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Die Studioproduktion Event Media unter der Leitung von Prof. Ursula Drees von der Hochschule der Medien in Stuttgart hat mit einem 8 köpfigen studentischen Team für ihr Werk „Schatten“ bei den CommAwards GOLD gewonnen. GRATULATION!
Auf der Site des CommAwards wird die Leistung hervorgehoben. „Absoluter Jury-Liebling und Highlight des CommAwards war der beeindruckende Erfolg des Studiengangs Audiovisuelle Medien der Hochschule der Medien Stuttgart. In der Kategorie RAUM erhielt die Studentenarbeit die einzige Gold-Auszeichnung und verwies selbst Koryphäen wie KMS und Atelier Brückner auf die bronzenen und silberne Ränge. Auf 125qm inszenierten drei Studentengruppen der HDM Stuttgart im Rahmen der MediaNight eine räumliche Adaption des szenischen Kurzfilms „Schatten“ und begeisterten die Jury restlos.“
„Die acht Studierenden sind keine Anfänger, einige von ihnen habenden die Studioproduktion als Fach zum zweiten oder gar dritten Mal belegt. Die Erfahrung und ihr Können machen sich bemerkbar, denn diese Studioproduktion ist ausgefeilt und durchdacht. Jedes Element passt zum nächsten, jede Technologie steht mit den Inhalten im Einklang. Ein durchweg stimmiges Werk, dass die Auszeichung GOLD verdient hat. “ Ursula Drees
Wir gratulieren!
Ausführliche Informationen zum Projekt finden sie hier.
Christian Dior in Paris im Louvre.
Auf der Ars Electronica wird über Modulmode geforscht. Materialien die eher technisch sind werden zu flexiblen Partikelkleidungsstücken, der Schnitt und Anpassung an den Menschen noch Mühe und Veränderung bedarf.
Im Gegensatz dazu steht die Mode der Vergangenheit. Haut Couture im wahrsten Sinne des Wortes. Eine Mode für die Schönen und Reichen, deren auserlesener Stil und Extravaganz die Magazine zu Paradieszeitungen der Träume werden lies. Die Diven des letzten Jahrhunderts kleideten sich in prunkvolle Gewänder, manche nur ein Mal auf der Welt und unverwechselbar.
Und diese unvergesslichen Gewänder werden ausgestellt. Grace Kelly, Elizabeth Taylor und Jane Mansfield, Brigitte Bardot, Königinnen und Prinzessinnen trugen sie. Da passt der Hut, die Handschuhe, die Schuhe, der Schal, die Tasche zum Kleid und Mantel. Ein Gesamtkunstwerk wurde der Welt am Körper dieser Frauen präsentiert.
Mit einem Wort: Mode, wie sie heute nicht mehr zu sehen ist.
Die Ausstellungsgestaltung muss sich mit den Exponaten messen lassen. Wo will man diese Art von Luxus artentsprechend denn zeigen können. Im Louvre natürlich, das größte, mit 72,735 qm Kunst-Museum der Welt. Die Ausstellung wird im Musée des Arts Décoratifs, einem Teil des Louvres inszeniert. Nicht nur Dior’s Kreationen werden gezeigt, auch die der Nachfolger von Yves Saint Laurent, Marc Bohan, Gianfranco Ferré, John Galliano, Ralf Simons und aktuell Maria Grazia Chiuri.
Eine weitere Attraktion wird als Nebensache behandelt. Es werden Originalaufnahmen der großen ModefotografInnen wie von Baron Adolphe de Meyer, Arik Nepo, Henri Cartier-Besson, William Klein, Michael Pudelka, Peter Lindbergh, Horst P. Horst, Richard Avedon, Guy Bourdin, Helmut Newton, David LaChapelle, Ellen von Unwerth, Annie Leibovitz, Brigitte Lacombe, Maripol, Brigitte Niedermair und Janette Beckman aufgehängt. Da geht es um Mode und ganz selbstverständlich hängen dort diese Fotos.
Damit, und mit Briefen, Zeichnungen, Skizzen und den Accessoires und Schmuck ist Mode mehr als nur Kleidung, sondern ein Kulturausdruck oder sogar Kunstausdruck. An einem ordinären Wochentag inmitten des Septembers bedeutet das, wenn kein Internetticket gekauft wurde, anstehen. Mindestens 1,5 Stunden und dann werden die Besuchermengen, viele, viele Frauen, jung, mitteljung, mittelalt und älter, mit Celine Handtaschen und Designerkleidung, konservativ, Streatwear oder Hippie, alles einfach, durch die Ausstellung gesteuert – Wegeleitsystem und Besuchersteuerung muss funktionieren. Tut es, fast – aber nicht ganz.
