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Rogier van der Heide -VP und Chief Design Officer von Philips Lighting


Rogier van der Heide: Vice President und Chief Design Officer von Phillips Lightning. Sein Metier ist das Licht. Aber nicht nur das. Das wäre einseitig. Wer an die Helligkeit denkt, der beachtet die Dunkelheit ebenso. Wer das Licht gestaltet, weiss dass Spannung und Fokus im Zusammenspiel mit dem Hellen und Dunklen, mit dem Direkten und Indirekten, mit dem Satuierten und Ausgewaschenen, Diffusen, mit dem warmen und kalten Licht entsteht.

Zum TED Talk.
Rogier van der Heide ist in seiner Funktion als Chief Design Officer bei Philipps Lightning in einer aussergewöhnlichen Position. Bis dahin kenne ich kein grosses Unternehmen das überhaupt die Position des Chief Design Officers kennt, denn die Chefs sind eher die Chief Technical Officers, Chief Executive Officers, Chief Financial Officers, aber selten die der Gestalt- und Formfindung von Licht. Allein schon deshalb sollte man sich sein Werk anschauen. Hier bei TED in Amsterdam spricht er über die Besonderheit und Notwendigkeit Licht und Dunkelheit herzustellen. Er ist ein geübter Sprecher. Seine Lässigkeit, Souveränität verbunden mit einer charmanten Bescheidenheit zieht den Zuhörer in den Bann. Ich habe ihn auf dem Szenografie Festival in Stuttgart im November 2012 gehört. Dort standen ihm 45 Minuten Redezeit zur Verfügung. Eine schier unglaublich lange Zeit, die es zu füllen gilt. Bei seinem Vortrag gab keine Minute Langeweile oder Ermüdung.

Roger van der Heide arbeitet mit Architekten und Gestaltern oder Visionären zusammen. Grosse Namen hört man da: Renzo Piano, Ben van Berkel, Rem Koolhaas, Zaha Hadid, Michael Graves, Cesar Pelli, Rob Krier.

Hier stelle ich eine Medienfassade vor, die sich mit Bestandarchitektur verbindet. Wer das Gebäude heute sieht, kann sich beim besten Willen die ursprüngliche Architektur nicht vorstellen. Eine karge, sehr in die Jahre gekommene 70iger Jahre Fassade, wie wir sie gerne in Deutschen Kleinstädten bei Gebäuden wie Hertie, Woolworth oder Kaufhof kennen. Nichts für eine Luxus Einkaufsmeile. Dort in Seoul, der Galleria West jedoch lag genau dieser Fall vor. Rogier van der Heide erklärte dass die Besucherzahlen zur Verwunderung der Betreiber nach unten gingen, keiner wollte in die Luxus Geschäfte wie Louis Vuitton oder andere Top Designer gehen und dort Unmengen von Geld für Kleidung, Taschen, Schuhe oder andere Luxusgegenstände lassen. Sagte, seine Verwunderung begründete sich auf die Unkenntnis des Gebäudes, das er später erst zu Gesicht bekam. Dann jedoch wurde einiges klar. Auch ihm, denn er sagte von sich selbst, dass er nicht viel mit Luxusmarken zutun hat. Gucci, Dior, Louis Vuitton, Prada und wie sie alle heissen, sind zwar Begriffe, aber frei von Bedeutung für ihn.



Mit Blick auf das Gebäude jedoch erklärte sich vieles: eben Woolworth, Kaufhof oder Hertie. Es ging darum die Fassade zu wandeln, das Gebäude zu wandeln, das Image zu wandeln. Vielleicht sogar ein Landmark herzustellen. Rogier van der Heide entwickelte zusammen mit den Architekten des UN Studios eine zweite Haut aus gefrosteten Glaskreisen. Tagsüber schimmern sie Perlmuttfarben, abends lassen sich die fast 5000 Glasscheiben mit einzelnen jedem Modul zugeordneten LED’s erleuchten. Daraus entsteht eine Farbenpracht, die ansteuerbar und bespielbar ist. Nur die Kante des Louis Vuitton Stores wurde aus geschlossen, da das Corporate Design dieser Luxusmarke ein bestimmtes und festgelegtes, nicht erweiterbares Design vorgibt. Schwarz weiss, Purität und äusserste Zurückhaltung. Der Kontrast, der durch die opulente Farb- und Lichtwelt mit dem Einschnitt des Louis Vuitton Stores erhöht die Attraktivität.

