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Während die diesjährige FMX in der König-Karl Halle mit der Präsentation von Ben Morris, Mike Mulholland und Jason Wenüber die Visual Effects in Star Wars: The Last Jedi eröffnet wird, läuft nebenan der Konferenz-Track „Social Impact“ mit Sander van der Vegte, Jonathan Yomayuza und Luciana Carvalho Se.
VR – A Force For Good hat Luciana ihren Vortrag genannt und sie kann mit ihrem Enthusiasmus das Publikum begeistern. „Wir leben in einer Zeit, in der wir um Aufmerksamkeit kämpfen müssen. Ständige Ablenkung und Unkonzentriertheit beherrschen unseren Alltag. Die Stärke von Virtual Reality ist die Immersion und die damit verbundene Präsenz der Nutzer. Wenn wir ein Headset aufhaben, dann können wir kein Smartphone benutzen. Somit sind wir fokussiert und engaged in der virtuellen Welt“, meint die Head of Partnerships der London based company REWIND. Und das sollten sich Content Producer zu Nutzen machen. Luciana Carvalho Se demonstriert mit verschiedenen Beispielen die positiven Auswirkungen von VR-Produktionen auf die Rezipienten.
„Virtual reality may change our memory, attitudes and behaviour. It has also a long-term impact on our psychology and may evoke neuroreconditioning. VR will become a gamechanger”, erklärt sie während ihres Vortrages.
Eben weil es sich real anfühlt und wahr erscheint, meint Luciana Carvalho Se, werden wir uns mehr miteinander verbunden fühlen, leidenschaftlicher und menschlicher sein. Dieser Gedanke mag dem einen oder anderen angesichts von Headset-verdeckten Gesichtern eher fremd vorkommen. Doch die Argumente Lucianas sprechen für sich.
Zur Autorin:
Katja Schmid begann als Filmemacherin in den DEFA-Studios für Trickfilme. 1993 erhielt sie ihr Diplom als Kamerafrau von der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg. Als Kamerafrau, Digital Artist und Editorin hat sie über 50 Film- und Medienproduktionen mitgestaltet. Seit 2004 ist sie als Professorin für Visual Effects and Postproduction an der HdM tätig. Von 2006-2011 kuratierte sie die Digital Cinema Conference, den Tech Track Stereoskopie sowie die Junior Paper Session der FMX. Von 2014 bis heute ist sie verantwortlich für das VEGA CAMP an der Hochschule der Medien. Ihre Forschungsgebiete sind Lichtfeldtechnologie und Wide Gamut.
Zum Ton:
Peter Ruhrmann trägt den Titel des Ingenieurs für Audio visuelle Medien. Er arbeitet mit Studierenden an VFX Medien Produktionen und zeigt sich verantwortlich für kreative technische Lösungen bei Herausforderung innerhalb der Produktionen. Außerdem entwickelt und wartet er seit 2006 die technische Infrastruktur des VFX Departments an der Hochschule der Medien. Peter Ruhrmann ist zertifizierter Nuke Trainer durch Foundry und fxphd. Seit 2008 unterrichtet er das Fach Compositing.
Fotos, Text, Interview: Katja Schmid
Ton: Peter Ruhrmann
Kamera: Patricia Birnfeld
Mimus ist ein Industrieroboter. Groß und schwer, präzise in den Bewegungen und unaufhaltsam bei der Arbeit. Diesen Maschinen steht nichts im Wege und deshalb sollte man das auch tunlichst unterlassen. Wir haben Respekt vor so großen Maschinen. Dieser Industrieroboter führt nicht nur vorprogrammierte Handlungen und Bewegungen aus. Er bewegt sich autonom. Die Decke ist mit Sensoren versehen, sie erfassen alle Bewegungen im Umfeld des Roboters. Werden Veränderungen wahr genommen, nähert sich der Roboterarm jeweils der Ursache. Werden keine weiteren Bewegungen erkannt, wendet sich der Arm ab und beschäftigt sich selbst.
