Monthly Archives: November 2017
Drei sechs Meter lange Nylonbeine, miteinander verbunden durch runde Endstücke, sehr robuste in denen Lautsprecher eingebaut sind, bewegen sich nach Tönen, Geräuschen. Die Bewegung ist schwerfällig, archaisch. Es sieht aus wie im postindustriellen Zeitalter. Langsam strecken sich die Beine, erheben sich mit letzter Kraft, wie es scheint, dann fallen sie schmetternd zusammen. Wo genau weiß niemand, das Areal ist abgesperrt. Die Bewegung ist nicht kontrolliert. Es ist kein Tanz oder Ablauf. Es ist ein schwerfälliges mechanisches Aufbäumen und Zusammenfallen. Hypnotisch fast. Die Künstler führen Experimente zu plastischen und klanglichen Prinzipien der Selbstorganisation durch. Die Nylonbeine werden durch klangliche und mechanische Einwirkungen und Geräten bewegt. Die Sounds sind atonal, mal leise mal laut, sie entsprechen den Verrenkungen der Skulptur. Es sieht aus wie eine Kreatur im Überlebenskampf, dramatisch und roh.
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Es ist eine interaktive Installation. Das Umfeld ist ein Sterbehospiz, Krankenaus auf der Intensivstation. Überall Schilder, Erkennungsarmbänder aus Plastik, Broschüren, und der Last Moment Robot. Der kommt erst zu Einsatz, wenn die lebenserhaltenden Maschinen ein nahendes Davonscheiden feststellen. Dann auch verlässt das Krankenhauspersonal, seien es Schwestern oder Ärzte das Zimmer. Der Roboter sengt sich auf den Arm herab und bewegt sich leicht über den Unterarm der Sterbenden. Roboterintimität bei den letzten Atemzügen. Sie sollen den Menschen beruhigen und ihm sinnlich angenehme Impulse vermitteln. Der Mensch ist im Moment der größten Not und Verletzlichkeit nicht allein. Eine Maschine steht ihm bei.
Das ist in einem kurzen Loop dokumentiert. Anfangs scheint diese Art der Kunst eine emphatisch initiierte zu sein. Aber nach einigen Überlegungen und nach einem Zurückgreifen auf Erinnerungen und Erfahrungen ist diese Vorstellung der Ausdruck einer empathielosen Gesellschaft. Sollen in den letzten Atemzügen befindende Menschen von einem Roboter gestreichelt werden müssen? Werden die Verwandten nicht mal in diesen schweren Stunden Zeit haben? Manchmal klappt das nicht, das stimmt, denn der Weg ins Jenseits dauert oft länger, eine Woche, vielleicht zwei. Und da sitzen die Kinder am Sterbebett, Tage- und Nächtelang und just in dem Moment, wo sie austreten oder Luft schnappen, wird der letzte Atemzug getan. Das erscheint tragisch, aber die Zeit vorher ist gut genutzt. Am Bett sitzend kann man die Hand halten, sanft streicheln, die wichtigsten Dinge besprechen. Sind die Tomaten gegossen, ist das Wohnzimmer gestaubsaugt, der Wagen in der Garage, das Taufgeschenk da. Dinge, die für eine Person hohe Wichtigkeit haben. Meistens dreht es sich nicht um Geld, Beruf, Karriere, Politik oder die schönen Künste. Es ist das Kleine und Alltägliche, das kennen nur, die dem Sterbenden Nahestehende.
Menschen im Todeskampf haben durchscheinende Haut, sie ist empfindlich. Die leichteste Berührung kann zu einem schreckhaften Zucken, zu Verwirrung führen oder manchmal Schmerz hervor rufen. Die Maschine ist kühl, die Hand der Tochter, des Sohnes, des Mannes, des Enkels, Bruders, der Schwerster warm, vertraut und menschlich. Diese Hände wissen, wie berührt wird. Ohne Stress, ohne Zeit, einfach halten und sanfte kleine Bewegungen, wenn überhaupt. Wichtig ist die Nähe von vertrauten Personen. Nur diese Menschen kennen beruhigende Worte, dass alles gut ist, dass alle voller Liebe dem Sterbenden zugewandt sind, dass jetzt gegangen werden darf. Allein die Zeit zusammen zu verbringen ist ein hohes menschliches Gut. Es ist ein Geschenk und nicht wie angenommen, eine Qual.
In dem Szenario der END OF LIFE CARE MACHINE von Dan Chen verlassen die Menschen, bis auf den Sterbenden den Raum. Alles Lebende geht. Nur die Maschine bleibt. Die Trostlosigkeit kann gar nicht übertroffen werden.
Die Studioproduktion Event Media unter der Leitung von Prof. Ursula Drees von der Hochschule der Medien in Stuttgart hat mit einem 8 köpfigen studentischen Team für ihr Werk „Schatten“ bei den CommAwards GOLD gewonnen. GRATULATION!