Das Steuerungsmodul umfasst 15.000 DMX Kanäle und ist wohl eines der elaboriertesten heutzutage. Der erzielte Effekt überstrahlt die Möglichkeiten einer Lichtprojektion bei weitem. Hier ist etwas Neues entstanden. Und tatsächlich, dieses vorher so unbeschreiblich langweilige Gebäude ist zu einer Attraktion geworden. Leute lassen sich davor fotografieren. Man staunt über die langsamen, subtilen Farbwechsel, die Bewegung an sich und macht Videos zum Andenken. Eingekauft wird auch wieder. Dass eine bespielbare Fassade auch für schnöde Werbung verwendet wird, kann auch ein Rogier van der Heide nicht verhindern. Aber so sieht sie gross, bunt und lebendig aus. Und wenn die tatsächliche Qualität der Fassade ausgeschöpft wird, sieht alles ein Kunstwerk aus.

Photos: Christian Richters und Rogier van der Heide
Architekten: UNStudio
Media Fassaden Konzept: UNStudio und Rogier van der Heide
Lighting Design: Rogier van der Heide
Arup Project Team: Rogier van der Heide, Simone Collon, Bob van der Klaauw
Product design: Rogier van der Heide und Tommy Voeten
Lighting control software: Rogier van der Heide

Prof. Dr. Raulff: Deutsches Literaturarchiv Marbach: 13. Szenografie Kolloquium in der DASA, 2013, Dortmund


Literatur ausstellen. Wie das? Sollen wir uns Bücher in Vitrinen anschauen, vielleicht dazugelegte Skizzen und Notizen, angereichert mit dem originalen Schreibutensil? Und daneben lesen wir dann die Geschichte des Schriftstellers. Das bedeutet der Museumsbesuch dauert Tage. So viel lesen nimmt Zeit in Anspruch. Auch Mühe und Ruhe, schlafen zwischen durch, essen und trinken auch.

Wie ist das mit der Literatur. Gedanken lassen sich kaum halten. Das Vergängliche, der spontane Einfall, wie soll das ausgestellt werden? Eine Ausstellung, so Prof. Dr. Raulff, muss nicht Essay sein, braucht keine Bibliographie, ist nicht nur ein Beitrag oder ein chronologischer Zeitstrahl mit wichtigen Merkmomenten. Kann es natürlich muss es aber nicht. Es ist aber eine Frage wert: wie stelle ich Literatur aus und mache es zu einem Besuch, der nicht vorrangig durch Langeweile oder elterliche Zwangsbildungsmaßnahme gekennzeichnet wird?


Meine Mitschrift. Ich wurde von Vortrag zu Vortrag geübter. ©Ursula Drees
Dr. Raulff, ein Sprecher mit einem erlesenen Wortschatz, er verwendete Worte wie „occopure“ (von Besetzung abgeleitet? „Occupy“ oder vom italienischen „Occupare“ als „etwas in Besitz nehmen“?) oder , „ephimär“(ebenerdig) oder „ephemer“ (eintägig, vergänglich), „obsolet“ (überholt, veraltet, ungebräuchlich, überflüssig geworden), Cassiber (geheime und versteckte Nachricht) und viele Andere ohne mit der Wimper zu zucken, ist ein gewandter Vortragender.

