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Category Archives: Installationen

Erinnerungslücken von Katharina Kohl

Kunstbezirk, Stuttgart, Ausstellung „Expanded Media“, Teil des 33. Stuttgarter Filmwinters, Festival for Expanded Media. Motiv: Ausschnitt der Installation „Erinnerungslücken“ von Katarina Kohl. Fotografie von Ursula Drees

Der diesjährige Filmwinter, Festival für Expanded Media in Stuttgart behandelt das Thema „Abwesenheit“. „Die Festival-Edition bewegt sich an die Schnittstelle zwischen der hypermedialisierten Gesellschaft in all ihren Facetten und all den Dingen, die durch das Raster einer solchen Gesellschaft fallen oder verwischt werden: Das nicht Ausgesprochene, das nicht Aussprechbare, das nicht Darstellbare, das Verdrängte oder Verweigerte. Wir sehnen uns nach der Abwesenheit und ihren Spuren. Wie ein Teststreifen taucht unser Festival ein in das große Haus der Abwesenheit und stellt sie in den Makrofokus.“ (Zitat: Filmwinter) Es werden Preise für unterschiedliche Kategorien vergeben.

Katharina Kohl hat mit dem Werk „Erinnerungslücken“ (Video-Installation, 2Kanal-Installation und Monitor, 2018) den 1. Preis in dem Bereich „Spaces“ gewonnen.

Foto: H. Heye / Wo Kunst entsteht. Künstlerateliers in Hamburg, Revolver Publishing, Berlin, 2013

Wir gratulieren. Die Begründung der Jury lautet wie folgt:

  • „Das Thema der Abwesenheit findet sich in dieser Arbeit. Abwesenheit von klaren Umständen. Abwesenheit von Gerechtigkeit, von Wahrheit, von Informationen, von Gewissheit und von Beweisen. Diese Abwesenheit ist schwarz und geschwärzt. Diese Darstellung offenbart die kraftvolle Macht und den Wunsch, sich nicht erinnern zu wollen. Die Verantwortlichen wollen für die Auswirkungen ihrer Handlungen nicht einstehen. Sie ziehen die Unwissenheit und das Vergessen dem Gewicht der eigenen Positionen vor. „
  • „Der Gestaltungswille und Ausdruck der Arbeit ist auf das Notwendige reduziert. Alles wird auf den Punkt gebracht. Jedes ikonografische Element spiegelt scharfsichtig die Botschaft. Es gibt nicht das „Zuviel“ oder das „Zuwenig“.  Dieses Werk, Teil eines viel grösseren, ist konzeptionell und gestalterisch durchdacht. Die Jury ist begeistert und absolut überzeugt, dass nicht nur das Thema des Festivals punktgenau reflektiert, sondern auch dass die inneliegende Botschaft mit grosser Eindringlichkeit und Genauigkeit getroffen wurde. “ (Jurymitglieder: Robert Seidel, Helen Varley Jamieson und Ursula Drees)

Die Autorin hatte die Gelegenheit, mit der Künstlerin vor Ort zu sprechen.

Frage 1. Was gab den Ausschlag für das Werk Erinnerungslücken?

Die Arbeit zu den „Erinnerungslücken“, in der analogen Handruck-Version „Gedächtnislücken“ genannt, begann 2017, nach 6 Jahren intensiver Auseinandersetzung mit dem NSU-Komplex im Rahmen meines Projektes „Personal-Befragung/Innere Sicherheit“. Ich habe sehr viele Akten gelesen und Untersuchungsausschüsse besucht. Die Formulierung „Das ist mir nicht erinnerlich“, die mir in diesem Zusammenhang so oft begegnete, war für mich befremdlich, vor allem weil sie in ihrer Passivform das Erinnern wie eine Kraft von außen erscheinen ließ. Ich begann daraufhin, systematisch die Zeugenbefragungen nach verschiedenen Formulierungen des Nicht-Erinnerns zu durchforsten. Dadurch kam ich dann auf die Form der Arbeit: Protokollseiten des Untersuchungsausschusses des Bundestages zu schwärzen und nur die Stellen sichtbar zu lassen an denen die Zeugen sich nicht erinnern. (Link: http://personal-befragung.de/erinnerungsluecken-druck)
2018, nachdem die „Personal-Befragung“ zum ersten Mal öffentlich gezeigt wurde, griff ich ein altes Motiv auf, das Motiv der Aktenordner, das ich zu Beginn meiner Arbeit zum NSU schon einmal in einem Video verarbeitet hatte. „Fallakte“, 2012

