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2015, Sonderpreis „Games“
„IRRSINN“
Studenten der „Studioproduktion Event Media“ aus Stuttgart, Hochschule der Medien (Durchschnittsalter: 22 Jahre)
Auf einem 16 m² großen Aktionsfeld bahnt man zusammen mit zehn bis fünfzehn Mitstreitern einem Kaugummi den Weg durch den Kaugummi-Automaten. Die einzelnen Spieler müssen sich durch verschiedene gleichzeitige Aufgaben gegenseitig zuarbeiten, um gemeinsam zum Ziel zu kommen.
Laudatio der Jury:
Humor. Kunterbunt. Bewegung. Kniffelei. Überraschung. Teamwork. Oma Frieda. All das verpackt „Irrsinn“ in ein interaktives Spiel, das nach viel Spaß aussieht – für die jungen Entwickler wie für die Spieler selbst. Nach kurzer Einführung geht es in das Innere eines Kaugummi-Automates. Dort erwarten die Spiele eine große, beleuchtete Platte auf der 8 Spieler Platz finden und diese in alle Richtungen durch Gewichtsverlagerung bewegen können. Unterstützt werden diese von weiteren Spielern an Touch-Screens. Ziel ist es, den Kaugummi durch die Wirren des Automates zu Oma Frieda zu bringen. Die Jury hat das originelle Konzept und die quietschbunte, freudige Welt überzeugt. Die Story und die geschaffene Welt leuchten sofort ein, man möchte direkt eintauchen und mitspielen. Die Mischung aus Hardware, Hydraulik, Haptik und Software-Programmierung sind aufwändig – und zugleich verschwinden sie wohltuend im Hintergrund der Geschichte und des Spielspaßes. Ihr bekommt dafür den Sonderpreis „Games“, wir hätten gerne einen V – I – K, einen very important Kaugummi.
Im Verbund mit der Konferenz der Raumwelten hat die MFG Stiftung Baden Württemberg am Dienstag den Preisträger des innovativsten Projektes des Karl-Steinbuch-Stipendiums gewählt.
Das Karl-Steinbuch-Stipendium unterstützt ausgewählte studentische Spitzentalente bei der Durchführung von innovativen Projekten mit IT- oder Medienbezug, die einen wissenschaftlichen oder künstlerischen Schwerpunkt aufweisen. Besonders gefragt sind interdisziplinäre Projekte, die die beiden Querschnittsbereiche Informatik und Medienwissenschaften mit anderen Fachwissenschaften verbinden.
Von der HdM war Fabian Fiess und Felix Hundhausen mit der Interaktiven Kletterwand, das Projekt der Studioproduktion Event Media des Sommersemesters 2014 einer der Stipendiaten.
Sie forschten im letzten Jahr an der Verbesserung die technischen Funktionalität der Klettersteine und der Kommunikation der Steine mit der LED Wand.
Die Gewinner des Talente-Preises: Felix Hundhausen und Fabian Fiess (Mitte) mit der Jury (Foto: MFG / David Matthiessen)
Und wir freuen uns dass unsere Stipendiaten Fabian Fiess und Felix Hundhausen mit ihrem Beitrag mit der interaktiven Kletterwand zum innovativsten Projekt gewählt wurden.
Ohne die Hochschule der Medien, ohne die Studioproduktion Event Media, ohne dem Studiengang Audio Visuelle Medien und Studiengang Medien Wirtschaft wäre er nicht so weit gekommen. Wir haben jungen Menschen maßgeblich bei ihrer forschenden Karriere geholfen und das ist ja das Ziel unserer Hochschule.
Es sind Leuchtkästen, hochformatige schlanke leicht geknickte Dinger. Alle 7 haben eine andere Farbtonalität. Gelb, Grün, Blaugrün, Grassgrün, Pink, Orange, Blau. Allein diese mannshohen Stelen stellen einen Moment der Ruhe und der Aufmerksamkeit dar. Sie strahlen in vielen kleinen Partikeln etwas aus. Dann gehen wir näher und studieren die Motive. Hier eine Strassenansicht aus der Windschutzscheibe aufgenommen, ein Drive Through Bankomat, ein Hotelbett, ein Eistee, eine Rezeption, ein Feuerlöscher, eine Landschaft, ein Motelzimmer, noch eins davon, ein weiteres, eine Klimaanlage, ein Tablett mit Kantinenessen, eine Speisekarte, Toilettenbecken, noch eins, Sitzgelegenheiten irgendwo wo man wartet, einige wartende Flugzuge an einem Flughafen, wieder Strasse diesmal mit Bergen im Hinterrund, Spagetti, Schienen, wieder Wartezonen, Flugzeug, Regal im Restaurant, Parkplatz, Motelzimmer, Bett, Toilettenschüssel, Warteraum und so geht es in einem weiter. Eine Unmenge trivialer Bilder des Alltäglichen. Menschen gibt es nicht zu sehen. Schnappschüsse, mal gerade mal nicht. Es erscheint auch egal. Da wird ein Leben dokumentiert. Kleinteilig aber nur das Unwichtige. Nur Transitzonen, Bereiche wo man sich aufhält aber nichts hinterlässt.
