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Category Archives: Performance

Lawine Torrèn und Hubert Lepka auf dem Szenographie Festival Stuttgart 2012


Hubert Lepka, künstlerische Leiter der Theatergruppe Lawine Torrèn stellt auf dem diesjährigen Szenographie Festival in Stuttgart einige Arbeiten vor. Es tritt eine Mischung aus in die Jahre gekommener Pennäler, verbunden mit dem flachs- und dünnhaarigen Nordlichtideal, der in den Kinderjahren seine Zahnspange verabscheute, auf die Bühne. Es ist Hubert Lepka und der erklärt in einer unnachahmlich verhuschten und fahrigen Liebenswürdigkeit seine massiven Theaterinszenierungen auf und in den Bergen.
Seine Vortragsweise lässt einen Blick in die fantasievolle Gedankenwelt zu, der es an Gedankensprüngen, -verweisen und Assoziationen nicht mangelt. Er wird als Junge lange und ausdauernd von Betonmischmaschinen oder anderem schweren und lautem Gerät gestanden und die schiere Urgewalt der Funktion bewundert haben. Vielleicht wird bei jeder Explosion und jedem Feuerwerk ein Leuchten in den Augen getreten sein, vielleicht nicht. In seinen Inszenierungen jedoch mangelt es nicht an maschineller Kraft und pyrotechnischer Schönheit, die mit einer unverstellten, mitreissenden Wucht offeriert wird.


Der Raum ist der Berg, der Pass, der Gletscher, wenn es weit oben ist, oder wenn es sich im Urbanen abspielt, dann auf ähnlich nur artifiziell gestalteten, archaischen Umgebungen. Die Bühne ist vorhanden, bestehende Natur oder Eine, die bald dort hin zu finden hat. Es werden schwere Maschinen eingesetzt, Grössenverhältnisse gebrochen und die Perspektive des Zuschauenden herausgefordert. So wie zum Beispiel bei dem Theaterstück Hannibal, irgendwann mal um 2004 entstanden und zwischen 2009 und 2013 mehrmals aufgeführt.

Die Geschichte ist die Hannibals, der mit einer Armee von mehr als 60.000 Soldaten, Elefanten und anderem schweren Geschütz über die Alpen Richtung Rom zog. Auf dem Weg dorthin ist er dann verschwunden und keiner weiss so recht, wo er über die Alpen gekommen ist und was sonst noch geschah.

Eine Sage, eine Geschichte, ein Mythos, vielleicht Geschichte: nicht mehr nicht weniger.
Zitat von der Website: eine donnernde und gleichzeitig feinfühlige choreographie von pistenbullys, flugzeugen, helikoptern, motorcrossmaschinen, skidoos, fallschirmspringern, skiläufern und tänzern, alles zusammen mehr als 300 mitwirkende, die gemeinsam mit bislang ungesehenem lichtdesign, eindringlicher musikkomposition, breaking news von karthago-TV und szenischer pyrotechnik die antike geschichte neu entstehen lässt.

Es ist ein Gletscherschauspiel in Sölden. Die Besucher müssen sich warm anziehen und wenn sich der Berg zuzieht, dann gibt es auch mal kurzfristig oder längerfristig nicht viel zu sehen. Die Distanzen von einem Spielort zum nächsten sind nicht überschaubar und werden durch Videoübertragungen auf beweglichen Videowalls abgebildet. Es werden live Bilder und vorproduzierte Videos gezeigt. Ausserdem gibt es immer eine Bewegtbild Schiene, die die gesamte Spielzeit umfasst und auf Grossbildschirme gespielt wird. Darüber erhalten die Schauspieler in ihren entlegenen, teils schwer einsehbaren Bühnen, Regieanweisungen. Wenn der Film dies oder jenes zeigt, dann ist das ihr Einsatz. Eine hervorragende Regielösung, man spart sich die meterlangen Papierskripte mit Zeit-, Raum- und Handlungsanweisungen. Die Zeit ist etwas unscharf, aber das korrespondiert mit den Distanzen.