Die Ausstellung ist in 3 Teile strukturiert. Es fängt in schwarz gestrichenen Räumen an, macht in weiss weiter und endet in Schwarz – Weiss. Im Anfang, der schwarzen Passage an den Wänden wird über die Kindheit mit dem Material was zu finden war, gesprochen, einige eher hilflos erscheinende interaktive Applikationen (Lichtsensor und Projektion als Slideshow auf DinA 4), Photographien, Zeichnungen direkt auf die Wand und kleine skulpturale Objekte sind überflüssig. Die Besucher bedienen die Interaktionsangebote selten. Kleine schwarz weiß Fotos an der Wand sind dokumentarisch einfacher und kompakter zu erschließen, auch weil der Echtheitsgrad höhere Authentizität atmend. Und weil nur wenige ausgestellt sind, ist es ein Hinkucker. Denn es gibt zu viel zu schauen.
Weiter geht es in die hinter Glass Objekte – Modeentwürfe als Miniaturen. Die Ordnung ist am Farbkreis angelehnt, die Gelben, Orangen, Roten, Pinken, Violetten usw. Stücke mit allen Accessoires und manchmal ein Kleid in Originalgröße. Die Miniaturen sind mit Federn, Fäden, Pailletten, Edelsteinen oder Halbedelsteinen, gestickt, benäht plissiert, gefaltet, gelegt, geformt. Puppenformat, mit entsprechenden Schuhversionen, diese auch mit Federn, Perlen, Spangen, Schleifen in allen Formen und Farben hergestellt. Da lässt es sich verweilen und die Nase platt drücken. Aber der Strom der Besucher treibt die Menge weiter. Ein Raum, zwei Räume, drei Räume, die Fülle der Exponate in Mini ist groß und die Aufmerksamkeit sinkt. Es ist dunkel, die leicht gewölbten Scheiben reflektieren, die Luft steht und letztendlich wächst die Sehnsucht nach Helligkeit und Licht. Da hilft weder das Thema noch die Mühe mit Ambiente – zuviel ist zuviel.
Aber glücklicherweise dann Licht. Fantasievolle Ausgestaltungen und die große Mode. Endlich. Jetzt erst lohnt sich ein Foto der Räumlichkeiten. Von oben herab in Weiß hängt ein Blattwald, filigran wie die Mode. In weiß eingebettet, indirekt beleuchtet, die Kreationen. Sie vereinen sich mit der Umgebung, sechs, manchmal sieben Stücke auf einer leichten Plattform, oftmals weniger und das tut gut. Die Inszenierung gewinnt und endlich gibt es auch ein bisschen Raum für die Besucher.
Der Weg führt durch dein Eingangsbereich auf die andere Seite des Gebäudes. Die Fassadenprojektion lässt uns an den Eingang zum Modeatelier denken, unten schon als Vorgeschmack hell erleuchtet in Schwarz Weiß eine ausstaffierte Modepuppe. Darüber als im Fenster die Arbeit es Designers am Model.
Die Räume strahlen Klarheit, sie zeigen in chronologischer Folge die Stile, in den 50iger Jahren beginnend Straßen taugliche Mode, dann geht es weiter und endet bei der Brautkleidung. Anfangs streng in Schwarz Weiß, dann kommen einzelne Farben hinzu, in den Siebzigern wird es kurz und sachlich, aber nicht weniger spannend. Weniger Stoff erfordert mehr Kunst mit Schnitt, Material und Farbe. Immer wieder exzellente Modephotographien, und dann kommen die Entwurfshallen. Die Decke ist verspiegelt und erhöht den Eindruck. In hellem Nesselstoff werden mit Hand genähte Entwürfe aufgereiht. Manche erkennt man wieder, andere sind neu. Die Luft und das Licht sind rein, der Raum entspricht der Modekunst. Der Blick verweilt, hier wird mit wenigen Mitteln das Potential einer Objektpräsentation ausgeschöpft. Die Geometrie ordnet die organische Mode, das neutrale Licht schafft eine Spannung zu den offwhite Entwürfen.