Da inzwischen so viel Zeit vergangen war, kam ich auf die Idee des sich „ewig“ drehenden Akten-Karussells und verband dies mit den Erinnerungslücken.

Frage 2: Wenn sie Menschen portraitieren, was sehen sie durch die genaue Betrachtung?

Ich beschäftige mich seit 1994 intensiv mit dem Thema Porträt, bzw. der Frage, was ich sehe, wenn ich einen Menschen sehe. Ausgelöst wurde diese Frage durch das Porträt von Innozenz X, 1650, Diego Velázquez. Über die Jahre hat sich für mich die Suche nach einer Art Haltung als zentrales Element herauskristallisiert. Unter Haltung verstehe ich dabei die Verortung und Orientierung eines Menschen in einem mentalen Raum, den ich als „Blickraum“ begreife. Die Präsenz eines Menschen greift in diesen Raum ein, verändert ihn. So kann es sein, dass ich mich in Gegenwart eines Menschen z.B. groß, klein, unbedeutend, oder, oder, oder… fühle.

Kunstbezirk, Stuttgart, Ausstellung „Expanded Media“, Teil des 33. Stuttgarter Filmwinters, Festival for Expanded Media. Motiv: Ausschnitt der Installation „Erinnerungslücken“ von Katarina Kohl. Fotografie von Ursula Drees

Dieser Zustand entsteht durch die Art, wie sich jemand in den Raum einbringt und damit diesen „Blickraum“ erzeugt. Bei den „Personal-Befragungen“ habe ich diese Räume als berufliche Haltungen versucht zu erfassen. Deswegen habe ich in den meisten Fällen nach Videos gearbeitet, da dieses Phänomen nur durch die Bewegung des Porträtierten im physischen Raum und im Verhältnis zu anderen Anwesenden sichtbar wird.  So gibt es z.B. einige der Porträtierten, die durch ihre Präsenz einen Raum erschaffen, der sofort ein Gefälle erzeugt. (August Henning, Wolfgang Geier, Klaus-Dieter Fritsche). Andere ordnen das Blickfeld so, dass immer nur sie selbst gespiegelt werden (Lutz Irrgang, Wilhelm Kanther) und so weiter.
Ich versuche also, kurz gesagt,  die „Ordnung im Raum“ zu erfassen, die die Präsenz eines Menschen erzeugt
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Kunstbezirk, Stuttgart, Ausstellung „Expanded Media“, Teil des 33. Stuttgarter Filmwinters, Festival for Expanded Media. Motiv: Ausschnitt der Installation „Erinnerungslücken“ von Katarina Kohl. Fotografie von Ursula Drees

Frage 3: Wie lange bewegt sie das Thema der NSU Fälle?
Das Thema NSU bearbeite ich seit Januar 2012, seit ich den ehemaligen Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz Thüringen, Helmut Roewer, in einer Fernsehaufzeichnung sah, sein Gesicht nicht „lesen“ konnte und mich dann entschloss ihn zu malen, um mehr über ihn zu erfahren.

Wir bedanken uns herzlich für die Zeit und die Geduld, die uns Katharina Kohl entgegen brachte. Vielen Dank.

