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A million times, 2013 von „Humans Since 1982“


© humans since 1982, planet earth, 2010

Wie eine Welle ist die Zeit. Sie bewegt sich stetig und gleichmässig. Sie bewegt sich mit vielen Uhren und an einem Punkt können auch wir sehen welche Stunde es ist. Die Installation ist Zen. Sie zieht uns in den Bann, die Minuten und Stundenzeiger, die gleichmässig die Zeiten zeigen und dann doch einen gemeinsamen Nenner finden.

A million times (Time Dubai) by Humans since 1982 from Humans since 1982 on Vimeo.

Diese Kinetische Installation ist das Ergebnis eines langen Weges. Nicht erst vorgestern haben die Gestalter der Stockholmer Agentur „Humans Sinse 1982“ das Thema der Zeit und der Uhren in ihrem Repertoire. Beide wurde 1982 geboren und haben 2008 ihre Zusammenarbeit bei der Master Graduationsparty der HdK Gothenburg beschlossen. Per Eman (Sweden) hat den Master of Science an dem Royal Institute of Technology in Stockholm gemacht und Bastian Bischoff studierte Communication Design an der HTWG in Konstanz.


© humans since 1982, planet earth, 2010

Seit 2010 sind sie in Stockholm angesiedelt. Beide haben Interesse am Interesse. Und so formulieren sie das auch: Humans since 1982 are interested in interest itself. Sie wollen Interesse und Neugierde hervorrufen, herstellen. Sie nehmen die dingliche Welt, stellen sie in einen Kontext und eine Form die sich irgendwie damit beschäftigt zu zeigen, wie die Welt ist, oder sein könnte. Und wer will kann sich diesem Versuch stellen. Und so haben sie die Zeit zum Thema gemacht. Natürlich auch Uhren. Diese Objekte demonstrieren gleichmässige Bewegung und gleichzeitig codierte Bilder und Zeichen die Zeit zeigen.


© humans since 1982, planet earth, 2010

In „A  Million Times“ sind 288 analoge Uhren zu sehen. Sie sind auf einer 3.44 Meter grossen Fläche installiert und jede Uhr verfügt über einen eigenen Motor für den grossen und kleinen Zeiger. Alles zusammen schafft die Illusion von einer choreografierten Zeit.

Ein Blick in die Geschichte von „Humans Since 1982“ übrigens ein wirklich toller Name, zeigt die Beständigkeit der Arbeit.  Das erste Objekt mit dem Namen „Surveillance Light“ wurde 2008 auf der Stockholmer Möbel Show gezeigt. Und dort nicht nur in den klassichen Medien, sondern auch in politischen Blogs und Magazinen besprochen und bewertet. Das führte zu der in Brüssel zu findenden Kunstgallerie Victor Hunt. Weitere Projekte folgten und oft wurden ihre Objekte eben nicht nur von der Kunstwelt beurteilt, sondern auch von anderen Geistesströmungen, wie z.b. Religion, Politik, Wirtschaft. Sie tragen eine gewisse Zweideutigkeit in sich diese Objekte. Einige  sind in namhaften Galerien wie der Saatchi Gallery, London oder der von Phillips de Pury gelandet. Und Preise kamen natürlich auch dazu. Sie arbeiten sowohl an Auftragsarbeiten als auch an Eigenen. Sie sind erfolgreich und füllen  Einzelausstellungen. Kein Wunder.


© humans since 1982, planet earth, 2010

Dimension: 344cm x 180cm x 5cm
anzahl von Einzeluhren: 288
Material: Aluminium + Elektrische Komponenten
Elektrik: Standard 100-240V, 50-60Hz Sockets
Operation System: selbst geschriebene software die durch das iPad gesteuert wird
Oberfläche: Pulverlack beschichtete schwarze und weisse Zeiger, Zifferblätter Siebdruck

Herstellung: David Cox

Über das Video:
Unterstützung: Tim Meier, Francesca Lusuardi
Musik: Mountains Crave
Von Anna von Hausswolff geschrieben
Aufgeführt von Anna von Hausswolff
vom Album: Ceremony (Kning Disk)
Veröffentlicht durch: Misty Music AB

Beitrag von Ursula Drees

Anwohnerpark Kunstwerk, Köln, 2006 von osa-office for subervise + architecture_plan06,

2006 wurde zum Architekturfestival nicht nur ein stillgelegtes Kaufhaus oder eine Messehalle in Betrieb genommen, wie es bei innovativen Designprojekten oft der Fall ist, sondern der Stadtraum sollte grossflächiger einbezogen werden. Dies nannte sich plan06. Es fanden Aktionen, Ausstellungen, Vorträge und Präsentationen in Ladenlokalen, Restaurants, Clubs, Höfen und Plätzen, Baucontainern  – überall statt.

