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„Tropics“ von Mathilde Lavenne (FR)

In Tropics geht es um mexikanische Farmen und ihre Bewohner, die mit verstreuten Stimmen, Erinnerungen, Vergangenes und Erlebtes erzählen. Die Bilder selbst, in schwarz-weiß gehalten, scheinen Traumbilder zu sein. Sie sind tief und mystisch. Es fühlt sich an, als würde die Zeit angehalten.  

Es geht um die im 19. Jahrhundert aus Frankreich kommenden Auswanderer, die mit Booten den Atlantik überquerten und in Mexiko, genauer am Rio Filobobos neu siedeln. Diese Region ist in der Nähe von Veracruz. Die französischen Familien, Bauern, kultivierten trotz des schwierigen tropischen Klimas und der tropischen Vegetation große Flächen für die Landwirtschaft. Während der spanischen Eroberungen wurde Mexiko zu einem Land der Träume. Landarbeiter aus Frankreich, als Europa malten sich eine blühende wenn auch gefährliche Natur aus, die mit Mut und Fleiß zu Unabhängigkeit und Wohlstand führen würde. Diese Eroberer wollten nicht nur Wissen vermitteln, nicht nur das Land kultivieren, sondern auch den katholischen Glauben verkünden. Es waren Bauern und Missionare.

Die Einwanderer oder eher Konquistadoren entdeckten eine fremde Vegetation, sie stellten andere neue pflanzliche Heilmittel her. Das Land war verheißungsvoll und zerstörend gleichermaßen. Es war gefährlich, aber gelobt.  

Die Künstlerin gibt der Vergangenheit den Erinnerungen und Familiengeschichten eine Stimme. Und ein Bild. Erinnerung vom Tod, vom Leben, von Verstorbenen heben die zeitliche Ordnung auf. Es werden Geister eines verlorenen Paradies belebt.

So spricht die Stimme, der Erzähler, von dem Autounfall, indem sein Vater verstarb. Vor 30 Jahren fand dies statt. Die Stimme, selbst ein Junge damals, ist im Wagen. Er beschreibt den Moment des Unfalls, wie er Geister sieht, Geister die aussehen, als kämen sie aus einem Harry Potter Film. Er spricht: „Vater hilf mir“. Der Vater küsst ihn und antwortet: „Jetzt wirst du leben“. Eine alte Frau erscheint in der Erinnerung. Die Stimme sagt, dass niemand wusste, dass sie tot sei. Und so spricht jener Mann, der sich erinnert, von seiner Gabe, Tote zu sehen. „Ich sehe Menschen, weiß nicht, dass sie tot sind, sie tragen Kerzen. Jahre später bin ich wieder an diesem Ort….“ Es ist die Geschichte von Toten.

  

Im Januar 2017 reist die Künstlerin nach Mexico und besucht einige Familien, die seit Generationen schon dort leben und arbeiten, direkte Abstammen der Einwanderer. Es ist die koloniale Vergangenheit, die sie zu entdecken wünscht. Sie will sehen und hören, wie westliche Gedanken und Vorstellungen in den Familien weiterleben. In der Tat erlebt sie erstaunliche Stunden. In den Familien lebt die Vergangenheit durch Objekte weiter.

Während der Regenzeit wird der Rio Filobobos zu einem gefährlichen, reißenden Gewässer,  tritt über seine Ufer und bedroht das Land, die Dörfer, die Arbeit und Bewohner. Gleichzeitig werden Tonwaren, bemalte Skulpturen oder andere Artefakte und Objekte an das Ufer gespült, Zeugen einer vergangen Zeit. Diese Dinge waren Gegenstände der Anbetung. Sie wurden von den damaligen Urbewohnern hergestellt, von den Siedlern gefunden und gesammelt, und sind heute noch in ihren Häusern zu finden. Diese Erinnerungen, eine ursprüngliche Naturweisheit verbindet sich unzertrennbar mit dem Wissen der Ankömmlinge und der Generationen danach. Es geht um die Gesetze der Natur, um Sonnenkalender, um saisonale Anbetungen.

Dieser Film zieht den Betrachter in einen Bann. Die Erinnerungsstimmen vermengen sich mit den Bildern und erschaffen eine mystische, geheimnisvolle Welt.