Dieses Schema wird im Folgebereich auf die Dunkelheit angewendet. Die Inszenierung sicherlich hat Charme, in rechteckigen Streben, seitlich mit hellem LEDs als Lauflicht ausgestattet werden Modelle gezeigt. Es sind Mäntel, Kostüme, der 50iger. Eng Tailliert, mit Hut, oder Pelerinen, der Geist einer Grace Kelly wird geatmet. Es könnte gut sein, aber schwarze Mode an schwarzen Puppen im schwarzen Raum und reduziertem Lauflicht, alles interessant, aber das Objekt ist nur zu erahnen. Soll das Mystisch sein?
Diese Frage bleibt ungelöst. Aber da soviel Mode bereits gezeigt und gesehen wurde, ist ein Vergessen leicht, denn im finalen Bereich wird die Abendgarderobe und Brautmode in Szene gesetzt. Punktlichter als Sternenhimmel in kühlen Blaunuancen fokussieren den Blick. Das Finale ist gelungen und der Eindruck der Ausstellungsgestaltung gerettet. Ein schweres Thema mit viel Liebe und Aufmerksamkeit dargeboten.
„Christian Dior, Couturier du Rêve“, Musée des Arts Decoratifs, Paris. Bis 7.1. 2018
Louvre und Les Arts Décoratifs.
Alle Photographien ©Ursula Drees
© Hochschule der Medien, Studioproduktion EventMedia
Medialer Erlebnisraum „Schatten“, 2017.
Welche Medien unterstützen das Erleben in einem inszenierten Erlebnisraum.
Über Inszenierung.
Inszenierung bedeutet eine Position durch formale Ästhetik mit Unterstützung von technischen Mitteln in Szene zu setzen. Wobei technische Mittel in der Herstellung von Inhalten als auch in der Präsentation der Inhalte selbst eine Rolle spielen. Sie sprechen die menschlichen Sinne an, sie hinterlassen einen Eindruck. Der Eindruck wird emotional, intellektuell und logisch erarbeitet, ein Wahrnehmungsvorgang beginnt.
Szenographische Inszenierungen als Erlebnisraum bedeutet das Eintauchen in ein Ideenbild. Idee als Konzept mit Inhalt und Relevanz in der Aussage, Bild als multimediale Darbietung, als eine Begehbarmachung des Erlebbaren mit Medien. Diese Medien wie Ton, Licht, Video, Film, Spiel, Animation, Computer generated Grafics usw. werden im Raum als ganzheitliches Erlebnis inszeniert. Sie werden über interaktive Schnittstellen, mit Projektionen, durch LED Walls, Panels, Screens, mit Lautsprechern aller Art, interaktiven Objekten, Wänden, Fußböden, oder Decken, mit beweglichen, statischen vielfarbigen und veränderbaren Licht realisiert. Die Inszenierung ist komplex, ist geplant und ganzheitlich. Der Besucher befindet entweder inmitten dieser Inszenierung wie es in den Erlebnisräumen der Fall ist, oder aber er betrachtet sich aus dem Zuschauerraum heraus, wie es im Schauspiel, Konzert, Oper und Bühnendarbietungen oder im öffentlichen Raum statt findet.
Bei Event Medialen Erlebnisräumen, bewegt sich der Besucher durch die Inszenierung und schreibt eigenständig die Geschichte seines Erlebens. Er entscheidet das Tempo, die Blickpunkte, Perspektiven und Vollständigkeit der Betrachtung. In allen Fällen wird eine körperliche Präsenz vorausgesetzt. Diese Vielfalt wird von den Event Medialen Szenographen bei der Planung berücksichtigt. Die Planung und Ausgestaltung der Räumlichkeiten sind detailliert und decken alle Bereiche ab. Es gibt keine Möglichkeit des Versteckens oder Vertuschens. Die Gestaltung drückt alle Bereiche aus und unterwirft sich dem Thema. Der Besucher tritt in die Welt hinein und befindet sich in einer Parallelwelt des sinnlichen Erlebens.
Inszenierung und Kodierungssysteme.
Es gibt keine Inszenierung ohne Medien. Es ist nur eine Frage der Menge und der Beschaffenheit. Sind es analoge oder digitale Medien, lassen sie einen Zugriff zu, reagieren sie auf den Menschen, werden sie von äußeren Einflüssen verändert, bildet sich die Umgestaltung in analogen oder digitalen Formen aus? Wird der Mensch gesteuert, um Anteilhabe mit Geräten gebeten, oder reagieren die Medien ohne Aufforderungen auf Einflüsse?
Der Raum ist hybrid, er ist medial vermischt und bündelt Möglichkeiten der sinnlichen Wahrnehmung. Mehrere Genres setzten sich zu einem Neuen zusammen. Hybride Objekte werden geschaffen, sie bestehen aus halb realen und halb virtuellen Komponenten.