Auch ein riesiger Atelierkomplex namens KunstWerk war Teil  davon. Es gibt da einen Parkplatz, der durch eine imposante Brandwand begrenzt wird. Dieser Parkplatz ist eine Art Grenze von einer Verbindungstrasse zwischen Deutz und Mühlheim, dort wo die Zoobrücke unterquert wird und dem Ende des Messegeländes. Ein ungeklärter Ort, Autos fahren durch, keiner hält sich auf, nichts Beschönigendes ist dort. Es ist ein urbaner Stadtraum, ein Parkplatz von einer grossen Brandmauer überschattet. Die Brandwand selbst gehört zum Atelierkomplex KunstWerk.

Die Leute von den Ateliers klagten, dass sie Parkplätze  mieten müssten, falls Besucher kommen. Aber jeder weiss, dass die Künstler kein Laufpublikum haben. In Ateliers wird gearbeitet und wenn man Glück hat wird man dabei nicht gestört.  Freunde kamen mit den Öffentlichen oder Fahrrad. Aber die Parkplätze mussten trotzdem für eventuelle Besucher angemietet werden.  Das ging an den Bedürfnissen der Künstler vollständig vorbei. Aber gegen die Stadt kann auch ein gigantischer Altelierkomplex mit Brandmauer nicht viel ausrichten.

Deshalb ist dieses Projekt ist aus zweierlei Gründen sehenswert. Erstens: die Lösung eines schwerwiegenden Problems wurde realisiert und zweitens: die Herangehensweise, wie habt man es geschafft. Die osa-Artisten kannten ja die Lösung. Die Künstler der KunstWerke hatten ziemlich eindeutig die Lage beklagt und die Lösung genannt. „Wir wollen keine teueren Parkplätze, die niemand braucht, anmieten.“ Wie kriegt man so was hin?

Die Künstler von osa durchforsteten das Gelände. Und damit fiel ihnen die vielen Fahrbahnmarkierungen ins Auge. Auf den Strassen sahen sie nicht mehr Markierungen, sondern weisse Codierungen, geheime Strichkombinationen und Grenzen. Die Brandmauer war im Grunde die einzige leere Fläche. Da mussten auch Codierungen hin. Vielleicht weitere Parkplatzfläche? Und am besten noch Strassenverkehrszeichen mit Strassenlampe die brennt, wenn es dunkelt wird.

„Unser Projekt Anwohnerpark greift das bestehende Markierungsornament des Messeparkplatzes auf und führt es auf der angrenzenden Brandwand des benachbarten KunstWerk fort. Mit der ästhetischen Kraft dieser ebenso alltäglichen wie abstrakten Grafik wird nicht nur ein öffentlichkeitswirksames Icon an prominenter Stelle in einen strukturell schwierigen Stadtraum eingebracht, sondern auch ganz nebenbei das Problem der Anwohnerparkmöglichkeiten bei anhaltendem Druck der Messe auf benachbarte Flächen auf einfachste Weise nachhaltig gelöst.“  Zitat von der osa website

Jetzt gibt es eine grosse Menge an neuen Parkplätzen, eben auf der Brandmauer. Und sie entsprechen natürlich der Norm. Die Stadtverwaltung musste feststellen, dass es keine Regelungen für vertikale Parkplätze an Brandmauern gibt. Und so gelten diese Parkplätze als vollwertige. Die Parkplatzfrage ist geklärt.

Und ganz nebenbei ist ein Kunstwerk entstanden. Die Passanden verstehen sofort, auch wenn sie die Hintergründe nicht kennen. Aber ein Lächeln, das kann wohl niemand verhindern. Design Thinking im besten Sinne.

© Photographien von Anja Ohlinger oder Oliver Langbein. 

das team:-entwurf osa / realisierung: osa & kunstwerk köln

Thomas Deyle Kunstwerk, Köln, Dipl. Ing. Britta Eiermann, osa, Prof. Dipl Ing. Oliver Langbein, osa, Dipl. Ing. Anja Ohlinger, osa, Andreas Schön, Kunstwerk, Köln, Dipl. Ing. m.a. Anke Strittmatter, osa, Dipl. Ing. Bernd Trümpler, osa, Nicolaus Westenberger, Kunstwerk, Köln, Thorsten Zenk, Kunstwerk Köln.

Gefördert als plan06-Projekt vom Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen / Veranstalter: Stadt Köln, Dank an: Kay von Keitz & Sabine Voggenreiter [plan06] Realisiert im Auftrag des  KunstWerk Köln e.V. Dank an Thomas Deyle, Manfred Gabriel, Andreas Schön und all die helfenden Hände und Köpfe.

