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In sozialen Internetdiensten posten, schreiben, demonstrieren, propagieren, feiern, leben und präsentieren wir uns. Immer zu jeder Zeit, ständig. Und weil wir alle daran teilnehmen erscheint uns das Tun harmlos. Zwar wissen wir, dass wir unser Inneres Preis geben, dass wir uns zugängig machen für Jedermann, Freund oder Feind, aber es ist uns trotzdem egal. Privatsphäre und Datenschutz sind bekannte Schlagworte: langweilig, übertrieben ängstlich. Und dennoch wenn wir posten, manchmal kommt da ein kleiner Zweifel, wer das alles sieht. Der neue Arbeitgeber? Die NSA oder der BND? Wer weiss, was die Zukunft bringt? Was geschieht bei einem Wandel der Einstellung, wenn nicht mehr die Liberalität herrscht, sondern bestimmte Ansichten, Gruppen und Taten verboten werden? Wenn Randgruppen kriminalisiert werden? Wenn Alkoholkonsum oder Sex zur Gefahr werden, wenn Nacktheit oder Selbstständigkeit der Gedanken nicht mehr erwünscht sind?
Wie kann dann der persönliche Datenstrom nachträglich an das herrschende Meinungsbild angepasst werden? Sollten wir das nicht jetzt schon aus Vorsicht tun? Sollten wir nicht mit einer Autozensur beginnen? Oder uns zurückziehen? Oder weiter machen in der Hoffnung auf die Warholschen 15 Minutes of Fame einfach weiter?
In dieser Installation des Schweizers Marc Lee sehen wir auf 4 Leinwänden in Echtzeit den User- generated Content. Die Menschen erzählen Geschichten über sich, über andere, über politisches, soziales, über alles was geschieht. Es wird global reflektiert und kommentiert. Ob es viele Menschen interessiert ist ein Glücksspiel. Manchmal wird plötzlich die Geschichte es Hundes im Badezimmer zum Hit, manchmal tatsächliche Neuigkeiten. Alle sprechen, alle reden, alle schreiben und alles zusammen erscheint erst mal oberflächlich und sinnlos. Wenn es auf 4 Leinwänden gezeigt wird. Ein Einheitsbrei. Mehr nicht. Man wird zum Beobachter und Überwacher. Wer will. Alle anderen drehen sich weg und langweilen sich. Zu Recht, aber eben nicht immer.
Chris O’Reilly spricht unter dem Schirm von „Games For Change Europe“, eine Sektion der fmx, die sich mit sinnvollen Formen der Spielindustrie auseinander setzt. Die Überlegungen müssen nicht automatisch zum Edutainment, Education, zu „serious games“ führen, es können Wege vorgestellt werden, die einbinden ohne belehrend zu sein. Nein, nicht nur können, sondern das ist das Ziel von „Games for Change Europe“.
Nexus Productions, vertreten von Chris O’Reilly, präsentiert Google Holiday Lights, aus dem Jahr 2014. Vor dem Weißen Haus in Washington DC wurden in nur 5 Wochen der große Weihnachtsbaum und drum herum viele Kleinere aufgestellt. Alle mit LED Lichterketten versehen, die wiederum verbunden mit Microkontrollern und einem Interface, über das die Farbkombination der Lichtfarbwerte eingestellt werden konnten. Dieses Interface wurde publik gemacht und alle konnten die Farben der Bäume mitbestimmen. In USA wird am 4. Dezember der Akt des Weihnachtsbaum Entzünden gross in Szene gesetzt. President Obama gibt des Startschuss und dann „BÄM“ sind die Bäume im Lichterglanz. Eine medienwirksamere Installation gibt es wohl kaum. Google und Nexus haben zusammen daran gearbeitet. Google mit ihren Verbindungen zu Michele Obama, die Kids zum Coden bringen will, Nexus mit der entsprechenden technischen, logistischen und prozessorientierten Kompetenz. Eine einfache und gut verständliche Idee. Sowas überzeugt.
