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Lukas Höh von den Klangfiguren und Student bei Prof. Andreas Muxel an der Köln International School of Design schreibt, dass sie in Köln jährlich das PLATINE Festival organisieren. Die PLATINE Festival, bewegt sich im Spannungsfeld zwischen elektronischer Kunst und alternativen Spielformen und 2016 zum 6. Mal stattfindet. Bereiche der klassischen Gamingkultur und der interaktiven Medienkunst werden zusammen geführt.
Entwickler und Künstler aus ganz Deutschland, den Niederlanden, Österreich, Schweiz, Spanien, England, Griechenland, Rumänien und Russland präsentieren 2015 ihre Werke. Räumlich fokussiert sich die PLATINE auf Köln-Ehrenfeld und ist hier in klassischer Kneipenkultur, theatralen Wirkungsstätten wie auch in kleinen Galerien zu Hause. So will die PLATINE für ihre Besucher nicht nur Inspiration, sondern Erlebnisse, Entdeckungen und Austausch im urbanen Raum schaffen.
Sie sind immer auf der Suche nach neuen Projekten und Ausstellungsstücken.
Recite der Photograpfien gehen dem Platine Festival.
https://vimeo.com/140970564
PLATINE 2015 auf Vimeo und auf Flickr.
Katharina Tillmanns beschreibt sich als Wissenschaftlerin, Gestalterin und Vortragende in dem Bereich von Spielen, Kunst und Activisim, also eine politische, eine soziologische, eine bestimmte Position vertretend. Spiele, die sich nicht ausschliesslich in der Entertainment-, Unterhaltungsbranche einordnen lassen. Sie ist ausserdem auch Co-Präsidentin bei GAMES FOR CHANGE EUROPE und leitet das Research & Communications Department am Kölner Game Lab, das im Institute for Game Development and Research der Hochschule Köln angesiedelt ist. Sie betreibt Studien zu interaktiven dokumentarischen Formaten, sie denkt über die Rolle der Gestaltung innerhalb dieser speziellen Formate nach. Sie beschäftigt sich mit spielbasiertem Lernen, macht das sogenannte transformative Spiel Design (wobei ich nicht genau weiss, was dahinter steckt, hört sich aber sehr gut an) zum Thema, ist an der Psychologie des Spielers interessiert und vergisst die Verhaltensökonomien nicht. Verhaltensökonomien von der Spielercommunity oder den Machern, oder der Wirtschaft? Das bleibt offen, aber es nennt sich „behavioural economies“. Hört sich auch prima an.
Sie ist aktiv, wendig und spricht ein ausgezeichnetes English, Sie macht den Keynote Speaker, hält die Einführungsrede, gibt eine Initialzündung für den Themenbereich, den Track, namens GAMES FOR CHANGE EUROPE. Knapp vermittelt sie schlagwortartig die Grundlagen des Spiels. Es ist eine Motivationsrede und passt mit der Rolle als Key Note Speaker zusammen.
Sie beginnt mit einigen Beispielen aus der Hochschule Köln, aus ihrem Department, ihrer Arbeitswelt. Was bedeutet Game als soziales Experiment? Sozial weil die Themenbereiche im gesellschaftlich Sozialen einzuordnen sind. Obdachlosigkeit durch lebendiges 3 D Real time Gaming mit Occulus Rift z.B. Stecke die Menschen in die Schuhe der Obdachlosen, zeige ihnen ihren Blickwinkel, lasse ihre Welt virtuell auferstehen, schenke den nicht Obdachlosen eine Perspektive für die Obdachlosigkeit, schaffe Verständnis, Empathie. Alles in allem: eine gute Idee für ein Spiel.
Sie erklärt, dass die Passanten eher die Einstellung vertreten, dass sie absolut nichts, aber gar nichts mit diesen sozial Gestrandeten zu tun haben wollen. „Keep me out of it! I don’t want to see the lonelyness!“ Menschen sagen: lass mich in Ruhe, ich will damit nichts zutun haben. Ich will diese Einsamkeit und Isolation nicht sehen, nicht konfrontieren. Eine nur allzu weit verbreitete Einstellung, denn wer nicht im System ist, steht davor, hat absolut nichts zu tun mit allen, die drin sind. Die Lebenswelten, Selbsteinschätzung, Erwartungen, Überzeugungen differieren so gravierend voneinander, dass diese zwei Welten wohl nur schwerlich zusammen geführt werden können.