„Seit über 30 Jahren widmet sich der Festival den Grenzübergängen von Kino und Medienkunst mit einem experimentierfreudigen internationalen Programm aus Filmen, Workshops, der Expanded Media Ausstellung und Performances. Kern des Festivals sind die internationalen Wettbewerbe für Kurzfilm, Medien im Raum und Network Culture flankiert von einem generationsübergreifenden umfangreichen Programm.
Jedes Jahr steht der Stuttgarter Filmwinter unter einem bestimmten Motto. Dieses findet sich in der Gestaltung, Rahmenprogramm und der gesamten Aura des Festivals wieder. Bei der Festivaledition im Januar 2020 erforscht der Stuttgarter Filmwinter das Thema Abwesenheit.“

Zum Filmwinter: Das Festival wird empfohlen. Es verfügt über eine sehr anziehende und erfrischende Kraft. Es wirkt belebend, die Werke, Ausstellungen und Performances an den jeweiligen Kunstorten zu sehen. Die Positionen, die Werke und Festivalleitung, Kuratoren und Mitarbeiter zeigen Format, sie entziehen sich dem kommerziellen Mainstream. Diese Position ist attraktiv und überraschend.

Beitrag von Prof. Ursula Drees

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Bjørn Mehlhus: Can You See My Art?

Im Kindl Museum Neukölln Berlin sind einige Exponate des Künstlers Bjørn Mehlhus zu sehen. Das Kindl Museum selbst gibt es noch nicht so lange. Seit 2016 werden in dem Gebäudekomplex der ehemaligen Kindl-Brauerei in Neukölln wichtige Positionen internationaler Gegenwartskunst gezeigt. Das Ausstellungsprogramm unter der künstlerischen Leitung von Andreas Fiedler umfasst mehrere große Ausstellungen pro Jahr und wird durch Veranstaltungen wie Künstlergespräche, Vorträge und Konzerte ergänzt. Bereits im ersten Jahr zählte der neue Kulturstandort über 30.000 Besucherinnen und Besucher. Hier auszustellen bedeutet in grosszügigen Hallen mit toller Beleuchtung wenn erforderlich sein Werk zu präsentieren.

In der Ausstellung Free Update zeigt der norwegische Künstler Bjørn Melhus Arbeiten aus den letzten Jahren. Melhus beschäftigt sich mit Filmen und Videoinstallationen mit Phänomenen der Medienwirklichkeit. In oft überzeichneten, zum Teil absurd-komischen Kurzfilmen hinterfragt er Motive und allgemeine Strategien der Massenmedien und reflektiert ihren Einfluss auf unsere heutige Gesellschaft. Grundlage seiner Arbeiten sind Audiofragmente aus verschiedenen Kanälen der vorwiegend westlichen Pop- und Kinokultur wie US-amerikanischen Filmen, TV-Sendungen oder YouTube-Videos. Ausgehend von diesen Tonsequenzen entwickelt der Künstler Erzählungen, in denen stereotype Figuren in eigenartige Kontexte versetzt werden. Dabei verkörpert Melhus die unterschiedlichsten und oft höchst bizarren Akteure seiner Filme selbst. Neben Arbeiten wie The Theory of Freedom (2015) und Can You See My Art? (2018) ist in der Ausstellung Bjørn Melhus’ neuester Film Sugar (2019) zu sehen.

Gleich zu Beginn wird „Can You See My Art“, ein Video präsentiert. Auf grellen, sich ständig ändernden Mustern steht eine Person. Sie bewegt sich hin und her, affektiert und übertrieben. So ist auch die Stimme, die Sprache ist nicht synchronisiert. Es wird immer wieder mantrahaft gefragt: „Can You See That? Can You See My Art“. Aufdringlich, kreischend, ohne Unterlass. Und dahinter wechseln die Muster. Mal Wellen, mal Streifen, was der Computer und die Effekte hergeben, immer in grellen Farben. Die Wahrnehmung wird herausgefordert.

Das Szenario ist anstrengend. Die Wiederholungen, Bewegungen und Muster…, alles ist anstrengend. Der Besucher steht vor der Projektion, betrachtet das Treiben, sinniert über die zeitversetzte Sprache, über die Bewegungen und die Aussage. Die Kunst wird gesehen, die Frage ist überflüssig, denn wir sind in einer Kunstausstellung.

