Tag Archives: Rauminstallation
Der Raum ist dunkel und anfangs nur wenig zu erkennen. Irgendwo in der Mitte scheint eine Wand, vielleicht ein Spiegel, eine Leinwand irgendetwas Durchsichtiges zu sein. nach der Anpassung des Auges an die Dunkelheit lässt sich eine schwach erhellte Nebelwand identifizieren. Langsam tastet man sich mit ausgestreckter Hand heran und versucht die Wand zu berühren, greift aber hindurch.
Jetzt beginnt die Installation zu leben, einige Töne werden gehört. Deshalb tritt man ganz hindurch und befindet sich zwischen zwei Licht-Nebelwänden und in diesem Raum ertönen Geräusche von zerbrechendem Glas. Eine fragile und federleichte Installation. Keine Objekte, nichts Festes findet sich hier. Es ist eine Erfahrung von Unsicherheit, die mit Erstaunen belohnt wird. Erstaunen dass es sich um einen sichtbaren aber nicht erfühlbaren Hörraum aufhält.
Klang förmlich wie eine Skulptur zu modellieren ist die Grundidee, die Anke Eckardt (DE) inspirierte. Between | You | And | Me ist eine Wand von Sound und Licht, die einen architektonischen Raum definiert. Zwei dünne Lichtmembrane bilden einen sichtbaren Rahmen, der mit Klang gefüllt ist. Über extrem gerichtete Lautsprecher, hypersonic speakers, sind Klangtexturen zerbrechenden Glases zu hören. Wahrzunehmen ist all das jedoch nur, wenn die/der Besucher/in sich der Wand nähert und mit ihr interagiert.
Honorary Mention Digital Musics & Sound Art auf der Ars Elecronica 2012
Memopol-2 kartografiert das Informationsfeld ihrer Nutzer. Wird ein Personalausweis auf das Erkennungsdisplay gelegt, gescannt und errechnet beginnt die soziale Maschine, Informationen über deren Inhaber aus nationalen wie internationalen Datenbanken und aus dem Internet zusammenzutragen. Diese werden dann auf einer großen Displayinstallation visualisiert. Nutzer der Maschine werden mit Namen und Porträt gespeichert.
Die kyrillische Schreibweise des Installationstitels ist eine Anspielung auf den Großen Bruder in George Orwells dystopischem Roman 1984. Bei jedem Surfen im Internet, jedem Bezahlen mit der Bankomat-Karte, jeder Benutzung eines Ausweises hinterlässt man eine digitale Spur. Internet und soziale Netzwerke sammeln und liefern eine Fülle persönlicher Informationen. Die Hintergrundprüfung mithilfe von Suchmaschinen und sozialen Netzwerken ist längst zur Routine geworden. Memopol-2 ermöglicht eine gründliche Prüfung des eigenen Hintergrunds, die unser virtuelles Abbild widerspiegelt.
Estland ist anderen Ländern bei der staatlichen Datenerhebung weit voraus. In Estland sind bereits seit zehn Jahren elektronische Personalausweise in Gebrauch und es existiert ein System, das alle staatlichen Datenbanken miteinander vernetzt. Mithilfe persönlicher Kartenlesegeräte sind diese Daten leicht abrufbar.
Bei der Prüfung meines Personalausweises, dem Neuen übrigens, konnte das System leider mein Geschlecht nicht erkennen. Ich wurde zum Mann. Macht nichts, mein Alter und mein angestrebtes Todesjahr, 2027, werden akkurat abgebildet, Sternzeichen und dazugehörigen Auszeichnungen, meine Freunde Auf Facebook mit Bildern und deren Verbindungen steigerte meine Popularität, und von 20 möglichen Sternchen bekam ich immerhin 5 an Famestatus. es wurden keine Brands aufgerufen, da hätte ich aber was anderes erwartet wo ich doch ein so treuer e-bay Nutzer bin, mein Gehalt beläuft sich auf 1 Euro im Monat, das ist eine Standardangabe für alle, die noch keine Gehaltsangaben im Pass haben. In Estland scheint das bereits der Fall zu sein. Hoppla. Preise und Grands hatte ich anscheinend keine, auch den Führerschein nicht und war auch kein über Interpol gesuchter Verbrecher. Alles gut im Ganzen. nur das mit dem Mann sein, das macht mir zu schaffen.