Die Künstlerin interessiert sich für anthropologische Dimension solcher Gesellschaften. Es geht um die Beziehung zwischen Mythen und dem Kosmos, als Wurzen für Glaubensansätze. Für diesen Film verwendete sie einen FARO Scanner der normalerweise in der Architektur zum Gebäudescann verwendet wird.

Sie platzierte ihn an Orten, die sie auf Karten entdeckte und erwanderte. Diese Scanner stellen mit weißen Punkten auf schwarzen Hintergrund rudimentäre 3 Dimensionale Abbildungen her. Die Bilder werden übereinander montiert und gelagert. Es ist als schauten wir in Erinnerungsbilder. Normalerweise werden solche Abbildungen mit Infrarotmasken oder Nachtaufnahmen assoziiert. Hier derweil fehlt der grüne Ton, die solche Bilder charakterisiert und das gibt dem Betrachter das Gefühl, als schaute er durch Materie in etwas Unsichtbares.

T R O P I C S – Gewinner der Goldenen Nica auf der Ars Electronica.

Beitrag von Margarete von Trifft (MvT)

Gastautorin Dr. Margarete von Trifft  studierte Soziologie und Kunstgeschichte, später freie Kunst an der Universität der Künste in Berlin und promovierte in den Bildwissenschaften. Es ging um die Virtualität der bildlichen Ausdrucksformen, des flüchtigen Bildes. Professor Ursula Drees lud sie ein, auf der Ars Electronica in Linz für den MediaArtBlog plusinsight zu schreiben.

Die Photographien wurden von der Leinwand im OK, Linz anlässlich der Ars Electronica mit einem Handy von Margarete von Trifft aufgenommen. 

Gallery Spaces: Mariano Sardón (AG), Mariano Sigman (AR)

Detailaufnahme Manhattan Photographie©MvT

Auf einer anderen Ausstellungsfläche in PostCity der Ars Electronica 2018 namens Galley Spaces, stellen sich internationale Galerien und ihre Künstler vor. Der Kunstmarkt hat sich radikal unter dem Faktor der digitalisierten Kunst verändert. Lange Zeit standen Galerien und Sammler skeptisch der Medienkunst gegenüber. Die Gründe dafür sind vielfältig. Einerseits ist es die Neuwertigkeit dieser Kunst,  es ist der experimentelle Ansatz, das generische, partizipative, bewegte, sich verändernde, flüchtige des Elements, das virtuelle und die Unfassbarkeit der Kunst. Diese Kunst ist schwer zu erhalten und zu unterhalten. Das  hält Sammler und Galerien davon ab, sich ihr zu zuwenden.

Gallery Spaces auf der Ars Electronica ist ein wichtiger Bereich. Die Medienkunst schaut mittlerweile auf eine lange Tradition zurück: Film und Fotografie, kinetische Skulpturen, OB Art, Video Art oder das Radio mit dramatischen Inszenierungen und elektronische Musik. Natürlich ArR VR, Internet Art, generische Art. Digital basierte Kunst stellt einen großen Teil unsers heutigen kulturellen Vermächtnisses dar.

Die Ausstellungsflächen der Gallery Spaces Photographie©MvT

Für die Künstler stellt sich die Frage welche Fähigkeiten sind notwendig, um digitale Art herzustellen. Für die Kunstgeschichte stellt sich die Frage, wie wird sie evaluiert und das Publikum fragt sich, wie finde ich einen Zugang zu den virtuellen projizierten Kunstwelten, die sich durch Abstraktion auszeichnet. Wie kann ich diese Kunst erhalten fragen sich eigentlich alle.

Der Kunstmarkt selbst experimentiert mit der Digitalität. Es werden online Kunst Magazine, online Galerien und Internet Auktionen veranstaltet, sie stellen einen wachsenden Markt da.

Museen und große Kunstsammlung müssen sich gleichermaßen den digitalen Strategien stellen. Und deshalb ist der Bereich Gallery Spaces auf der Ars Electronica ein Vorstoß, um die digitale Kunst nicht nur auf Konferenzen salonfähig zu machen, sondern auch für die Kulturvermittler und -Verwalter handhabbar zu präsentieren.