Katharina Tillmanns spricht in diesem Zusammenhang von Marshall McLuhan’s „The Medium is the Message“. Dieser eine Satz hat die Medientheorie beseelt, auch wenn er oft missverstanden wird. McLuhan stellt programmatisch fest: „eine Analyse von Programm und -Inhalt- gibt keine Hinweise auf die Magie dieser Medien oder auf ihre unterschwellige Energie“. (McLuhan 1995a/1964,18). Was genau wird damit eigentlich gemeint? McLuhan hat sich als Schüler von Harold Innis definiert. Und dieser Harold Innis hat in unendlich langwierigen Studien die Veränderungen von gesellschaftlichen und politischen Strukturen über Veränderungen innerhalb von Handelswegen und Handelsmedien nachgewiesen. Das erklärt er ausführlich in seinem Hauptwerk: Empire and Communication. Es geht um die Form einer Sache. So waren die Phönizier nur durch die Erfindung des Rads in der Lage die Kriege zu gewinnen. Das Rad als Programm nicht als Inhalt. McLuhan meint auch genau das wenn er von „The Medium is the Message“ spricht. Es sind die unterschiedlichen Wirkungen, die mit dem Konzept einer Form verbunden werden. Nicht den Inhalten. So ist Papier die Botschaft selbst, nicht der Inhalt, der auf dem Papier nieder geschrieben ist. So ist Mobilität die Botschaft von Strassen. Sicherheit und zielgerichtetes Streben gehören auch dazu. So hat Stein die Botschaft von Tradition, Langfristigkeit, Erhalten, Konservierendem. Und je nach Größe des Steins, z.b. ein Stein oder Steintafel, oder ein Monolith werden diesen Steinformationen entsprechende Botschaften, die ausschließlich in der Form auszumachen sind, zugesprochen. Viele Menschen verstehen den Satz „The Medium is the Message“ aber eben nicht so. Sie geben dem Programm -Inhalt- der Medien die endscheidende Beachtung und damit wird der Satz missverstanden. „McLuhan: Denn die -Botschaft- jedes Mediums der jeder Technik ist die Veränderung des Maßstabes, Tempos oder Schemas, die es der Situation des Menschen bringt.“ (McLuhan 1995a/1964,22f).
Das bedeutet: Medien – in einem urreduzierbaren Plural – werden, als Formate und Infrastrukturen kollektiver und individueller, gesellschaftlich-kultureller und kognitiv-psychologischer Sinnproduktion verstanden. Dadurch wird der Blick weg von ihren explizit transportieren -Inhalten (Programmen, Meinungen, Vorstellungen usw-) hin auf ihre unterschwelligen, das heißt zumeist unbemerkten, aber systematischen Wirkungen gelenkt. (Oliver Lerone Schultz: “Marshall McLuhan – Medien als Infrastrukturen und Archetypen” in Lagaay, Alice; Lauer, David (Hg.): Medientheorien, eine philosophische Einführung. Campusstudium, Frankfurt am Main, 2004. p. 39).
So bin ich verwirrt dass Katharina Tillmanns „The Medium is the Message“ explizit einer inhaltlichen Sache zuweist. Sie erklärt das Spiel über Obdachlosigkeit und spricht von den Möglichkeiten der Occulus Rift. Aber ist die Occulus Rift nicht genau das Gegenteil von dem was sie uns näher bringen will, nämlich Empathie, Verständnis, Gemeinschaft und Miteinander? Die Occulus Rift, untersuchen wir sie auf ihre Form, bedeutet einen Helm aufsetzen, der den Menschen blind für die Wirklichkeit macht. Er ist abgeschottet von allen anderen. Er verlässt die echte Welt, isoliert sich, macht sich einsam. Ist es das, was Katharina Tillmanns sagen wollte?