Inszenierungen bedienen sich der menschlichen Kodierungssysteme. Begonnen mit Geräusch, Ton, logischen und alphabethischen Abstraktionen zu formalen Kodierungen, komplexen und einfachen ikonographischen Kodierungssystemen, bis hin zu gestisch mimischen und kinetischen Zeichensystemen. Hinter diesen Kodierungssystemen verstecken sich vielfältige Bedeutungsräume. Sie wollen geplant und erschlossen werden. In der Regel bedient sich der medial inszenierte Erlebnisraum mit komplexen ikonographischen Kodierungssystemen. Sie stellen Hör- oder Sehbilder dar, wobei einfache ikonographische Kodierungssysteme für die Wegleitung und Besuchersteuerung eingesetzt werden. Hör- und Sehbilder werden mit und durch Medien erzeugt. Mal ist es eine großformatige Fotografie, mal sind es Schriftbilder, die als Graphik Aufmerksamkeit schaffen, mal sind es Farbräume von Wärme oder Kühle, mal sind es Bewegtbildeinspieler, Computer Animationen, real time eingespeiste VR Daten, mal groß oder klein formatig, mal Viel und Wenig, mal interaktiv zu bedienen oder kontemplativ auf sich wirken zu lassen.
Die Semiotik der technischen Medien.
Die Medien selbst formen die Art des Verstehens. Da sich die Gesellschaft mehr und mehr den digitalen Räumen zuwendet, outer space, cyber space, web space, augmented spaces, virtual spaces, werden wenig bis keine Gedanken über den Raum an und für sich verschwendet. Dabei ist der Raum ein Synonym für das Distanzierte, dem nicht zusammen gehörigen, dem daneben Stehenden. Der Raum behandelt ein Terrain, den Besitz von etwas, den Zustand des Zweierlei. Es ist immer ein Raum, der das eine vom Anderen trennt.
Wir schaffen Kommunikationsobjekte, sie versprechen eine soziale und technische Aktivität, geschaffen, um Zustände und Identitäten auszutauschen und zu verhandeln. Wir suchen nach Verbindungen. Und all das konstituiert wer wir sind und was wir sind. Diese Medien sind nicht neutral, nicht einfache Handwerkszeuge, sie sind keine passiven Container für einen Inhalt, sie sind in sich die Formgeber für das Verstehen. Wer zwei Städte mit einer Brücke verbindet und von zwei Städten mit einer verbindenden Bücke spricht, versteht nicht, dass die Qualität dieses Raums entschieden zu einem Raum verändert wurde. Selbst wenn geografische Zustände fast gleich erscheinen, so wird die quantitative Änderung der Verbindung dieser unterschiedlichen urbanen Landschaften durch die besonderen, neu geschaffenen sozialen Verbindungen eine neue Einheit formen.
Durch technische Neuerungen versucht die Menschheit den physikalischen Raum und den kognitiven Raum zu kontrollieren. Es geht um die Verbindung von kommunikativen Bedürfnissen, denn uns treibt der Wunsch nach Verstehen und Überbrückung. Dabei wird der Umstand dass Medien selbst Botschaften sind eher achtlos behandelt. Der Gedanke, dass digitale Medien helfen, eine menschliche face to face Verbindung zu verhindern, wird unterdrückt. Medien unterstützen die unpersönliche Kommunikation.
Mit diesem Wissen stellt die Erschaffung eines medialen Erlebnisraums die Frage nach der Beschaffenheit der Medien. Denn elektronische Medien sind soziales Verhalten. Und so trägt jedes Medium eine eigene DNA ins sich, die eigene Kommunikationsarten evoziert.
Welche Medien werden in Inszenierungen eingeplant?
Diese Frage wir gestellt, aber es ist besser zu fragen: welche Medien rufen welche Bewegungen und Reaktionen hervor? Erst nach der Klärung dieser Frage, beantworten wir die Inhalte, die über diese Medien gespielt werden. Die Semiotik hat sich mit der Sprache als Mittel für das Verstehen auseinander gesetzt, wir setzten uns zusätzlich noch mit der medialen „Semiotik“ auseinander. So werden Töne über Kopfhörer anders begriffen, als im Raum verströmte Geräusche. Bilder auf einer großformatigen LED Wand bei mittlerer Rezeptionsdistanz werden anderes aufgenommen als auf einem hand held device.