Die Ausstellungsflächen der Gallery Spaces Photographie©MvT

Im den Obergeschossen der PostCity Ausstellungsfläche befinden sich die eher Technologie getriebenen Exponate. Die Gallery Spaces in den Untergeschossen markieren die Ausstellungsprojekte mit eher künstlerischen Ausdruckspotential und-willen. Wie alles hier sind auch diese Flächen groß. Räume reihen sich aneinander, gebrochen durch Überreste der ehemaligen Logistikpaketzentrale der Post.

Manhattan Photographie©MvT

Die Galerie Artericambi stellt 3 Werke der Künstler Mariano Sardón und Mariano Sigman (AG) aus. Die Werke tragen den Titel „Sunflowers, Manhatten, Brooklyn“. Es sind großformatige (190 x 115) auf Aluminium montierte Ausdrucke und hängen an der Ausstellungswand. Ohne Rahmen oder anderem Beiwerk. Die Bilder erscheinen auf den ersten Blick als Liniengewirr. Dünne, helle ins weißlich gehende, nicht endende Striche überziehen die Fläche. Anfangs erinnert es an eine Art Actionspainting. Aber die Farbe ist gedruckt. Auf den zweiten Blick erschließt sich das Motiv, das Auge erkennt die Sonnenblumen und die Stadt Manhatten deutlich. Brooklyn derweil bleibt als Motiv eher verschlossen.  Manhatten ist augenfällig, fast schon augenscheinlich, offensichtlich. Das Motiv ist ausgearbeitet. Die Sonnenblumen ebenso, wenngleich auf eine impressionistische Weise.

Detailaufnahme Sunflowers Photographie©MvT

Die Künstler initiieren die Ausdrucke indem sie mit Hilfe von Eyetrackern Augenbewegungen von Rezipienten aufzeichnen und mit einer Software verarbeiten. Was gezeigt wird, sind die Anstrengungen einer Vielzahl von BildbetrachterInnen ein Motiv zu begreifen und entschlüsseln. Wir, als Besucher dieses neuen Abbilds, gehen erneut diesen Bewegungen nach und sehen durch das Nachvollziehen eines bereits vielfach durchgeführten Wahrnehmungsprozesses das Motiv erneut.

Detailaufnahme Sunflowers Photographie©MvT

Der Strich des Auges entspricht einem Suchstrich. Es ist ein Liniengewirr, sie finden stets zu den Kernpunkten zurück und formen das Motiv. Im Gegensatz zur Idealline, einer unweit schwierigeren Technik, denn der Künstler zeigt die Fähigkeit die Form direkt idealtypisch zu erfassen und durch nur einen Strich wiederzugeben. Beim Suchstrich bildet die Menge aller Striche einen Raum von Strichen, die der wiedergebenden Form entspricht. So arbeitet das Auge, das Wahrnehmen beschreibt einen unablässigen blitzschnellen Vorgang von Hin und Her, ein Suchen und Nachfahren bis die Informationen zu einer Erkenntnis und Entschlüsselung führen.

Die Software folgt den Augenbewegungen, aber woher kommt die Farbe? Der Eyetracker zeichnet Bewegung in Linie auf, die Farbinformationen werden durch das Einwirken der Künstler der Software zugeschrieben, vermutet die Autorin.

Margarete von Trifft. (MvT)

Anmerkung der Autorin: Die Photographien wurden mit einem Hand Held Device gemacht und erklären die Qualität. Ausserdem konnte Brooklyn nicht ordentlich photographiert werden, ein Scheinwerfer spiegelte das Licht oder aber mein Schatten verdunkelte es. Daher erklärt sich die Schräglage der Aufnahme bei den Sunflowers.

„Art of Deception“ von Isaac Monté und Toby Kiers

Die Designer Isaac Monté und Tobi Kiers, Professor an der Freien Universität in Amsterdam haben eine Sammlung von Designer Herzen entwickelt, das Herz als das organische Herz. Sie verwenden  eine Technik die normalerweise als die ‘decellularization’ benannt wird. Es ist ein biomedizinischer Progress, ein Verfahren, wo das Herz eines Tieres von seinen genetischen Inhalten befreit wird. Es verbleibt ein durchscheinendes 3-dimensionales Proteingerüst, ein weißer, sterilen Rahmen, um andere Stammzellen zu injizieren. Der Prozess fußt auf dem Potenzial der Körpers, dass gesunde Tierherzen und andere tierische Organe vom menschlichen Körper angenommen wird. Ein scheinbar totes Herz wird von einem anderen Organismus wie eine Maske angenommen, wird von eigenen, lebenden Zellen wieder belebt und ersetzt ein krankes, dysfunktionales Organ. Diese Organe werden in der medizinischen Wissenschaft als Ghost Organe betitelt. Es bezieht sich auf tierische Organe vorzugsweise Schweineherzen, die mit menschlichen gesunden Zellen wieder belebt werden.