Die eingesetzte Technik ist atemberaubend und zum Glück passt der Ausdruck zum Panorama, wenn denn der Himmel blau ist. Alles muss in die lichten Höhen transportiert und installiert werden. Stromgeneratoren, Intercomanlagen, TÜV, Sicherheit, Kabelschienen, Kameras, Kabelträger vor Ort, Livemonitoring, Sound, Lichtequipment. Die Schauspieler agieren mit Skidoos, Pistenwalzen, Helikoptern, Booten (ist ja Hannibal nicht vergessen!), stehen auf Eistürmen und bewegen sich durch Eisskulpturen, die nicht nur erdacht sondern auch irgendwann einmal gemacht werden müssen. Mit anderen Worten: es geht zur Sache. Was Werner Herzog für den Dokumentarfilm tat, das ist Lawine Torrèn für die Szenographie.

Alle Photographien stammen von der Website Lawine Torrèn und werden dort in der Pressesektion angeboten. Ich habe sie gescreenshooted, weil dann gleich der Verweis zum jeweiligen Fotograf beinhaltet ist.

Urban Screen mit JUMP


Diese Fassadenprojektion wollen wir als Klassiker bezeichnen, immerhin ist sie schon 2006 in Bremen gezeigt worden. Urban Screen sagt selbst man habe dieses Video Mapping direkt an genau diese Fassade angepasst.

Nur diese Fassade, sonst nichts. Bei Urban Screen vermischt sich der Begriff Performance, also der strike Bezug zu einer Situation als zu einem Raum. Hier aber wird beides bedient. Raum und Situation. Es zählt die gesehene Aktivität, die Lebendigheit und Nachvollziehbarkeit der projizierten Menschen. Das Hinein- und Heraus schlüpfen, der Sprung, das Klettern. Die 3 engagierten Künstler namens B-Boys und Tobo von New Circus erzählen die Geschichte eines Hauses, das im Inneren keinen Ruhepunkt bietet. Das Haus soll als Metapher für Kindheit verstanden werden. Man taucht ein und verlässt die Erinnerung, ganz gleich ob gut oder schlecht, taucht zurück und findet schnell den Ausgang zur Wirklichkeit.

JUMP | media facade | urban screening from urbanscreen on Vimeo.

Die Hausfassade wurde in der Proportion 1.1,4 nachgebaut. Und dieser Nachbau, die Attrappe wird zur Aufführungsfläche, zum Ziel der Handlungen für die Performer, die Akteure. Die Aufzeichnung wurde dann auf die entsprechende Fassade gemappt. Die Einheit und Verbindung von Form, Bewegung und Mensch lässt uns nicht los.


Music by Jan Jelinek

TOFIDI #1 von NYX Visual Label und MASOMENOS


TOFIDI ist eine Zusammenarbeit von zwei Künstlergruppen bzw. Independent Labels. Hinter MASOMENOS verstecken sich zwei Personen, Adrien de Maublanc und Joan Costes, Bildkünstler mit starken grafischen Zug und gleichzeitig Musiker, Komposer. Unter NYX werden die Art Direktoren Louis de Castro und Benjamin Chassagne, Max Coisne für Produktion und Logistic Management und Romain Belloche als Licht Engeneer/Gestalter vereint. Glücklicherweise hat mich Louis de Castro direkt angeschrieben und mich auf das Werk aufmerksam gemacht. Ich danke, Thank you Louis for sharing. I very much appreciate this.

TOFIDI #1 from NYX Visual Label on Vimeo.

Zusammen gehen sie ihrem Thema Motion Design in Verbindung mit szenografischer Verdichtung nach. Wobei NYX sich zusätzlich als Vermittler und Distributoren von Künstlern der digitalen Künste versteht. Sie unterstützen großformatige Installationen, eigenwillige Strukturen, Mapping, visuelle Designleistungen und live VJing.


Unter der Website von NYX werden noch weitere Projekte vorgestellt. Alle überaus sehenswert.

Bei TOFIDI wird ein live VJing Projekt vorgestellt. Es wird auf eine organische, intensiv geschwungene Skulptur gemappt, die erwähnenswerte 8 Meter misst. Sowohl 2 dimensionale form- und farbstarke Elemente als auch 3 dimensionale Tiefeneffekte entstehen. Die Musik bildet die Grundnote. Beide Komponenten verbinden sich zu einer über das dekorative hinausreichende Performance oder Stimmungsbild. Eine narrative Linie ist nicht klar definiert, aber da es sich um eine klassische Clubkonsumentenhaltung handelt, wird nichts vermisst.

Die Kompositionen sind losgekoppelt hörenswerte Beats und Rhythmen, einladend und auf subtile Art mitreissend.