Wir arbeiten deshalb mit zwei Narrativen. Der Narrative des gewählten Mediums dessen technologische Semiotik entschlüsselt wird, und der Narrative der Formate, wie Standbild, Bewegtbild,Ton, Sprache, Licht, Farbe, also der Kodierungssysteme und die inhaltliche Botschaft die über Technik und Format erzählt werden.
Welche Medien wofür? Anwendungsbeispiel.
© Hochschule der Medien, Studioproduktion EventMedia
Vier aneinander gereihte Kopfkinos. Die Besucher stehen auf Podesten, die einen Endless Mirror verbergen.
Im medialen Erlebnisraum werden lineare Erzählungen dekonstruiert. Sie werden in Technik und Kommunikation aufgeteilt, eingeteilt und neu gemischt. Diese Mischung wird dem Besucher in der Hoffnung vorgestellt, dass sie aktivierend und erkenntnisgewinnend den Geist und den Körper des Rezipienten bewegt. Denn er soll aktiv werden, sich auseinander setzen, sich beteiligen und kausale Zusammenhänge zusammen bringen, soll zwischen den Zeilen lesen und ein eigenes Bild erschaffen. Zwischen den Zeilen bedeutet im medialen Erlebnisraum, er soll die Stationen, die Wartepunkte, die Interaktionspunkte miteinander verbinden und ein Ganzes daraus formen.
Dafür wird die einst lineare Narrative dekonstruiert. Es werden Kernszenen extrahiert, denn ein Buch, Gedicht, eine Film oder ein lyrisches Traktat in ganzer Länge nachzuerzählen stellt eine Kopie etwas Bestehenden dar, nicht eine neue Kreation, also ein neuwertiges Werk und damit Erfahren und Interpretieren.
Die Kernszenen werden mit Schlüsselaussagen verbunden und medial inszeniert. Im gezeigten Beispiel wird ein szenischer Kurzfilm, eine Tragödie, in den medialen Erlebnisraum übertragen. Der Protagonist verursacht großes Leid an dem er innerlich fast zerbricht. Der Boden wird mit jeder Erinnerung unter seinen Füssen weg gezogen. Die mediale Inszenierung greift dieses Thema auf.
Der Besucher wird aufgefordert, den Moment des Fehlverhaltens in einem Kopfkino, einen den Kopf umschließenden Kastens, erneut zu erleben. Er tritt über eine Stufe in diesen Kasten. Dieser Raum ist von allem anderen Geschehen abgeschirmt und der Besucher ist mit sich allein.
© Hochschule der Medien, Studioproduktion EventMedia. Der Besucher erlebt im Kopfkino die traumatische Schlüsselszene. Nach Beendigung erleuchtet ein Endless Mirror.
Er setzt einen Kopfhörer auf und auf einem, das Blickfeld umschließenden Curved Display wird in der subjektiven filmischen Einstellung der Moment des Fehlers erzählt. Durch die Subjektive ist der Besucher der Hauptdarsteller. Im Kopfhörer selbst befindet sich ein Infrarot Sensor. Mit der Drehung des Kopfes werden bestimmte Bildbereiche sichtbar, der Rest des Bildes verschwimmt und ist der Wahrnehmung entzogen. Der Betrachter sieht und erlebt den Tunnelblick des Protagonisten. Das Curved Display hilft bei dem bildlichen Umschließen des Menschen.
© Hochschule der Medien, Studioproduktion EventMedia: ein Curved Display umschließt die Sicht des Besuchers im Inneren des Kopfkinos.
Im hinteren Bereich starrt der Hauptdarsteller des Films auf den Hinterkopf des Besuchers. Dafür reicht ein, in unmittelbarer Nähe angebrachter Flat Screen. Es ist eine beengte Situation, so beengt wie die filmische Erzählung. Beim Klimax, wenn dem Hauptdarsteller des Films der Boden unter den Füssen entzogen wird, erleuchtet ein Endless Mirror. Er befindet sich in dem erklommenen Podest. Der Boden bricht weg. Schaut der Rezipient hinunter, wird er in einen unendlichen Raum schauen. Auch ihm wird der Boden unter den Füssen entzogen.
© Hochschule der Medien, Studioproduktion EventMedia. Der Endless Mirror erleuchtet, der Blick des Betrachters führt in die Unendlichkeit.
Direktheit: Übereinstimmung von technischen Medien und Erzählung.