Diese Unachtsamkeit im Vortrag lässt den Zuhörer straucheln. Sie geht nicht näher auf die Occulus Rift ein, spricht von den Inhalten des Spiels. Kann es sein, dass sie etwas nicht verstanden hat? Wird alles was folgt auch so sein? Nicht reflektiert, vielleicht nur eine Aufzählung aus Büchern? Ist es wirklich verstanden oder nichts weiter als Stichwortkaraoke zum Thema Games.
Sie hebt hervor welche heilbringendes Wirkung die Gamesindustrien auf den Menschen haben. Argumentiert dass alle alltäglichen Bedenken nicht zutreffen. Bedenken wie: Isolation, Autismus, Verlust von kommunikativen Fähigkeiten, Empathie und Verständnis, Diskussionsfreudigkeit, Ideenreichtum usw. Sie sieht die Autonomie, die Kompetenz, die Verbindungen der Spieler, den Spielspass, den Flow, das Aufgehen in einer Sache, die internistische Motivation im Spiel. Sie zeigt das Gute. Als Zuhörer ist man aber am Differenzierten interessiert. An den reflektierten Schattierungen, an den Einschränkungen, an der Umgebungseinflüssen, an dem Besonderen, nicht dem Allgemeinen.
Katharina Tillmanns verlässt die Ebene des Idealzustands nicht in ihrem Vortrag. Sie bleibt abstrakt, wird nicht konkret. Der fachfremde Zuhörer wird ordentlich beeindruckt sein. So viele Stichworte, so viele Metabeschaffenheiten, der Insider zeigt sich aber weitaus kritischer. Das Gesagte und Gezeigte verlässt das Niveau einer Bachelorthesis zu keinem Zeitpunkt. Es werden Annahmen unreflektiert aufgezählt und der Eindruck, dass die kausalen Zusammenhänge nur undeutlich, schemenhaft in ihrem Geiste auftauchen, verlässt den Hörer nicht. Eine Anfängerarbeit, ein Anfängervortrag. Schön anzuhören, auch erstmal beeindruckend, aber nichts weiter. Etwas zum Falsifizieren.
Nachsatz: Einige Folien stammen aus dem Konferenzbeitrag „Clash of Realties Computer Games“ aus dem Jahr 2014. Dieser Beitrag wurde als Essay in „Spielwelt – Weltspiel. Narration, Interaktion und Kooperation im Computerspiel: Clash of Realities 2014“ veröffentlicht. Die Herausgeber sind
Gehört auf der fmx 2015.
Valiant Hearts ist ein Spiel über den ersten Weltkrieg. Ein riskantes Unternehmen, denn der erste Weltkrieg ist sicherlich keine heitere Geschichte. Yoan Fanise, der ehemalige Kreativ Direktor bei Ubisoft, heute selbstständig mit einer Agentur names Digixart, die sich vor allem Serious Games widmet, stellt die Hintergründe und die Recherche für Valiant Hearts vor. Es ist die Geschichte von miteinander verwobenen Schicksalen und einem gebrochenen Herzen in einer in Trümmern liegenden Welt. Alle Charactere folgen ihrem treuen, vierbeinigen Freund bei dem Versuch, die Grauen der Schützengräben zu überleben. Im Verlauf des Spiels wird sich das Leben all dieser Individuen unauflöslich miteinander verbinden. Freundschaft, Liebe, Opfer und Schicksalsschläge suchen jeden von ihnen heim und jeder versucht, inmitten der Schrecken des Krieges seine Menschlichkeit zu bewahren.
Yoan Fanise © jeuxvideo.com
Yoan Fanise betritt die Bühne und zeigt Postkarten und Briefe seiner Urgrosseltern. Es sind Originale. Er erzählt, dass der erste Weltkrieg nah genug an unserer heutigen Welt liegt um noch vereinzelt in den Hinterlassenschaften der Familien original Dokumente zu finden, aber er ist auch so weit in der Geschichte, dass wir die Geschichten und das Geschehen überhaupt betrachten können.
