Tag Archives: Rauminstallation
In sozialen Internetdiensten posten, schreiben, demonstrieren, propagieren, feiern, leben und präsentieren wir uns. Immer zu jeder Zeit, ständig. Und weil wir alle daran teilnehmen erscheint uns das Tun harmlos. Zwar wissen wir, dass wir unser Inneres Preis geben, dass wir uns zugängig machen für Jedermann, Freund oder Feind, aber es ist uns trotzdem egal. Privatsphäre und Datenschutz sind bekannte Schlagworte: langweilig, übertrieben ängstlich. Und dennoch wenn wir posten, manchmal kommt da ein kleiner Zweifel, wer das alles sieht. Der neue Arbeitgeber? Die NSA oder der BND? Wer weiss, was die Zukunft bringt? Was geschieht bei einem Wandel der Einstellung, wenn nicht mehr die Liberalität herrscht, sondern bestimmte Ansichten, Gruppen und Taten verboten werden? Wenn Randgruppen kriminalisiert werden? Wenn Alkoholkonsum oder Sex zur Gefahr werden, wenn Nacktheit oder Selbstständigkeit der Gedanken nicht mehr erwünscht sind?
Wie kann dann der persönliche Datenstrom nachträglich an das herrschende Meinungsbild angepasst werden? Sollten wir das nicht jetzt schon aus Vorsicht tun? Sollten wir nicht mit einer Autozensur beginnen? Oder uns zurückziehen? Oder weiter machen in der Hoffnung auf die Warholschen 15 Minutes of Fame einfach weiter?
In dieser Installation des Schweizers Marc Lee sehen wir auf 4 Leinwänden in Echtzeit den User- generated Content. Die Menschen erzählen Geschichten über sich, über andere, über politisches, soziales, über alles was geschieht. Es wird global reflektiert und kommentiert. Ob es viele Menschen interessiert ist ein Glücksspiel. Manchmal wird plötzlich die Geschichte es Hundes im Badezimmer zum Hit, manchmal tatsächliche Neuigkeiten. Alle sprechen, alle reden, alle schreiben und alles zusammen erscheint erst mal oberflächlich und sinnlos. Wenn es auf 4 Leinwänden gezeigt wird. Ein Einheitsbrei. Mehr nicht. Man wird zum Beobachter und Überwacher. Wer will. Alle anderen drehen sich weg und langweilen sich. Zu Recht, aber eben nicht immer.
Es ist eine Mixed- Media Installation mit Video, Digitaldruck, einem Mondfahrzeug und Sand. Am Eingang begrüsst das Plakat „Lunar Girl“ die Besucher. Lunar Girl ist eine futuristische, westliche Blondine mit Samuraischwert, Metallkleid und dickem Klunker am Finger. So will die Heldin der Geschichte Selena werden. Die wiederum ist ein verrückte Japanerin, jung und der Wissenschaft verschrieben. Sie will als erste Frau Spuren auf dem Mond hinterlassen. das aber wiederum ist nicht einfach, denn Mondfahrten werden nicht so oft durchgeführt. Und dann muss man Astronautin sein und nicht Selena, die in einer kindlichen Unordnung farbenfroh mit Kuscheltieren, kurzen Röcken und Rechnergerät aller Art in einem engen Zimmer lebt.
Der Wunsch ist da. Wie also kommt man zum Ziel. Und was genau ist das Ziel. Will Selena selbst dort sein? Oder will Selena eine markante Gender Antwort geben auf die Mondanzugsabdrücke, die wir vermeintlich kennen. Sie will letzteres. Sie will wie Lunar Girl zeigen, dass Frauen, nicht Astronauten auf dem Mond sein können. Und woran man dies für immer und ewig sehen kann erklären natürlich die Fussabdrücke.
Wie soll das klappen. Selena baut ein Mondfahrzeug. Das sehen wir vor dem Video auf Sand stehend. Es wurde nach Beratungen mit Ingenieuren und Fachleuten des Johnson Space Center der NASA in Hauston entworfen und gebaut. Mit einem Unterschied, vor dem Fahrzeug ist eine zusätzliche Installation eines Fussabdrucks eines Stöckelschuhs installiert. Bewegt sich das Fahrzeug rotiert der Stöckelschuh und hinterlässt in Schrittweite, eher Trippelschritte den Abdrucks eines Pumps. Auf dem Mond. Und vielleicht ist das Lunar Girl, oder Selena.
Diese Installation ist humorvoll. Bunt, unkonventionell, japanisch.
