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Category Archives: Kunst

Where dogs run „FIELDS 2.1“, 2009-2012

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Hinter der Gruppe „Where dogs run“ verbirgt sich eine Künstlergruppe. Sie wurde in Russland 2000 gegründet und besteht aus Alexey Korzukhi, Olga Inozemtseva, Natalia Grekhova, Vladislav Bulatuv und leben und Arbeiten. Es ist eine Mixed Media Installation bestehend aus Servomotoren, Magnete, Mikrocontroller, Sensoren, Mikrokameras, und Ferrofluid.IMG_5525

Sie entstand zwischen 2009 und 2012. Wir sehen in einem Winkel von 90 Grad zwei Projektionen von einer dunklen schwarzblauen Flüssigkeit. Sie bewegt sich. Davor steht ein Kubus aus Plexiglas. Darin eine Art Plattenteller mit einer dunklen sich bewegenden Flüssigkeit. Es sieht aus als sei es flüssiger TEER oder so etwas Ähnliches. Etwas zähflüssiges einerseits aber doch elastisch und reaktiv. Zwei kleine Kameras sind auf diesen Teller gerichtet. Das ist die Projektion. Also beschäftigen wir uns mit dem Kubus. Was genau erkennen wir? Ein langsames umher Schreiten zeigt, dass unsere Bewegung auch Bewegung im Kubus hervorruft. Bleiben wir stehen formt sich etwas. Und dann nach längerer Betrachtung endlich sehen wir, es ist ein topografisches Auge. Jetzt fällt der Groschen: Big Brother is waching me. Oder?

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Bei FIELDS 2.1 bildet eine unbelebte Ferrofluid-Substanz mit Hilfe von magnetischen Feldern ein Auge. Das Auge bewegt sich. Bei stillstand bildet es sich aus, bei Bewegung zerfällt es. Das Auge das uns betrachtet. Das Auge das wir mit Bewusstsein verbinden. Wer ein Auge hat der kann auch denken, der lebt. Diese Installation ist durch Stanislav Lem inspiriert. ES geht um die Möglichkeit dass aus Riesenorganismen des Alls vielleicht Formen oder Lebewesen uns beobachten. Es ist die Metapher zwischen Kommunikation des Menschen und lebender Materie.

Hasan Elahi, „Stelae“, 2015

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Es sind Leuchtkästen, hochformatige schlanke leicht geknickte Dinger. Alle 7 haben eine andere Farbtonalität. Gelb, Grün, Blaugrün, Grassgrün, Pink, Orange, Blau. Allein diese mannshohen Stelen stellen einen Moment der Ruhe und der Aufmerksamkeit dar. Sie strahlen in vielen kleinen Partikeln etwas aus. Dann gehen wir näher und studieren die Motive. Hier eine Strassenansicht aus der Windschutzscheibe aufgenommen, ein Drive Through Bankomat, ein Hotelbett, ein Eistee, eine Rezeption, ein Feuerlöscher, eine Landschaft, ein Motelzimmer, noch eins davon, ein weiteres, eine Klimaanlage, ein Tablett mit Kantinenessen, eine Speisekarte, Toilettenbecken, noch eins, Sitzgelegenheiten irgendwo wo man wartet, einige wartende Flugzuge an einem Flughafen, wieder Strasse diesmal mit Bergen im Hinterrund, Spagetti, Schienen, wieder Wartezonen, Flugzeug, Regal im Restaurant, Parkplatz, Motelzimmer, Bett, Toilettenschüssel, Warteraum und so geht es in einem weiter. Eine Unmenge trivialer Bilder des Alltäglichen. Menschen gibt es nicht zu sehen. Schnappschüsse, mal gerade mal nicht. Es erscheint auch egal. Da wird ein Leben dokumentiert. Kleinteilig aber nur das Unwichtige. Nur Transitzonen, Bereiche wo man sich aufhält aber nichts hinterlässt.
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„an einem Tag im Juni 2002 legt der US-amerikanische Künstler Hasan Elahi seinen Reisepass am Flughafen von Detroit vor. Er war völlig überrascht, als man ihn festhielt und in ein Vernehmungszimmer der Einwanderungsbehörde brachte. Sein Name löste einen Alarm aus, denn er war mit einem Araber verwechselt worden, in dessen angemietetem Lager man Sprengstoff gefunden hatte und der wohlweislich seit dem 12. September 2001 auf der Flucht vor den Behörden war. Der Verdacht erweis sich als falsch und da Elahi zufällig geradezu zwanghaft Aufzeichnungen führt, konnte er seinen genauen Aufenthaltsort vor und nach dem September 2001 nachweisen. Er hielt dieses Missverständnis damit für aufgeklärt und erledigt. Dem war jedoch nicht so. Einige Wochen später wurde er vom FBI zu weiteren Vernehmungen einbestellt, die sich über sechs Monate hinzogen. Am Ende wurde er von jeglichem Verdacht freigesprochen doch da er in Kürze ins Ausland reisen wollte, wurde ihm geraten, dem FBI seine Flug und Reisedaten zukommen zu lassen – zur Verhinderung etwaiger Probleme bei seiner Einreise. Um ganz sicher zu sein, entschied sich Elahi seine sämtlichen Aufenthaltsorte zu melden und dieses Unterfangen verwandelte sich nach und nach in ein Lebens- bzw. Kunstprojekt. Elahi begann alle Daten über eine Bewegungen in Verbindung mit Fotografien von Flughäfen, Speisen, Hotelbetten, Parkplätzen, Bahnstationen, Toiletten etc. zu sammeln und alles auf seine Webseite trackingtransience.net hoch zuladen. Seit damals überarbeitet und erweitert er dieses Projekt fortlaufend was sich bis zum heutigen Tag fortsetzt.“