„Made with Code“ auch von Google initiiert, um Kids zum coden zu animieren. Die Aufgabe besteht darin die Lichter und Farben eines LED Kleids selber zu animieren.
https://www.madewithcode.com/projects/fashion
Und eine Installation in einem Londoner Krankenhaus um Kids zu Bewegung zu animieren wird vorgestellt. Bei dieser Installation wurde ein überdimensionierter Fernsehrahmen im alten Stil in das Krankenhaus gebaut, mit Projektionsleinwand als Mattscheibe, Gestensteuerung, die Bilder angereichert durch Figuren aus Wizard of the OZ, der Hase steht im Vordergrund, Bäume und bunte Farben. Kinder stehen davor und zappeln, tanzen, springen und hüpfen. Für die Demonstration standen die Kinder der Agenturmitglieder von Nexus zu Verfügung. Spaß schien es zu sein. Die visuelle Metapher des TVs, die projizierten Bilder und die direkte Übertragung von Bewegung und Mensch auf den Screen hinterlassen den Eindruck, das Inhalt, Konzept, Gestalt und Technik zu einer funktionierenden Einheit verschmelzen.
Chris O’Reilly ist Geisteswissenschaftler der zum Geschichtenerzähler, zum interaktiven Initiator wurde. Die Notwendigkeit Sinnhaftigkeit in den anfänglich technisch anspruchsvollen, experimentellen aber inhaltsschwachen Animationsfilms zu bringen, erklärt seinen Anspruch. Es geht um sinnvolle Inhalte in die unterschiedlichen Medien zu bringen. Etwas zu machen, was nicht ausschließlich für den Moment gedacht ist, etwas das eine Tragweite aufzeigt.
„There was the need to strenghten animation through story telling“.
Das war der Anfang. Der führte weiter zur Frage
„Can a digital experience have an impact on my life“?
Kann ein digitales, ein produziertes Umfeld eine wirkliche Erfahrung hervorrufen? Erfahrung zu planen, zu schaffen ist eine Sache, Erfahrung im digitalen Umfeld zu entwickeln, ist eine andere. Es ist der Moment, das Ereignis, dass in der Erinnerung haftet, es wird zur Hülle eines Gefühls, der Erfahrung, des Eindrucks und das wird unwiderruflich im Gedächtnis festgehalten. Ist das digitale Medium in der Lage einen solchen Wirkungskreis zu entwickeln?
Diese Frage stellt die Grundvoraussetzung für den Umgang mit neuen Formaten bei Nexus dar. Denn natürlich lässt sich mit jedem neuen Medium, jeder neuen Technik eine unterhaltsame Geschichte entwickeln. Aber wird sie auch über den Moment der kurzfristigen Unterhaltung, des Amüsements tragen, oder wird sie in Vergessenheit geraten? An dieser Stelle wird es interessant.
Wir erleben in Virtual Reality Umgebungen schon seit langer Zeit das Phänomen der Oberflächlichkeit. Zwar lässt sich Begeisterung für die Technik nicht verbergen, wir geben uns gerne der Sensation des Neuen hin, aber das war es soweit erst mal.
Das gilt für VR, Augmented Realities, mit Spielen und Anwendungen mit Occulus Rift oder 3 D Briller anderer Hersteller oder mit 360 Grad Filmen und bildschirmbasierten Games, stationär und für mobile Endgeräte. Einmal gesehen, einmal durch gespielt, nie wieder angefasst. Fertig. Bei den Machern geht es um das Ermitteln der technischen Möglichkeiten, um wirtschaftlichen Erfolg, aber wirkliches Story Telling? Selten sehen und erleben wir Nachhaltigkeit. Also bleibt das Erlebnis auf der Strecke. Die kulturelle Botschaft ist Schnelllebigkeit, Kurzweiligkeit, Oberflächlichkeit, Ablenkung von was eigentlich?