Eine Selbstbeweihräucherung, eine Eitelkeit, eine Arroganz. Es spricht ungebrochenerer Narzissmus aus dem Video. Die Botschaft kommt an. Medial vernetzt, überall erreichbar, zu jeder Zeit und an jedem Ort lassen sich Menschen im virtuellen Raum vervielfältigen, legen ihr Dasein offen, beweihräuchern sich mit Selfies, zeigen Food Porn, ihre Katzen und Hunde, ihre Reisen, ihre Mode, alles. Meistens mit Instagram Filtern verschönert oder verunstaltet. Aber immer im Mittelpunkt und auf der Suche nach den 10 Seconds of Fame. Sie fragen sich, ob sie gesehen werden, kontrollieren die Menge der Kommentare, der Likes, der Hits. Ihre Wichtigkeit soll Resonanz aufweisen. Sie tun etwas, sei es noch so trivial, profan und verlangen Aufmerksamkeit. Sie wollen da sein.

Bjørn Mehlhus: Can You See My Art?
Photo mit Handy direkt von der Projektion@udrees

Der Künstler steht vor der Kunst, bewegt sich hin und her, verlässt nie den Mittelpunkt des Bildausschnitts. Die Farbe der Kleidung wechselt und mit dem Kommentar: „It is super impressive. The colors change“ begleitet. Selbst wenn die hintergründigen Farben, zu einem irrelevanten Rauschen degenerieren, verblasst die Person im Vordergrund keineswegs. Die bleibt im Mittelpunkt. Und verbrät die vordergründige Botschaft. „Can You See My Art?

Beitrag von Prof. Ursula Drees

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Light Tank von Uwe Rieger (DE/NZ) und Yinan Liu (NZ)

„Light Tank“ Installation von Uwe Rieger und Yinan Liu ©Ursula Drees

Light Tank  von Uwe Rieger und Yonan Liu.  Der Mariendom in Linz eignet sich hervorragend für großräumige Installationen. Es ist ein imposantes Gebäude. Von außen, als auch von Innen, wie jeder Dom. Die Höhe, die Breite, das Gestein und die Akustik sind beeindruckend, auch ohne Installation. Light Tank ist wie alle, von Uwe Rieger geschaffenen Installationen, auf den Raum ausgerichtet. Sie ist luftig, verfügt über eine faszinierende akustische Stimmung und ist von allen Seiten zu betrachten.

Mariendom in Linz Details ©Ursula Drees

Light Tank ist eine Mixed Reality Installation. Es werden holographische Linien auf eine transparente Gerüststruktur projiziert. Diese Gerüste sind mit durchsichtigem Meshgewebe bezogen. Und wenn die Lichtlinien auf dieses Meshgewebe fallen, begreifen die Besucher, das es eine Projektionsfläche ist. Ohne Lichtprojektion erkennt man den skeletthaften Aufbau und schaut hindurch. Das Gerüst ist vielleicht zwischen 4,20 und 4,60 Meter hoch, in der Breite jeweils 3 Meter. Denn hier handelt es sich um, ein in Kreuzform aufgestelltes, Gerüst. 