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In Louise Wolthers: „Self-Suveillance and Virtual safety; Photographies, Vol. 6, Issue: 20013, S. 169 – 176. Übersetzt aus dem Englischen.

Photos aus dem ZKM Ausstellung Globale gemacht von Ursula Drees

 

David Bowen „tele-present water“, 2011

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Gross ist die Installation nicht. Sie nimmt vielleicht 1 Kubikmeter Luft und Raum ein. Wie ein Mobile präsentiert sie sich. Oder vielleicht  von unsichtbaren Händen bewegte Puppen. Langsam bewegt sich das obere Raster und genauso langsam durch Fäden miteinander verbunden das Untere. Es ist ein meditativen Hin- und Her. Zu Hören ist nichts.  Allein: dieses Gebilde ist schön anzusehen, besticht durch federleichte Materialien. Alles ist zerbrechlich und dünn, leicht.  Natürlich bleibt der Besucher bei so viel kleinteiliger Fragilität stehen und lässt sich in den Bann des sanften  Aufs und Abs ziehen.

Und das was jeder sofort sieht und fühlt ist auch das was es ist. Eine Boje inmitten des Pazifiks sendet Daten über die Wasserhöhe und Intensität der Bewegung an die National Oceanic and Atmospheric Administration in den USA: Der Wellengang wird auf die Größe der Rauminstallation skaliert, ansonsten bleibt es unverändert.

Als wir die Installation betrachten war der Pazifik ruhig. Langsam bewegt sich die Boje auf und ab, und so wird das Installationskonterfei auch bewegt. Wenn der Wellengang bewegt ist oder sogar Sturm ist, dann springt die Boje auf den Wellenbergen auf und ab und  die Installation wird ein wilder Hexentanz. Gerne würden wir diesen Zustand auch sehen, aber was sollen wir tun? Heute ist der Pazifik ein sanftes Schäfchen.

 

Biennale Venedig 2015: Steve McQueen‚ “Ashes“ 2014-2015, UK

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Ashes ist ein Kurzfilm von Steve McQueen. Jener Steve McQueen, der auch „12 Years a Slave“ oder „Shame“ oder „Hunger“ gemacht hat. Er wurde 1969 in England geboren. Den kennen wir, denn „12 Years a Slave“ wurde mit einem Oscar ausgezeichnet. Dieser Mann macht viele Kurzfilme, mehr als 20 sind schon veröffentlicht. Und einer davon ist Ashes und ist auf der Biennale in Venedig zu sehen.

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Es ist die Geschichte von Ashes, einem jungen Mann aus der Karibik irgendwo. Er ist unbedarft, kann schwimmen und mit dem Meer spielen wie kein anderer. Er lässt sich mit dem Drogenkartel ein und wird erschossen. Das war es.

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Die Installation im Arsenal ist puristisch. In einem dunkeln Raum hängt in der Mitte eine von beiden Seiten bespielte Leinwand. Auf der einen sehen wir Ashes auf dem Boot. Selbstbewusst, lächelt dieser junge Mann in die Kamera. Er steht auf, balanciert, lacht und dann irgendwann doch verliert er die Balance und fällt ins Meer. Klettert wieder hoch, lacht. Ein Meister des Meeres.