Er stellte verschiedene Sonderausstellungsprojekte vor, die allesamt mit der Ausstellungsgestaltung  die Aussage des Objekts unterstützten und eine Eindeutigkeit der Bedeutung schafften. Robert Gernhardt zum Beispiel – ein Multitalent. Er war Maler, Zeichner, Karikaturist und Schriftsteller. Wer kennt nicht seine Karikaturen? Ein massives Werk und schnell kann es bei der musealen Präsentation einer solchen Fülle auch zu Überfüllung und -information kommen. Auch fragen wir uns wie die unterschiedlichen Werkanteile vernünftig gezeigt werden können? Karikaturen, Poesie, Gedichte, Essays?


Robert Gernhardt: Vom Männlein. In: Zeit-Magazin Nr. 50/1985 vom 6.12.1985, S. 4. DVA: F 4867
© Robert Gernhardt. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Almut Gehebe-Gernhardt.

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Dr. Raulff erzählte, Robert Gernhardt hat stets auf Brunnenheften gearbeitet, anfangs umfassten die Hefte nur 32 Seiten, später dann schon 64 Seiten. Überall skizzierte, zeichnete, notierte er Gedanken und Einfälle. Sie waren sein Archiv. Eine weitere Gewohnheit zeichnet ihn aus; er verwendete nur eine Stiftart, nämlich die gelben BIC Kugelschreiber. Daraus entstand dann das Konzept für die Ausstellung. Eine Invasion von gelben BIC Schreibern zog sich unter der Decke entlang und darunter wurden in Kreise angeordnet, Plexiglasscheiben, durch Stahlseile von Decke und Boden in Spannung gehalten, ausgesuchte Doppelseiten der Hefte gezeigt. Die Menge wurde reduziert und damit stichprobenhaft und exemplarisch der Zugang zum Werk geschaffen.



Eine Fotografie von der Präsentation vor Ort. Im unteren Bildrand sehen wir Dr. Raulff und eine Impression zur Robert Gernhardt Ausstellung. ©Ursula Drees

Man sieht wie genau mit Menge, Objekten, räumlicher Aufteilung, der Architektur und Lichtsetzung umgegangen wurde. Wer das Bild sieht, versteht auch, dass Literatur in einer solchen Präsentation sich plötzlich auch dem weniger Kultur beflissenen Leser und Bildungsbürger erschliessen kann. Und zu diesen Leuten zähle ich mich auch.

Immer wieder lande ich in Museen, die  ihre Exponate präsentieren, als wären es Pausenbutterbrote, meist mit bedruckter Wand im Hintergrund, mit Zeitstrahl und Fotografien, sogar auch Beschriftung, im Vordergrund hängend eine Vielzahl von gleichartigen Objekten, die allesamt mächtig alt und herausragend sind und liegend, wahlweise stehend, auf dem Vitrinenboden noch weitere Besonderheiten ausgelegt sind. Das Lager wird zum Depot, zum Ausstellungsraum, zur Überfüllung und umgekehrt.

Im Jahr 2012 habe ich auf Kreta ein ethnologisches Museum, dass im Reiseführer als gelungen angepriesen wurde und sogar einen Preis für Gestaltung erhielt, besucht. Guten Mutes und denkend: „So können sogar alte Tonschüsseln, Geldscheine, Webstühle und Kupferkessel erträglich werden“. Es war langweilig. Mehr noch , dräuende Müdigkeit machte sich breit, Durst kam oben drauf.  Zum Glück gab es kleine Babykatzen in einer Nische ausserhalb des Museums. Das rette mich. Was geht schon über Leben?

Die Bilder der Präsentation der Gernhardtsschen Arbeiten lassen mein Herz schlagen. So kann ich mich einer Sache nähern ohne Furcht vor zu viel Masse zu verspüren. Da will ich lesen und hinschauen.