„It is close and far away at the same time. It is far enough to talk about it, it is close enough to still relive the time by means of real personal objects, postcards, letters,images, photography…“
So basiert Valiant Hearts auf Briefen aus dem 1. Weltkrieg und einer Reihe anderer historischer Materialien. Die fiktive Geschichte spielt an authentischen Schauplätzen und erzählt von echten historischen Ereignissen, etwa der Marne-Schlacht oder der Schlacht an der Somme an der Westfront.
„It is important to f e e l the sites. To be there, to experience the weather, the grounds, the light, depth, boarders.“ Die Spielemarcher haben die Originalschauplätze besucht. Sie liefen rum, haben das Wetter, das Licht, die Bunker, die Anlagen, das Meer oder die Bodenwellen gesehen und sind hineingestiegen, wo man hinein- oder herabsteigen konnte. Sie waren dort und das nicht nur für ein paar Minuten, sondern für längere Zeit. Sie wollten die Situation und die Orte erleben und nicht nur einmal drauf schauen.
Eine ausgedehnte Sammlung von Erinnerungsstücken aus dem 1. Weltkrieg, etwa Briefe an die Front, Orden und andere Gegenstände, haben als wichtige Inspirationsquelle gedient. Einige Mitglieder, so auch Yuan Fangises Urgrossvater, des Entwicklerteams haben selbst familiäre Beziehungen zu Kriegsteilnehmern des 1. Weltkriegs. Und mit diesen Dokumenten eröffnete sich eine nicht dem Schulbuch angepasste Sicht auf den ersten Weltkrieg. In der Schule lernen wir von den Hauptereignissen, die zum Krieg führten und den grossen Schlachten wie der Ermordung von Erzherzog Franz-Ferdinand von Österreich am 8. Juni 1914 in Sarajevo, der Kriegserklärung am 28. Juli 1914, der dann einen Monat später zum Weltkrieg wurde, von der Schlacht um Zypern, wo zum ersten Mal Chlorgas eingesetzt wurde. Von schrecklichen Ereignissen, die aber in der Schule eher als stichworthafte Merksätze gelernt werden. Im Spiel ist es anders. Die Recherche, das Lesen der Briefe, Karten und Notizen zeigte die persönliche Seite des Krieges.
Die Briefe waren einfach geschrieben, alles war leicht zu lesen und nachvollziehbar. Es wurde vom Warten und von Sehnsüchten gesprochen. Man erkundigte sich ob die Hühner alle gesund sind, ob genug zu essen da ist. „The words written are simple, understandable. This is why we kept the game the same way.“ Dieser Wortestil wurde zum Motiv des Spiels. Es sollte leicht zu verstehen sein, mit einfachen Worten und ehrlichem Auftritt.
In den Briefen wurden von Kameradschaften geschrieben, wie Freundschaften entstanden sind, wie gewartet wird, wie sich das Lagerleben anfühlt. Es sind nicht die Schlachten, die Aktionen, die den Krieg ausmachen, es ist das Ungewisse und viele Warten. “ We wanted to scale down the emotions to that what it was. You do not want to be there. We want to show the stories inbetween the battles, explosions and conflicts. There is a lot waiting, making friends, connecting to people.“
Und mit diesen Erfahrungen wurde das Spiel entwickelt. Es ist ein Spiel aus dem Sektor serious games. Und dabei ein Gutes. Der erste Weltkrieg wird genügend abstrahiert, die wichtigen Seiten sind immer dabei. Es ist ein Spiel, es ist ein Spiel, es ist ein Spiel. Das bleibt es. Denn manchmal bei serious games verliert sich die Spielebene und es wird ein Wissensquiz, ein IQ Test, oder eine interaktive Anwendung, die mit Spielvergnügen nicht mehr so viel zu tun hat. Das ist hier nicht passiert. Es ist ein Spiel. Der Vortrag wurde im Rahmen der fmx 2015 gehört.
Die Bildbeispiele stammen von der Website Viliant Hearts. Sie unterliegen dem Copyright von Ubisoft.