Bildergalerie:
Präsentiert wird der Roboter nicht live, nur über einen Video. Da steht er in einem Glaskäfig, vor der Scheibe wie im Affenhaus befinden sich die Menschen, Kinder. Sie bewegen sich und sofort ohne Verzögerung reagiert der Roboter und nähert sich an. Das ist ein verrückt anzusehendes Schauspiel. Die Bewegungen wirken so natürlich, so lebendig, so individuell, so gewollt. Und sofort bringen wir dieser Maschine Empathie entgegen. Wir wollen mehr Interaktion, wir wollen spielen, wollen uns mit diesem technischen Tierchen anfreunden und es lieb haben.
Die Gestenerkennungssoftware heißt Quipt. Sie unterstützt neue und intuitivere Wege mit Industrierobotern zu kommunizieren. Mit wearable markers und einem motion capture system vermag Quipt Industrierobotern eine Raumwahrnehmung und -vorstellung zu vermitteln und das lässt sie in großer Nähe mit Anderen interagieren.
gesehen auf der Ars Electronica 2017: POST CITY.
Auf einer Tischplatte bewegen sie sich unaufhörlich. Beständig klackern die Beine auf die Oberfläche. Klicker, Klacker, ein Schuffeln, ein Swooschen, ein unendliches Gemenge an feinen Tönen, hervorgerufen durch fragil erscheinende Strukturen. Es sind Eidechsen, Tausendfüßler, Manteltierchen oder andere Kleintiere, die sich dort fortbewegen. Ein fantastisches Schauspiel. Die Kreaturen lassen sich in die Hand nehmen und drehen, ihre Bewegung lenken. Es sind als ein Objekt gedruckte Formen. In der Regel wird beim 3 D Druck vor den kantigen, harten Oberflächen gewarnt. Es verhindert fließende Bewegungen und Übergänge an den Teilen selbst und in der Kombination der Teile zueinander. Oft ist ein Nachfeilen und Schleifen mit der Hand notwendig. Das ist zeitraubend und manchmal kommt die Hand und die Feile nicht in schmale Zwischenräume herein. Und dann stockt eine Bewegung .
Hier wird ein Material verwendet, dass außergewöhnlich glatt und weich ist. Es ist eine Art Nylonpulver. Ein CAD gesteuerter Vorgang ermöglicht den Druck als Ganzes. Alles was überflüssig von dem Material ist, kann als Pulver abgefegt und –pinselt werden. Da kommt ein Ganzes als Druck heraus. Und das bewegt sich mühelos. Ein Motor wird eingelegt und der gibt die notwendige Energie. Und dann geht es los. Das Ergebnis ist faszinierend und weckt den Entdecker- und Spieltrieb.
Die Modelle sind mit 3DCAD (Rhinoceros) und mit der Selective Laser Sintering 3D printing Maschine RafaelⅡ550, Aspect durchgeführt.
Der Wirbelsäule nachempfunden sind einzelne Gelenkplatten in einer Richtung beweglich oder dehnbar. In der anderen Richtung sind sie steif. Die Künstler nennen das Material Coded Skeleton. Es ist eine Kombination aus Formgedächtnislegierungen (Abkürzung FGL, englisch shape memory alloy, Abkürzung SMA) und 3 D gedruckten Modulen. Formgedächtnislegierungen finden sich bei pneumatischen Ventilen in der Automobilindustrie, bei optischen Bildstabilisierungen, beim Autofokus, bei Stents in der medizinischen Implantatentechnik, bei Zahnspangen, bei Brillengestellen usw..
Das Material für den 3D Drucker kann sich an eine frühere Formgebung trotz nachfolgender starker Verformung scheinbar „erinnern“. Daraus entstehen modulare mechanisch verbundene einseitig bewegliche Wirbelstrukturen. Sie können groß oder klein sein. Diese Module werden durch Code und Microcontroller bewegt. Es sieht mühelos aus und in die entsprechende Form verpackt, wie im Beispiel gezeigt, das Spielzeughasenöhrchen, ist die Bewegung mühelos und natürlich. Das 3 D Material ist in der Haptik ähnlich dem Knorpel in Gelenken. Etwas durchscheinend, warm und in seiner Härte elastisch.