Eine meiner Mitschriften. ©Ursula Drees

Anschliessend stellte er eine weitere Sonderausstellung vor. Eine, die ganz und gar ohne Objekte oder Gegenstände auskommen musste, es ging um Schicksal. Vorstellungen und Gedanken, glauben wir immer noch an die 13 als Unglückszahl oder sind wirklich alle guten Dinge 3? Es war kein geschlossenes Werk, eher ein Sammelsurium. Eine Kombination aus vielen unterschiedlichen Dingen und Sachen. So wurden kreisrunde Podeste gestaltet, an den Seiten befanden sich Einkerbungen, der Besucher schaute hindurch und konnte etwas erkennen. Hier wird verdeckt und unsichtbar gemacht. Der Kontext, der Tenor des Auszustellenden wird erfasst. Denn wer kann Schicksal greifen, wer erkennt Schicksal auf dem ersten Blick? Schicksal offenbart sich und so wurde auch in dieser Ausstellung vorgegangen.

Das Leitmotiv des Deutschen Literaturarchivs in Marbach ist durch 3 grosse Gedanken markiert.
1. Die Objektart wird untersucht. Man will ihr gerecht werden und wenn sie zu Leitobjekten taugen, dann werden sie als solche behandelt.
2. Die Objektsprache soll durch Purismus gekennzeichnet sein.
3. Werkgenesen oder Autorenbiografien gilt es aufzubrechen. Keine Sprödheit in der Literatur.
Sehen ist etwas anderes als Lesen. Dies wurde vermittelt.

Was mir an dieser Präsentation gefiel, war die Intelligenz der Aufarbeitungen. Hier sind Menschen am Werk, die Literatur verstehen. Die begreifen, dass Gedanken, Visionen, Vorgehensweise und Versuche ein wesentlicher Bestandteil eines schöpferischen Prozesses sind und die Literatur davon lebt. Denn Verschriftlichtes wird auf dem Papier und oft in Buchform gezeigt. Da haben Aussteller keine Aufsehen erregende Skulpturen, Bilder, Installationen, Töne und Lichter. Eine weitaus schwierigere Aufgabe. Ich werde das Museum in Marbach besuchen.

Und zu guter Letzt noch ein filmisches Dokument „vomdunkelanslicht“ zum Deutschen Literatur Archiv in Marbach vom 20. April 2012. Es ist die Kurzfassung eines Films von Dieter Zimmermann zur Eröffnung des Literaturmuseums der Moderne am 6. Juni 2006. Er entstand in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Literaturarchiv Marbach. Mit Peter Rühmkorf, den Fantastichen Vier, Marco Goecke und dem Stuttgarter Ballett, Timo Brunke, David Chipperfield, Alexander Schwarz, Timon Birkhofer, Barbara Stoll und Musik von Patrick Bebelaar und Marie Luise.

 

von Ursula Drees

Prof. Dr. Hahn, Erlebnislandschaften: 13. Szenografie Kolloquium in der DASA, 2013, Dortmund


Prof. Dr. Hahn auf dem Podium beim 13. Szenografie Kolloquiums in der DASA 2013. Fotografie von U. Drees

Prof. Dr. Achim Hahn von der Technischen Universität Dresden, Institut für Baugeschichte, Architekturtheorie und Denkmalpflege spricht über Erlebnisräume. Was bedeutet Erlebnisraum? Ist es ein Ort des Erlebens, wo ERLEBEN gemacht, hergestellt, produziert wird. Gibt es das Produkt Erlebnis? Können wir Erleben gestalten, verkaufen, garantieren und vermarkten? Wenn es geplantes Erleben gibt, dann muss es auch ein Forum dafür geben. Und stellt sich die Frage nach der Erlebnisgesellschaft. Er fragt nach der Beschaffenheit der Erlebnisgesellschaft und nach der Qualität des Erlebens in diesen gestimmten Räumen, Environments, Architekturen, Landschaften. Was bedeutet Erleben? Ist es eine Kompetenz des Körpers, des Leiblichen? Wie kann Erleben gemessen werden? Kann es überhaupt gemessen werden? Gibt es vergleichbare, verlässliche, zeitunabhängige Parameter dafür.  Jeder Mensch erlebt anders. Gemäss seiner Herkunft, Sozialisation, Bildung, Überzeugungen, Vorlieben und Begabungen. Wie soll Erleben gemessen werden?