Sie spricht von George, und meint George Lucas. Sie hat seit den Anfängen für Star Wars Creratures gestaltet, war bei Industrial Light & Magic, bei Pixar und jeder kennt ihre Charactere. Jabba the Hut, Jar Jar Blix usw.
Terryl ist eine zierliche Frau. Ein lächelnder Mensch mit versteckten Humor und einer Portion Skurrilität. Sie präsentiert, unterbricht sich für ein „I love baby animals“, Blick ins Publikum, Lächeln und weiter im Text. Sie zeigt wilde Tiere, warmherzige, lustige, dumme, verschmitzte, vertrauenerweckende und gefährliche. Es sich phantastische Kreaturen. Sie erinnern uns an eine Kombination von Dinosaurier und Pferd, von Großechsen mit Schlangenköpfen und Giftzähnen ungeahnten Ausmaßen, von schlappohrigen Giganten mit gutgläubigen Dobermännleingesichtern, Emus mit 4 Armen, Tausendfüssler mit Krötenvisagen. Terryl Whitlatch ist Creature Designerin für Star Wars.
Eigentlich plante sie eine Karriere in der Paleontologie. So kennst sie sich auch in allem aus, was mit Dinosauriern, Skeletten, Muskelgruppen, Bewegungsformen und Verhalten zu tun hat.
Zur Creature Designerin wurde sie eher zufällig. Was immer Zufall bedeuten mag, denn eines Tages bewarb sie sich als Creature Designer für den ersten Star Wars Film. Kurz vorher erlebte sie eine entmutigende Situation, sie war verunsichert und verschüchtert. und entwarf dabei ein Tier dass ihrer Gefühlslage Ausdruck verlieh. Freundlich, verschüchtert, naiv und begeisterungsfähig.
Sie zeigte diese Bilder gleich zu Anfang, eher um zu amüsieren. George Lucus erkennt die Natürlichkeit, die Bewegung, das liebenswert Lebendige. Die erste Version von Jar Jar Blix war geboren. Übrigens der erste vollständig digitale Character. Die andren Entwürfe taten den Rest und sie bekam das Engagement. Ihr Interesse für Paleontologie verbindet sich mit zeichnerischen Können und dem Wunsch ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen.
„It is about crossing known animals with long forgotten ones. Or with the ones that we know from times way before us. When the world was wilderness, chaotic, when animals, plants were bigger, more dangerous and absolutely nothing for mankind“.
Wenn Sie Creaturers entwirft, orientiert sie sich an den lebenden Tieren und kreuzt sie mit allen möglichen anderen Geschöpfen. „You should really become a zoologist when you think about becoming a creature Designer. All of my creaturers are inspired by real animals. That is why people relate to them.“
Die Tiere werden dann lebendig wenn wir in ihnen Ähnlichkeiten erkennen können. Es ist vielleicht der Gang einer Gans, vielleicht die Augen eines treuen Hundes, vielleicht die Form des Rochens, der mit einem Mal gehen kann.
Sie zeichnet, nimmt Stift und Papier, nimmt digitale Mittel. Alles was gut in der Hand liegt, was die Arbeit leicht macht. Sie spricht vom Chaos Factor. Wenn plötzlich ein Strich ausrutscht, eine Proportion nicht so raus kommt wie gedacht, wenn das Papier die Farben anders aufsaugt, wenn etwas daneben geht. Dann landet das Blatt auf dem Boden im Vorbeigehen schweift der Blick nach unten und haftet an den diesen Entwürfen. Wer frei ist, dem kann es passieren dass er das Neue und Besondere in diesem Bodenchaos entdeckt. Und sich ein Entwurf als Chance für entpuppt. Offenheit und Wahrnehmung sind Voraussetzung. Der Chaos Factor. „Don‘ t you ever forget this!“
Take Reality, Tweek it, be open, don‘ t forget the coincidences and go for it.“
Ihre Creaturen werden durchleuchtet. Sie zeichnet die Oberfläche, Haut und Behaarung, das Sichtbare. Farben, Federn, Krallen, Schnäbel, Zähne, Bäuche alles was wir sehen. Sie stellt Bewegungsstudien, mimische Ausdrucksstudien her. Und dann geht sie tiefer, dann wird sie zum Forscher, zum Mediziner, zum Anatomiespezialist. Sie entwirft ein anatomisches Model, zeichnet alle Muskelpartien und Verlagerungen, mit Sehnen und Knorpeln und endet bei dem funktionierenden Skelett.
