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Category Archives: Wissenschaft

ZKM New Sensorium: Kohei Nawa, “ Force“, 2015

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Wer in die Ausstellung Globale will, durchquert eine  andere mit dem Titel „New Sensorium“ im Erdgeschoss. Die Hallen des ZKM sind verdunkelt, dunkler als erwartet. Zum Teil betreten wir so spärlich beleuchtete Räume, dass das Auge erst mal eine Eingewöhnungszeit braucht um überhaupt etwas zu sehen. Aber bei dem Kunstwerk von Kohei Nawa (JP) ist das nicht der Fall. Mitten der Haupthalle scheinbar mittelachsial, symmetrisch inszeniert steht sie da.

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Die Installation kann in diesen Hallen atmen. Hier steht nicht noch ein kleines Werklein an der rechten oder linken Seite. Die Installation atmet Ruhe, Kontemplation, Zen. Licht auf Schwarz und Weiss. Aus der Decke ziehen Fäden in den Boden, so zumindest glaubt der Betrachter anfangs. Es sind keine Fäden, es ist eine Flüssigkeit, schwarz, aus Silikonöl, schwerfällig, zäh, träge. Die physikalische Phänomene der Schwerkraft mit der Wirkung der Gravitation werden demonstriert.

Diese Flüssigkeit strömt aus der Decke, aus organisch geformten Lächern und tritt am Boden auf ein Silikonölbecken. Die Flüssigkeit beugt die Oberfläche. Lautlos geschieht das alles. ES riecht nicht. Es ist ein Moment des Verweilen. Zeit und Raum schmelzen zusammen.

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Dandelion Mirror von Scottie Chih-Chieh Huang, 2015

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Es ist eine Interaktive Installation. Ein Algorithmus steuert die Entwicklung des Wachstums, der LED Bildschirm bildet ab. Ein Webcam und ein Halbreflektierende Spiegel sind für das Scheuen und geschaut werden zuständig. Alles in ein System eingebettet ergibt „Dandelion Mirror“

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Wer vor den Spiegel steht, muss nur stehen. Keine weitere Aktion ist erforderlich. Der Biosensor nimmt den Gesichtsausdruck des Betrachters auf, analysiert die mimische Aussage und bildet diese Stimmen metaphorisch als Löwenzahlnblüte ab. Mal ist sie geschlossen, mal weit geöffnet. Je nach Gemütszustand. Der halb reflektierende Spiegel reflektiert den Betrachter er ist aber gleichzeitig auch Projektionsfläche der Installation. Der komplexe fraktale und rekursive Algorithmus errechnet den wachsenden Zustand der Blume.

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Davor halten wir uns ein wenig auf. Mal ist das Gesicht verkniffen, mal weit durch ein Lächeln aufgerissen. Können denn auch kleinere Gefühlsregungen abgebildet werden? Oder muss der Betrachter gehörig übertreiben. Es wird ausprobiert. Zum Schluss kommt heraus: es muss schon umeiniges übertreiben werden. Denn sonst bekommen wir die Knape, ganz verschlossen nicht hin. Auch nicht die reife Erblühen brauchordentlich Mitwirkung.

Gesehen im ZKM, Karlsruhe.

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„Portrait of a Fly“ von Laurent Mignonneau & Christa Sommerer, 2015

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Diese interaktive Installation steht fast unauffällig im Trubel der Ausstellung „Globale“ in ZKM, Karlsruhe. So unauffällig dass sie übersehen wird.  Fast. Laurent Mignonneau & Christa Simmerer haben kleine Insekten modeliert. Sie reihen agieren als Schwarm und formen das Gesicht des vor dem Bildschirm stehenden Besuchers. Hintergrund inklusive. Das geschieht in real time.

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Die Insekten erkennen die Gesichtszüge des Besuchers und reproduzieren durch ihr arrangement ein Insektenabbild. Das ist erkennbar, wenn nur lange genug starr verweilt wird. Die Insekten lassen sich aber schnell aus der Fasson bringen. Wenn jemand hinter einem herumspaziert reihen sie sich dieser Bewegung an. Die hängen ihr Fähnchen ganz schönen den Wind. Dieses Selfie ist in jedem Fall eins wo ich etwas länger hinschaue. Ich will dass es eine Vollständigkeit erhält. Was aber nicht eintrifft. Die Fliegen bewegen sich, es ist einflüssiges Hin und Her. Das Bild bleibt unvollständig und bewegt. Wenn es doch nur einmal ruhig zuginge.

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Ausschreibung PROFESSUR FÜR VISUELLE GESTALTUNG FÜR DIGITALE MEDIEN UND GAMES

 

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Die Hochschule der Medien schreibt die folgende PROFESSUR FÜR VISUELLE GESTALTUNG FÜR DIGITALE MEDIEN UND GAMES aus.

Der genaue Ausschreibungstext  hier

Der Studiengang ist AudioVisuelle Medien: Mehr dazu hier.