Screenshots von Prof. Dr. Hahn’s Präsentation beim 13. Szenografie Kolloquiums in der DASA 2013. Man sieht eine Karte zur Orientierung im Freizeitpark Belantis bei Leipzig. Fotografie von U. Drees

Und mit dieser Erkenntnis dass Erleben als Prozess oder Ereignis oder Ergebnis kaum messbar ist, bleibt festzustellen, dass es eine Erlebniskultur zwar gibt, sie in aller Munde ist, aber das Erleben für diese Gesellschaft kaum fassbar ist. Wir kaufen Erlebnisse als Geschenk, wie Fallschirmspringen, Abenteuerurlaube, Detektivabendessen und gehen in Erlebnisparks, Erlebnisferien, Erlebnisausstellungen. Daher stellt sich die Frage, ob äussere Umstande so funktionalisiert werden können, dass ein inneres Beleben also Erleben statt findet?


Screenshots von Prof. Dr. Hahn’s Präsentation beim 13. Szenografie Kolloquiums in der DASA 2013. Ein kleines mittelalterliches Dorf, wobei die Fassaden Attrappen sind und die Rückseite nicht für die Augen der Besucher gestaltet wurden im Freizeitpark Belantis bei Leipzig. F

otografie von U. Drees
Beim Erleben geht es also um das Innere. Das Innen gibt eine Orientierung vor. Dort findet etwas wie Bereitwilligkeit zum Erleben statt. Es ist die Orientierung des Inneren die den Menschen veranlasst, Gefühlsäusserung wie z.B. „Das finde ich toll“, „Das ist so schön weit“ oder „Die Enge war so wie Zu Hause, das erinnert mich an Wärme und Geborgenheit.“ zu äussern. Erleben will nicht nur gewollt werden, Erleben bezieht sich auf Etwas in vielen Fällen bereits Vergangenes.

Ist das gewollte Erleben das zentrale Lebensziel der Erlebnisgesellschaft? Im Gegensatz zu vorgehenden Generationen haben sich die Lebensziele von z.B. Vorstellungen über einen Teil eines starken Staates zu sein, oder Autoritätsliebe oder Selbstdisziplin oder Anreicherung von Besitz dem persönlichen Erlebnis zugewendet. Die Frage nach Glück, nach Selbstverwirklichung rückt als zentrales Thema in das Bewusstsein. Freiheit, Selbstbestimmung und Individualität sind die heutigen Werte und der Motor zum Handeln und zum Konstruieren des Lebens.

Meine Mitschrift zum Vortrag. Theoretische Auseinandersetzungen zu erfassen bedeutet wichtige Stichpunkte mitschreiben. Sonst gewinnt das Vergessen.  Je mehr Information, desto weniger Zeichnung. Meine Mitschriften werden sich ändern. Die letzten Beiträge sind dann bereits Landkarten. 

Wie entsteht Erleben. Erleben hat mit Gefühlen zu tun. Gefühle werden an konkrete Bewegungen und Räume gebunden. Man hört ein Musikstück aus der Jugend und erinnert das Gefühl und die Erfahrung, vielleicht Liebeskummer oder -glück. Der Geruch eines Neuwagens erinnert an das erste eigene Auto und die gewonnene Erfahrung von Freiheit. Erleben ist an Erinnerungen von etwas speziellen gebunden. An Räume und diese sind leiblich zu spüren: Wohlbefinden oder das Gegenteil, Furcht Beklemmung, Freude und Heiterkeit. Kommt ein Mensch in einen Raum, der diese bestimmte Beschaffenheit aufweist, dann wird neben der Erinnerung auch das Gefühl eines Erlebens also einer inneren Beteiligung ausgelöst. Man spricht von Atmosphäre.