„Anatomy is key. Life is assymmetrical, all creaturers are asymmetrical.“
„Once you got a clear understanding of the creature go simplify“ Wer seine Kreaturen von innen nach aussen vorstellbar macht, der wird sie beruhigt an die Animations Artists weiter geben können. Sie werden von dort eine lebendige Kreatur erschaffen können.
Und ganz zum Schluss macht sie noch den Schrei eines ihrer Creaturen nach. Es ist ein Terryl Schrei: eine Kombination, aus kleinem, zierlichen Raubvogel mit grollenden Knurren des Wolfes. Das Publikum hört zu, wird zu einem Lächeln verführt und unsere Herzen fliegen ihr zu.
Alle Fotos auf der fmx © Ursula Drees
Chris Appelhans hat sicherlich den charmantesten Namen auf der fmx. Appelhans: geht es noch bildlicher? Wer denkt nicht an wunderbare Äpfel in Baden-Württembergischen Naturobstwiesen? An den Appelhans, der sie verschenkt. Oder wir denken an Storytelling. Chris Appelhans ist ein jugendlicher, nein junger Speaker, etwas selbstironisch, kein lauthalser Marktschreier. Er verbindet Geschichten schreiben und Illustration. Welche dramaturgischen Aspekte führen zu einer Geschichte. Nicht irgendeiner, sondern einer, die ein Publikum erleben will. „What makes the audience care?“. Er schreibt Filmbücher und entwickelt die Charaktere. Es ist ein wechselseitiger Prozess. Die Worte führen zu Bildern, die Bilder werden gezeichnet, führen zu Geschichten, führen zu Phantasie, führen zu Dramaturgie, zu einer Innerlichkeit, zu Gefühl. Die Prozessschritte wirken wechselseitig. Manchmal kommt erst das Wort. Manchmal die Zeichnung.
Aber allem übergeordnet ist die Geschichte. Oder der Charakter der Geschichte. Denn der Charakter, the Character, in Deutsch der Protagonist erlebt Dinge, sie erzeugen Konflikte, die führen zu Verdichtungen, spitzen sich zu bis sie zwangsweise aufgelöst werden müssen, um dann erneut in den Zyklus einzusteigen. Storytelling bedeutet das Wechselspiel von: KONFLIKT, KRISE, ZUSPITZUNG, AUFLÖSUNG und einen daraus resultierenden neuen KONFLIKT. Conflict – Crises – Climax – Resolution – new Conflict.
Der Protagonist mit Konflikten umgehen, wird vor Entscheidungen stehen, sich fragen: Soll ich A oder B machen? Was ist richtig, was falsch? Denken wir an Walter White. Ein biederer, wenngleich hochbegabter Chemiker, der als einfacher Schullehrer seine Gaben an desinteressierte Schüler weiter gibt. Der durch seine Krebserkrankung die Entscheidung treffen muss, ob er seine Familie rettet und erstklassiges Cristal Meth herstellt, damit Unmengen von Geld macht, dabei in die dunkelsten kriminellen Machenschaften gezogen wird, oder will er ein gesetzestreuer Mensch bleiben, seine Familie in den finanziellen Ruin werfen, keine vernünftiges Krebsbehandlung bekommen und verarmt mit schlimmsten Schmerzen dem Tod ins Antlitz schauen?
Ein Protagonist muss viele Entscheidungen treffen. Eine wie die andere ziehen gute als auch schlechte Konsequenzen mit sich. Was tun? Welche Wahl ist besser, Was richtig, was falsch?
Und wenn diese Geschichte geschrieben ist, wie kann ein Protagonist vorstellbar werden? Wie wird ein Character geboren?
