Category Archives: Medien Architektur
Rogier van der Heide: Vice President und Chief Design Officer von Phillips Lightning. Sein Metier ist das Licht. Aber nicht nur das. Das wäre einseitig. Wer an die Helligkeit denkt, der beachtet die Dunkelheit ebenso. Wer das Licht gestaltet, weiss dass Spannung und Fokus im Zusammenspiel mit dem Hellen und Dunklen, mit dem Direkten und Indirekten, mit dem Satuierten und Ausgewaschenen, Diffusen, mit dem warmen und kalten Licht entsteht.
Zum TED Talk.
Rogier van der Heide ist in seiner Funktion als Chief Design Officer bei Philipps Lightning in einer aussergewöhnlichen Position. Bis dahin kenne ich kein grosses Unternehmen das überhaupt die Position des Chief Design Officers kennt, denn die Chefs sind eher die Chief Technical Officers, Chief Executive Officers, Chief Financial Officers, aber selten die der Gestalt- und Formfindung von Licht. Allein schon deshalb sollte man sich sein Werk anschauen. Hier bei TED in Amsterdam spricht er über die Besonderheit und Notwendigkeit Licht und Dunkelheit herzustellen. Er ist ein geübter Sprecher. Seine Lässigkeit, Souveränität verbunden mit einer charmanten Bescheidenheit zieht den Zuhörer in den Bann. Ich habe ihn auf dem Szenografie Festival in Stuttgart im November 2012 gehört. Dort standen ihm 45 Minuten Redezeit zur Verfügung. Eine schier unglaublich lange Zeit, die es zu füllen gilt. Bei seinem Vortrag gab keine Minute Langeweile oder Ermüdung.
Roger van der Heide arbeitet mit Architekten und Gestaltern oder Visionären zusammen. Grosse Namen hört man da: Renzo Piano, Ben van Berkel, Rem Koolhaas, Zaha Hadid, Michael Graves, Cesar Pelli, Rob Krier.
Hier stelle ich eine Medienfassade vor, die sich mit Bestandarchitektur verbindet. Wer das Gebäude heute sieht, kann sich beim besten Willen die ursprüngliche Architektur nicht vorstellen. Eine karge, sehr in die Jahre gekommene 70iger Jahre Fassade, wie wir sie gerne in Deutschen Kleinstädten bei Gebäuden wie Hertie, Woolworth oder Kaufhof kennen. Nichts für eine Luxus Einkaufsmeile. Dort in Seoul, der Galleria West jedoch lag genau dieser Fall vor. Rogier van der Heide erklärte dass die Besucherzahlen zur Verwunderung der Betreiber nach unten gingen, keiner wollte in die Luxus Geschäfte wie Louis Vuitton oder andere Top Designer gehen und dort Unmengen von Geld für Kleidung, Taschen, Schuhe oder andere Luxusgegenstände lassen. Sagte, seine Verwunderung begründete sich auf die Unkenntnis des Gebäudes, das er später erst zu Gesicht bekam. Dann jedoch wurde einiges klar. Auch ihm, denn er sagte von sich selbst, dass er nicht viel mit Luxusmarken zutun hat. Gucci, Dior, Louis Vuitton, Prada und wie sie alle heissen, sind zwar Begriffe, aber frei von Bedeutung für ihn.
Mit Blick auf das Gebäude jedoch erklärte sich vieles: eben Woolworth, Kaufhof oder Hertie. Es ging darum die Fassade zu wandeln, das Gebäude zu wandeln, das Image zu wandeln. Vielleicht sogar ein Landmark herzustellen. Rogier van der Heide entwickelte zusammen mit den Architekten des UN Studios eine zweite Haut aus gefrosteten Glaskreisen. Tagsüber schimmern sie Perlmuttfarben, abends lassen sich die fast 5000 Glasscheiben mit einzelnen jedem Modul zugeordneten LED’s erleuchten. Daraus entsteht eine Farbenpracht, die ansteuerbar und bespielbar ist. Nur die Kante des Louis Vuitton Stores wurde aus geschlossen, da das Corporate Design dieser Luxusmarke ein bestimmtes und festgelegtes, nicht erweiterbares Design vorgibt. Schwarz weiss, Purität und äusserste Zurückhaltung. Der Kontrast, der durch die opulente Farb- und Lichtwelt mit dem Einschnitt des Louis Vuitton Stores erhöht die Attraktivität.