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Auf der Anderen Seite der Leinwand sehen wir, wie ein Grab gebaut wird. Es ist ein mühevolles Unternehmen. Sie werden in Etagen gegossen, es wird ein Grabstein hergestellt, eine Inschrift eingeschnitten und eingelegt. Es dauert. Es ist das Grab von Ashes. Dieser junge Mann, dieser Meister der Wellen.

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Und dazu hören wir aus dem Off eine Erzählstimme: „I know Ashes as a friend. All of us were young man. We grew up in one neighbourhood. So, it’s like, we used to live in a ghetto. You understand. All of us dive together. Going fishing, diving, you know, everything. But you know, Ashes is a good guy, a brilliant guy in the ocean. You understand. But with this thing, with the drugs thing there, I don’t know where he found the drugs. I didn’t know. He come out from the island, I just came for school in the evening, cleaning the house. And he came and he walk into the house with all the wet clothes on him, all the sand on his feet, and I ask him „ Ashes“ I say what kind of big thing is that? Don’t you see I am cleaning and you just walk in like that? He say ‚right now I am rich, I can do anything’ So I turn to him and my next friend turns to him and asks him ‚well what?’.

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He turns and says, ‚we found something on the island and we can’t spend the money now’. So Kevin turned to him and says ‚well give it back’. We never knew he had found the drugs. You understand. But we go out as normal. And until we, till we hear other talk that they were camping in Isle de Ronde, you understand so they were going below the land, to behind, for the fish and they saw some drugs on the beach, so they saw it and nobody was there so they took it. And then things, some guys came investigating, finding out who is Ashes, who is this, who is that, you understand, who are the other guys. Then they kidnap one guy. I think the one guy say they beat him. So he had to talk for his life. So he talk and he sell out them others. And then they keep one guy, go with him in the van, they drive him around and they ask him to show them who is Ashes. So the guy shows them who is Ashes.
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The night we sat down by the bus terminal and somebody came in and say ‚Ashes, I just pass some guys in a car asking for you, you know’ and Kevin says ‚well if so, Ashes you better come out on the road now’. He says ‚Man I don’t really care you know’. When they came for him they said ‚come let’s go’. He says, ‚I m not going anywhere with all you if you have to kill me, kill me here in me people’s presence for them to see. I’m not going anywhere’ and then they shoot him in the hand for him to let go of what he was holding. And when they shoot him in the hand, he let go but he tried to run and then they shoot him in the back and when he fell one of them guys went over to him and shoot him up around his belly and his legs and thing. And that was about it.“

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Das also ist die Geschichte von Ashes. Er war tapfer auf seine Art. Er war naiv, er war wild, er war ein guter Kerl. Er stahl Drogen vom Strand wurde gesucht, verraten, gefunden und erschossen. Es erzählt ein Freund oder Bekannter. Einer der so was kennt. Einer der erschüttert ist, traurig und gefasst. So geht es. So sterben junge Menschen. Und Ashes hat die Balance verloren.

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Biennale Venedig 2015: Xu Bing „The Phoenix“

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Xu Bing wurde 1955 in China geboren, lebte mehr als 18 Jahren in den USA und ist sei 2008 Direktror der Central Academy of fine Arts in Peking. Zu diesem Zeitpunkt bekam er den Auftrag für den Eingang des World Finance Centers in Peking eine Installation zu machen. Er sagt er sei anfangs von den primitiven Arbeitsbedingungen auf der Baustelle geschockt. „Meine Haut fröstelte“ so Xi Bing. Er fertigte aus den Resten, Abfällen, Gerätschaften der Baustelle zwei riesige Vögel, die Phönixe. Sie sind 27 Meter lang. Ein Vogel ist männlich der andere weiblich. Der Künstler dachte anfangs die Skulpturen in zwei Monaten fertigen zu können, letztendlich dauerte es 2 Jahre um sie abzuschließen. Sie wurden auf der Shanghai World Expo, im Massachusetts Museum of Contemporary Art, in der Cathedral of Saint John the Divine in New York City und auf der Biennale in Venedig gezeigt.

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Ein Phönix ist ein mythischer Vogel der am Ende seines Lebens oder Schaffens verbrennt und aus seiner Asche erneut aufersteht. Es soll ein rot- goldener Vogel sein der alle 500 Jahre neu aus der Asche des Osiris aufersteht. Es ist ein Symbol der Unsterblichkeit, der Auferstehung.

Auf der Biennal in Venedig wurden die zwei Vögel in den Schiffshallen des Arsenal aufgehängt. Sie füllen eine Halle fast vollständig aus. Sie scheinen gerade los fliegen zu wollen: groß, majestätisch und unzerstörbar.

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