Wenn der Mensch auf das Erleben konzentriert ist, wie kommt er dann dazu? Muss Erleben geplant werden? Kommt es in der Erlebnisgesellschaft zu einem Vorgriff der Erlebnistauglichkeit von Leben. Werden Konstruktionen zu Erlebnistauglichkeit entwickelt? Erlebnisparks, Erlebnisgelände, Erlebnisräume? Dr. Hahn dazu: „Werden Erlebnisse, Atmosphären und Stimmungen als Dinge und Objekte begriffen? Erleben besagt zuerst: noch am leben sein, wenn etwas geschieht. Und das Erlebte kann einer nur selbst erleben. Niemand kann uns darin vertreten, Erleben setzt also Anwesenheit voraus. Aber Dabei-Sein ist nur die notwenige Voraussetzung für ein Erlebnis. Es ist nicht hinreichend. Denn nicht jedes Dabei-Sein wird zu einem Erlebnis. Erst die erschließende Leistung eines Erlebnisses hebt dieses von allem sonstigen Erleben ab. Wie dieses Leisten möglich ist und welches Potential dabei sogenannte Erlebnislandschaften bieten sollte kritisch unter die Lupe genommen werden.“

Mit dieser Frage im Gepäck hat das Team von Dr. Hahn zwei Erlebnisparks, den Erlebnispark Belantis bei Leipzig und Kulturinsel Einsiedel ein Abenteuerfreizeitpark in der Nähe von Görlitz genauer betrachtet. Die landschaftliche Architektur wurde nach baulichen und architektonischen Gesichtspunkten, nach ästhetischen, nach aktiver Einbindung, der Ruhe, der Anteilhabe und Aktion untersucht.

Das Tal der Pharaonen in Erlebnispark Belantis in der Nähe von Leipzig. Eine Wildwasserfahrt durch eine 34 Meter hohe Pyramide führt  in einen künstlichen Teich. © Belantis Website
Belantis besteht aus verschiedenen Themenwelten und erinnert im Aufbau und der Präsentation an Disney World. Es gibt das Schloss Belantis, das Tal der Pharaonen, den Strand der Götter, das Land der Grafen, die Insel der Ritter, die Küste der Entdecker, die Prärie der Indianer und das Reich der Sonnentempel. Rutschen mit und ohne Wasser, Achterbahnen, Karusselle, Springburgen und Rennbahnen. Ein grosses Spektrum an Freizeitgestaltungsmöglichkeiten und Erlebnisangeboten wird gemacht. Dieser Park ist gross und gut ausgeschildert, es gibt Cafes, Shoppingmöglichkeiten und Karten zur Orientierung.

Poseidons Flotte aus dem Erlebnisbereich Strand der Götter © Belantis Website

Götterflug, Die neue Generation der Fahrattraktionen macht`s möglich: Du selbst entscheidest, wie rasant Dein Flug wird! © Belantis Website
Die Kulturinsel Einsiedel ist im Besitz von Jürgen Bergmann, der selbst seit ca. 30 Jahren auf einem Waldbauernhof lebt. Am 1. Juli 1990 wurde sie ins Leben gerufen und im Laufe der Jahre um die umliegenden Grundstücke erweitert. In den folgenden Jahren wurde die Kulturinsel ständig erweitert. Hier findet man einen verspielten Abenteuerspielplatz vor. Etwas uneinsichtig, es gibt Baumhäuser und Höhlen zum Erkunden, langsam durch die Jahre gewachsen. Aufführungen, Theater, Musikveranstaltungen finden dort auch statt.


Beide Bilder Kulturinsel Einsiedel in Zentendorf (Deutschland) © Mike Krüger
Zwei unterschiedliche Orte mit den gleichen Ziel: Erlebnisorte zu sein.

