Traditionell finden die Raumwelten eine Konferenz zu Szenografie, Architektur und Medien im November statt. Traditionell ist eingeschränkt zu betrachten, denn die Raumwelten sind 4 Jahre jung und entstanden aus der Szenografie Biennale. Immer an 3 Tagen und zu bestimmten Themen. Aktuellen und wichtigen Themen, die sich mit Architektur, Szeongrafie und Medien auseinandersetzten. Im Normalfall werden diese Disziplinen nicht im gleichen Atemzug genannt. In der Regel sind es die Kombinationen: Szenografie und Architektur oder Architektur und Medien. Medien und Szenografie wollen noch nicht so oft genannt werden. Ein verwunderlicher Zustand, denn Medien sind omnipräsent und aus keiner einzigen Disziplin weg zu denken. Vielleicht liegt es an dieser Übereinkunft, aber wir vermuten es liegt an der noch klassischen Ausrichtung der performanten Künste, die den Szenografiebegriff für sich in Anspruch nehmen. Diese Grenze ist aufgeweicht. Dennoch folgen die performativen Künste nur zögerlich. Wenn es eine Einheit von Medien und Aufführung gibt, dann werden sie als Meisterwerke gefeiert. Spätestens mit den beginnenden interaktiven Installationen, raumgreifende, interaktive Installationen wird der medial steuernde Aspekt bedeutsam. Theater, Oper, Schauspiel, Aufführungen und Inszenierungen gleich welcher Art auf der Bühne werden durch Medien erweitert. Das Bühnenbild wird nicht nur mechanisch beweglich, sondern auch durch projizierte Inhalte auf scheinbar oder tatsächliche beweglichen Oberflächen. Diese Oberflächen bestehen natürlich aus Leinwänden, aus LED Wänden, aus Monitorwänden- oder Anordnungen, aber auch aus Objekten gleich welcher Art. Im besten Fall gehen sie auf die Bewegungen des Menschen ein und formen eine homogene Narrative. Es ist nicht der definierte Umraum, die großformatige Illustration einer Aufführung, es ist eine Kooperation von Medien und Menschen. Und damit verbindet sich der Anspruch der Raumwelten. Architektur, Szenografie und Medien in einem zu nennen.
Kuratoren widmen sich im Vorfeld einer Eingrenzung. An einem Tag wurden New Workspaces – Arbeitswelten betrachtet, am nächsten Tag Pop Up Spaces, am letzten Tag wurden Hochschul- und Uniarbeiten in den Fokus gesetzt.
Pop Up Spaces sind kurzfristige Erscheinungen im Stadtbild. Es sind solitäre Aktionen, diese Aktionen poppen up und wer davon weiß, nimmt teil. Es ist nicht an große Kampagnen gekoppelt, sie werden kurzfristig beworben und meistens nur in ausgewählten Social Plattformen. Eine der Zeit angemessenen Technik. Wenn schon alles bekannt ist, wenn alles nachgeschlagen und aufgerufen werden kann, wenn der Mensch sich kaum bemühen muss um an Wissen, Techniken, an Informationen gleich aller Art zu kommen. Da seht sich eine Gesellschaft nach Geheimen Absprachen, die einen Avantgarde Bgriff wieder aufkommen lässt. Hier finden sich Social Networking Aktive, sie wissen mehr als andere, sie sind da und genießen, dann aber nicht im Webspace sondern im architektonischen Raum. Diese Pop Up Spaces haben etwas zutiefst Guerillahaftes an sich, auch wenn der Kommerz die Kraft dieser Undercover Inszenierungen für sich nutzt. Sie finden sich in den Bereichen Freizeit und Erleben, Handel und Präsentation und in der Kultur und Bildung. Der Begriff Erleben ist hier nicht nur für Themen zu begreifen, sondern zieht sich durch das Handeln und Denken der heutigen Generationen. Sie wollen Erleben, wollen Teil haben, wollen etwas entdecken. Erleben ist überall und wird entsprechend überall als Buzzword heraus gepumpt. Diese Pop Up Spaces sind spontan, nicht berechenbar, sie sind leichtfüßig, kommen und gehen, kosten wenig und wollen ein schnelles Statement setzen. Sie sind improvisiert und dadurch glauben wir, sie sein unkonventionell, außerhalb der geplanten kommerziellen Welten. Sie sind urban. Mit anderen Worten, sie beantworten all die Fragen nach dem: Wer bin ich? Wo bin ich? Wie bin ich? Was weiß ich? Und deshalb sind sie nicht nur Leerstandskonzepte oder kommerzielle Adaptionen von kreativen Konzepten. Sie sind ein Bedürfnis. Werden wir in Zukunft viel mehr davon haben? Erst einmal lassen wir uns überraschen. Wenn die Magie aus dem Konzept verschwunden ist, kommen andere Fragen. Dann erst werden wir nach Aufwand, Zeit, finanziellen Benefits, nach wirtschaftlichen und arbeitsrechtlichen Fragen suchen. Dann entscheidet sich, ob es gewinnbringend für die Gesellschaft ist oder eine kurzfristige Modeerscheinung.