Das Beispiel verdeutlicht die Direktheit der Kommunikation innerhalb des medial inszenierten Erlebens. Im Film werden die Filminhalte an einer konsequent nachvollziehbaren Anreihung aufgebaut . Die Zeit entspricht einem filmischen verkürzten realen Erleben. Der Filmbetrachter wird ohne eigene Bewegung oder Interaktion diese Inhalte erhalten. Er wird durch Montage und Schnitte die zeitlichen und kausalen Lücken im Kopf schließen und die Geschichte vervollständigen. Derweil im Event Medialen Erleben narrative Details und Hinführungen untergeordnet behandelt werden. Denn der Rezipient erlebt die Geschichte handelnd. Nicht sitzend. Die Aufmerksamkeit wird durch vielfältige Eindrücke gelenkt. Es ist ein ganzkörperliches holistisches Erleben. Die Erzählung findet sich nicht nur in der Geschichte statt, sondern die Medien selbst erzwingen eine festgelegt Narrative.
Der Event mediale Raum ist immer ein körperlicher. Nicht nur körperlich in der Erfahrung des Rezipienten, sondern auch körperlich in der Präsentation. Es ist ein gebauter Raum, eine vollständige Einheit aus Objekten, seien sie analog, haptisch, digital oder virtuell. Sie sind im Raum und damit eine inszenierte erweiterte Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit kann nicht verändert werden. Baufehler, Anordnung, Inhalte, Narrationsweisen, Technologien etc. können nicht kurzfristig umgestaltet werden.
Diese räumlichen Inszenierungen erzwingen Konzepttreue, zwingende Fragen nach der Art der Medien, nach dem inne liegenden Narrationsarten des Mediums selbst. Es ist ein Vorgriff auf ein Holodek. Und das ist die Zukunft der Event medialen Erlebnisräume.
Niederstetten ist eine kleine Stadt. Sie besitzt schon seit mehreren 100 Jahren die Stadtrechte. 4800 Einwohner gibt es, sie liegt im Main Tauber Kreis, idyllisch eingebettet in die Natur. Während der NS Zeit wurde die jüdische Gemeine ausradiert, die Synagoge wurde im April 1945 zerstört. In dieser Zeit gab es den Pfarrer Umfrid, der sich in einer Predigt mit sehr moderaten Worten gegen das Regime stellt. Er wurde dann verfolgt und so nahm sich der Mann ein Jahr nach der Predigt das Leben. Jetzt nachdem alle Alten verstoben sind, kommt es zu einer Rückbesinnung.
Im Zentrum von Niederstetten informiert der Gedenkpfad mit fünf Stationen über prägende Ereignisse und Personen der Stadtgeschichte. Im Mittelpunkt stehen die Jahre unter nationalsozialistischer Herrschaft, die jüdische Gemeinde der Stadt und der ehemalige Pfarrer Herrmann Umfrid. Der Gedenkpfad informiert über Vergangenes, Bezüge zur Gegenwart werden hergestellt und mögliche Handlungsoptionen für die Zukunft aufgezeigt. Die Besucherinnen sollen anhand der Geschichte etwas Neues über den Menschen und die Motive menschlichen Handelns erfahren.
© Stefanie Umlauft: Station 1 an der Kirche
Aber wie macht man so etwas? Die Gedenkkultur in Deutschland stellt sich in verschieden Blickwinkeln dar. Mal ist es eine opferorientierte Kultur, wo die Gedenkenden eine Verbundenheit mit den Opfern zelebrieren und sich als Täter vergessen, mal ist es sachliches Informieren, mal sind es Worte von Zeitzeugen, mal geht es um effiziente Wissensvermittlung oder die Rekonstruktion der Vergangenheit, mal wird gemahnt, mal wird getadelt, mal erinnert, mal vergessen, mal wird auf die Vergangenheit geschaut.
© Stefanie Umlauft: Station 2 am alten Rathausplatz
Und immer wieder scheitern diese Denkmaler an der Einseitigkeit. Junge Menschen wenden sich ab, sie fühlen sich belehrt und gemassregelt. Kann die Erinnerungskultur nicht kooperativer, spielerischer oder experimenteller werden?
Eine gute Frage: es steht ein Wandel zu Lernstätten für Persönlichkeitsbildung und Sozialpsychologie bevor. Die nationalsozialistische Geschichte wird dabei nicht ausgeschlossen, sondern in das moderne Ausstellungsdesign eingegliedert. Sie bietet viele Beispielen für Ursachen, Aufkommen und Folgen von antisozialen Verhalten in einem kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Umfeld.