Überwachungskameras sind überall. Die Modelle variieren. Es gibt die neuen Typen, die runden, die alten, die noch wie Kameras daherkommen. Wir haben uns an den Anblick gewöhnt und weil sie immer an unauffälligen Stellen installiert sind, oder zumindest nicht direkt auf der Sichtachse eines menschlichen Kopfes, werden sie entsprechend übersehen. Der Künstler beleuchtet die Überwachungskamera effektvoll von unten und der Schatten formt einen fliegenden Vogel. Eine Kamera frei wie ein Vogel, frei wie ein Falke, denn Tutel bedeutet Falke . Ein Geschöpf des Himmels der ungarischen Mythologie, ein Richtungsgeber. Er führte die herumziehenden Ungarn in ihr Heimatland. Und in der letzten Zeit ist Turul zum Zeichen der radikalen Nationalisten geworden. Den die verwenden neben waagrechten toten und weißen Balken aus dem Wappen der Árpád-Dynastie historische und mythologischen Motive. So wird die ungarische Identität etabliert ud machtvoll visualisiert.
„Das allerorts zu beobachtende.Wiedererscheinend es Turul-Vogels in Ungarn ist eines der wichtigsten Anzeichen für das neue nationalistische gefärbte Selbstverständnis der Rechten und der extramen Rechten im Land. Dieses Symbol ist der mystischen und romanischen Geschichtsschreibung tief verwurzelt, dem Hauptwerkzeug zur Konstruktion der herzeigten nationalen Identität und deren historischer Mission in Europa und der Welt“ Zitat S. Kisspál “ The Rise of the Fallen Feature: The Symbolist of teh Turul Bird in Contemporary Hungary“ in : e-flux journal, #56, 0672004
Die Lichtinstallation wurde vor 4 Jahren, 2012 gemacht, die Erkenntnisse der Wertigkeit des Vogels und der symbolischen Bedeutung schon 2004 erkennen und begriffen. DAs Werk ist politisch geworden mit jedem Tag. Die Abschottung der Ungarn von der Europäischen Uniion, die Einschränkung der Pressefreiheit und Abschottung durch Grenzen.
Wer in die Ausstellung Globale will, durchquert eine andere mit dem Titel „New Sensorium“ im Erdgeschoss. Die Hallen des ZKM sind verdunkelt, dunkler als erwartet. Zum Teil betreten wir so spärlich beleuchtete Räume, dass das Auge erst mal eine Eingewöhnungszeit braucht um überhaupt etwas zu sehen. Aber bei dem Kunstwerk von Kohei Nawa (JP) ist das nicht der Fall. Mitten der Haupthalle scheinbar mittelachsial, symmetrisch inszeniert steht sie da.
Die Installation kann in diesen Hallen atmen. Hier steht nicht noch ein kleines Werklein an der rechten oder linken Seite. Die Installation atmet Ruhe, Kontemplation, Zen. Licht auf Schwarz und Weiss. Aus der Decke ziehen Fäden in den Boden, so zumindest glaubt der Betrachter anfangs. Es sind keine Fäden, es ist eine Flüssigkeit, schwarz, aus Silikonöl, schwerfällig, zäh, träge. Die physikalische Phänomene der Schwerkraft mit der Wirkung der Gravitation werden demonstriert.
Diese Flüssigkeit strömt aus der Decke, aus organisch geformten Lächern und tritt am Boden auf ein Silikonölbecken. Die Flüssigkeit beugt die Oberfläche. Lautlos geschieht das alles. ES riecht nicht. Es ist ein Moment des Verweilen. Zeit und Raum schmelzen zusammen.
Der Gläserne JOHAHN – Der Ilmenauer Medienpreis wird alle zwei Jahre vom Wissenschaftlichen Beirat Medien der TU Ilmenau verliehen.
Dabei können Studierende aller deutschen Hochschulen ihre Medienprodukte in den Kategorien Kurzfilm, Multimedia und Medienkonzept einreichen.
Die Studioproduktion Event Media hat mit der Produktion „Irrsinn“ den Gläsernen Jakob, den ersten Preis, in der Kategorie Multimedia gewonnen. Ein grosser Preis mit 1250 Euro Preisgeld und Urkunden.
Die Laudatio hielt kein geringerer als der Erfinder des mp3 Prof. Dr.-Ing. Dr. rer. nat. h.c. mult. Karlheinz Brandenburg. Zitiat:“ Das ist wirklich Multimedia.“ Was für eine Anerkennung!
Und wir freuen uns irrsinnig. Denn die Kooperation AM und MW beweisen, was gemeinsam geschafft werden kann. Das sehen auch andere, nicht nur wir. Wollen wir es jetzt ganz einfach schreiben: wir sind einfach klasse. Nicht nur die Hochschule als Ganzes, sondern auch die Stupro Event Media Als Studioproduktion.
(Selbstlob stinkt! Hier stinkt’s gerade. Aber damit kommen wir zurecht.)