen nach aussen vorstellbar macht, der wird sie beruhigt an die Animations Artists weiter geben können. Sie werden von dort eine lebendige Kreatur erschaffen können.
Und ganz zum Schluss macht sie noch den Schrei eines ihrer Creaturen nach. Es ist ein Terryl Schrei: eine Kombination, aus kleinem, zierlichen Raubvogel mit grollenden Knurren des Wolfes. Das Publikum hört zu, wird zu einem Lächeln verführt und unsere Herzen fliegen ihr zu.
Alle Fotos auf der fmx © Ursula Drees

Diese Installation war im Linzer Mariendom zu finden. Ein guter Standort, der Raum passt zu den Objekten. Die sakralen Wände umrahmen 5 hölzerne Tische mit Zeichenstift versehene Roboterarme, darauf je ein Blatt hochwertiges Büttenpapier, eine Camera und Rechner in der Schublade. Die Cameras sind verschieden wertig und so sind die Portraits von nicht hochauflösenden Webcams flüchtig und schemenhaft, derweil etwas bessere, aber auch schon ausgemusterte Canons detaillierter an die Arbeit gehen.
Das Modell ist Menschlich. Um das Modelsitzen kommt man nicht herum. Die Webcams arbeiten schneller, sie sind laut Patick Tresset in gut 20 min. fertig, andere brauchen länger. Die Cameras haben ein Gelenk das sowohl die Linse nach vorne auf das Modell richtet dann auf das Blatt zurueck rotiert und die Bewegung des Zeichenstifts kontrolliert.
Das Vorgehen ähnelt dem eines Künstlers. Eher unstrukturiert, der Stift setzt an allen Seiten des Blattes an, markiert die Aussenseiten, geht ins Innere, legt Fixpunkte an, versucht die Helligkeiten und Dunkelheiten zu bestimmen, jeweils an anderen Blattstellen. Die Roborter zeichnen mit der Suchlinie, eine Menge an Strichen, die das Motiv erfassen.
Patrick Tresset ist bildender Künstler, malt und zeichnet, er weiss was es heisst ein Portrait anzulegen. Im Gespräch unterschied er zwei Gruppen von Betrachtern. Jene, die selber zeichnen und jene, die es nicht tun. Die Zeichner bewundern die Ergebisse, die Anderen wünschen die menschliche, schaffende Hand, nicht einen Roboterarm, es ist zu beängstigend, das künstlerische Genie auf Maschinen reduziert zu sehen. Wo ist das Original?
Ich habe einen Termin zum Sitzen erbeten und werde von den 5 Pauls gezeichnet. Die Ergebnisse gefallen, ich bin stolz auf die 5 Pauls. Aber ich habe auch 1 Stunde 10 Minuten regungslos auf einem ungeheuer unbequemen Kirchenstuhl ausgeharrt. Da sollten die Ergebnisse doch bitte ansehnlich werden.
Ob die Pauls wohl aufeinander neidisch sind? Die haben alle so unterschiedliche Herangehensweisen. Ob sie voneinander abgucken? Ob sie mogeln?
Photographien und Beitrag von Ursula Drees

Diese Arbeit ist poetisch. Sie wurde inspiriert durch die Ausstellung „No Man’s Land“ in der Französischen Botschaft in Japan. Die Französische Botschaft erlebt einige Eignerwechsel, sie gehörte fast über 40 Jahre zu Japan, dann in 2009 wurde sie wieder an Frankreich zurück gegeben. Der Wechsel des Hauses von einer Nation zu anderen und wieder zurück inspirierte die Künstlerin zu der Arbeit Why Not Hand Over a “Shelter” to Hermit Crabs?.
Einsiedlerschnecken wechseln ihre Häuser wenn sie wachsen. Und so entwickelte Aki Inomata Häuser für Einsiedlerkrebse die die Skylines der grossen Metropolen imitieren. Und in diesem Zusammenhang öffneten sie vertiefende Fragen. Denn wer Häuser wechselt, der emigriert und überschreitet Grenzen, gibt auf und bekommt neu. Es ist eine Frage der Nationalitäten und dem Wechsel der selben. So wie in diesen zeit sieht die Künstlerin den Einsiedlerkrebs als Symbol für die Globalisierung. Mit Menschen die Nationalität, Städte, Heimat, Identität oder Religion wechseln.
Die Krebshäuser sind transparent, sehen gläsern aus, Miniaturstädte, sehr feine kleine Aufbauten. Sie erinnern zu allererst an Kristallarbeiten, an Schmuckstücke aus Glas, dann erst erschliesst sich die Arbeit.
Gesehen auf der Ars Electronica in Linz 2014, Photographen von Ursula Drees