Das Projekt wird auf der Ars Electronica unter dem Titel „The Art of Deception“ im Bereich der Gallery Spaces vorgestellt.

 

Monti ist ein sogenannter digitaler Aktivist, seine letzten Arbeiten experimentieren mit Fleisch, wie zum Beispiel mit Schinken, mit dem marmorhafte Vasen oder Lichtobjekte hergestellt werden.

Kiers wiederum ist Professor an der Fakultät der evolutionären Biologie, wo es um die Frage nach einer evolutionären Fähigkeit der Täuschung im Leben geht.

Diese entwickelte Technik der ‘decellularization’ wird der Forschung in der Zukunft die Möglichkeit geben, Formen, Körper für medizinische und ästhetische Zwecke neu zu entwickeln. Biologische Interventionen werden Menschen nicht nur gesundheitliche, sondern auch ästhetische Möglichkeiten bereit stellen, um sich neu zu definieren. So können Deformationen geheilt werden aber auch Statussymbole geschaffen werden. Die Designer stellen 21 Versionen der Designer Herzen aus.

Herzen, die zum Beispiel durch fluoreszierende Bestandteile einen Schimmer erhalten oder Herzen, die bei Bewegung ihre Farbe verändern, es gibt tätowierte Herzen, es gibt Herzen mit eingravierten Brandnamen von Modemarken, es gibt Herzen mit Gold Rand, Herzen wie Edelsteine, Herzen wie Porzellan oder auch ein gebrochenes Herz, ein Herz aus Stahl, ein weiches Herz, ein steinernes Herz oder jenes, wo das Innere nach außen gekehrt wird. Sie werden auf der Ars Electronica in einem der vielen Räume in zwei langen Reihen in Gläsernen mit einer durchscheinenden Flüssigkeit, die an Formaldehydeerinnert präsentiert. Sie stehen auf schwarzen Tischen in einer langen Reihe und werden durch hell angestrahlt.

Es ist ein schauerliches Erlebnis, die Herzen liegen still und neutral in der Flüssigkeit, ein Sturm von Assoziationen bewegt den Rezipienten, denn erst ein beigelegtes Plakat erklärt, wie die Herzen benannt werden und geben Auskunft zum Herstellungsvorgang.

Eine innere Empörung breitet sich bei der Autorin aus. Fragen nach Moral und Ethik, nach der Verkommenheit einer Gesellschaft, die das Herz als Designerobjekt betrachten könnte, rühren an den Grundfesten der gesellschaftlichen Akzeptanz von Vorstellungswelten über das Gute oder Verwerfliche.

Das Team wurde durch die holländische Organisation für Gesundheit ,Forschung und Entwicklung finanziert. Die Abteilung steht für den, ein im Jahr vorgestellten, Bio-Kunst und Design Wettbewerb.  Das Team arbeitete in Kooperationen mit Dr. renée van Aamerongen vom Swammerdam Institute for Life Cciences, Dr. Monique Verstegen – Erasmus Medical Center Rotterdam, Mrs Yvonne Steinvoort – Erasmus Medical Center Rotterdam, Dr. ir. Jos Malda – University Medical Center Utrecht, Professor Paul van der Valk – Vrije Universiteit Amsterdam.

Die Photographien stammen von MvT (Dr. Margarete von Trifft) und wurden vor Ort auf der Ars Electronica mit einem Hand Held Device aufgenommen.

Dr. Margarete von Trifft schreibt für den medienkunstblog Berlin plusinsight über Kunst. Sie kommentiert und beschreibt auf der diesjährigen 2018 Ars Electronica beachtenswerte Werke. Sie hat Soziologie und Kunstgeschichte studiert, später freie Kunst an der Universität der Künste in Berlin.  Später promovierte sie in den Bildwissenschaften. Es ging um die Virtualität der bildlichen Ausdrucksformen, des flüchtigen Bildes. Professor Ursula Drees lud sie ein, auf der Ars Electronica in Linz für den MediaArtBlog plusinsight zu schreiben.