Anders bei Nexus. Zwar sind die vorgestellten Projekte über alle Massen publikumswirksam, fast schon PR Gags, aber hinter der Hochachtung für die logistische, prozessuale, technische Leistung, steht eine ernstzunehmende Absicht. „Erleichtere Mädchen den Einstieg in die Welt des Codes, der Programmierung, der absichtsvollen Steuerung.“ Denn auch wenn es schwer fällt dies zu schreiben, Mädchen, sehr jung, Teenagealter und darauf folgend, sehen sich immer noch deutlich weniger in der Codeingszene als Jungen und Jungmänner. Das sollte sich doch ändern lassen? Diese Frage ist falsch gestellt, dass muss sich ändern lassen. Dort setzt Google und damit auch Nexus an.
Es geht um einen einfachen Einstieg in diese Art des strukturierten Denkens. Es geht darum, nicht nur freudig einmal reinzuschnuppern, sondern mit einfachen Mitteln etwas bis zu Ende zu bringen und den Effekt zu erkennen. Zu Verstehen: Ich bewege DAS.
Einfache Interfaces: intuitiv, nicht überfüllt, mit sofortigen Feed Back und Kontrolle, einfachem Abschluß, großer Benefit. Und dann ist der Weihnachtsbaum erleuchtet oder ein eigenes Kleid fertig. Das wird durch Celebrities, die mit genau so einem Kleidungsstück auf dem roten Teppich erscheinen, getoppt.
Ein Beispiel, es gibt viele Möglichkeiten. „We think in further projects about multiple levels, for engaging girls. We want that girls interact and they understand the pupose of their doing.“ Da ist Raum nach oben.
Design Thinking nimmt Form an. Wo kann Media sinnvoll eingesetzt werden? Welche Ursache, Sinn und Ziel? Etwas wirkungsvolles, etwas längerfristiges. Frage die Menschen, ermittele Bereiche wo Media zur Handreichung werden kann.
„We recently started to work with teachers, with educational professionals, with psycologists, with therapists. We spend time talking to personal in hospitals, with nurses.“
Sie sprechen mit Therapeuten, mit Lehrern, mit Krankenschwestern, mit Psychologen; wollen heraus finden, wo Medien Hilfeleistungen für die Arbeit geben. Wie sollen welche Medien wo eingesetzt werden? Chris O’Reilly spricht von Problemen der Krankenschwestern bei der Blutentnahme bei kleinen Kindern. Wie kann vom Einstich und der Angst vor Schmerz abgelenkt werden? Sie halten vielleicht Handpuppen, rollen Bälle, machen Witze und erzählen Geschichten. Aber einfach ist das nicht, denn unterm Strich haben wir zwei Arme und Hände und die müssen für die Blutabnahme genutzt werden. Damit ist dann keine Hand frei für Ablenkung.
Er erzählt davon, vielleicht auf die Hand des Kindes von oben herab eine kleine selbstgemachte Figur zu beamen. Die Handfläche öffnet sich und hinein fällt mein Charakter. Er bewegt sich in der Handfläche des Kindes, tut etwas, lebt und wird geschützt. Da geht doch was!
Ich danke Chris O’Reilly für die Zeit auf der FMX. Seine Geduld für das Interwiev und seine Offenheit. Die Bilder stammen entweder von Google „Made with Code“ oder von der Website Nexus Productions. Nur das Bild von Chris O’Reilly stammt von mir. Vor Ort im Raum für Interviews.
In der Ausstellung GLOBALE stand Birdly. Eine Attraktion für die Zuschauer vor allem für Schulklassen. Es geht um den Wunsch zu fliegen. Das wollten wir immer schon und haben auch viel geschafft. Flugzeuge, Drachenfliegen, Fallschirmspringen, Sky Diving mit Snow Boards oder nicht, alle möglichen Apparaturen gibt es um uns in die Lüfte zu bekommen. Halbwegs sicher. Mit Birdly steigert sich das Erlebnis ein wenig mehr. Auch wenn wir tatsächlich nur im Solodeck im Virtual Reality Environment einer fest montierten Installation sind. Die Arme werden an Flugplatten gelegt, die Augen schauen durch einem Head Mounted Display, der Oculus DK2 and HTC Vive für 3 D und 360 Grad Umsicht, ein Ventilator gibt uns Wind. Dann geht es los.