Beitrag von Ursula Drees

Prof. Langbein, osa – office of subversive architecture

Schneckeninvasion, eine Arbeit der Studierenden der Szenografie FH Dortmund unter der Leitung von Prof. Oliver Langbein Fotografie © Ursula Drees

Oliver Langbein, Professor für Szenografie an der FH Dortmund ist Mitglied der osa, dem Office for subversive architecture. Hier handelt es sich um ein Netzwerk, eine seit ca. 10 Jahren bestehende offene Arbeitsgemeinschaft und „sich – wann immer der Anlass, die Zeit und die finanzielle Möglichkeit dazu gegeben ist – mit der experimentellen Gestaltung und/oder Transformation von Raum, unabhängig von Maßstab und Definition sowie der Subversion festgetretener Sichtweisen beschäftigt.“ (Zitat Website osa).

intact, illegal refurbishment of a signal box, london/shoreditch © Website osa

Die Mitglieder, in fast allen Fällen kommen sie aus der Architektur,  leben und arbeiten überall: Berlin, Darmstadt, Frankfurt, Graz, London, München und Wien.  Wenn sie zusammenarbeiten, dann geht dem eine Phase der Diskussion und Vorbereitung voraus. Die Mitglieder treffen sich online und erst wenn das Wichtigste geklärt ist, treffen sie sich zu einem festen verabredeten Zeitpunkt am Ort des Geschehens. Die Gruppe arbeitet an no budget Projekten, aber teilweise auch mit Projektpartnern und Geldkunden. Und die meisten Mitglieder sind in der Lehre tätig, sie verarbeiten und verbreiten ihre Überzeugungen, analysieren und machen Gedanken zugänglich.

intact, illegal refurbishment of a signal box, london/shoreditch © Website osa

Das intellektuelle Leitbild ist mit der Frage beschäftigt wie der Stadtraum verändert werden kann, was dazu führt, gibt es Leitbilder, Orte und Unorte, was macht Wandelt aus und wie kann er beschleunigt werden? Gibt es Utopien, Visionen und Ideen der Perspektiv- und Positionsänderung.  Es sind Szenografen der Städte. Ihre Aktionen sind teils aus langer Hand geplant, mit medialen und technischen Mitteln über längere Zeiträume  hergestellt und umgesetzt, teils an das Happening erinnernde spontane Aktionen, die so schnell da sind, wie sie auch wieder verschwinden. Dann es ist ein Glücksfall wenn man die Aktion mitzubekommt.

intact, illegal refurbishment of a signal box, london/shoreditch © Website osa

Prof. Langbein stellte eine Vielzahl von Projekten auf der DASA, Kolloquium für Szenografie in Dortmund, vor, darunter auch das Projekt Intact.  Zwischen den Jahren 2004 bis 2006, von Idee bis zur Realisation entstand intact.  Die Arbeit kann nicht mit streng geplantem Projektmanagement und -zeitstrahl verglichen werden, eher beginnen Eindrücke zu Ideen zu werden und  irgendwann mal kommt es zu einer Umsetzung.  Die Gedanken entstehen über Zeit. Und so ist diese Aktion wie auch andere eine Geschichte wert. Oliver Langbein erzählt sie.

intact, illegal refurbishment of a signal box, london/shoreditch © Website osa

Einige Mitglieder der Gruppe wanderten durch einen verlassenen Londener Ortsteil namens Shoreditch, östlich der sogenannten Brick Lane.  Shoreditch gehört zum hippen East End, ist selber noch in der Identitätsfindung. Hier passiert noch einiges. Die Künstler und Gallerien sind gerade erst eingefallen. Graffitis und  kleine Läden und Büros mit Namen wie „future lab“ oder „dishroom“ markieren den Wandel.

intact, illegal refurbishment of a signal box, london/shoreditch © Website osa

Dort befindet sich auch der 2006 still gelegte Shoreditch Bahnhof. Dieser alte Bahnhof wurde durch eine neue Verbindung und Station, der Shoreditch High Street Station überflüssig. Hier fanden die osa Mitgleider eine alte „signal box“, ein Bahnwärter Häuschen. Es steht auf Stelzen und überblickt das Areal.  Bei dem Anblick  kann an Baumhaus, erhöhtes Schrebergartenhaus,  Badeumkleidebungalow oder Wasserspeicher in Häuschenform gedacht werden. Es ist hoch und gut sichtbar, durch Wind und Wetter in Mitleidenschaft genommen und sieht aus, als es nicht ganz zugehörig wie zufällig dort hingestellt worden.  Hier kam der Gedanke auf, dass dieses runtergekomme Gebäude eine Auffrischung gebrauchen könnte. So klein und idylisch, da wäre es schade, wenn es verfallen und in Vergessenheit geraten  würde. Ein kleines Traumhaus sollte entstehen.

Anfangs verhandelten die Gruppenmitglieder mit den Behörden und der London Railway Heritage Society, aber irgendwann wurde ihnen klar, dass sie zwar überaus liebenwürdig, aber stetig vertagt und abgewimmelt wurden. Vom Projekt wurde nicht abgelassen und eine Nacht und Nebelaktion entwickelte sich daraus. Gegen 4 Uhr morgens verschafften sich die Mitglieder Zugang zum Gelände. Es war dunkel und man musste das Renovierungsmaterial gleich mitnehmen. Die Zeit war knapp, die Aktion illegal, Schnelligkeit war gefragt. Deshalb wurde das Traumhaus für eine bestimmte Betrachterperspektive renoviert, den „hintere“ Teil blieb wie vorgefunden. Die Wände wurden weiss getüncht, ein kleiner mit grünem Kunstrasen ausgelegter Balkon, angelegt, Blumenkästen mit blühenden Geranien, ein Grill und eine Sitzecke addiert. Fensterscheiben eingesetzt und 10 Stunden später war das Traumhaus fertig.