Auf der Site des CommAwards wird die Leistung hervorgehoben. „Absoluter Jury-Liebling und Highlight des CommAwards war der beeindruckende Erfolg des Studiengangs Audiovisuelle Medien der Hochschule der Medien Stuttgart. In der Kategorie RAUM erhielt die Studentenarbeit die einzige Gold-Auszeichnung und verwies selbst Koryphäen wie KMS und Atelier Brückner auf die bronzenen und silberne Ränge. Auf 125qm inszenierten drei Studentengruppen der HDM Stuttgart im Rahmen der MediaNight eine räumliche Adaption des szenischen Kurzfilms „Schatten“ und begeisterten die Jury restlos.“
„Die acht Studierenden sind keine Anfänger, einige von ihnen habenden die Studioproduktion als Fach zum zweiten oder gar dritten Mal belegt. Die Erfahrung und ihr Können machen sich bemerkbar, denn diese Studioproduktion ist ausgefeilt und durchdacht. Jedes Element passt zum nächsten, jede Technologie steht mit den Inhalten im Einklang. Ein durchweg stimmiges Werk, dass die Auszeichung GOLD verdient hat. “ Ursula Drees
Wir gratulieren!
Ausführliche Informationen zum Projekt finden sie hier.
Es wird ein Video gezeigt. Einer über die Herstellung von einem Honey Pie. Es ist eine Sexpuppe. Die Lippen sind köstlich, voll und geöffnet. Die Augen groß und auch vielversprechend. Alles stimmt, die roten Haare, die Haut, die Körperformen und Körperöffnungen. Und der Erschaffer Matt McMullen, von Haus aus Künstler, jetzt liebevoller Handwerker von Real Dolls ist ihnen zugewandt. Eine Puppe kommt auf 6000 US Dollar. Sie werden in alle Gebiete, bevölkert oder besiedelt sorgfältig in großen Holzkisten verschifft. Die Besteller sind Männer oder vielleicht auch Frauen, davon wird nicht geredet, die eine Sexdoll brauchen. Die sie lieben, hingebungsvoll körperlich. Die Dolls haben unterschiedliche Vaginagrößen, ganz wie der Besitzer es wünscht. Und der Mund ist nach den Lippen eher eine Penisverschwindehöhle und ist weit von einer Mundhöhle entfernt.
Matt McMullen spricht von der Herstellung. Wie die Brüste und der Po geformt werden, wie er sich auch als Testobjekt um die Wirksamkeit der Sexdolls kümmert, wie sehr sie dem Manne zupassen kommen, wie sie helfen.
Mag sein, aber Inimacy? Artifiziell ja, wo aber ist das Intime? Ist es das Nackte im allgemeinen, sind es die passgenauen Öffnungen? Ist es die angenehme Hautstruktur? Ist es das gesamte Objekt und Gott Lob keine Frau. Lebend, denkend, mit Ansprüchen, Moral, Anstand und nicht Anstand?
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Ist nicht Intimität ein Zustand von tiefster Vertrautheit der Intimsphäre. Sie kann auf das Körperliche beschränkt sein aber auch erweitert gesehen werden. Intimität ist auch etwas Seelenhaftes, etwas Gefühlvolles. Wer die Intimsphäre eines Menschen verletzt, kann Labilität hervorrufen, das aus der Balance kommen der menschlichen Selbstverständlichkeit. Körperliche Berührungen dienen als Ausdruck von Sympathie und Verstehen. Es ist die Berührungen der Hände, der Haut, der Wangen, das Austauschen von Blicken, das zärtliche Streicheln und das kann zu Lust führen mit dem Geschlechtsverkehr und Orgasmus als Ausdrucksmittel.
Die Reduktion von Intimität auf Lust und Sex ist minderwertig, lässt den Menschen verkrüppeln. Sexdolls helfen all jenen, die sich nicht auszuhelfen wissen. Wo ist die Kunst? Wo ist die inhaltliche Auseinandersetzung? Wo ist das weiterführende Moment im Präsentieren von Sexdolls? Ist der Titel der Ausstellung falsch verstanden worden? Sind nur Männer am entscheiden? Hat noch nie jemand über Genderfragen nachgedacht?
Neben diesen Fragen ist diese Dokumentation eines Handwerks gelungen. Das Thema behandelt eine Nische, die wir immer schon mal gerne näher betrachten wollten. Wie geht es zu im Pornobusiness oder zumindest einer Verwandten. Wer arbeitet da woran, welche Arbeitsschritte sind notwendig? Wie sieht das Resultat aus, was macht es mit dem Menschen, wenn wir eine Sexdoll vor uns haben? Beginnen wir gleich schmutzige Gedanken zu übertragen. Denn die leichte Zufriedenstellung liegt vor uns.