Artistic Direction von :
MASOMENOS
welcometomasomenos.com
masomenosart.com
Visuals and Production by :
NYX VISUAL
nyxvisual.com

Video by :
Manon GICQUEL
vimeo.com/manongicquel
With the help and support from Modul8, MadMapper and Ableton Live
modul8.ch
madmapper.com
ableton.com

unnamed soundsculpture von Daniel Franke, ChopChop, Cedric Kiefer


Das Projekt unnamed soundsculpture will eine sich bewegende Klangskulptur sein. Die sehr ausdrucksstarke Berliner Tänzerin Laura Keil interpretiert das Musikstück – Kreukeltape von Machinefabriek – mehr als gekonnt. Mit 3 Kinekt Kameras werden von unterschiedlichen Perspektiven die Tanzbewegungen aufgezeichnet. Die Schnittmenge der drei Aufnahmen wurde später wieder zu einem dreidimensionalen Körper (3D-Punktwolke) zusammengefügt. Diese Vorgangsweise ermöglichte, die gewonnenen Daten während des weiteren Prozesses zu verwenden.

unnamed soundsculpture from Daniel Franke on Vimeo.

Die Kamera reagiert auf den Klang und unterstützt die tänzerische Interpretation des Musikstücks. Laura Keil bewegt sich in einem Klangfeld, in dem eine einfache Änderung des Anfangswerts für den Zufallsgenerator neue Versionen des Videos mit einem anderen Arrangement der aufgezeichneten Performance hervorbringen kann. Die Mehrdimensionalität der Klangskulptur ist bereits in jeder Bewegung der Tänzerin enthalten.


Laura Keil kann ihren Körper in Zeitlupe in alle denkbaren Positionen bringen, was der Aufzeichnung sehr zu Pass kommt. Ohne sie wäre diese soundsclupture nicht gelungen. Schade dass, sie nur in den Credits nicht jedoch als Mitbeteiligen Künstlerin erwähnt wird.

Credits:
Dancer: Laura Keil und Music: Machinefabriek „Kreukeltape“
www.onformative.com / www.daniel-franke.com
Price auf der Ars Electronica in Linz 2012: Anerkennung – Honorary Mentions

Titanic 100th Anniversary LP von seeper


Vor 100 Jahren sank die Titanic. Es gibt wenig Ereignisse, die dauerhafte Präsents in den Medien und Erinnerungen von Generationen findet. Die Titanic gehört dazu. In Belfast wurde das Visitors Center eingeweiht und neben einer bemerkenswerten Architektur ist eine ebensolche Videomapping Show am Tag der Eröffnung einem Publikum vorgestellt worden. Die Macher, ein Kunst- und technologieaffines Kollektiv, namens seeper, sprachen selber von einer der grössten Herausforderungen ihrer 14 jährigen Geschichte. Dieses Londoner Kollektiv hat sich der Erforschung von natural user interaction und ubiquitous computing für tiefere und auf viele Sinne ausgerichtete Media Erlebnisse verschrieben.

Titanic 100th Anniversary LP from seeper on Vimeo.

Sie haben auf 6 Projektionsfassadenelementen eine Unmenge von Teilstücken ausgemessen und in das 3 D Videomapping integriert. Ausserdem wurden die Feuerwerke oder pyrotechnischen Effekte mit dem Mapping abgestimmt, das Sounddesign sowieso.


Die Geschichte ist wie in vielen Fällen assoziativ gestaltet. Einiges lässt sich sehen und denken. Werden Bilder des Schiffes gezeigt, wird der Unfall metaphorisch durch fallende Teilstücke oder Löcher visualisiert, wird der Blick vom Meeresboden auf die schillernde Oberfläche abgebildet, wird immer wieder der freudige Tag der Eröffnung thematisiert? Sicherlich vieles davon, eine genaue Zuordnung und Geschichte ist nicht klar auszumachen. Auch darf nie vergessen werden, dass solch kommerziell angeregten Auftragsarbeiten unter Zeitmangel und Konzeptionswirrwarr leiden. Das schmälert das Ergebnis nicht, denn 3 D Videomapping wird noch nicht zwingend an eine Geschichte gebunden. Vielmehr geht es um spektakuläre Effekte und optische Täuschungen und diese Erwartungshaltung erfüllt diese Show allemal.