Nach der Bestandsaufnahme wurden Besucher nach ihren Erlebnissen befragt. Nicht direkt nach dem Verlassen des Parks sondern nach einigen Tagen und mit ihrer Zustimmung. Es wurden Geschichten von Vergangenheit mit den Eindrücken des Parks verbunden.  Es ging immer um ein Mensch – Welt – Erleben in Kombination mit der eigenen Geschichte und des eigenen Wissens. Daraus konstruierte sich ein Erlebnis. Demnach können Erlebnislandschaften mit biografischen Erleben abgestimmt sein. Die räumlichen Erlebnislandschaften müssen an die früheren Erfahrungen anknüpfen.  Der eine erinnert sich an Spiel in Wäldern und Baumhütten, die anderen an den kleinen Hobbit, wieder andere an Walt Disneyartige Szenerien. Und so weiter…

Assoziationen, Erinnerungen, Stimmungen werden abgerufen und zu einem neuen Erleben und einem neuen Erlebnis werden. Der Raum ist eine Art Marker, ein Grenzstein für das Erleben. Eine automatisierte Erinnerung und Neukonstruktion eines Erlebens ist nicht garantiert. Ursache und Wirkung sind nicht fest umrissen und können nicht wie ein Regelwerk eingesetzt werden. Was aber immer vorhanden sein muss ist ein Mensch, der mit Offenheit und Wachheit durch den Raum geht und der Erlebnismöglichkeit entgegen steuert. Atmosphäre jedoch wird nicht als relativ wahrgenommen.

Diese Erkenntnisse sind nicht neu. Nach dem Vortrag unterhielt ich mich mit Prof. Oliver Langbein und wir waren uns nicht ganz schlüssig, was wir denken und was wir mit dem Wissen anfangen sollten.  Es entsprach unserer Vermutung. Und wir fühlten uns bestätigt, aber nicht erstaunt.  Wunderten uns und fragten uns, ob das ganze Unternehmen überhaupt Sinn macht, wenn wir doch schon wussten, dass es so ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach wenigstens. Ich habe dann nachgedacht. Und jetzt weiss ich, was mich an diesem Vortrag beeindruckte. Die Tatsache nämlich, dass ein Versuch zur wissenschaftlichen Nachweisbarkeit angegangen wurde einerseits und auch die Lösung, die jetzt vielleicht nicht mehr nur Vermutung oder Menschenkenntnis ist. Das ist ein Sieg der Wissenschaft.

13. Szenografie Kolloquium in der DASA, 2013: Wo und Was?

In der Dasa Arbeitswelt Ausstellung in Dortmund fand vom 23. bis 25. Januar 2013 das 13. Kolloquium für Szenografie statt. Der Titel: Aussichten – zur Öffnung des Unverhofften.


Eröffnungsworte von Dr. Gerhard Kilger
Dr. Gerhard Kilger in seiner Funktion als Direktor des Museums auch verantwortlich für das Festival fokussierte das Fachpublikum auf innovative Museumskonzepte durch gestalterische Vermittlungsarbeit-en. Es wird die Frage gestellt, wie sich das Staunen der Menschen in Ausstellungen oder Museen manifestiert, wodurch das Staunen erzeugt wird oder warum überhaupt gestaunt wird. Ist es Überraschung, Erinnerung, Offenheit, Bildungshunger, Langeweile was uns zum Staunen bringt? Bleiben wir ein bisschen bei der Überraschung. Diese Gefühlslage wollen wir als Ausdruck hoher Wertschaetzung und als Initialzündung zur Aufnahmewilligkeit neuer Inhalte ansehen. Welchen Anteil hat Neugierde, welchen Lernerfekt hat das Experimentieren und wie bewältigt ein Ausstellungsbereich den Anspruch und Wunsch der Besucher unterhaltsam, lehrreich, eindrücklich zu sein, damit es einen inneren Wiederhall gibt und ein Erlebnis entsteht?

Blick von der Publikumsseite auf die Bühne in der Stahlhalle

Die Referenten der unterschiedlichsten Museen erzählen von ihren Erfahrungen, Erfolgen und Rückschlägen. Und immer versuchen sie differenzierte Strategien fuer die Darstellung von Objekten, von immateriellen Zustaenden, von tabuisierten Themen, von Forschung und Wissenschaft, Kultur und Menschsein zu erläutern. Literaturmuseen stellen ihre Sammlungen und Artefakte anders vor als die Biologie, Physik, Medizin, Kulturgeschichte, Malerei alter und neuer Künstler usw. Wie können Inhalte adäquat bereit gestellt werden?



