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Es ist eine Interaktive Installation. Ein Algorithmus steuert die Entwicklung des Wachstums, der LED Bildschirm bildet ab. Ein Webcam und ein Halbreflektierende Spiegel sind für das Scheuen und geschaut werden zuständig. Alles in ein System eingebettet ergibt „Dandelion Mirror“
Wer vor den Spiegel steht, muss nur stehen. Keine weitere Aktion ist erforderlich. Der Biosensor nimmt den Gesichtsausdruck des Betrachters auf, analysiert die mimische Aussage und bildet diese Stimmen metaphorisch als Löwenzahlnblüte ab. Mal ist sie geschlossen, mal weit geöffnet. Je nach Gemütszustand. Der halb reflektierende Spiegel reflektiert den Betrachter er ist aber gleichzeitig auch Projektionsfläche der Installation. Der komplexe fraktale und rekursive Algorithmus errechnet den wachsenden Zustand der Blume.
Davor halten wir uns ein wenig auf. Mal ist das Gesicht verkniffen, mal weit durch ein Lächeln aufgerissen. Können denn auch kleinere Gefühlsregungen abgebildet werden? Oder muss der Betrachter gehörig übertreiben. Es wird ausprobiert. Zum Schluss kommt heraus: es muss schon umeiniges übertreiben werden. Denn sonst bekommen wir die Knape, ganz verschlossen nicht hin. Auch nicht die reife Erblühen brauchordentlich Mitwirkung.
Gesehen im ZKM, Karlsruhe.
Es ist ein Beichtstuhl ganz aus Plexiglass. Durchscheinend und transparent. Nicht nur dass ein Beichtstuhl eine private Installation innerhalb der Kirche ist, es ist auch ein Hinweis auf Transparenz der katholischen Kirche selbst.
Ein Beichtstuhl ist ein abgeschlossener und dunkler Ort wo der Beichtvater hört und der Beichtender spricht. In der Dunkelheit und Verschleierung werden persönliche Verfehlungen gebeichtet. Er steht irgendwo im Seitenschiff und ist in der Regel aus Holz. Meistens ist es ein 3 Kammernsystem. In der Mitte eine Kammer für den Pfarrer, der sitzend sowohl nach links als auch nach rechts durch ein Gitterfenster in die jeweiligen anderen Kammern schauen kann. Er sieht den Kopf des Beichtenden bestenfalls noch den Rumpf. Er neigt sein Ohr zum Gitterfenster der Beichtende wiederum ist frontal kniend dazu ausgerichtet und seine Lippen können das Gitter berühren. Er kann leise reden, der Pfarrer muss den Hals nicht drehen, denn das Ohr richtet sich zum Mund. Es wird gebeichtet. Intime Verfehlungen, christliche Sünden, juristische Fehltritte. Der Pfarrer gibt am Ende Aufgaben zur Sühne auf und der Beichtende verlässt den Beichtstuhl. Gut ist es nach der katholischen Lehre die Aufgaben des Pfarrers auszuführen. Dann so sind die Sünden erlassen. Mord, Totschlag, Vergewaltigung, Verschlagenheit, Betrug eigentlich alles kann vergeben werden. Und der Pfarrer unterliegt der Schweigepflicht. Die Katholische Kirche funktioniert zum Glück nicht als juristisches System, dennoch ist diese Institution aus dem Mittelalter kommend als die Kirche noch der Staat war, eine gängige Praxis sein Gewissen zu erleichtern.
Bei Alicia Framis ist der Beichtstuhl aus Plexiglas. Sowohl der Pfarrer als auch der Beichtende sind zu sehen. Wenn denn einer drin wäre. Und betreten dürfen wir das Kunstwerk nicht. Ob etwas zu hören wäre, kann nicht gesagt werden. Schön wäre es. Solche Beichtstühle nützen nichts, die Privatsphäre ist nicht mehr gegeben. Da beichtet niemand. Und doch beichten wir täglich. Das was wir früher ins Poesiealbum oder Tagebuch geschrieben haben kommt heute auf Facebook sichtbar für jedermann und –Frau. Wenn da der ein oder andere Mörder von seinen Taten prahlt kann sogar die Polizei davon profitieren.
