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Learning to See ist eine fortlaufende Reihe von Arbeiten, in der Algorithmen des Machine Learning verwendet werden. Es geht um eine Reflektion des Weltverständnisses. Grosse Worte und was ist damit gemeint? In dieser Reihe werden Besucher*innen mit einfachen, spielerischen Konstruktionen konfrontiert, deren Elemente bestimmte Erwartungen und Überzeugungen hervorrufen. Sie werden Objekte wie ein gelber Lappen oder ein Netzgerät ausgelegt und für eine Verwendung offeriert.
Alltagsdinge, ohne weitere Konnotationen. Mit dem Lappen wischen wir Stuab und das Netzgerät bietet Strom. Fertig. Learning to See: Gloomy Sunday ist eine interaktive Installation, bei der die Aufnahmen einer Livekamera, die auf einen mit Objekten bedeckten Tisch gerichtet ist, von einer Reihe neuronaler Netzwerke, die mit verschiedenen Datensätzen (Ozean, Feuer, Wolken und Blumen) trainiert wurden, analysiert werden.
Learning to See ist ein künstliches neuronales Netzwerk, das lose am menschlichen visuellen Kortex (der Hirnrinde) inspiriert ist. Es blickt durch Kameras und versucht, das Gesehene zu verstehen. Natürlich kann es nur sehen, was es bereits weiß. Genau wie wir. Die Arbeit ist Teil einer breiteren Forschungslinie über die Schwierigkeit, die Welt aus der Sicht anderer zu betrachten.
Der Künstler Memo Akten, geboren 1975 in Instanbul, Türkei und inLondon wohnhaft, setzt Technologien künstlerisch kreativ ein. In seinen Multimedialen Installationen schafft er Erlebnisse, die durch fortschrittliche Elektronik, Software- und Hardwaresystemaneignung, „unsere Wahrnehmung unserer Beziehung zu Wissenschaft, Natur, Technologie und Kultur verändern“[1]. (http://doc.gold.ac.uk/humaninteractive/portfolio_page/memo-akten/)
Memo Akten gewann 2013 die Goldene Nica beim Prix Ars Electronica für seine Arbeit „FORMS“. Diese Arbeit begründete seine internationale Bekanntheit. Er hat Arbeiten im Victoria & Albert Museum, im Royal Opera House, in der Royal Festival Hall und in der Queen Elizabeth Hall gezeigt.
1997 erhielt Memo Akten einen Bachelor-Abschluss in Bauingenieurwesen von der Bogazici Universität. 2012 war Akten Mitgestalter der Live-Theater-Performance mit kinetischen Lichtsystemen, die von Quadrotor-Drohnen gesteuert wurden mit dem Titel „Meet Your Creator“. Sie wurde für den Saatchi & Saatchi New Directors‘ Showcase geschaffen.
Im Jahr 2013 erhielt Akten den Prix Ars Electronica Golden Nica für seine Zusammenarbeit mit Quayola an einem digitalen 3D-Projekt namens „Forms“.
Seine Arbeiten wurden in Publikationen wie Wallpaper, Dazed, Eye Magazine, Guardian, BBC, Financial Times, Wired und Dezeen veröffentlicht.
Im Jahr 2009 gingen seine Arbeiten ‚Body Paint‘ und ‚Gold‘ mit der Ausstellung ‚Decode‘ des Victoria & Albert Museums auf Tournee. Im Jahr 2014 war seine Arbeit mit Marshmallow Laser Feast ‚Laser Forest‘ Teil der Ausstellung ‚Digital Revolutions‘ im Barbican.
Als starker Befürworter von Open-Source-Software ist Akten einer der wichtigsten Mitwirkenden des openFrameworks-Projekts und hält Vorträge und Workshops auf der ganzen Welt. Im Jahr 2007 gründete er The Mega Super Awesome Visuals Company (MSA Visuals), ein kreatives Technologie-Studio. 2011 entwickelte sich daraus mit zwei neuen Partnern Marshmallow Laser Feast. Im Jahr 2014 verließ Memo MLF, um sich auf seine künstlerische Arbeit, Kollaborationen und Forschung zu konzentrieren.
Beitrag von Ursula Drees
Der 2017 gegründete Hyundai Blue Prize ist eine jährliche Auszeichnung für aufstrebende chinesische Kuratoren, die von der Hyundai Motor Company und dem Hyundai Motorstudio Beijing gesponsert wird.