Credits:
Idea, design, programming: Timo Toots (EE)
Co-designer: Martin Rästa (EE)
Co-programmer: Tanel Külaots (EE)
Co-programmer: Arne Gödeke (DE)
Sound design: Hendrik Kaljujärv, Karl Saks (EE) http://www.timo.ee
Am 30. August, also gestern wurde die Installation von Seiko Mikami betitelt „Desire of Codes“ im Programm der Ars Electronica in Linz im Lentos Kunstmuseum eröffnet.
Seiko Mikami (geb.1961) beschäftigt sich mit dem Themenkomplex Information, Gesellschaft und Körper. Ihr Interesse gilt den Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine sowie der Wahrnehmung des Menschen und jener der Maschinen. Seit den 1990er Jahren setzt sie ihre künstlerischen Recherchen meist in Form großformatiger, interaktiver Installationen um. Dazu zählen „Molecular Informatics“(1996),„World, Membrane and the Dismembered Body“ (1997) und „Gravicels“(2004) und „DesireofCodes“(2010). Seiko Mikami lebt inTokyo und ist seit 2000 als Profesorin am MediaArtLab der Tama Art University tätig.
Die Installation setzt sich aus 3 Teilen zusammen.
„Wriggling Wall Units“
An einer meter langen weißen Wand sind neunzig mechanische Fühler mit eingebauten Überwachungskameras angebracht. Sie richten sich nach den Bewegungen der Besucher aus. Die Kameras sind hochempfindlich, die Mikros ebenso.
Sie zeichnen alle Bewegungen und Geräusche auf. Die Kameras sind klein, filigran und geometrisch an der weissen Wand angeordnet. Sie reagieren ohne Verzögerung und vermitteln den Eindruck von grosser Selbstständigkeit.
„Multi Perspective Search Arms“
In einem anderen dunklen Raum findet man 6 Roboterschwenkarme, die an der decke installiert in den Raum hineinreichen.
An den Enden sind Kameras, Miniaturlaserprojektoren und Ministrahler angebracht. Auch hier nehmen die Kameras jede Bewegung wahr und folgen ihr.
Die Aufgezeichneten Bilder werden in einer Datenbank gespeichert und auf den 3. Teil dem sogenannten
„Compound Eye Detector Screen“ in Echtzeit projiziert.
Die runde Projektion setzt aus 61 kleinen Wabenbildern zusammen. Hier können sich die Besucher selber sehen. Einige zeigen die Live Bilder, andere geben Bilder aus der Datenbank der “Desire of Codes” wieder.
Hier finden sich Bilder aus Überwachungskameras der Welt: Flughäfen, öffentliche Plätze, Bahnhöfe, Banken, Strassen, Denkmäler usw.. Wir befinden uns in einer Doppelrolle: einerseits Bildgeber, andrerseits Abbildung.
Wenn in dem Raum „Multi Perspective Search Arms“ längere zeit nichts geschieht, die Roboterarme ruhen werden im „Compound Eye Detector Screen“ Raum, der grossen Wabenbilder Projektion die Abbildungen immer schärfer und detaillierter. Sie fallen dann in eine Art Traummodi. Nur wer sich wirklich still in der Installation verhält ist in der Lage diese Bilder zu sehen.
Der Klangraum
Als Letzte Komponente gibt es einen Klangraum. Neben der Speicherung der Bilder werden auch sämtliche Klänge und Geräusche aufgenommen. Richtungsmikros reagieren auf alle Töne und zeichnen sie auf. Sie werden in die Datenbank geschickt und miteinander abgeglichen. In unterschiedlichen Abständen werden diese Klangkollagen im Raum abgespielt.