Es ist ein zweiteiliges Interpretationswerk. Einerseits ist es die Verurteilung der Scheinheiligkeit der katholischen Kirche, andrerseits ist es die Lächerlichkeit des Beichtstuhls in Zeiten von Facebook. Wir brauchen keinen Ort der Beichte mehr, wir beichten freiwillig – täglich.
Photos von Ursula Drees im ZKM Karlsruhe in der Ausstellung Globale gemacht
Hinter der Gruppe „Where dogs run“ verbirgt sich eine Künstlergruppe. Sie wurde in Russland 2000 gegründet und besteht aus Alexey Korzukhi, Olga Inozemtseva, Natalia Grekhova, Vladislav Bulatuv und leben und Arbeiten. Es ist eine Mixed Media Installation bestehend aus Servomotoren, Magnete, Mikrocontroller, Sensoren, Mikrokameras, und Ferrofluid.
Sie entstand zwischen 2009 und 2012. Wir sehen in einem Winkel von 90 Grad zwei Projektionen von einer dunklen schwarzblauen Flüssigkeit. Sie bewegt sich. Davor steht ein Kubus aus Plexiglas. Darin eine Art Plattenteller mit einer dunklen sich bewegenden Flüssigkeit. Es sieht aus als sei es flüssiger TEER oder so etwas Ähnliches. Etwas zähflüssiges einerseits aber doch elastisch und reaktiv. Zwei kleine Kameras sind auf diesen Teller gerichtet. Das ist die Projektion. Also beschäftigen wir uns mit dem Kubus. Was genau erkennen wir? Ein langsames umher Schreiten zeigt, dass unsere Bewegung auch Bewegung im Kubus hervorruft. Bleiben wir stehen formt sich etwas. Und dann nach längerer Betrachtung endlich sehen wir, es ist ein topografisches Auge. Jetzt fällt der Groschen: Big Brother is waching me. Oder?
Bei FIELDS 2.1 bildet eine unbelebte Ferrofluid-Substanz mit Hilfe von magnetischen Feldern ein Auge. Das Auge bewegt sich. Bei stillstand bildet es sich aus, bei Bewegung zerfällt es. Das Auge das uns betrachtet. Das Auge das wir mit Bewusstsein verbinden. Wer ein Auge hat der kann auch denken, der lebt. Diese Installation ist durch Stanislav Lem inspiriert. ES geht um die Möglichkeit dass aus Riesenorganismen des Alls vielleicht Formen oder Lebewesen uns beobachten. Es ist die Metapher zwischen Kommunikation des Menschen und lebender Materie.
Gross ist die Installation nicht. Sie nimmt vielleicht 1 Kubikmeter Luft und Raum ein. Wie ein Mobile präsentiert sie sich. Oder vielleicht von unsichtbaren Händen bewegte Puppen. Langsam bewegt sich das obere Raster und genauso langsam durch Fäden miteinander verbunden das Untere. Es ist ein meditativen Hin- und Her. Zu Hören ist nichts. Allein: dieses Gebilde ist schön anzusehen, besticht durch federleichte Materialien. Alles ist zerbrechlich und dünn, leicht. Natürlich bleibt der Besucher bei so viel kleinteiliger Fragilität stehen und lässt sich in den Bann des sanften Aufs und Abs ziehen.
Und das was jeder sofort sieht und fühlt ist auch das was es ist. Eine Boje inmitten des Pazifiks sendet Daten über die Wasserhöhe und Intensität der Bewegung an die National Oceanic and Atmospheric Administration in den USA: Der Wellengang wird auf die Größe der Rauminstallation skaliert, ansonsten bleibt es unverändert.
Als wir die Installation betrachten war der Pazifik ruhig. Langsam bewegt sich die Boje auf und ab, und so wird das Installationskonterfei auch bewegt. Wenn der Wellengang bewegt ist oder sogar Sturm ist, dann springt die Boje auf den Wellenbergen auf und ab und die Installation wird ein wilder Hexentanz. Gerne würden wir diesen Zustand auch sehen, aber was sollen wir tun? Heute ist der Pazifik ein sanftes Schäfchen.
Finalisten beim CommAward Die Jury sitz zusammen und schaut den Starschnitt von IrrSinn.
Yvonne Rogers talking about the crazy IrrSinn-Demo on Mensch und Computer at CHI PLAY ’15
Auf Der CHI PLAY 2015. IrrSinn wird gezeigt!