intact, illegal refurbishment of a signal box, london/shoreditch © Website osa

Das Traumhaus wurde jedoch nach schon 3 Tagen zerstört, Vandalismus, von welcher Institution oder Bevölkerungsschicht initiiert bleibt im Ungewissen. Also wurde eine erneute Aktion durchgeführt und diesmal stand kein Grill und Gartenstuhl vorne, sondern ein behängter Wäscheständer. Nach einigen Monaten wurde auch dieses Traumhaus zerstört und eine dritte Aktion fand statt. Keine Blumenkästen diesmal, sondern ein grossen blaues Stofftier namens Schlampi, eine Skulptur der Künstlerin Simone van gen Hassend. Schlampi war eine liebevolle Antwort auf den zweifachen Vandalismus.

intact, illegal refurbishment of a signal box, london/shoreditch © Website osa

Die „guerilla action“ wurde im Britischen Fernsehen – chanel_4 ausgestrahlt. Dan Edelstyn ist der Filmemacher. Das Projekt wurde aber nicht nur im Fernsehen besprochen, die Medien allgemein haben die Aktion in Zeitungen, Websites, Blogs und Architekturmagazinen ausgiebig behandelt. Dazu die Macher: „Public reaction to this project and other interventions of its kind has been overwhelming. Through a simple, low budget and temporary action on a specific site such projects capture the imagination and raise awareness and debate around the spaces that we often pass by without so much as a glance.“

The Subversive Architects von Daniel Edelstyn: unbedingt diesen FILM ansehen!

Szenografie kann spontan sein, leichtfüssig, kein Kostenfresser. Sie kann schnelllebig sein, inspirierend und freudig. Diese Merkmale kennzeichnet viele eigentlich fast alle Projekte der Gruppe. Eine erholsame Art Aufmerksamkeit zu schaffen. Da schaut der Betrachter gerne hin, lässt sich begeistern und der Tag ist gerettet.

Ein weiteres Projekt, diesmal von Studierenden von Oliver Langbein, war die Invasion der Schnecken, die direkt im Zuge des DASA Kolloquiums inszeniert wurde. Es war kalt, Schnee lag auf den Strassen, die Fussgängerwege dürftig frei geschaufelt. Und vor dem Haupteingang durchquerte der Kolloquiumsteilnehmer eine Invasion der Schnecken. Mehr als 1000 kleine Schnecken krochen unaufhaltsam zum Gebäude. Sie wurden abends vor Dieben gerettet und morgens in der Frühe wieder, ein Stück näher am Eingang platziert. Ob sie den Weg in den Innenraum geschafft haben, immerhin gab es eine Drehtür zu überwinden, soll offen bleiben.

Schneckeninvasion, eine Arbeit der Studierenden der Szenografie FH Dortmund unter der Leitung von Prof. Oliver Langbein

Fotografie © Ursula Drees

Beitrag von Ursula Drees

Hubert Lepka, lawine torrèn

Hubert Lepka bei seinem Vortrag am 13. Szenografie Kolloquium in der DASA, Dortmund 2013.

Hubert Lepka wurde auf das 13. Szenografie Kolloquium in der DASA, 2013, Dortmund eingeladen.  Er spricht über „invisible tales“. Unsichtbare Geschichten befinden sich überall. Sie liegen nah an der Oberfläche, sie müssen gesehen und erkannt werden. invisible tales können in der Natur in einer Steinformation liegen, genauso aber auch in der Tätigkeit des Erzählens, sei es das Erzählen mit Worten, mit Bildern, Gesten, Tönen oder Handlungen. Hubert Lepka verstehen wir als Entdecker der invisible tales. Er ist künstlerischer Leiter von lawine torrèn. Der Kontrast der Aufführungen und Performances von lawine torrèn zum präsentierenden Menschen bei dem Kolloquium ist nicht unerheblich. Er gehört zur fragilen, schnell bewegten, schneller sprechenden Sorte Mensch, dessen Tempo ein bisschen gezügelt ist, immerhin wird präsentiert. Seine Gestik und sein Habitus erzählen parallel eine Geschichte, ob sie unsichtbar ist oder nicht, lassen wir offen. Die Hosenträger haben bei seiner Kleidung ein Recht auf Dasein. Alles bewegt sich, auch wenn es eigentlich an einem angestammten Platz sein sollte. Ein Hemdzipfel findet den Weg in die Freiheit und es flattert unerwartet die Strickjacke in Begleitung einer Haarsträhne am oder im Gesicht herum. Der Hemdkragen ist hochgeschlossen und damit ausserhalb einer Veränderungszone, was uns erstaunt. Wie hat er das geschafft?