Dieser schweren Materie hat sich Stefanie Umlauft, Studentin der Hochschule der Medien in ihrer Bachelorarbeit gewidmet. Und ein Konzept für einen Gedenkpfad erarbeitet. Dafür wurde die Stadt, der öffentliche Raum, Standort, Grösse, Vandalismus, Wetterbedingungen, Langlebigkeit, Pflege, Kosten und Herstellung berücksichtigt.
© Stefanie Umlauft: Station 3 am Ort der alten Synagoge
Es entstanden 5 Stationen, eine Art Rundweg oder auch einzeln zu betrachten. Die Stationen widmen sich dem Pfarrer Umfrid, der Ausgrenzungsgesellschaft, der jüdischen Gemeinde, der Zerstörung und dem Wiederaufbau und schlussendlich der Zivilcourage und der Toleranz. Die Stationen sind nicht belehrend, nicht mahnend, nicht heroisierend. Sie sind zu begreifen, sie regen an, machen neugierig. Und dabei sind sie bescheiden, drängen sich nicht auf. Sie sind da.
© Stefanie Umlauft: Station 4 am Schimmelturmplatz
Das Konzept wurde einige Mal dem Bürgermeister und den Gremien der Stadt vorgestellt. Im Juni 2017 sogar in der Stadthalle interessierten Bürgern. Und es bewährt sich, es wird angenommen und so hofft Frau Umlauft, dass es zu einer Finanzierung und Realisation kommt. Das tun wir auch.
© Stefanie Umlauft: Station 5 am neuen Rathaus.
Die Stadt Niedersetten hat die Studentin unentwegt unterstützt. Wenn es Fragen gab, dann reichte ein Anruf beim Pfarrer Silzle und in Sekundenschnelle kam die Antwort. Wenn etwas organisatorisches oder logistisches aufkam, ein Anruf beim Pfarrer genügte. Das ging die ganze Zeit so. Der Bürgermeister hat sich auch kräftig eingesetzt, eigentlich alle. Das Gremium und die Bürger. Gibt es eine bessere Voraussetzung für gute Arbeit?
Die Bilder und Zeichnungen stammen von Stefanie Umlauft und unterliegen ihrem Copyright.
Auf 125 qm macht die eventmedial Raum-Inszenierung Schatten einen szenischen Kurzfilm mit gleichem Titel „Schatten“ erlebbar.
Konzeptionell ging es um die Dekonstruktion des szenischen Kurzfilms. Der Film erzählt linear, zeitbasiert. Event Medien erzählen dekonstruiert und asynchron. Welche Themenbereiche sind packend und lassen sich szenisch durch Event mediale Mittel darstellen? Diese Frage zu lösen kostet Zeit und Gedanken. Nur die filmischen Höhepunkte eigenen sich, längere Ausführungen durch Filmbildsprache sind schleppend, langatmig in einer Event medialen Erzählweise. Der Besucher geht oder steht im Raum oder in Räumen. Ablenkungen und Aufmerksamkeitseinschränkungen werden durch Umgebungsimpulse wie Ton, Licht, Arrangement, Aufbau, Elemente, andere Besucher oder im ungünstigsten Fall durch Kommunikation mit Handy oder sonstigen mobilen Endgeräten erzeugt. Der Fokus kann leicht gebrochen werden, aber umso schwerer ist es, ihn konstant zu halten. Dafür ist die Erzählweise auf das Raumgefüge anzupassen. Prägnanz, emotional, eindrucksstark werden die Medien eingesetzt. Auch weil die Geschichte dekonstruiert und non-linear vermittelt wird. Der Besucher wird mit höhen Anforderungen konfrontiert. Die Bereitschaft zum Erschließen, zum Sich Einlassen und Verarbeiten ist größer als im Kino. Dort werden Umgebungseinflüsse reduziert, Dunkelheit, Surround Tontechnologie, Steuerung der Blickrichtung auf eine überdimensionale Leinwand, Bewegungseinschränkung durch Sitzen: all das führt zu größerer Konzentration auf das Narrative Geschehen. Geschichten werden schneller entschlüsselt, Interferenzen werden stärker verhindert. Im Event Medialen Raum steht der Besucher vor der freien Wahl. Geht er schnell oder langsam, unterhält er sich oder nicht, betrachtet er, berührt er Dinge, probiert er etwas aus? Steuert er durch die Räume wie durch einen Bahnhof, bleibt er stehen und hört, sieht, beobachtet und erschießt er die medialen Informationen? Der Besucher lenkt sich und sein Erlebnis. Alle Raumelemente werden mit den Möglichkeiten des Handelns abgestimmt.
