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Ein 5 minütiger Film, der sich durch Nahaufnahmen den Skulpturen als lebende Mahnmale nähert. Das Werk wurde am 5. Juli 2015 veröffentlicht und zeigt nicht nur Installationen im Museo Atlantico, sondern auch in Grenada, Bahamas und Mexico. Die Bilder wurden mit einer 7D und Sigma Lenses aufgenommen. Es wurde durch Jason deCiares Taylor publiziert.
Jason DeCiares – Taylor’s Skulpturen halten einen Spiegel vor. Er zeigt die Gesellschaft, wie sie ist: in nazistischen Posen und vollständiger Abwesenheit des Bewusstseins. Der Betrachter weiß gar nicht was zuerst gesehen werden soll: die anbahnende Umweltkatastrophe, menschliche Beschränktheit und Selbstverliebtheit, die skulpturale Ausdrucksstärke, die Umgebung. Die Underwater Museen befinden sich an wenig interessanten Stellen im Meer. Der Meeresboden ist dort verkastet, Sand, Wasser, keine Pflanzen, Fische oder andere Meerestiere. Die Skulpturen ziehen die Taucher und Schnorchelgäste weg von den natürlichen Riffen hin zu seinen Figuren. Sie ziehen nicht nur den Menschen an, auf und an den Skulpturen findet sich neues Korallenwachstum.
“But you’ll get coral spawning; it lands on his nose, anchors and starts growing. It’s a bit like our own lives – part of it is what flows in your direction, what nutrients come your way, and part of it is random experience.”[2]
Die Skulpturen in der Fondamente Zittere
Photographie©Jason deCaires Taylor / CACT Lanzarote
In der Fondamente Zittere in Venedig werden zwei Skulpturen gezeigt. Es ist eine Dokumentation: Material, Herstellungsvorgang und Form werden für den Besucher vorstellbar. Die Skulpturen werden aus pH-neutralem Wasserzement- oder Beton gegossen, sind schneeweiß, bieten Unterwasserlebewesen bereits Nischen und Verstecke als Behausung an.
Ein Kind, ob Mädchen oder Junge spielt keine Rolle, hockt mit Armen über den Knien aufgelehnt auf einem mit allerlei kantigen Gegenständen bedeckten Boden. Genau lässt sich nicht sagen, was diese Dinge sein sollen. Es können sowohl Scherben, Holzblocke, Schutt oder alles davon sein. Die andere Skulptur zeigt ein Mädchen mit Schwimmflügeln und Schwimmbrille. Zöpfchen an den Seiten, mit Badehose und Flipflops. Auch sie sitzt auf allen möglichen Gegenständen und jetzt langsam formt sich das Bild. Denn der Sockel wurde anfangs ganz übersehen, er spielt eine Rolle. Es ist vielleicht ein Startblock, aber nein, dazu passen die Gegenstände nicht. Es ist ein Teil eines Landvorsprungs, ein natürlicher Startblock. Es ist ein Modul einer größeren Installation. Die Blöcke werden auf dem Meeresboden aneinander gestellt und zu einem Kreis geformt. Letztendlich bilden die Module einen Kreis mit am Landvorsprung sitzenden Kindern.
Photographie©Jason deCaires Taylor / CACT Lanzarote
Ägypten, Lanzarote, vielleicht sogar Mexico in Cancun, das Australische Great Barrier Reef oder die kleinen oder großen Antillen werden vom Massentourismus im großen Stil erschlossen. Diese Urlaubsreisen sind nicht mehr den oberen 10.000 vorbehalten? Es wird ein Boot gechartert, und in abgelegenen Gegenden wird an Riffen entlang getaucht oder geschnorchelt. Im Roten Meer bei Hughada oder Sharm el Sheikh zum Beispiel entstanden in den letzten Jahrzehnten Hotelstädte, die für den Mittelstand ausgelegt wurden. Dank Easy Jet und anderen Billigfliegern ist es ein Leichtes dort hin zu kommen und ein oder zwei Wochen am Pool oder Meer die Zeit verstreichen zu lassen. Dort kauft man sich Schnorchel und Taucherschlappen, bucht vielleicht eine Bootstour zu schönen Korallen Riffen und genießt die Unterwasserwelt. Die Motorboote ankerten noch vor 10 Jahren direkt am Riff, das ist mittlerweile verboten, oder sie gehen auf Schleppanker. Dort springen die Badenixen ins Waser und paddeln durch die Unterwasserwelt. Heute ist es verboten, die Korallen zu berühren, oder etwas abzubrechen, aber noch vor 20 oder 30 Jahren war das problemlos möglich. Und da wo Touristen sind, da ist auch Müll. Plastiktüten, -Flaschen –Deckel, Dosen usw. mäandern in den bereits abgestorbenen Küstenregionen neben Seegurken auf dem Meeresboden. Da gibt es nichts zu entdecken. In einigen Gegenden treten immer noch die reichen Touristen aus Oligarchenländern oder Staaten, die nichts von Umweltschutz halten, auf Korallenriffe, rauchen ihre Zigaretten und werfen die Stummel ins Wasser.