Am 22. Dezember 2020 gab der Hyundai Blue Prize zwei Gewinner-Ausstellungsvorschläge bekannt, die im Rahmen einer offenen Ausschreibung zum Thema „Resonant Cities“ eingereicht wurden: Wang You’s Dream Monolith and Revelation und Chen Baoyang & Shao Xiaoming’s Coordinates ~Skybox, die 2021 im Hyundai Motorstudio Beijing präsentiert werden sollen.
„Beim Lesen dieser Vorschläge“, so Cornelia Schneider, Head of Global Experiential Marketing bei der Hyundai Motor Company, „war ich beeindruckt von der Kreativität und Nachhaltigkeit in ihren Zukunftsperspektiven und ihren zum Nachdenken anregenden und kreativen Ideen bezüglich der Beziehung und Interaktionen zwischen Mensch, Technologie und urbaner Kultur.
Die von Wang You kuratierte Ausstellung „Dream Monolith and Revelation“ kombiniert alte chinesische Texte mit Weltraumtechnologie, um die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Kosmos zu erforschen. Über die Grenzen der Stadt hinausgehend, betrachtet Wang You organische Interaktionen zwischen Mensch, Natur und Universum und stellt sich eine Reise der friedlichen Koexistenz vor.
Als „erste Ausstellung von Weltraumkunst in China“ bezeichnet, baut Wang You’s Vorschlag auf ihrer Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Raumfahrtinstitutionen und -unternehmen zur Erforschung der Raumfahrttechnologie auf.
Anhand von Werken von 12 Künstlern, darunter Installationen, Skulpturen, Readymades, Videos und Fotografien, wird Wang You den Fortschritt der Raumfahrttechnologie betrachten, der einen Wissenssprung über den Weltraum und damit auch ein besseres Verständnis der Erde ermöglicht hat.
Eingeflochten in diesen Vorschlag ist eine Neuinterpretation alter chinesischer Texte, darunter ein Gedicht aus der Jing-Dynastie, das eine Himmelsreise imaginiert. Der Kurator appelliert an das Publikum, mit – und nicht über – das Universum zu denken, um das Verständnis für das Leben auf der Erde zu erneuern.
In Chen Baoyangs und Shao Xiaomings Vorschlag für Coordinates Skybox wird die Stadt als Schnittstelle zwischen dem Menschen und der Welt definiert.
Der Titel folgt der inneren Logik des Exponats, die darin besteht, Urbanismus durch die Sprache des Spiels zu diskutieren. Die Koordinaten beziehen sich auf Zahlengruppen, die den dreidimensionalen Raum repräsentieren, während sich Skybox auf die visuelle Begrenzung oder Kulisse in virtuellen Spielen bezieht.
Die Ausstellung wird dem Publikum die Möglichkeit geben, Spiele zu spielen, wobei 19 Kunstwerke Parallelen zwischen unserer Manipulation der virtuellen Welt und dem urbanen Raum ziehen.
Inspiriert von der Geschichte der Stadtplanung in Peking, interessieren sich Chen und Shao für die vorgeschriebenen Regeln des urbanen Raums und deren Auswirkungen auf das tägliche Leben. Gleichzeitig mit der Ausstellung wird eine App veröffentlicht, die dem Online-Publikum einen 24-Stunden-Zugang zur Ausstellung und die Möglichkeit bietet, deren Inhalte zu verändern.
Beitrag von Ursula Drees
Ozymandias – Nichts verbleibt. „My name is Ozymandias king of kings. Look on my works, ye Mighty, and despair!“ Die Hybris des Menschlichen liegt im Streben nach Unsterblichkeit. Der Zeit, jedoch, entgeht nichts. Im interaktiven Erlebnisraum Ozymandias erfährt eine Besucherin den Prozess des Zerfalls, der Vergänglichkeit und der Ästhetik des Verbleibenden. Dieser Perspektivwechsel eröffnet Schönheit, wo wir es nicht vermuten. „My name is Ozymandias king of kings.“
Normalerweise wird Zerfall als etwas Hässliches angesehen. Aber Auflösung und Verderben eröffnen Ansichten schillernder Schönheit. Die Rückgewinnung durch die Natur wird in Ozymandias inszeniert. Das Reich des Königs aus Stein und Beton verschwindet.
Dabei wird die Betrachterin in ein eigenwilliges Erlebnis eingetaucht. Es ist eine multimediale Darbietung unter Zuhilfenahme von Medien und Interaktionsschnittstellen. Die Inszenierung ist komplex und ganzheitlich geplant. Die Besucherin tritt in diese Welt hinein und befindet sich in der Parallelwelt des sinnlichen Erfahrens.