Und deshalb sind die Vorträge auf der Scheide zwischen Begeisterung und kritischer Rückfragen. Guido Mamczur von der D’art Design Gruppe aus Neuss stellt das Konzept der Adidas betriebenen Pop Up Spaces vor. Das macht er temporeich und eloquent. Innerhalb eines Tages werden Geschäfte in urbanen Randzonen aufgezogen, alles ist beweglich und flexibel. Nach dem einen Tag Aufbau wird der Laden einen Tag geöffnet und dann nach Ladenschluss wird abgebaut. Was bleibt ist nur die Erinnerung und die Erzählung. Wer nichts davon mit bekommt, der darf sich von der Hippness und Coolness aus Erzählungen begeistern lassen. Die Gestaltung dieser Stores kann als barebone beschreiben werden. Zentrale Corporate Design Farben und Gerüste mit gerade dem was nötig ist. Weniger ist mehr.
Und im Anschluss kommt Wulff Kramer von Yalla Yalla! – studio for change aus Mannheim. Er stellt eher Kunstprojekte vor, selbst wenn sie im Kommerz genutzt werden. Es ist eine Bar mit Planschbecken an einer langen Nacht für etwas. Ein von Brandmauern umgebener Ort. Aus Paletten entstehen Tisch, Bar und Stuhl. An der Seite mit hübschen bunten Glühbirnen geschmückt das Planschbecken. Er erzählt, dass sie gar nicht so recht wussten, ob irgendein Gast denn überhaupt ins Wasser geht.
Die Kinder am Nachmittag stellten eine weniger uneinschätzbare Größe dar. Der Spieltrieb, hohe Temperaturen und keine Körperscham sind positive Einschätzungsfaktoren. Aber was macht man mit den Erwachsenen. Mittelalte, mitteldicke und mittelhübsche Männer und Frauen, die sich Gedanken über ihr Erscheinungsbild machen. Würden die rein springen? Wie sich herausstellte fand das Becken auch bei diesen Altersgruppen großen Anklang, so starken sogar, dass die Gruppe sich Gedanken machte, wie sie die Planscher aus dem Wasser bekommen.
Ein weiteres Konzept hatte nicht minder Charme. Mannheim liegt am Neckar und ist wie einige Städte in Baden Württemberg eher nicht für lange Uferpromenaden bekannt. Eher sind es Orte, wo gar nichts ist. Keiner kann sich sonnen, oder picknicken, es sind Uferbereiche und damit Basta. Dennoch einen Abschnitt gibt es scheinbar doch, der hat sogar einen kaum nennenswerten Strand und genau dort wurden ein Mann oder Frau Hotelbetten mit Spitzdach aufgestellt. Drei Stück davon in einer Reihe, ein Provisorium wie es im Buche steht. Das Dach mit Folie die Größe gerade passend für eine Matratze. Ein Hotel am Neckar. Es war ausgebucht, die ganze Zeit über. Diese Pop Up Spaces verdienen den Namen Space. An unerschlossenen, vergessenen oder noch nicht entdeckten Orten werden entweder Bedürfnisse geweckt oder bestehende Wünsche erfüllt. Kurz auch, provisorisch, schnelllebig und subversiv.
Hier finden Ideen einen Raum und Inspriration eine Gestalt.
Und zum Schluss Worte zur Lichtwolke. Immer gut. Tagsüber bei Gewitterverdacht mit dunklen Donnerwolken, Nachts im Dunkelraum aber in Kobaltblau, pink oder papstviolett. Immer ein Hingucker zum Reingehen und Geniessen. Die nächsten Raumwelten sind übrigens vom
23. bis 25. November 2017. Das kann man sich vormerken.
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