„Light Tank“ Installation von Uwe Rieger und Yinan Liu ©Ursula Drees

Die Projektionen aus Linien, die mit 3 D Brille auf der Nase, als Säulen entschlüsselt werden, zitieren die Dominnenarchitektur. Sie bewegen sich ununterbrochen, entstehen, zerfallen, bleiben einen Moment und schon geht eine weitere Bewegung los. Sie werden zu einer stilisierten Gewölbestruktur mit klar erkennbarem Schlussstein als Rosette. Türkis, Rot und Weiß, mehr Farben braucht es nicht. Wenn diese Art der Entstehung vollendet ist, werden Ikonographen auf dem Meshgewebe verteilt: Buttons betitelt mit Activate, drüber Kleine in Wireframe abgebildete Quader, die wie Container aussehen, darin Elemente. Manche sehen aus wie eine Gruppe von x, andere ein einzelnes in x Form dargestelltes Ding, dann wieder nur eine Schiene des x oder aber eine Säulenform. Es sind die Bestandteile des Großen. Die Kästen um diese Miniaturzeichen verschwinden und fliegen frei über das Gewebe, als suchten sie einen geeigneten Ort. Daraus werden eine Anzahl von kreisförmigen Zeichen. Sie sind abstrakt, aber jedes einzelne ist ein Teil eines Großen, es ist eine Gattung, ein Kreis mit Winkel und kleinem Kreis, einer mit Parallele und einem Kreis, einer mit Durchmesseranzeige, andere im Aussehen wie Packmanfresser. Daraus werden große Flächen, bewegte Ausschnitte von etwas anderem. Ein steter Fluss von Klein zu Groß, vom Detail zum Überblick. 

„Light Tank“ Installation von Uwe Rieger und Yinan Liu ©Ursula Drees
„Light Tank“ Installation von Uwe Rieger und Yinan Liu ©Ursula Drees

Die Projektionen werden durch Geräusche begleitet. Vogelstimmen und entferntes Rauschen. Es kann Wind sein, es kann Meeresrauschen sein. Hört der Besucher auf eine Küste auflaufende Wellen? Ist der Wind vielleicht auch das Geräusch von Wandten? Es ist ein sphärische Musikkulisse. Sie lässt die Vorstellung wandern, vermengt sich mit den Projektionen. 

Kleine Bauteile im Schwarm mit Meer und Wind begleitet werden zu Streben, die im Zentrum zum Architektur der Kathedrale werden. Es löst sich auf und beginnt von Neuem. Ein steter Fluss aus Entstehen und Zerfallen.

„Light Tank“ Installation von Uwe Rieger und Yinan Liu ©Ursula Drees

Es ist kontemplativ, über lange Zeiträume betrachten die Besucher die Projektion.

Uwe Rieger (DE/NZ) mit Yinan Liu (NZ). Stereoprojektionstechnik auf transparente Leinwände. Unterstützt durch das arc/sec Lab for Digital Spatial Orperation an der School of Architecture and Planning der Uiversity of Auckland. Das Interface wurde in Zusammenarbeit mit dem Augmented Human Lab am Bio Engineering Institute entwickelt, das durch Assoc. Prof. Suranga Nanayakkara geleitet wird. As AHLab konzentriert sich auf Human-Computer Interfaces als natürliche Erweiterungen unseres Körpers, Geistes und Verhaltens.

Gesehen auf der Ars Electronia 2018 im Mariendom

Beitrag von Prof. Ursula Drees

„I love you_I hate you TDS“ von Mathieu Zurstrassen (BE)


Mathieu Zurstrassen (BE) standing next to „I love you_I hate you TDS“ ©photographer MvT 

Der japanische Parawissenschaftler und Alternativmediziner Dr. Masaru Emoto „wies nach“, (dieser Nachweis ist nicht bestätigt worden), dass Wasser ein Erinnerungsvermögen besitzt und auf Gedanken reagiert. Dabei hat Emoto in einer Vielzahl von Versuchen ermittelt, dass Wasser auf Empfindungen reagiert und in Folge die eigene kristalline Struktur verändert.

Eine weitere vom selbst ernannten Doktor durchgeführte Versuchsreihe bezog sich auf die Empfindlichkeit von Reis. Es wurde um 1980 eingeleitet und stellt zwei identisch grosse, mit einer exakten Reismenge gefüllten Form dar. Der einzige Unterschied besteht in der unterschiedlichen Beschriftung auf den jeweils gleichen Aufklebern. Ein Aufkleber wurde mit „DANKE“ beschriftet, der andere mit „Du Idiot“. Emoto lies täglich Schulkinder die Worte sprechen und siehe da, nach einigen Wochen färbte sich der „Du Idiot“ Reis schwarz, derweil der „Danke“ Reis seine ursprüngliche Farbe behielt. Dies sollte ein erneuter Nachweis für die emotionale Beteiligung von Materie sein, egal ob Wasser, Reis oder andere Formen von physikalischer Dinglichkeit.