Es ist eine interaktive Installation für eine Person. Am Donnerstag, der 4. Februar findet an der Hochschule eine virtuelle Medianight statt. Unter dem Link: hdm-stuttgart.de/medianight. Zum Projekt Ozymandias bitte etwas länger runter scrollen. Es werden unheimlich viele Projekte gezeigt und „O“ ist im Alphabet weit hinten. Deshalb nicht ungeduldig werden. Es kommt.
Und da kann dieser Erlebnisraum stellvertretend als Videomitschnitt angesehen werden. Das studentische Team erzählt im Nachspann von den Schweirigkeiten und Herausforderungen, die in Coronazeiten plötzlich relevant wurden. Ein guter Blick hinter die Kulissen. Es lohnt.
Beitrag von Ursula Drees
social scenography
„Most Dangerous Street“ gewann drei goldene Bleistifte bei The One Show 2020.
Drei Agenturen haben sich an dieses Projekt gemacht. Von der Martketingseite ist es FCB Chicago, FCBX als Agentur für markenorientierte Kommunikation auch in Chicago und die Werbeagentur Lord + Thomas, ebenfalls Chicago. Das Illinois Council Against Handgun Violence (Rat gegen Faustfeuerwaffengewalt) beauftragte diese Arbeit, die wohl am besten als Social Szenography eingeordnet werden kann. Social Szenography beschäftigt sich mit gesellschaftsrelevanten Themen, dokumentarisch und entwickelt dazu Erlebnisräume oder – environments. Die Aktualität spielt neben einer tiefen Verwurzelung zu Themen der Gesellschaft das Herzstück. Es wird künstlerisch inszeniert und dokumentarisch begleitet.
„Most Dangerous Street“ erzählt am Beispiel von einer Strasse von täglicher Gewalt in Chicagos Nachbarschaften. Die wöchentlichen Statistiken der statt gefundenden Gunshootings werden visualisiert. Wie bei James Bond Filmen zeigen Laserstrahlen den Verlauf der Schusspatronen an. Die Menge dieser Strahlen bildet ein enges Netz. Jeder einzelne Laserstrahl steht für ein Schusswaffenopfer. Und bei Durchbrechen des Strahls wird das Leben und Details des Opfers projiziert. Es ist ein Gedenken, ein Wiederbeleben von sonst schnell vergessenen Einzelschicksalen. Die Familien der Opfer werden befragt und berichten über die Menschen, die Verhältnisse, das Leid und die Gründe.
Dem anbei gestellt ist die SAFE ACT Website ( SECURE AMMUNITION AND FIRE ARM ENFORCEMENT ACT).
Die Gesetzgebung enthält Bestimmungen, die das Recht gesetzestreuer Bürger, Waffen zu tragen, schützt und bewahrt. Das SAFE-Gesetz hindert gleichzeitig Kriminelle und gefährlich psychisch Kranke am Kauf von Waffen, geht gegen illegale Waffen vor und verbietet die gefährlichsten Angriffswaffen.
Ausserdem werden Bezirke, die am stärksten von Gewalt betroffen sind, unterstützt, um sich mit den Ursachen für die Gewalt in den Bezirken zu befassen. Die Gesetzgebung erkennt an, dass es eine öffentliche Krise ist, und das bedeutet besondere Aufmerksamkeit und außergewöhnliche Massnahmen. Deshalb soll die Bevölkerungsstruktur untersucht werden. Wie hoch ist der Grad der Verarmung? Wie langlebig sind Beziehungen zu Partnern? Gibt es Gewalt in den Familien? Sind die Menschen in einem sicheren Arbeitsverhältnis? Können sie Bildungsangebote wahr nehmen? Wie kann geholfen werden, um Stabilität zu erzeugen? Welche Hilfen sind notwendig, um ein stabiles Einkommen zu erreichen, um Vermögenswerte anzureichern, um eine Bonität zu erwirtschaften. Das alles führt zu Investitionen in Arbeitsplätze, Wohnraum, Beschäftigung, Kinderbetreuung, Gesundheitsfürsorge und andere notwendige Dienstleistungen.