Wenn wir mit den Armen auf den Pflugbrettern eine Bewegung ausführen, mit dem Kopf oder sogar nur mit den Augen, das simulierte Bild reagiert. Die Illusion ist nicht perfekt aber deutlich besser als ein Operieren mit Joystick.
“… with your arms spread wide, an Oculus on your face, and headphones on your ears, you find yourself soaring over the city’s downtown, flapping your wings to gain altitude. It’s a calming, meditative experience. Immersive and exciting, Birdly is the kind of VR experience that turns skeptics into true believers…”
THE VERGE (Bryan Bishop and Casey Newton, January 2015)
Lukas Höh von den Klangfiguren und Student bei Prof. Andreas Muxel an der Köln International School of Design schreibt, dass sie in Köln jährlich das PLATINE Festival organisieren. Die PLATINE Festival, bewegt sich im Spannungsfeld zwischen elektronischer Kunst und alternativen Spielformen und 2016 zum 6. Mal stattfindet. Bereiche der klassischen Gamingkultur und der interaktiven Medienkunst werden zusammen geführt.
Entwickler und Künstler aus ganz Deutschland, den Niederlanden, Österreich, Schweiz, Spanien, England, Griechenland, Rumänien und Russland präsentieren 2015 ihre Werke. Räumlich fokussiert sich die PLATINE auf Köln-Ehrenfeld und ist hier in klassischer Kneipenkultur, theatralen Wirkungsstätten wie auch in kleinen Galerien zu Hause. So will die PLATINE für ihre Besucher nicht nur Inspiration, sondern Erlebnisse, Entdeckungen und Austausch im urbanen Raum schaffen.
Sie sind immer auf der Suche nach neuen Projekten und Ausstellungsstücken.
Recite der Photograpfien gehen dem Platine Festival.
https://vimeo.com/140970564
PLATINE 2015 auf Vimeo und auf Flickr.
Die Installation Leedback besteht aus zwei Einheiten. Diese versuchen beide mit Hilfe einer Webcam und einer LED-Anzeige ihr jeweiliges gegenüber zu imitieren. Abwechselnd nehmen sie Lichtimpulse des Gegenübers auf und geben im gleichen Moment die aufgenommen Daten wieder auf der eigenen Anzeige-Fläche ab. Durch Bildfehler, Kamera-Automatiken und Fehlinterpretationen der beiden Maschinen entsteht ein unendlicher Feedbackloop und ein Kreislauf der Imitation.
ES wurde eine bestehende LED-Matrix verwendet die über ein Arduino-Board angesteuert wurde.
Die Bildabnahme der Webcams wurde in Processing programmiert.
Unser Prototyp ist in einem Hochschulprojekt bei Prof. Andreas Muxel an der Köln International School of Design umgesetzt worden.
Ausgangspunkt war die Auseinandersetzung mit scheinbar intelligenten autonomen Maschinen die mit Hilfe von Rückkopplungsschleifen sich selbst justieren. Oft werden hierbei externe Umwelteinflüsse als erneute Eingabe in das System eingeführt. Beispielsweise bei sich selbst regulierenden Heizungsparaten oder Staubsauger-Robotern. Doch was passiert wenn man der scheinbar intelligenten Maschine ein gleichwertiges Gegenüber schafft und die Eingabeereignisse somit in einen Kreislauf setzt? Dieser Frage wollten wir mit dem Projekt „Leedback“ nachgehen. Ein Zusammenschluss aus den Worten LED und Feedback.
Das ganze Projekt wurde von der ersten Skizze bis zum fertigen Prototyp innerhalb zwei Wochen umgesetzt.
Ich danke Lukas Höh für die Informationen.
Bildrechte gehören Lukas Höh und Klangfiguren