 

 

„I love you_I hate you TDS“ von Mathieu Zurstrassen (BE)


Mathieu Zurstrassen (BE) standing next to „I love you_I hate you TDS“ ©photographer MvT 

Der japanische Parawissenschaftler und Alternativmediziner Dr. Masaru Emoto „wies nach“, (dieser Nachweis ist nicht bestätigt worden), dass Wasser ein Erinnerungsvermögen besitzt und auf Gedanken reagiert. Dabei hat Emoto in einer Vielzahl von Versuchen ermittelt, dass Wasser auf Empfindungen reagiert und in Folge die eigene kristalline Struktur verändert.

Eine weitere vom selbst ernannten Doktor durchgeführte Versuchsreihe bezog sich auf die Empfindlichkeit von Reis. Es wurde um 1980 eingeleitet und stellt zwei identisch grosse, mit einer exakten Reismenge gefüllten Form dar. Der einzige Unterschied besteht in der unterschiedlichen Beschriftung auf den jeweils gleichen Aufklebern. Ein Aufkleber wurde mit „DANKE“ beschriftet, der andere mit „Du Idiot“. Emoto lies täglich Schulkinder die Worte sprechen und siehe da, nach einigen Wochen färbte sich der „Du Idiot“ Reis schwarz, derweil der „Danke“ Reis seine ursprüngliche Farbe behielt. Dies sollte ein erneuter Nachweis für die emotionale Beteiligung von Materie sein, egal ob Wasser, Reis oder andere Formen von physikalischer Dinglichkeit.

Die parawissenschaftliche Community jubiliert über diesen Nachweis. Und gleichzeitig erzürnt es die Forschung. Deshalb haben einige das Experiment erneut durch geführt und stets erfolglos. So hat Carrie Poppy das Ganze mit 4 Gläsern ausprobiert.

Ein Glas wurde mit „Thank You“, ein anderes mit „You are an Idiot“, ein weiteres mit „Michelle Bachmann“[1]und das letzte gar nicht beschriftet. Das dritte Glas wurde durch tägliche Tea Party Belästigungen besprochen. Am Ende des Monats hatte der Reis in allen vier Gläsern die gleiche Entwicklung vollzogen und unterschied sich nicht gravierend von einander.

Sie kommentiert ihr experiment: “I can’t help but wonder if the well-meaning re-creators of this experiment on the internet didn’t help their rice along, exposing the neglected or hated rice to more air, changing the jars around to put them in different temperature or humidity conditions, or performing other tricks in an effort to support a well-intended but ultimately self-evident point: that being ignored or belittled hurts.”

Dieses Experiment stellt die Grundlage für das Kunstwerk „I love you_I hate you TDS“ des belgischen Künstlers Mathieu Zurstrassen dar. TDS steht für Trump Derangement Syndrome. Es ist ein impartiality bot. Bei dieser Gattungseinordnung darf sich die Gemeinde der freidenkenden und wissenschaftsfreundlichen Geister freuen, endlich ein bot ohne Meinung.

Die Installation steht im 1. Stock der POSTCITY Ausstellungsfläche und unterliegt dem Motto „Error, Fake and Faliure“.

Reisbirne©photographer MvT

Das Kunstwerk besteht aus drei sichtbaren Komponenten. Die erste Komponente ist ein Stativ. Die zweite Komponente sind zwei Gläser, die mit einer identischen Menge und der gleichen Reisart gefüllt sind. Sie stehen auf Lautsprechern. Diese Reisgläser werden durch je zwei, höher gestreckten Glasglocken von den Zuschauern abgeschirmt. Diese Glaskonstruktion erinnert ein wenig an gestreckte Käseglocken oder an Glühbirnen, alias Reisbirnen. Von diesen gläsernen Reisbirnen, so wollen wir es nennen, gibt es ,wie bereits erklärt, zwei. Sie sind auf einer Höhe und durch eine schmale Stahlstrebe verbunden. Es sieht aus, als sei es eine Waage.