Das Podium erhöhte die Sprecher, sie schauten nach unten. ©ursula drees

Bei den Performances mit dem Titel wie z.B. FRUTIGER oder GANGART werden ordentliche Tagebau-Schaufelbagger, Untertagebaugrubenlader, Dump Trucks mit Reifenhöhen von mehr als 2 Meter Durchmesser, Wheel Dozer, Satteltieflader, Unimogs, Sattelzüge, Planierraupen, Radlader, Raupenbagger, Lastkräne, Pistenraupen, Flugzeuge, Helikopter, Transportschiffe und anderes schweres Gerät zu Akteuren. Dazwischen: ihre Lage behauptenden Menschen. Die ungelenken Bewegungen der Monstermaschinen, bedrohlich und ohne Reaktionspotential und der Mensch, klein, wendig, anfällig. Der Kontrast kann nicht grösser sein. Maschinen, die Gebäude abreissen oder Sprengungen einleiten, deren Schaufeln massige Feldblöcke spielerisch vor sich her bewegen und eine Art Katz und Maus Choreografie aufführen. Immer wieder einzelne Menschen oder Gruppen dazwischen. Die nachahmen oder vorspielen. Das weiss man nicht genau.

Hubert Lepka hat sich der Kunst, des Bewegten, des Gigantischen, des Gefährlichen  verschworen.  Seine Bühnen sind Naturlandschaften, sie sind wie sie sind und vorgefunden werden. Vom Berggipfel, Fluss, Flugplatz, Stadtbebauung bis zur Erzgrube.  Das was ist, ist auch Bühne. Hier ergeben sich andere Herausforderungen, wie das Wetter: Kälte, Hitze, Nebel, Regen, Schnee und was sonst so geschehen kann,  Verkehr und vorbei strunzende Anwohner, eine Kuhherde auf dem Weg zum Stall, Kirchenglocken, die zum Abendgebet auffordern – aber das schreckt nicht ab. Es sind komplexe und raumübergreifende Performances, schwer koordinierbar und zeitlich eher an Minuten-, denn an Sekundenskripts gebunden.

Gangart: ein Projekt von lawine torrèn       

Bei solchen Verhältnissen wird es schwer für die Zuschauer das Geschehen zu überblicken. Teilbereiche können eingesehen werden, aber nicht unbedingt alles.  Medien, Kameras, Projektionen, Leinwände sind erforderlich, um das weit Entfernte abzubilden.  Der Beitrag vom 3. Dezember 2012 bespricht das Gletscherschauspiel  „Hannibal“ von lawine torrèn, (12. April 2013  gibt es eine weitere Aufführung von HANNIBAL – Gletscherschauspiel sölden – tirol – austria). Diesmal geht es um Arbeiten, die eine öffentliche Aufführung – oder besser noch – eine Durchführung haben, aber deren Aufzeichnung das künstlerische Werk darstellt.

Gangart: ein Projekt von lawine torrèn             Photographie © Magdalena Lepka

Diese Form der Geschichtenerzählung sind laut Hubert Lepka  „invisible tales“. Bei FRUTIGER und GANGART geht um den Entstehungsprozess des Werks. Nicht zu verwechseln mit einer Projektdokumentation oder einem Making Off. Es geht nicht um die Aufzeichnung der Vorbereitung des Werks. Es geht um die Entstehungsgeschichte einer Arbeit. Die Wechselseitigkeit der Erzählungen und deren Erzählern. Drehorte, Bewegungen, Schauspieler, Tänzer, Kulisse, Maschinenakteure, Kameraleute alle wirken an der Geschichte mit. Der oder die einen als jene, die etwas sichtbar ändern, die anderen als jene, die im Prozess einer Aufnahme, durch Einstellungsgrössen, Perspektiven, Winkel, Schnittfolgen, Ton und Akzente die Geschichte mit erzählen. Es ist eine Art handelndes Erzählen oder erzählendes Handeln. Es ist, Zitat Hubert Lepka, eine Art Performance Archäologie. Der Weg ist das Ziel. Das bleibende Bild führt über die Aufführung über die Performance zum Werk Die filmische Aufzeichnung ist die Kunst und aus der künstlerischen Handlung heraus geboren. Denn die Kameras umkreisen die Performance, aber bei diesen Grössenverhältnissen und Distanzen ist das Aufnehmen ein performatives Shooting.

Gangart: ein Projekt von lawine torrèn             Photographie © Magdalena Lepka

So wie bei der Performance GANGART – eine montanistische Performance zum Jubiläum 1300 Jahre Erzabbau am Steirischen Erzberg – eine Choreographie für Baumaschinen und Eisenstein – eine Bergparade aufgeführt am 22. September 2012 um 14.00 Uhr, auf die hier näher eingegangen wird.

Gangart: ein Projekt von lawine torrèn             Photographie © Magdalena Lepka

Der Erzberg ist ein, aus der Luft betrachteter, Zengarten aus Stein. Treppen aus Gesteinsschichten formen einen Berg und ein Tal, dort findet die Performance von Baumaschinen und Menschen statt. Siderit ein Mineral aus der Mineralklasse „Carbonate und Nitrate“ auch Eisenkalk, Eisenspat, Spateisenstein und Stahlstein genannt, wird im Steirischen Erzberg abgebaut. Mit etwa 400 Millionen Tonnen abbauwürdiger Erzmenge gilt der Erzberg als größtes Sideritvorkommen der Erde. Diese Form dient der Performance als Blueprint.