Blick in das Konferenzszenario. Die Stahlhalle mit blau angestrahlten Stahlobjekten.
Ansätze von Szenografen der klassischen Gattungen wie Theater, Oper und Bühnenaufführung werden ausgeführt, aber auch von Jenen, die kurzfristige Interventionen im urbanen öffentlichen Raum initiieren, den Guierrillia Szenografen oder von Agenturen der Szenografie für markantile Kulturpräsentationen wie EXPOS oder Roadshows.

Schneckeninvasion. Eine urbane Intervention der Szenografie Masterklasse von Prof. Oliver Langbein.

Eine Theologin erläutert den Anspekt des Unverhofften in der Sakralarchitektur der Gotik und Romanik, ein Oberst der Bundeswehr zeigt Konzepte und Ideen im Dresdner Museum für Militärische Geschichte auf. Von Konzepten und Überlegungen über Best Practise Case Studies zur wissenschaftlichen Studie und zur Erforschung des menschlichen Verhaltens.


Mittig, die zweite von rechts, mit der dunklen Brille sitzt Lea Mirbach im Publikum. Sie ist die Gründerin und Betreiberin des blogs: szenografans.wordpress.com. Eine Institution, die wächst, gewinnt und zu einer Quelle von gebündelten Szenografie Wissen wird.

Ich werde in den nächsten Beiträgen die bewegenden Gedanken und Vorträge darlegen. Das kann zu einem Verriss aber auch zur Lobeshymne führern. Alles in allem empfehle ich dieses Kolloquium für die, die intellektuelle Mischung und Wissenschaft mit Beispielen aus den Szene schätzen.

Experis – Enter the Human Age von POSTPANIC


Eine 3D Videomapping Installation Projektion auf die Amsterdamer Westerglasfabriiek am 1. April 2012. Was hier gezeigt ist, ist Werbung. Werbung auf einem besonders hohem und auch künstlerischen Niveau für eine Arbeitsvermittlungsgruppe mit dem Namen Experis. Die haben sich den Eintritt in die Wirtschaft etwas kosten lassen. Es wurde das Kreativ Studio POSTPANIC beauftragt die ziemlich beeindruckende Fassade, ein Stahl-Glas Zylindertank aus dem Jahr 1902, mit der Höhe von 40 Metern zu bespielen. 4 Minuten mit dem Titel ‘The Human Age’.

Experis – Enter the Human Age from PostPanic on Vimeo.



PostPanic zeigen ihr zweites Projektions Mapping Projekt. Das erste 3D Projektion Mapping fand in Dubai für Ariel, Waschmaschinen Pulver statt. Die trauen sich was.


Jules Tervoort in seiner Position als Executive Producer bei PostPanic kommentiert: „This was a great project for us because Experis ultimately gave us the freedom to achieve something highly ambitious – an abstract and graphic interpretation as a journey through their story of ‘The Human Age“.
In der Tat, kann ich nur sagen, nicht nur das, sondern obendrauf gab es noch das überaus anspruchsvolle und attraktive Gebäude, und vom Geld wollen wir nicht mal reden. Massive Music hat den Soundtrack komponiert, schön abgestimmt und mit genügend Drama auf die Bildwelten.




Client: Experis
Concept & Production: PostPanic
Director: Eat My Dear (Patrick Sturm, Markus Hornof)
Executive Producer: Jules Tervoort
Audio Composer: Guy Amitai @ Massive Music
Audio Producer: Lodewijk Pottker @ Massive Music
Technical Supervision: 4AV
Animators/Designers: Anton Woll Söder, Michael Olea, Benjamin Philippovich,
Beate Höller, Doma Harkai, Markus Hornof and Patrick Sturm