Waage ©photographer MvT

Die dritte Komponente sind Kabel und Kästen, für digitale Applikationen. An dem Stativ angebracht befinden sich zwei vielleicht 8 x 8 cm große quadratische Kästen aus denen verschiedenste Kabel führen. Einige führen zu den Kästen, andere führen zu den Glasbirnen. Es handelt sich um Stromzufuhr und Lautsprecherkabel von Micro-controller zu Reisbirnenkonstruktion.

Kunstwerk Details ©photographer MvT

Es werden verschiedenste Trump Zitate herausfiltert, das sind die weniger guten Mitteilungen und aus einem „LoveQuote“ Twitter account positive Botschaften weiter gegeben. Alle 25 Sekunden trägt eine monotone, neutrale Computerstimme diese Nachrichten den Reisgläsern vor. Dieses Kunstwerk ist ein stilles nicht besonders großes Kunstwerk. Es ist nicht marktschreierisch. Das einzige was erhöht, ist der Podest auf dem es steht.

©photographer MvT

Der Künstler ist anwesend und hat Zeit für ein Interview.

Question:” Do you think the tonality of the voice has any impact on the reaction of the rice?”

Artist: “Hmm I could tell you my point of view if this system is working or not. I am bit skeptical… about everything I make… it is a setup. I am trying to talk about something that is not actually visible.”

(Pause followed by a long stretched ahhhhm).

“It could work. It is closely related to the subject of faith. What do you believe in? And it could be… couldn’t it? May be the rice will turn black. Perhaps it is because a small bacteria, an invisible bacteria that I have in my hand,  may-be there is a resistance there? May be there is a heater there that makes the rice sweat, may be nothing will happen. It lasts just for two days now. We don’t know. It is speculation”. (artist smiles)

“We could go on for hours. Is the digital voice doing something? For me it is not the matter of the piece. The computer voice is completely neutral.”

Interviewer: “One component has crucially changed. In the original experiment children read the messages with their intonation and tonality. And here it is the neutral computer reading the messages.”

Artist: “Yes indeed. But think about it this way: the voice is neutral but on the same token it is more scientific.  What I am trying to say, and I really like it when people start talking and discussing with me about that, is I am from a scientific background, so I am willing to create an environment of scientific value. The voice of the computer supports this scientific value.”

Interviewer: “Since it is a scientific experiment. How about the rice?”

Artist: “Oh yes it is beautiful venetian rice. Great rice.”

Interviewer: “Did you try different types of rice?”

Artist: “May be I did. It is all about faith. Why should I be trusted?”

Both laughing.

 ©photographer MvT

Interviewer: “I would like to end the interview with a little fun and playful game. I am asking you a term and you are telling me what you think about it.”

 “Authenticity of media”

Artist: “This is what this work is trying to talk about. There is a lot of information online, it is difficult to verify this information. There is some fear. Nowadays information is going too fast. ..so fast and it is impossible to verify anything. Therefore I think it is really easy to control, to gain information from people. And this is media. And there is a lot of crab, a lot of irrelevant available.”

Interviewer: “Artificial Intelligence”

Pause…..

Artist: “Wow…future. We are not there jet.  But it is dangerous. I fear what mean people can do about it. This piece also is talking about artificial intelligence in a primitive way though. The rice could be the intelligence.” (smile)

Interviewer: “Algorithm”

Pause…

Artist: “The answer to everything.”

Interviewer: “Self-control”

Pause…..

Artist: “By whom? Self-control…. we all have our point of view. By whom. I can tell you about myself. I am trying to share and let people approach the piece . I am not trying to direct too much.”

Interviewer: “Thank you so much”.

Das Interview wurde direkt auf der Ars Electronica 2018 geführt. Wir danken dem Künstler für seine wunderbaren Antworten und seine verspielte geistige Weitläufigkeit. 

Dr. Margarete von Trifft. (MvT in short)

[1]Anmerkung der Autorin. Wir erinnern uns an die US-Amerikanische Politikerin der Republikanischen Partei, die der Tea Party Bewegung sehr nah stand und die in der parteiinternen Auswahl als Präsidentschaftskandidatin 2012 antrat und sich durch herausragende Vereinfachungen, populistischer Argumentation und erschütternder Bildungsfremde hervortat. Zu dieser Zeit konnte sich niemand eine Erhöhung dieser charakterlichen Qualitäten vorstellen, jetzt jedoch gibt es den Beweis in Donald Trump, dass auch das Unvorstellbare stets eintreffen kann.