Lawine Torrèn: Gangart – Montanistische Performance am Erzberg from eisenerZ*ART on Vimeo, gepostet wurde das Video von eisenerZ*ART, hergestellt von mediacreation GmbH, Film, TV & Multimediaproduktionen

„Bergbaumaschinen ohne Performance Erfahrung agieren mit 5 Tänzern, ohne Maschinenerfahrung.“ (Hubert Lepka beim Kolloquium). Die Maschinen massig und überdimensioniert, die Menschen ziemlich klein. Plötzlich ist es wie in einem Puppenhaus. Die Dinge sind erwachsen, die Tänzer ganz klein. Auf der Website von lawine torrèn liesst sich das Ganze wie folgt: „dieses “falsche” raumgefühl bringt lawine torrèn mit der improvisationstechnik “viewpoints” von mary overlie in ein feines geflecht von berg, mining equipment und zeitgenössischem tanz. die fahrgeräusche der antriebe, der donner von fallendem fels, von sprengungen, das sirenenheulen, die metallischen gitarren der drei schwestern von sawoff shotgun, all dies wird zu einem soundtrack komponiert, der nicht für die performance gemacht ist, sondern aus der performance entsteht. inspiration: cage im überdimensionalen ryoanji-garten.“

Hier kann die VideoDoku der Performance angeschaut werden.  Die Musik kommt von sawoff shotgun. Die Credits sind unter der Website von lawine torrèn nachzulesen.


Gangart: ein Projekt von lawine torrèn    

Maschinen als übergrosse, angeschnittene Monster, dazwischen die Menschen. Sie imitieren die Bewegungen und geben sich Mühe, die Dinger zu orchestrieren.  Die Bewegungen korrespondieren mit Vorstellungen des Maschinellen oder des Bergbaus? Ist auch nicht wichtig, es zählt der Tanz: Maschine mit Mensch. Wir sehen Schaufelbagger, deren Grabtiefe und maximaler Schaufelinhalt x-Meter und mehrere Tonnen zu sein scheinen,  mindestens 10 Meter, riesig , ungeheuerlich. Darin ein bewegter Felsbrocken. Er wird geschoben, gerollt, gewiegt und abgeladen, aufgeladen, geworfen. Ein mächtiges Ding. Dann die Sprengung. Eingeleitet durch Brizeln an der Abbruchkante und es knallt. Von unten aus der Tiefe gibt es eine Erschütterung und kurz darauf: die Steinlawine geht ab. Immer wieder der Mensch, die Tänzer, bekleidet mit Unterwäsche und Staubmänteln. Er drängt sich ins Bild. Schafft er noch gerade, denn ein Rad allein ist Format füllend. Er hat keine Chance, aber mutig bleibt er, überrollt wird er nicht. Der Film macht’s deutlich, als Zuschauer der Performance wird der Eindruck der Masse klar, aber vielleicht nicht der spezielle Blickwinkel. Das ist aber wichtig. Der Film ist das künstlerische Werk und alles führt darauf hin. Performative Archäologie.

Das Video mit originalen Filmsequenzen unbedingt hier ansehen.

Das Video mit originalen Filmsequenzen unbedingt hier ansehen.

Screenshots aus dem Video von stefan aglassinger, mit Musik von Alban Berg und Robert Schumann 
eingespielt durch das Hermes Quartett Salzburg.

Im Zusammenhang der performativen Archäologie und den invisible tales muss das Werk „Schafberg 1911“ genannt werden.  Die Geschichte versteckt sich in der vorgefundenen Szenerie. Eine Felsformation, der Schafberg, oben ganz oben ein Fels, der steil in die Luft ragt und unvermittelt abfällt, tief in ein Tal. Ist hier nur eine Laune der Natur zu bewundern oder sollte mehr dahinter stecken? Vielleicht beides? Haben Menschen die Steinarchitektur erkannt und zu nutzen gewusst? Invisible tales: man muss sie sehen können. Die Geschichte vom Schafberg 1911 ist Fiktion, eingebettet in die Bergwelt, dargestellt, wie Dokumentation, hergestellt wie performative Archäologie: handelndes Filmen und filmisches Handeln. Die Performance ist ein Teil des Werks, nicht aber das Zentrum. Die Fiktion wird mit vielen Medien erzählt. Die in der Vergangenheit angelegte Story wird als einmaliges Zeitdokument behandelt, Teilstücke der damaligen Gegenwart werden ausgegraben und neu aufgelegt, wie die Postkartenserie oder wieder gefundene Filmaufnahmen. Die Postkartenserie wird übrigens an touristischen Stätten und Kiosken in Österreich auch verkauft. Das muss man sich mal vorstellen. Die Grenzen der Erzählung zur Wirklichkeit verschwimmen. Der unbedarfte Betrachter, Tourist, Wanderer wird die Karte sehen und ahnungslos dem Bild Glauben schenken, dennoch er hält eine gekonnt erzählte Fiktion in den Händen. Oder ist etwa doch was dran?