Diese Arbeit inspiriert. Sie verbindet analoges mit Technik in einem vorstellbaren Masse. Es
ist die nachgebildete Anatomie, die so vertrauenserweckend ist.
http://digitalnature.slis.tsukuba.ac.jp/2016/06/coded-skeleton/
Es ist ein Prototyp für eine lebende Architektur. Eine Haut, hoch elastisch und äußeren Einflüssen resistent spannt sich über Bögen, die wiederum mobil auf Schienen in der Horizontalen beweglich sind. Die Bögen scheinen sich leicht drehen zu können, um gegebenenfalls einen Höhenunterschied zu erreichen. Es gibt ca. 9 Bögen, die hintereinander angereiht sind und jeder ist unabhängig vom anderen zu bewegen. Mit verschiedensten Beleuchtungsbedingungen verändert sich die Position der Bögen und damit spannen und bewegen sie die elastische Außenhaut. Das Gebäude verändert seine Gestalt. Die Bögen gehen der Helligkeit nach, zumindest im Model.
Über Proportionen wird noch nicht viel gesagt, es können kuppelartige Hallen sein, aber auch Einzelwohnstätten sind vorstellbar.
Ein Haus dessen Wände und Dach stetig die Position ändern. Die Oberfläche ist an bestimmten Stellen perforiert und mit der Dehnung weiten sich die Perforationen und lassen Helligkeit durch oder sie ziehen sich zusammen, dann fällt entsprechend wenig Licht und Luft ein. Die heutigen Konzepte von smart homes bewegen sich in Richtung remote control von eingebauten oder installierten Devices wie Licht, Heizung, Helligkeiten, Fensteröffnungen, Garagen, Türschloss, mögliche Appliances in der Küche wie Kaffeemaschine oder Herd an- oder ausschalten.
Hier haben wir es mit einer anderen Art von Smart Architektur zu tun. Sie passt sich den ökologischen Einflüssen an, es geht ums Ganze. Einerseits kann der Gedanke in Richtung ecohouse weiter gedacht werden, andrerseits in Richtung mobile Architektur. Vielleicht gibt es Konzepte von Behausungen die gleichzeitig zu Höhenunterschieden an Wänden und Dach auch die Volumen erweitern oder verringern können. Ein Ziehharmonikahaus.
Wie lässt sich das Day to Day Life darin vorstellen? Wo werden Schränke für Geschirr, Töpfe, Besteck oder Flaschen aufgestellt? Wohin mit Kleidern, Schuhen, Schreibtisch, Stühle, Tische, Betten, Bettwäsche? Werden entsprechend mobile Raumtrenner entwickelt? Besitzen die Menschen heutzutage nicht Unmengen von Dingen? Wohin damit, wenn wir sie nicht mehr an die Wand stellen? Das Leben in Innenräumen würde revolutioniert. Es könnte die Bewegung des Wohnminimalismus anfeuern.
Was machen wir bei einem Streit mit dem Partner? Wenn wir jemanden aus dem Weg gehen müssen? Was bedeutet dann Privatsphäre, was Intimsphäre? Vielleicht würde die Architektur auch damit umzugehen wissen. Dass wir anstelle von Blumengestecken (siehe Japanische Kultur) dem Mitmenschen durch die Außenhaut mitteilen, dass es ein ziemlich schlechter Tag für zwischenmenschliche Diskussionen über Staubsaugen, Socken weg räumen, Hausaufgabenhilfe für die unselige Brut, Essen aufwärmen und Kind zum Reiten kutschieren ist? Man kommt nach Hause und die Hälfte des Hauses ist verdunkelt, die Größe um einiges reduziert, die Decken und Wände nah am Boden, kein Platz für noch jemanden. Das wäre eine ziemlich klare Botschaft. Würde es helfen oder eher eine wenig soziale Lebensform unterstützen. Für alles und jedes ein Zeichen zu finden und Auseinandersetzungen, so hart wie sie sind, scheuen, wenn möglich. Im eigenen Sumpf sumpfen…..Die Menschen müssten sich mit dieser Art der Architektur verändern.
Julian Jauk vor dem Prototyp. Danke für die Informationen auf der Ars.
Julian Jauk studierte Architektur und Philosophie an der Universität in Granz. Er arbeitet am Institut für Architektur und Media an der Granz Universität für Technologie. Auf der Ars Electronica ist er schon einige Male seit 2013 durch Werke vertreten worden.