Wie wird der Film gestalterisch in den Raum eingeflochten? Die Bilder sind der Größe des Ausgabemediums angepasst. Rückpro, Aufpro, Durch-Projektionen, Leinwände aus Gaze oder PVC, Bildträger, Bewegung oder Standbild, Bildschirme, LED Wände und deren Auflösung, Lichteinfall durch andere Medien, vorgebaute Installationen wie halbtransparente Spiegelfolien oder Diffudierungen durch Plexiglas oder andere Materialien fordern mehr Helligkeit, Dunkelheit, Saturation, Kontraste oder andere Farbgebung. Der Standpunkt des Betrachters ändert sich und damit der Hot Spot. Die Technik ändert nicht nur die gestalterische Qualität sondern auch die inhaltliche. Jede Technik kommuniziert als Element. Ist es ein warm oder kühl anmutendes Material? Bekannt oder fremd, alt oder neuwertig?
Teile der Installation und der Kurzgeschichte Schatten werden auf überdimensionierten Stelen erzählt. Die Größe der Bilder, die Kadrage und die Platzierung wird genau auf die zu erzielende Wirkung abgestimmt: andere Ausschnitte, andere Zeiten, andere Effekte, andere Kontraste und Farbe, anderes Placement, andere Montage. Teilweise wurden sogar spezielle Filmszenen nur für den Eventmedialen Raum aufgenommen.
Im Film „Schatten“ geht es um Erik, der in einer Notrufleitstelle arbeitet. Eines Nachts verschuldet er versehentlich den Tod eines Kleinkindes. Er lässt sich von einer Handynachricht seiner schwangeren Frau ablenken während er gerade einen Notruf bearbeitet.
Infolgedessen schickt er den Krankenwagen zur falschen Adresse, woraufhin das Kleinkind verstirbt. Die Schuld, die Erik fühlt, beginnt ihn zu verschlingen. Er droht daran zu zerbrechen.
Diese Geschichte zu vermitteln, ist eine Sache, aber das ist nicht alles. Natürlich ist es nicht alles. Wenn ein Erlebnis geschaffen wird, dann muss der Besucher muss eingebunden werden. Er muss aktiv werden, er muss erkennen, dass er es ist, er allein, der die Geschichte wieder zusammen bringt. Das kann im Kopf geschehen, aber es kann mit Hilfe von Interaktion stattfinden. Die Kopfkinos erfüllen diese Anforderung. Nicht nur wird durch die Formsprache der Medien an und für sich Bedeutung vermittelt, sondern auch durch das Besucher Handeln. Er tritt in das Kopfkino hinein, bückt sich und überwendet gleichzeitig eine kleine Stufe. Das ist anstrengend. Er steht allein in dem Inneren des Kubus.
Dort setzt er den Kopfhörer auf und auf einem curved Display wird in der subjektiven filmischen Einstellung das markante Erlebnis erzählt. Durch die Subjektive ist der Besucher der Hauptdarsteller. Im Kopfhörer ist ein Infrarot Sensor eingebaut. Mit der Drehung des Kopfes werden bestimmte Bildbereiche sichtbar, klar erkennbar, der Rest des Bildes verschwimmt. Der Betrachter sieht und erlebt den Tunnelblick des Hauptdarstellers im Film. Und das curved Display hilft bei dem bildlichen Umschließen des Menschen. Im hinteren Bereich starrt der Hauptdarsteller des Films auf den Hinterkopf des Besuchers. Es ist eine beengte Situation, so beengt wie die Erzählte im Film. Wenn der filmische Klimax erreicht ist, wenn dem Hauptdarsteller des Film den Boden unter den Füssen entzogen wird, dann erleuchtet das Podest auf dem der Besucher steht. Es ist ein endless Mirror. Der Boden bricht weg. Die formale Gestaltung der Installation selbst drückt die erzählten Inhalte aus.
Wir könnten jetzt noch unendlich lange über die Installation sprechen, über die Hürden im Bühnenbau, oder überhaupt eine so große professionelle Installation zu finanzieren. Über Beschaffungsschwierigkeiten zu den Technologien, logistische Herausforderungen, Ab- und an Transport der Technologien, über Versicherungen, über Sicherheit, über Lichtstimmung, über Tonstimmung, über die Projektionen, aber das wird in Folgebeiträgen behandelt. Es geht erst einmal um eine Bewusstwerdung der Differenzen über filmische Narrative und Event Medialer Narrative.