Das Steuerungsmodul umfasst 15.000 DMX Kanäle und ist wohl eines der elaboriertesten heutzutage. Der erzielte Effekt überstrahlt die Möglichkeiten einer Lichtprojektion bei weitem. Hier ist etwas Neues entstanden. Und tatsächlich, dieses vorher so unbeschreiblich langweilige Gebäude ist zu einer Attraktion geworden. Leute lassen sich davor fotografieren. Man staunt über die langsamen, subtilen Farbwechsel, die Bewegung an sich und macht Videos zum Andenken. Eingekauft wird auch wieder. Dass eine bespielbare Fassade auch für schnöde Werbung verwendet wird, kann auch ein Rogier van der Heide nicht verhindern. Aber so sieht sie gross, bunt und lebendig aus. Und wenn die tatsächliche Qualität der Fassade ausgeschöpft wird, sieht alles ein Kunstwerk aus.
Photos: Christian Richters und Rogier van der Heide
Architekten: UNStudio
Media Fassaden Konzept: UNStudio und Rogier van der Heide
Lighting Design: Rogier van der Heide
Arup Project Team: Rogier van der Heide, Simone Collon, Bob van der Klaauw
Product design: Rogier van der Heide und Tommy Voeten
Lighting control software: Rogier van der Heide
Eine 3D Videomapping Installation Projektion auf die Amsterdamer Westerglasfabriiek am 1. April 2012. Was hier gezeigt ist, ist Werbung. Werbung auf einem besonders hohem und auch künstlerischen Niveau für eine Arbeitsvermittlungsgruppe mit dem Namen Experis. Die haben sich den Eintritt in die Wirtschaft etwas kosten lassen. Es wurde das Kreativ Studio POSTPANIC beauftragt die ziemlich beeindruckende Fassade, ein Stahl-Glas Zylindertank aus dem Jahr 1902, mit der Höhe von 40 Metern zu bespielen. 4 Minuten mit dem Titel ‘The Human Age’.
Experis – Enter the Human Age from PostPanic on Vimeo.
PostPanic zeigen ihr zweites Projektions Mapping Projekt. Das erste 3D Projektion Mapping fand in Dubai für Ariel, Waschmaschinen Pulver statt. Die trauen sich was.
Jules Tervoort in seiner Position als Executive Producer bei PostPanic kommentiert: „This was a great project for us because Experis ultimately gave us the freedom to achieve something highly ambitious – an abstract and graphic interpretation as a journey through their story of ‘The Human Age“.
In der Tat, kann ich nur sagen, nicht nur das, sondern obendrauf gab es noch das überaus anspruchsvolle und attraktive Gebäude, und vom Geld wollen wir nicht mal reden. Massive Music hat den Soundtrack komponiert, schön abgestimmt und mit genügend Drama auf die Bildwelten.
Client: Experis
Concept & Production: PostPanic
Director: Eat My Dear (Patrick Sturm, Markus Hornof)
Executive Producer: Jules Tervoort
Audio Composer: Guy Amitai @ Massive Music
Audio Producer: Lodewijk Pottker @ Massive Music
Technical Supervision: 4AV
Animators/Designers: Anton Woll Söder, Michael Olea, Benjamin Philippovich,
Beate Höller, Doma Harkai, Markus Hornof and Patrick Sturm
Der Screenshot ist aus Felix Grauer’s Video.
Heute morgen habe ich dann glücklicherweise noch den Link für ein weiteres Dokumentationsvideo erhalten. Es ist neben der rein beschreibenden Darlegung auch ein ansprechendes Dokument geworden. Die Einstellungsgrössen zeigen die atmosphärische Dichte des Objekts, der Bespielung und des Nebels.
Smart Grid by CIAD from Felix Grauer | FLXGRR on Vimeo.
Na gut, ich will nicht zu sehr loben, denn wir wissen alle, dass das Video auch ohne Zooms ausgekommen wäre und einige Schnitte ein klitzekleines bisschen unsensibel direkt in eine Bewegung ohne Fortführung gesetzt wurden. Das sei dahin gestellt, wir sind ja nicht im Kino. Was zählt sind die tollen Aufnahmen des bespielten, in der Unsichtbarkeit der Dunkelheit verschwindenden, Bergobjekts. Es lässt die Größe erahnen und die exakte Arbeit mit dem Vermessen, der Projektionsqualität und der Anordnung des projizierten Inhalte. Ich frage mich welche/r Beamer da im Spiel war.