„an einem Tag im Juni 2002 legt der US-amerikanische Künstler Hasan Elahi seinen Reisepass am Flughafen von Detroit vor. Er war völlig überrascht, als man ihn festhielt und in ein Vernehmungszimmer der Einwanderungsbehörde brachte. Sein Name löste einen Alarm aus, denn er war mit einem Araber verwechselt worden, in dessen angemietetem Lager man Sprengstoff gefunden hatte und der wohlweislich seit dem 12. September 2001 auf der Flucht vor den Behörden war. Der Verdacht erweis sich als falsch und da Elahi zufällig geradezu zwanghaft Aufzeichnungen führt, konnte er seinen genauen Aufenthaltsort vor und nach dem September 2001 nachweisen. Er hielt dieses Missverständnis damit für aufgeklärt und erledigt. Dem war jedoch nicht so. Einige Wochen später wurde er vom FBI zu weiteren Vernehmungen einbestellt, die sich über sechs Monate hinzogen. Am Ende wurde er von jeglichem Verdacht freigesprochen doch da er in Kürze ins Ausland reisen wollte, wurde ihm geraten, dem FBI seine Flug und Reisedaten zukommen zu lassen – zur Verhinderung etwaiger Probleme bei seiner Einreise. Um ganz sicher zu sein, entschied sich Elahi seine sämtlichen Aufenthaltsorte zu melden und dieses Unterfangen verwandelte sich nach und nach in ein Lebens- bzw. Kunstprojekt. Elahi begann alle Daten über eine Bewegungen in Verbindung mit Fotografien von Flughäfen, Speisen, Hotelbetten, Parkplätzen, Bahnstationen, Toiletten etc. zu sammeln und alles auf seine Webseite trackingtransience.net hoch zuladen. Seit damals überarbeitet und erweitert er dieses Projekt fortlaufend was sich bis zum heutigen Tag fortsetzt.“
In Louise Wolthers: „Self-Suveillance and Virtual safety; Photographies, Vol. 6, Issue: 20013, S. 169 – 176. Übersetzt aus dem Englischen.
Photos aus dem ZKM Ausstellung Globale gemacht von Ursula Drees
Gross ist die Installation nicht. Sie nimmt vielleicht 1 Kubikmeter Luft und Raum ein. Wie ein Mobile präsentiert sie sich. Oder vielleicht von unsichtbaren Händen bewegte Puppen. Langsam bewegt sich das obere Raster und genauso langsam durch Fäden miteinander verbunden das Untere. Es ist ein meditativen Hin- und Her. Zu Hören ist nichts. Allein: dieses Gebilde ist schön anzusehen, besticht durch federleichte Materialien. Alles ist zerbrechlich und dünn, leicht. Natürlich bleibt der Besucher bei so viel kleinteiliger Fragilität stehen und lässt sich in den Bann des sanften Aufs und Abs ziehen.
Und das was jeder sofort sieht und fühlt ist auch das was es ist. Eine Boje inmitten des Pazifiks sendet Daten über die Wasserhöhe und Intensität der Bewegung an die National Oceanic and Atmospheric Administration in den USA: Der Wellengang wird auf die Größe der Rauminstallation skaliert, ansonsten bleibt es unverändert.
Als wir die Installation betrachten war der Pazifik ruhig. Langsam bewegt sich die Boje auf und ab, und so wird das Installationskonterfei auch bewegt. Wenn der Wellengang bewegt ist oder sogar Sturm ist, dann springt die Boje auf den Wellenbergen auf und ab und die Installation wird ein wilder Hexentanz. Gerne würden wir diesen Zustand auch sehen, aber was sollen wir tun? Heute ist der Pazifik ein sanftes Schäfchen.