Die Bürger werden ermutigt, Maßnahmen zu ergreifen, um genau in diesen Bereichen Hilfe zu leisten. Sich nicht in der Armut zu verstecken, sich nicht zu isolieren, nicht das Leid allein austragen, nicht einsam zu leiden, sondern zu erkennen, dass ihre Geschichte von vielen geteilt wird. Dass sie Rechte haben und begreifen, dass sie Initiativen ergreifen können, um sich und anderen zu helfen.
Es werden Mittel entwickelt und gesucht damit eine wirtschaftliche Entwicklung in den am stärksten von Waffengewalt betroffenen Stadtvierteln angeschoben werden kann.
Das verstehe ich unter Social Scenographie. Nicht allein deshalb, weil es kein fertiges Kunstwerk ist, sondern weil es wöchentlich auf Basis der Statistiken neu aufgelegt wird. Mal mehr, mal weniger Schussbahnen durch Laser visualisiert. Mal mehr, mal weniger Berichte, Steckbriefe, Geschichten von Angehörigen.
Was das für die Herstellung bedeutet? Da liegt eine ausgeklügelte Datenbank zu Grunde, Medienservertechnologien, die durch Berechnungen Laser neu ausrichten, Lichtsensoren, die Impulse auslösen und Geschichten sichtbar und hörbar machen. Mit anderen Worten ausgefuchste Schaltpläne, komplexe Sicherheitsvorkehrungen für Medientechnologien im öffentlichen Raum, Wetter- und Vandalismus sichere Aufbewahrungsorte, stabile Vernetzung usw.
Ein Meisterwerk.
Beitrag von Ursula Drees
Im Sydneyer Hafen liegt in der Tiefe auf dem Meeresboden das Wrack der „PS Herald“, ein historischer Schaufelraddampfer aus dem 19. Jahrhundert. Es ist der Erste seiner Art und damit ein kulturelles Erbe der Geschichte Australiens. Das National Maritime Museum of Australia will den Besuchern diesen ersten eisernen Schaufelraddampfer in einer virtuellen Tauchtour vorstellbar machen. Viel Material gibt es nicht. Einige Fotos des Original Wracks und dann hat es sich.
Aus eigentlich nur 2 Fotos von dem intakten Schiff und einigen Unterwasseraufnahmen des Wracks werden 3D Scans generiert und dann ein 3 D Modell des Wracks entwickelt. Es wird viel recherchiert. Die Geschichte, die Fora und Fauna der Wasserwelt. Mehr zur Technik des 3 Scans hier.
Das Schiffswrack wird als Wireframe Modell in realer Größe nachgebaut und sehr überzeugend in die eher dunkle Wasserlage des Hafens eingebaut. Das Wasser ist mit Partikeln versetzt, eher braun als blau, dunkel als hell. Es ist eine VR Anwendung entstanden. Ein Ereignis für alle Nicht-Taucher. Die Reise beginnt über dem Wasser, mit dem Blick auf die Küste des Sydney Harbours und führt an einem Seil einer Boje bis in die Tiefe auf den Meeresgrund hinab.
Das Projekt wird in Zeitungen, Magazinen beschrieben, der SWR macht einen Beitrag und voraussichtlich wird das National Maritime Museum of Australia 2021 eine Dauerausstellung mit diesem Projekt eröffnen.
Feedback vom Kurator James Hunter
“I would like to commend you on the fantastic virtual reality experience you have created for the wreck of the paddle steamer Herald. It is an absolutely stunning piece of work, and far exceeded my expectations! Indeed, some of my colleagues at the museum, including the Assistant Director and Curator of Ocean Science and Technology, were absolutely floored by the Herald VR’s quality, and have been talking excitedly about it ever since having the chance to give it a try! The other maritime archaeologist at the museum—who has been diving on the Herald for a number of years—stated that the VR ‘is unquestionably the closest thing to diving on the shipwreck other than visiting the wreck itself’! […]“
https://www.artstation.com/artwork/R3KEwr
Publiziert am 28. August 2020
in Experiental Space, Interactive Space von der Hochschule Kaiserslautern
Master Studierende:
Blume, Niklas,
Lauer, Lisa
Ledulé, Philipp
Peris, Manuel
Saenko, Dimitri
Stock, Oliver
Wingert, Alina
unter der Leitung von Prof. Holger Deuter (HS-KL)
Projektpartner:
Australian National Maritime Museum
Dr. James Hunter, Curator RAN Maritime Archaeology
Emily Jateff, Curator, Ocean Science & Technology
Kieran Hosty
Silentworld Foundation
Irini Malliaros
Kontakt:
holger.deuter@hs-kl.de
Beitrag von Ursula Drees