Die Ars Electronica Festival startet am 30. August und steht unter dem Motto „The Big Picture – Weltbilder für die Zukunft“. Best-Practice-Beispiele aus Kunst und Wissenschaft fordern einen neuen, offenen Blick für die Entwicklung einer Vision für unsere Zukunft. Es wird nach dem „Big Picture“ gefragt. Wie kann sich das darstellen und wie kann es sein. Eine Vielzahl von internationalen WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen sind von 30. August bis 3. September in Linz, darunter der Künstler und Wissenschaftler Joe Davis (US), Genetik-Professor George Church (US) von der Harvard Medical School, der Robotik-Wissenschaftler Hiroshi Ishiguro (JP), der Gründer des Online-Wissenschaftsmagazins Seed Adam Bly (CA), der Kurator, Autor, Videofilmer und Kulturpublizist Jens Hauser (DE/FR) oder Julius von Bismarck (DE), der Shooting-Star der europäischen Medienkunstszene. Der übrigens bei Joachim Sauter an der UdK studierte.
Unter http://www.aec.at/thebigpicture/ steht mehr.
Empfehlenswert am 1 September die voestalpine Klangwolke. Eine Musikinstallation aus menschlichen und robotischen Protagonisten, tausenden Leuchtbuchstaben und der illuminierte Architektur der Stadt selbst sind Teil dieser Klangwolke, die von der Vernetzung unserer Welt erzählen wird.
Den Anfang dieser Geschichte markieren die Entdeckung der Elektrizität und der Siegeszug des künstlichen Lichts. Die Geschichte geht weiter mit der Erfindung der Telegrafie und Telefonie, von Film und Fernsehen und den ersten erfolgreichen Versuchen digitale Botschaften von A nach B zu übertragen.
Hört sich klassisch an und deshalb wird es spannend. Spannend obs neuartig wird.
Der Vorläufer der aktuellen kinetischen Installation mit dem Namen Kinetic Rain Skulptur ist jene im BMW Museum, München. Hier entsteht in gleichmässiger Bewegung, präzise die Aussenform eines Autos. 714 Metallkugeln werden jeweils über einen kleinen Motor gesteuert auf und ab bewegt. In 7 Minuten entstehen verschiedene Bilder und Einblicke.
Kinetic Sculpture for the BMW Museum, Munich 2008 from ART+COM on Vimeo.
Im Flughafen Singapur wurden 2 KINETIC RAIN Skulpturen mit Kupfer überzogenem Aluminiumregentropfen entwickelt. Sie stehen einander gegenüber und zusammen überspannt die Installation eine Fläche von 75 Quadratmetern und bespielt das Terminal über 7,3 Meter Höhe.
Auch hier wird jeder Tropfen durch einen kleinen Motor bewegt. Sie sind an hauchdünnen Stahlseilen befestigt. Die Motoren werden durch Computer gesteuert. 15 Minuten dauert ein Durchlauf und stellt einen Kontrapunkt zum geschäftigen Treiben des Flughafens da. Wer Zeit hat, kann sich entspannen, wer seinen Flieger bekommen muss, der sollte aufpassen. Die Bewegung und das Zusammenspiel zieht den Betrachter magisch an und lässt ihn stehen bleiben und verweilen. Länger als angenommen. Die Bewegungen sind magisch und wie von Geisterhand entwickelt. Die Anziehungskraft dieser Skulpturen ist nicht zu unterschätzen.
Kinetic Rain by ART + COM from Dezeen on Vimeo.
ART+COM hat schon bei der Installation im BMW Museum ausufernde Stresstests unternommen. Im Interview wurde von einem halben Jahr Dauerbetrieb gesprochen, damit die Stetigkeit der Bewegung gelingt.