Biennale Venedig 2015: Massinissa Selmani, Algerien: „A-T-on besoin des ombres pour se souvenir?“
Die Räumlichkeiten des Arsenales sind voll. Überall ist Kunst, überall. Schon weiss der Betrachter nicht mehr wohin er schauen kann und will. Es ist wie im Bazar. Und dann plötzlich an der linken Seite der Wand finden sich kleine Zeichnungen mit Bunt,- und Bleistift unter Glas mit schmalen bescheidenen Holzrahmen. Sie sind in Kopfhöhe angebracht, zum Glück, sonst wären sie untergegangen. Aber wie durch ein Wunder macht ihr bescheidener Auftritt Eindruck. EDer Betrachter verlässt das bunte Treiben, tritt einen halben Meter an die kleinen Bilder heran, bewundert das zeichnerische Geschick und dann irgendwann erschüttert Erkenntnis den Geist. Es sind bitterböse Zeichnungen.
Ein Autobus von Mercedes Benz. Menschen versuchen durch die schmalen Fenster heraus oder hinein zu klettern. Sie wollen weg. Sie fliehen. Sie sind allein mit sich. Davor wird ein roter Teppich ein oder ausgerollt. Waren gerade die Politiker da? Oder kommen die Würdenträger bald an. Es sind diese Menschen die über die Flüchtenden entscheiden werden. Sie werden die Grenzen öffnen, werden sie vielleicht mit Stacheldraht verschließen. Sie werden den Flüchtigen, die dem sicheren Tod ins Auge schauen wenn sie in ihrer Heimat bleiben, entweder eine Zukunft geben oder eben nicht. Und die Schicksale über die entschieden wird? Das sind die Verzweifelten, die in einem überfüllten Bus durchs Fenster klettern.
Eine andere Zeichnung zeigt einen Grenzzaun. Er ist hoch an den aufschlagenden Betonplatten entstehen kleine Ritzen. Ein Mann im Hintergrund beugt sich vor und schaut durch. Ein blauer Hund im Vordergrund ebenso. Und einige Meter zurück versetzt steht ein kleiner Junge, die Finger formen eine Pistole. Sie wird vom knienden Vater in Position gebracht. Der Vater hilft um ordentlich zu zielen. „Hier mein Sohn, so muss man das machen!“ Die Finger zeigen auf den Zaun, aber eigentlich zeigt er auf die Menschen dahinter.
Die einen schauen neugierig, die anderen zielen spielerisch. Ist es Israel? Vor 25 Jahren hätte es noch Berlin sein können. Jetzt sind es andere Länder. Ist es Ungarn?
Noch ein weiteres Bild zeigt wie ein Mann mit einer schweren Planke bewaffnet eine Haustür aufschlagen will. Ein anderer mit Rolltrolli in rot transportiert ein Spielzeugflugzeug darin. Er betrachtet neugierig eine Rettungsszene. Zwei junge Männer sind über einen Anderen auf dem Boden liegend gebeugt. Was hat der nur? Kopfschmerzen sicherlich nicht, vielleicht ist er von etwas getroffen, vielleicht hat er einen Kreislaufkollaps, wird er gerade wieder belebt? Und auf dem direkt daneben stehenden Auto macht ein anderer junger Mann auf dem Autodach mit sich und einen anderen Mann in stabiler Seitenlage ein Selfie. In diesem Bild werden so viele Geschichten erzählt, dass eine Zusammenfassung schwer fällt. Der Betrachter fragt, ob hier geholfen wird? Oder ist es das Gegenteil und die Touristen der ersten Welt bestaunen das Elend der dritten Welt, machen Fotos und stehen hilflos rum.
Ein anderes zeigt ein leeres Schwimmbad. Auf dem Startblock steht eine Frau in Schal und Mantel. Sie schaut als sei sie auf einem Aussichtsturm. Direkt neben ihr der Hals und der Kopf einer Giraffe. Sie muss wohl im Schwimmbad stehen. Ob sie dort lebt. Zwei Ventilatoren sind auf die Frau gerichtet. Ob sie angeschaltet sind, kann der Betrachter nicht sehen. Welch merkwürdige Bildsprache? Da steht sie die Menschheit auf dem Startblock. Unter ihr in der Schwimmbadvertiefung schafft es die Tierwelt gerade mal den Kopf an die Oberfläche zu schieben. Mehr nicht, ihre Lebenswelt gibt es nicht und das was davon übrig geblieben ist, ist nicht zu sehen. Der Wind kommt von Geräten. Ein sarkastisches Bild. Wie alle anderen auch.
Der Künstler Massinissa Selmani wurde in Algerien geboren und lebt und arbeitet seit Jahren in Frankreich. Er hat an der Kunstakademie in Tours studiert und seinen Abschluss gemacht. Seine Arbeiten sind noch unbekannter als bei anderen Künstlern der Biennale. Er stellt seit 2011 aus, vielleicht 4 oder 5 Mal im Jahr. Und je mehr er macht desto größer und beeindruckender die Aussteller. Immerhin ist er auf der Biennale! Er ist noch jung wurde 1980 geboren.