POSTCITY: Location für den STARTS Preis und Initiative der EU

Ein Teil auf der Ars Electronica in dem Ausstellungsbereich der PostCity wird dem Starts Preis und der Starts Initiative gewidmet. Die europäische Kommission hat die Starts Initiative ins Leben gerufen, um die Einbindung der Künste in innovative Projekte zu unterstützen. Starts möchte die kreativen Kräfte einer  interdisziplinären Zusammenarbeit der Künste mit den Technologie nutzen, um  neuwertige, experimentelle und kreative Prozesse in und für Europa zu unterstützen. Entwicklung, Erfindung, kritische Blickpunkte und Technologien zu entwickeln, bedeutet, zu hinterfragen. Über den Tellerrand hinaus blicken können. Das Bewusstsein, dass Technologien für Menschen entwickelt werden, zwingt die kreativen Industrien, neue Produkte, Services,  Herangehensweisen an menschliche Handhabung anzupassen, nicht umgekehrt wie es anfangs oft der Fall war. 

Genau hier versucht der Startspreis anzusetzen. In dem Bewusstsein dass Technologien nicht isoliert ausgetüftelt werden dürfen. Alle Disziplinen werden ermutigt, dazu beizutragen.

Wofür nun steht Starts? S + T für Science und Technologie, Arts für die Künste: macht zusammen Starts. Europa fußt auf Innovation, um auf der globalen Ebene und in unserer Gesellschaft bestehen zu können. Es geht um einen Mehrwert für Bürger und Arbeit. Es ist ein holistischer Ansatz, der die Starts Initiative treibt.

Starts unterstützt Kollaborationen zwischen Künstlern, Wissenschaftlern, Ingenieuren und Forschern, die kreative, einbindende und nachhaltige Technologien entwickeln möchten. Ein zweites Ziel der Starts Initiative ist die Erkenntnis, daß Künstler durch ihr kritisches Denken neue Möglichkeiten eines Einsatzes für Technologien anstoßen können. Und diese Fähigkeit soll genutzt werden, damit Technologien schneller in unsere Gesellschaft eingeführt werden. 

Starts besteht aus vier Säulen. Einmal gibt es den Staatspreis der mit 20.000€ hoch dotiert wird.

Dann gibt es die Starts Residencies: Künstler arbeiten und forschen längere Zeit in technologischen Institutionen. 

Es gibt Starts Lighthouse Pilots: bereits mit Geldern gesicherte Forschungen, wo Künstler einen aktiven Teil in Projektteams darstellen, die wiederum radikal neuwertige Lösungen und sehr konkrete Resultate erarbeiten. 

Die letzte Säule ist die Starts Academy: Forscher, Ingenieure und Künstler unterrichten und geben ihre digitalen Fähigkeiten an Bürger weiter, die eine spielerische Art entwickeln, um nicht nur die Begrenzungen und die Möglichkeiten der Technologien zu ermitteln, sondern auch um eine kritische Reflexion erlernen.

17 Institutionen sind am Starts Projekt als führende Forschungsstellen involviert. Ars Electronica, artshare, Berlin University of the Arts, Blumine, Bozar, Datascouts, Digital Spaces Living Lab, Ecole Polytechnique Federale de Lausanne, Fraunhofer Group Information and Communication Technologies, French TEch Culture, IMEC, INOVA +, IRCAM, LIBELIUM, Queen Mary University of London, University for the Creative Arts, WAAG. Österreich, Portugal, Deutschland, Italien, Belgien, Bulgarien, Schweiz, Frankreich, Spanien, England und die Niederlande.

Auf der Ars Electronica werden die ausgewählten Projekte und Gewinner im Bereich der Festival Location POSTCITY gezeigt.  Auf dem ganzen Areal dieser Location erscheint der zugewiesene Raum erst einmal überschaubar, aber das täuscht. Das Areal selbst dehnt sich über so viele Quadratmeter aus, dass der Übersichtsplan als Miniaturausgabe die wahrhafte Ausdehnung nicht wieder gibt. Es ist alles viel mehr.

Dr. Margarete von Trifft, Medienkünstlerin und Wissenschaftlerin.