Die parawissenschaftliche Community jubiliert über diesen Nachweis. Und gleichzeitig erzürnt es die Forschung. Deshalb haben einige das Experiment erneut durch geführt und stets erfolglos. So hat Carrie Poppy das Ganze mit 4 Gläsern ausprobiert.

Ein Glas wurde mit „Thank You“, ein anderes mit „You are an Idiot“, ein weiteres mit „Michelle Bachmann“[1]und das letzte gar nicht beschriftet. Das dritte Glas wurde durch tägliche Tea Party Belästigungen besprochen. Am Ende des Monats hatte der Reis in allen vier Gläsern die gleiche Entwicklung vollzogen und unterschied sich nicht gravierend von einander.

Sie kommentiert ihr experiment: “I can’t help but wonder if the well-meaning re-creators of this experiment on the internet didn’t help their rice along, exposing the neglected or hated rice to more air, changing the jars around to put them in different temperature or humidity conditions, or performing other tricks in an effort to support a well-intended but ultimately self-evident point: that being ignored or belittled hurts.”

Dieses Experiment stellt die Grundlage für das Kunstwerk „I love you_I hate you TDS“ des belgischen Künstlers Mathieu Zurstrassen dar. TDS steht für Trump Derangement Syndrome. Es ist ein impartiality bot. Bei dieser Gattungseinordnung darf sich die Gemeinde der freidenkenden und wissenschaftsfreundlichen Geister freuen, endlich ein bot ohne Meinung.

Die Installation steht im 1. Stock der POSTCITY Ausstellungsfläche und unterliegt dem Motto „Error, Fake and Faliure“.

Reisbirne©photographer MvT

Das Kunstwerk besteht aus drei sichtbaren Komponenten. Die erste Komponente ist ein Stativ. Die zweite Komponente sind zwei Gläser, die mit einer identischen Menge und der gleichen Reisart gefüllt sind. Sie stehen auf Lautsprechern. Diese Reisgläser werden durch je zwei, höher gestreckten Glasglocken von den Zuschauern abgeschirmt. Diese Glaskonstruktion erinnert ein wenig an gestreckte Käseglocken oder an Glühbirnen, alias Reisbirnen. Von diesen gläsernen Reisbirnen, so wollen wir es nennen, gibt es ,wie bereits erklärt, zwei. Sie sind auf einer Höhe und durch eine schmale Stahlstrebe verbunden. Es sieht aus, als sei es eine Waage.

Waage ©photographer MvT

Die dritte Komponente sind Kabel und Kästen, für digitale Applikationen. An dem Stativ angebracht befinden sich zwei vielleicht 8 x 8 cm große quadratische Kästen aus denen verschiedenste Kabel führen. Einige führen zu den Kästen, andere führen zu den Glasbirnen. Es handelt sich um Stromzufuhr und Lautsprecherkabel von Micro-controller zu Reisbirnenkonstruktion.

Kunstwerk Details ©photographer MvT

Es werden verschiedenste Trump Zitate herausfiltert, das sind die weniger guten Mitteilungen und aus einem „LoveQuote“ Twitter account positive Botschaften weiter gegeben. Alle 25 Sekunden trägt eine monotone, neutrale Computerstimme diese Nachrichten den Reisgläsern vor. Dieses Kunstwerk ist ein stilles nicht besonders großes Kunstwerk. Es ist nicht marktschreierisch. Das einzige was erhöht, ist der Podest auf dem es steht.

©photographer MvT

Der Künstler ist anwesend und hat Zeit für ein Interview.

Question:” Do you think the tonality of the voice has any impact on the reaction of the rice?”

Artist: “Hmm I could tell you my point of view if this system is working or not. I am bit skeptical… about everything I make… it is a setup. I am trying to talk about something that is not actually visible.”