Und hier das Projekt und Medienarchiv der Hochschule der Medien.

ab Sommersemester 2016
Besoldungsgruppe W2, Kennziffer WS151602P

Wir suchen eine kreative Persönlichkeit mit sehr guten didaktischen Fähigkeiten und theoretischer sowie praktischer Kompetenz in der visuellen Gestaltung von digitalen Medien und Games. Sie soll den Studieninhalt Visuelle Gestaltung in den digitalen Medien von den Grundlagen bis hin zur Anwendung in Computergames im Studiengang Audiovisuelle Medien vertreten. Lehrinhalte umfassen u.a.:

  • Grundlagen der Mediengestaltung
  • Character Design
  • Game Art
  • Interface-Design
  • Motion Graphics
  • Gestaltung in Projekten und Produktionen

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  • artworldwar02

 

Biennale Venedig 2015: Adrian Piper: The Probable Trust Registry, The Rules of the Game 1-3.

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Adrian Piper, geboren am 9. September 1948 in New York City arbeitet im Bereich der Concept Art. Sie ist nicht nur Künstlerin sondern auch Philosophin. Sie studierte an der School of Visual Arts, City College of New York und in der Harvard University. 1981 promovierte sie in dem Fach Philosophie. Sie verbrachte an der Universität in Heidelberg einige Jahre und betreibt in Berlin, ihrem heutigen Wohn- und Arbeitsort das The Berlin Journal of Philosophy und das Adrian Piper Research Archive. 2015 wurde ihr der Goldene Löwe für Beste Künstlerin auf der Biennale in Venedig verliehen.

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Sie präsentiert dort The Probable Trust Registry: The Rules of the Game #1-3, 2013. Eine Installation und Participatory Group Performance. Im Arsenal eröffnet sich inmitten der vielen Exponate ein Raum der kühlen Ruhe, in Grau mit Goldsätzen versehene Wände, davor 3 ovale goldene Rezeptionen mit den Massen 1,83 m in der Breite mal 1,6 m in der Höhe, jeweils besetzt mit einer Rezeptionistin. Es wird gefragt, welcher der drei Leitsätze an den 70% grauen Wänden für sie zutreffen. Nicht nur das, an welchen dieser drei Leitsätze sie sich in Zukunft halten werden. Dort dürfen die Besucher auch die Übereinkunft, einen moralischen Vertrag unterschreiben.

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Wir haben die Wahl zwischen:

I will always be too expensive to buy

I will always mean what I say

I will always do what I say I am going to do

Es sind gute Fragen, wichtige Fragen, schwierige Fragen sogar. Wer hier vorbei geht, ist müde oder hat die Arbeit im Gewimmel nicht gesehen. Sie ist ja leicht zu verwechseln. Denn der Aufbau, eine Rezeption lässt an Büroarbeit, an Infostand denken, nicht so schnell an ein Kunstwerk.

Ich entscheide mich nach einigem Abwägen für: I will always mean what I say. Wohlweislich, dass ich sofort diese Regel brechen werde. Denn ich lüge mindestens 10 Mal am Tag. Es sind keine schwerwiegenden Lügen, kleine Versicherungen, Halbwahrheiten eher. Wenn ich meiner Schwester bei der Präsentation eines neuen Kleides ein Lob ausspreche und eigentlich denke, dass es ein bisschen altmodisch ist. Wenn ich Frisuren lobe, Schuhe, Kochkünste, Einrichtungen, Verpackungen oder andere Hunde und es nicht meine. Wenn ich behaupte, Dinge seien mir nicht wichtig, aber eigentlich sind sie es, dann sage ich garantiert nicht was ich meine. Wenn mich meine andere Schwester fragt, ob ich noch ein Stück Rinderbraten will, das Letzte und ich genau sehe, dass sie es gerne hätte, dann trete ich zurück und behaupte ich würde es nicht wollen. Wenn ich eingeladen werde und absolut keine Lust habe, dann lasse ich mir eine Ausrede einfallen. Wenn ich mich schlecht fühle und behaupte es ginge mir gut. Wenn ich Migräne habe und kein Bein an die Erde bekomme und voll mit Triptanen bin und sage, alles sei OK. Wenn ich eher entfernten Bekannten nicht zuhöre und so tue als wäre ich bei der Sache und am Ende Sachen sage wie: Das ist ja interessant. Wenn Studierende ein Feed Back zu ihrer Arbeit haben wollen und bis dahin noch alles ziemlich kindlich, naiv und miserabel ist, dann sage ich Sachen wie: Das sieht ja schon sehr gut aus, Ein Kleinigkeit müssten sie dennoch überdenken…..“ Es gibt unzählige Gelegenheiten in meinem Leben, wo ich nicht sage, was ich denke. Deshalb habe ich mich für diesen Satz entschieden.

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Mit dieser heimlichen Erkenntnis unterschreibe ich den Vertrag. Ein schlechtes Gewissen habe ich nicht. Eher danke ich der Künstlerin, dass ich eine Selbsterkenntnis habe.

Und weiß dass Interaktivität mit einfachen Mitteln erzeugt werden kann. ES muss nicht immer eine Kinect sein, Arduino, Microcontroller, LED Wändr oder Böden, Vernetzung und Server, Schnittstellen und Kabel. Hier denke ich,  unterschreibe und warte auch die Ergebnisse, die im Adrian Piper Research Archive gelagert werden. Vielleicht werde ich eines Tages mal dort hin gehen und sehen, welcher Spruch die meisten Zuschläge bekommen hat.

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