Credits:
Smart Grid by CIAD
from Felix Grauer
Music by Tool…8 (BergWacht)
CIAD-LAB – Light on a Smart City
Ein Projekt der Fakultät für Architektur an der Fachhochschule für Architektur in Köln, geleitet durch Prof. Jochen Siegemund. Zwei Vertreter eines 14 köpfigen Masterstudierendenteams stellten auf dem Szenografie Festival in Stuttgart das Projekt CIAD-LAB – Light on a Smart City vor.
Die Ausgangsdaten (hier gibt es Projektskizzen) müssen alles andere als inspirierend gewesen sein, es handelte sich wohl um einen Stapel statistischer Daten zur Stadt, die aufgearbeitet und verständlich gemacht werden sollten. Druckwaren in grafisch attraktiver Form präsentiert, Informationsgrafiken in den Raum gestellt, Filme und Interviews zur Lage an Wände gebeamt fallen einem da gerne ein, nicht aber eine Installation im Überflutungskeller der FH Köln.
Der liegt im Untergeschoss, ist gross und ganz der Funktionalität überlassen. Dieser Raum wurde zu einem Erlebnisraum umgestaltet.
Die Flutungshalle erhielt ein aus Kartondreiecken assembliertes grossformatiges Objekt, das mit Videomapping illuminiert und bespielt wurde. Im Innenbereich befand sich ein Micro, das die Lautstärke erfasste und je nach Laut oder Leise entsprechend farblich reagierte. Das Objekt reagierte auf die Besucher. Eine Galerie führt über den Flutungsbereich, wo dann folgerichtig choreografisch Soundeinspieler und Assoziationskollagen mit Film den Besucher zum Objekt führten. Das eine erfolgreiche Party den Abschluß der Show darstellte ist selbstredend.
Ausserdem darf erwähnt werden, dass alle Fotografien entweder von der begleitenden Website zur Projektdokumentation stammen oder von mir auf dem Festival gemacht wurden. Welches das Festivalbild ist und welches von der Site kommt, das sieht man ja.
Liste der Künstler:
Burcu Dogru
Christina Codjambopoulo
Constanze Paschen
Felix Grauer
Jantina Lipphardt
Julia Krütt
Lisa Müller
Mareike Klüver
Mareike Meiszies
Pola Bergmann
Tobias Pagel
Veronika Szczygiel
Julia Speicher
Betreuung:
Prof. Jochen Siegemund
Prof. i. V. Amandus Sattler
Prof. Dr. Michel Müller
Dipl. Ing. Dietmar Köring
Diese Fassadenprojektion wollen wir als Klassiker bezeichnen, immerhin ist sie schon 2006 in Bremen gezeigt worden. Urban Screen sagt selbst man habe dieses Video Mapping direkt an genau diese Fassade angepasst.
Nur diese Fassade, sonst nichts. Bei Urban Screen vermischt sich der Begriff Performance, also der strike Bezug zu einer Situation als zu einem Raum. Hier aber wird beides bedient. Raum und Situation. Es zählt die gesehene Aktivität, die Lebendigheit und Nachvollziehbarkeit der projizierten Menschen. Das Hinein- und Heraus schlüpfen, der Sprung, das Klettern. Die 3 engagierten Künstler namens B-Boys und Tobo von New Circus erzählen die Geschichte eines Hauses, das im Inneren keinen Ruhepunkt bietet. Das Haus soll als Metapher für Kindheit verstanden werden. Man taucht ein und verlässt die Erinnerung, ganz gleich ob gut oder schlecht, taucht zurück und findet schnell den Ausgang zur Wirklichkeit.
JUMP | media facade | urban screening from urbanscreen on Vimeo.
Die Hausfassade wurde in der Proportion 1.1,4 nachgebaut. Und dieser Nachbau, die Attrappe wird zur Aufführungsfläche, zum Ziel der Handlungen für die Performer, die Akteure. Die Aufzeichnung wurde dann auf die entsprechende Fassade gemappt. Die Einheit und Verbindung von Form, Bewegung und Mensch lässt uns nicht los.
Music by Jan Jelinek