(Pause followed by a long stretched ahhhhm).

“It could work. It is closely related to the subject of faith. What do you believe in? And it could be… couldn’t it? May be the rice will turn black. Perhaps it is because a small bacteria, an invisible bacteria that I have in my hand,  may-be there is a resistance there? May be there is a heater there that makes the rice sweat, may be nothing will happen. It lasts just for two days now. We don’t know. It is speculation”. (artist smiles)

“We could go on for hours. Is the digital voice doing something? For me it is not the matter of the piece. The computer voice is completely neutral.”

Interviewer: “One component has crucially changed. In the original experiment children read the messages with their intonation and tonality. And here it is the neutral computer reading the messages.”

Artist: “Yes indeed. But think about it this way: the voice is neutral but on the same token it is more scientific.  What I am trying to say, and I really like it when people start talking and discussing with me about that, is I am from a scientific background, so I am willing to create an environment of scientific value. The voice of the computer supports this scientific value.”

Interviewer: “Since it is a scientific experiment. How about the rice?”

Artist: “Oh yes it is beautiful venetian rice. Great rice.”

Interviewer: “Did you try different types of rice?”

Artist: “May be I did. It is all about faith. Why should I be trusted?”

Both laughing.

 ©photographer MvT

Interviewer: “I would like to end the interview with a little fun and playful game. I am asking you a term and you are telling me what you think about it.”

 “Authenticity of media”

Artist: “This is what this work is trying to talk about. There is a lot of information online, it is difficult to verify this information. There is some fear. Nowadays information is going too fast. ..so fast and it is impossible to verify anything. Therefore I think it is really easy to control, to gain information from people. And this is media. And there is a lot of crab, a lot of irrelevant available.”

Interviewer: “Artificial Intelligence”

Pause…..

Artist: “Wow…future. We are not there jet.  But it is dangerous. I fear what mean people can do about it. This piece also is talking about artificial intelligence in a primitive way though. The rice could be the intelligence.” (smile)

Interviewer: “Algorithm”

Pause…

Artist: “The answer to everything.”

Interviewer: “Self-control”

Pause…..

Artist: “By whom? Self-control…. we all have our point of view. By whom. I can tell you about myself. I am trying to share and let people approach the piece . I am not trying to direct too much.”

Interviewer: “Thank you so much”.

Das Interview wurde direkt auf der Ars Electronica 2018 geführt. Wir danken dem Künstler für seine wunderbaren Antworten und seine verspielte geistige Weitläufigkeit. 

Dr. Margarete von Trifft. (MvT in short)

[1]Anmerkung der Autorin. Wir erinnern uns an die US-Amerikanische Politikerin der Republikanischen Partei, die der Tea Party Bewegung sehr nah stand und die in der parteiinternen Auswahl als Präsidentschaftskandidatin 2012 antrat und sich durch herausragende Vereinfachungen, populistischer Argumentation und erschütternder Bildungsfremde hervortat. Zu dieser Zeit konnte sich niemand eine Erhöhung dieser charakterlichen Qualitäten vorstellen, jetzt jedoch gibt es den Beweis in Donald Trump, dass auch das Unvorstellbare stets eintreffen kann.

Skyscraper von StudioKCA, Triennale Brügge


Photographie © F. Werhahn

Die Menge an Plastikmüll im Meer steigt. Es gibt Plastikinseln, die größer sind, als einige Länder dieser Erde.

Der Lebensraum aller Wasserlebewesen wird durch unzählige Fischernetze, Benzinkanister, Flip Flops, Flaschentüten, Spielzeug, Möbel und natürlich Strohhalme gefährdet. Tiere verwechseln diese Dinge mit Nahrung, nehmen sie auf und verenden elendig. Ihre Mägen können Plastik nicht verarbeiten.