Postkarte zum Schafberg 1911          Photographie © Magdalena Lepka

Schafberg 1011 – Auf dem Weg zum Mond – der Hödlmoser-Cranz-Versuch als Theateraufführung am Abgrund des Schafberges, eine Performance von und mit lawine torrènschafbergbahn und wolfgangsee tourismus.  Hier die Geschichte, entnommen der Website von lawine torrèn:

„1911 verfolgen zwei junge männer vom wolfgangsee eine vision, die die wiener gesellschaft mehr als entzückt: könnte der schafberg mit seinem steilen hochplateau tatsächlich die startrampe für einen mondflug sein? berthold hödlmoser und carl cranz jedenfalls sind so überzeugt von dieser idee, dass sich sophie, eine ehemalige jugendfreundin, sogar um kontakte ins kriegsministerium bemüht – über arthur, einen offizier, der sein spiel an geheimhaltung so geschickt zu betreiben weiß, dass zuletzt sogar der kaiser neugierig wird. wenn es wirklich gelänge, die zweistufige, dampf-ballistisch getriebene konstruktion von der spitze des schafbergs bis in das böhmische pilsen zu schießen und dort an einem spezialfallschirm landen zu lassen, so wäre auch ein mondflug – möglich!
womit sich der militärische lokalaugenschein auf dem schafberg nicht nur schwerwiegenden herausforderungen, sondern auch einer unerwartet eigenwilligen dame gegenüber sieht, die lästige fragen stellt, komplizierte technische sachverhalte erstaunlich gut zu erfassen weiß und so das unfassbar haarsträubende dieser unternehmung erst richtig „auf spur“ bringt.“

Postkarte zum Schafberg 1911        Photographie © Magdalena Lepka

Das Video mit originalen Filmsequenzen unbedingt hier ansehen. Die Kameraeinstellungen, das Zufällige des Amateurfilms wird gekonnt nachempfunden. Die Akutere sprechen und gestikulieren direkt mit der Kamera bzw. dem Kameramann (Stummfilm natürlich). Die Musik stammt von Alban Berg, ein Schüler von Arnold Schönberg, dessen freie Atonalität und Zwölftontechnik die klassische Komposition in die Modere führte. Alban Bergs Kompositionen, eindeutig in der Tradition von Schönberg, sind emotionsgeladene Werke. In Verbindung mit den Filmbildern wird ein Eifersuchtsdrama, Verlust, Verwirrung, Missverständnisse, Glück und Missgunst, Rache, das Unvorhergesehene, drohende Gefahr erzählt. Der Wind und die steilen Abhänge tun ihr Übriges. Dabei geht es um etwas ganz anderes, aber ist das bei diesen Bildern noch wichtig? Es ist der Moment, der zählt.

Postkarte zum Schafberg 1911        Photographie © Magdalena Lepka

Die Besetzung bitte hier einsehen.  Dieses Werk wird aufgeführt. Die Bühne der Berggipfel zwischen Wolfgangsee und Schafweiden, die Darsteller wie sie waren seinerzeit. Es wird unterstützt von der schafbergbahn, dem wolfgangsee tourismus, dem land oberösterreich, dem land salzburg, von porsche, von swietelsky,  progres und bm:ukk

Postkarte zum Schafberg 1911        Photographie © Magdalena Lepka

Beim Nachdenken kommt der Gedanke an Godard und die Nouvelle Vague auf. Das Konzept der Authentizität des filmischen Handelns. Sie wollten Echtheit darstellen, nicht etwas Echtes vorspielen. Die dialogische Vervollkommnung des Filmes durch offene Handlungsmöglichkeiten. Bei Godard ist das filmisch Narrative im Vordergrund und im Vergleich dazu ist lawine torrèn eine logische Weiterentwicklung der Nouvelle Vague. Der Tenor der Godard’schen Filme ist das Unmittelbare, das Dringliche, viele Szenen sind nicht geprobt oder nicht mal angekündigt. Es wurde mit kleineren Teams, ohne grosses Equipment gearbeitet, mit natürlichem Licht, der Establishing Shot bleibt oft weg, die Ebenen der Produktion werden in jeder Phase als formbildend eingebunden. Filme drehen selbst ist die Veränderung der Realität. Diese Merkmale der Nouvelle Vague lassen sich auch bei den Arbeiten von lawine torrèn nachweisen. Der Begriff der performativen Archäologie findet eine Bezugsform.

Postkarte zum Schafberg 1911        Photographie © Magdalena Lepka

 Beitrag von Ursula Drees

Rogier van der Heide -VP und Chief Design Officer von Philips Lighting


Rogier van der Heide: Vice President und Chief Design Officer von Phillips Lightning. Sein Metier ist das Licht. Aber nicht nur das. Das wäre einseitig. Wer an die Helligkeit denkt, der beachtet die Dunkelheit ebenso. Wer das Licht gestaltet, weiss dass Spannung und Fokus im Zusammenspiel mit dem Hellen und Dunklen, mit dem Direkten und Indirekten, mit dem Satuierten und Ausgewaschenen, Diffusen, mit dem warmen und kalten Licht entsteht.