„It is hard to come up with a character. Sometimes it takes one drawing in the middle of a long process of drawings to show the solution. I call these drawings iconographic drawings. They bring the story together in one image only“ Chris Appelhans zeigt Studien seiner Character. Es sind situative Zeichnungen. Ein Character mitten in einer bestimmten Umgebung, Handlung. Und genau diese offenbaren die ganze Kraft des zu erlebenden oder erlebten Konflikts. Er zeigt als Beispiel eine Zeichnung von dem Mädchen mit Hund. Beide sind eng aneinander geschmiegt, tief vereint. Im Hintergrund steht die Tür einen Spalt geöffnet, die Schatten der heftig zankenden Eltern zeichnen sich an der Wand ab. Man meint die Schreie und Anschuldigungen zu hören. An der Wand oberhalb des mit Hund kauernden Mädchens ein Familienfoto aus den guten Zeiten. Da strahlen die Gescheiter vereint in die Kamera. Lang ist es vorbei. Jetzt geht es nur noch um Trennung. Vielleicht um Sorgerecht. Und was macht der Hund. Wer bekommt den? Werden beide getrennt, so wie die Familie getrennt ist? Werden sie das gemeinsam durchstehen dürfen? Allein dieses Bild zeigt die Geschichte, die Vielschichtigkeit der Konflikte des Characters. Es ist ein Bild das mitten im Schaffungsprozess entstanden ist erzählt Christ Appelhans und nach der Fertigstellung offenbarte es die Dramaturgie. Ein Character ist geboren.
„In the early stage of a film the character shows in sketches.“ Anfangs sind es Vorstellungsbilder, Zeichnungen, die dynamischer gar nicht sein können. Die durch Einfachheit Kraft ausstrahlen. Die Strichführung ist entschieden, manchmal flüchtig, der Suchstrich ummantelt den Character in vielen Situationen. Davon gibt es viele. „How do they relate to each other?“. Welche Verbindung gehen diese Skizzen miteinander ein. Sie zeigen das Leben, alles was mit dem Character verbunden ist. ES ist nicht die Darstellung von Traurigkeit, Freude, Schwermut, Verspieltheit als Portrait, es sind die gefühlsauslösenden Situationen. Da steckt der Character drin, konkrete Beispiele. Alles was er liebt, worunter er leidet. Beispiele in vielen Erscheinungsformen. Sie führen zur Entscheidung, den Character zu entwickeln: „I like this guy. I like to get into his head. – I actually can create this guy“ so Chris Appelhans.
Diese Zeichnungen verleiten den Künstler die Geschichte in kleinen Details zu sehen. Immer wieder Identifikation herzustellen. Diese Vorstellung zu illustrieren. Eine Vorstellung zu gestalten. Es ist das Zeichnen, die Tätigkeit, die Bilder, die zum Character führen. Nicht das denkend Konstruierende. Sicherlich auch, aber ohne Skizzen?
„Exploring through Design only“. Das ist Chris Appelhansens Credo. „Through sketches one has to explore who the person is. The sketches are fresh, easy it is not jet a fully designed Character. It is an impression. Not Design, design.“
Denn es geht darum zu zeigen was ein Character fühlt, was er sieht, was er liebt und hasst. Es geht darum, zu erkennen, dass ein Character sich ändert, dass eine Transformation statt findet, er wird etwas neues, er überwindet sich und transformiert. Das kann nur die Zeichnung abbilden. „One has to caputre the world what the character sees and feels.“ Was er uns sagt: Er schlüpft mit jeder Zeichnung tiefer in die Welt einer anderen imaginierten Person hinein. Er identifiziert sich, malt sich etwas aus, probiert es durch Zeichnung und prüft, die Richtigkeit. Kann es so oder so sein? Es hört sich so spielend an, wenn Chris Appelhans davon spricht, seine Bescheidenheit lässt ihn uns lieben. Aber natürlich wissen wir, nur ein erfahrener Illustrator und Dramaturg kann die Welt erschaffen und lebendig werden lassen. Dazu braucht es Zeit und Hingabe. Denn im Film will der Zuschauer Wahrheit und Spektakel. Truth and Spectacle. Danke Chris Appelhans.