Es ist ein fürchterlicher Kreislauf, die Tiere sterben, die schwimmenden Müllberge oder Inseln aus Plastik wachsen. Auf der Wasseroberfläche lässt sich nicht erahnen, was sich darunter abspielt, es ist wohl eine Art Plastiksuppe. Microplastik, Teilchen, die kleiner als 5 mm sind, machen zwar nur 8 % der Gesamtmasse aus, trotzdem sind fast alle der geschätzten 1,8 Millionen Plastikteilchen ebensolche winzigen kleine Partikel. Tiere nehmen nicht nur Objekte wie Feuerzeuge, Deckel oder andere kleine Plastikteile auf, sondern auch Mikropartikel und diese im Plastik enthaltenden Gifte zerstören Tiere und Pflanzen und gelangen letztendlich über den Lebens- und Verarbeitungsprozess zum Menschen.

Photographie © F. Werhahn

Auf der Triennale in Brügge werden Kunstwerke zum Thema „Liquid City“ ausgestellt unter anderem auch „Skyscraper“. Es misst in der Höhe 11,5 m ist größer als ein normales Wohnhaus. Es stellt einen aus dem Wasser sich heraus schälenden Wal dar, der in einem majestätischen Sprung begriffen ist. Der Wal ist aus gefundenen Ozeanplastikmüll hergestellt. Jedes Teil, jede Komponente, von Toilettensitzen bis zu Auto Stoßstangen, von Milchtüten und Kanistern zu Plastikflaschen, wurde vor der hawaiianischen Küste gefunden und verarbeitet.

Photographie © F. Werhahn

„Es gibt ungefähr 150 Millionen Tonnen von Plastik, der zur Zeit im Ozean herum schwimmt“ erklärt Jason Klimoski. Klimoski ist der Gründer und Geschäftsführer der New Yorker Design Firma Studio KCA. Sie wurde von den Organisatoren der Triennale beauftragt zum Thema „Liquid City“ ein Kunstwerk zu entwickeln. Heraus kam diese 5 Tonnen schwere Skulptur. Der Wal erhebt sich aus den Fluten, hat bereits die Drehung auf den Rücken durchgeführt und wird in den nächsten Minuten mit einem Splash im Ozean verschwinden, wenn da einer wäre. Nur hier nicht. Hier befindet sich dieser Plastikwal an einer Gracht der Jan van Eyckplein in unmittelbarer Nahe zum Jan van Eyck Denkmal. Würde dieser kraftvolle Akt des Wals stattfinden, schlüge er auf die mit Pflasterstein ausgelegte, alte Brügger Brücke auf. Es ist ein dramatisches Kunstwerk.

Von Weiten zieht es Besucher an. Erst bei Annäherung erkennt der Betrachter die verarbeiteten Teile. Wäschekörbe, Fender, Waschmittelflaschen, Trinkflaschen, generell Flaschen aller Art, Klobürstenständer, Benzinkanister, Kanister aller Art, runde Plastikformen, ovale Plastikformen, Plastikdeckel in unterschiedlichen Größen, Wischeimer werden aneinandergereiht und zu dieser monströsen Skulptur.

Photographie © F. Werhahn

Der Betrachtende begreift in wenigen Sekunden die Botschaft. Der Wal steht für Größe, Kraft, Friedfertigkeit, für Gemeinschaft, für soziale Kompetenz usw. Auch wenn Wale in der Vergangenheit eher als Ungeheuer der Tiefe betrachtet wurden, Wale, die Menschen verschlucken, Schiffe in den Abgrund ziehen, heute ist der Wal ein Zeichen für eine von und durch Menschen gefährdete Natur und Umwelt.

Das Kunstwerk ist eine Mahnung. Denn wenn wir so weiter machen, wird die Vielzahl der Wassertiere sterben, und zwangsweise der Mensch auch.  Wenn er weitermacht wie bisher und nicht zu Besinnung kommt, zerstört er seinen Lebensraum.

Mehr unter Triennale Brügge.

Gastautorin Dipl. Ing. Bekleidungstechnik Friederike Werhahn. Die Fotografien stammen von F. Werhahn.