Zum TED Talk.
Rogier van der Heide ist in seiner Funktion als Chief Design Officer bei Philipps Lightning in einer aussergewöhnlichen Position. Bis dahin kenne ich kein grosses Unternehmen das überhaupt die Position des Chief Design Officers kennt, denn die Chefs sind eher die Chief Technical Officers, Chief Executive Officers, Chief Financial Officers, aber selten die der Gestalt- und Formfindung von Licht. Allein schon deshalb sollte man sich sein Werk anschauen. Hier bei TED in Amsterdam spricht er über die Besonderheit und Notwendigkeit Licht und Dunkelheit herzustellen. Er ist ein geübter Sprecher. Seine Lässigkeit, Souveränität verbunden mit einer charmanten Bescheidenheit zieht den Zuhörer in den Bann. Ich habe ihn auf dem Szenografie Festival in Stuttgart im November 2012 gehört. Dort standen ihm 45 Minuten Redezeit zur Verfügung. Eine schier unglaublich lange Zeit, die es zu füllen gilt. Bei seinem Vortrag gab keine Minute Langeweile oder Ermüdung.

Roger van der Heide arbeitet mit Architekten und Gestaltern oder Visionären zusammen. Grosse Namen hört man da: Renzo Piano, Ben van Berkel, Rem Koolhaas, Zaha Hadid, Michael Graves, Cesar Pelli, Rob Krier.

Hier stelle ich eine Medienfassade vor, die sich mit Bestandarchitektur verbindet. Wer das Gebäude heute sieht, kann sich beim besten Willen die ursprüngliche Architektur nicht vorstellen. Eine karge, sehr in die Jahre gekommene 70iger Jahre Fassade, wie wir sie gerne in Deutschen Kleinstädten bei Gebäuden wie Hertie, Woolworth oder Kaufhof kennen. Nichts für eine Luxus Einkaufsmeile. Dort in Seoul, der Galleria West jedoch lag genau dieser Fall vor. Rogier van der Heide erklärte dass die Besucherzahlen zur Verwunderung der Betreiber nach unten gingen, keiner wollte in die Luxus Geschäfte wie Louis Vuitton oder andere Top Designer gehen und dort Unmengen von Geld für Kleidung, Taschen, Schuhe oder andere Luxusgegenstände lassen. Sagte, seine Verwunderung begründete sich auf die Unkenntnis des Gebäudes, das er später erst zu Gesicht bekam. Dann jedoch wurde einiges klar. Auch ihm, denn er sagte von sich selbst, dass er nicht viel mit Luxusmarken zutun hat. Gucci, Dior, Louis Vuitton, Prada und wie sie alle heissen, sind zwar Begriffe, aber frei von Bedeutung für ihn.



Mit Blick auf das Gebäude jedoch erklärte sich vieles: eben Woolworth, Kaufhof oder Hertie. Es ging darum die Fassade zu wandeln, das Gebäude zu wandeln, das Image zu wandeln. Vielleicht sogar ein Landmark herzustellen. Rogier van der Heide entwickelte zusammen mit den Architekten des UN Studios eine zweite Haut aus gefrosteten Glaskreisen. Tagsüber schimmern sie Perlmuttfarben, abends lassen sich die fast 5000 Glasscheiben mit einzelnen jedem Modul zugeordneten LED’s erleuchten. Daraus entsteht eine Farbenpracht, die ansteuerbar und bespielbar ist. Nur die Kante des Louis Vuitton Stores wurde aus geschlossen, da das Corporate Design dieser Luxusmarke ein bestimmtes und festgelegtes, nicht erweiterbares Design vorgibt. Schwarz weiss, Purität und äusserste Zurückhaltung. Der Kontrast, der durch die opulente Farb- und Lichtwelt mit dem Einschnitt des Louis Vuitton Stores erhöht die Attraktivität.

Das Steuerungsmodul umfasst 15.000 DMX Kanäle und ist wohl eines der elaboriertesten heutzutage. Der erzielte Effekt überstrahlt die Möglichkeiten einer Lichtprojektion bei weitem. Hier ist etwas Neues entstanden. Und tatsächlich, dieses vorher so unbeschreiblich langweilige Gebäude ist zu einer Attraktion geworden. Leute lassen sich davor fotografieren. Man staunt über die langsamen, subtilen Farbwechsel, die Bewegung an sich und macht Videos zum Andenken. Eingekauft wird auch wieder. Dass eine bespielbare Fassade auch für schnöde Werbung verwendet wird, kann auch ein Rogier van der Heide nicht verhindern. Aber so sieht sie gross, bunt und lebendig aus. Und wenn die tatsächliche Qualität der Fassade ausgeschöpft wird, sieht alles ein Kunstwerk aus.

Photos: Christian Richters und Rogier van der Heide
Architekten: UNStudio
Media Fassaden Konzept: UNStudio und Rogier van der Heide
Lighting Design: Rogier van der Heide
Arup Project Team: Rogier van der Heide, Simone Collon, Bob van der Klaauw
Product design: Rogier van der Heide und Tommy Voeten
Lighting control software: Rogier van der Heide