Photographie©Jason deCaires Taylor / CACT Lanzarote
Was nur geschieht im großen Stil: Wasserverschmutzung durch Industrien, wenn Mineralöle oder Pflanzenschutzmittel, andere Giftstoffe konstant in Wasser abgeführt werden? Der Mensch zerstört systematisch seinen Lebensraum. Der Künstler Jason DeCiares – Taylor adressiert das Vorgehen. Seine Skulpturengruppen zeigen Boatpeople im Schlauchboot auf dem Meeresboden gestrandet, Menschen mit Fotoapparat, die auf alles halten, Menschen mit Handies, die das Drum gar nicht sehen nur noch den Bildschirm, Menschen in Gruppen, die irgendwo hin gehen, nach unten, oben und nach vorne schauen, aber nicht inne halten, Selfie schießende Paare, selbstverliebte Gruppen, die einen Partner umarmen und die davor liegenden Nackten nicht sehen.
[1]Mit der Erwärmung des Meereswassers sondern Korallen spezielle Algen (Zooxanthellae), die in ihrem Gewebe leben ab, die Koralle wird weiß. Dieser Prozess wird Korallenbleiche, Coral Bleaching genannt. Es ist eine Auswirkung des, durch die globale Erderwärmung hervorgerufenen Anstiegs der Temperaturen des Meerwassers. Diese gebleichten Korallen leben noch einige Zeit weiter. Dennoch ist ihr Todesurteil unterschrieben, denn die Algen versorgen die Korallen mit Sauerstoff und Energie. Wird dieses symbiotische Zusammenleben von Alge und Koralle unterbrochen, stirbt die Koralle. Die Korallenbleiche ist ein Anzeigen für den Zusammenbruch der Symbiose. Seit 1980 wird ein weltweites Absterben der Korallenriffe festgestellt.
Meistens betrachtet der Mensch das Meer vom Land aus, schaut auf die Wasseroberfläche und zum Horizont, beobachtet die, in das Wasser eintauchende Sonne. Unter der Wasseroberfläche verändert sich die Lebensperspektive. Wer dort ist, erlebt Schwerlosigkeit, er schaut nach oben in die Helligkeit. Die Welt wird umgedreht. Die Skulpturen Parks erlangen den Status eines Museens, eines Unterwasser Museums eben, sie sind damit Teil eines Kulturellen Ausdrucks. In Granada wurde seine erste große Unterwasserinstallation 2006 versenkt und zu einem geschützten Meerespark ernannt. Sie wird vom National Geographic zu den 25 Weltwundern gezählt. Mal abgesehen davon, dass Fischer auch zu Museumswärtern werden. Sie bringen Touristen zum Museum und achten auf die Erhaltung der neuen Landschaft. Die zusätzliche Geldquelle gibt ein Gefühl von Verantwortung und von Besitz. Land Art, Arterhaltung, ökologisches Gleichgewicht herstellend, selbstreflektierend. Wie gerne wäre die Autorin Taucherin.
Ursula Drees
Anmerkungen
Susan Smillie schreibt für den theguardian.com und für G2. Ihre Berichte sind in den Kategorien Reise Kunst, und Essen angesiedelt. Ihr Buch „The Last Sea Nomads, Inside the Disappearing World of the Moken“ wurde bei Guardian Shorts verlegt.
Das CACT (los Centros de Arte, Cultura y Turismo del Cabildo de Lanzarote) stellt ein Netzwerk verschiedenster Museen zum Schutz der natürlichen Umwelt und der besonderen Landschaft der Kanaren dar. Das Kunst-, Kultur- und Tourismus Zentrum ist ein lokales öffentliches Unternehmen. Sie verantworten einen unübersehbaren Anteil der wachsenden Wirtschaft der Kanaren dar. Es geht um die Verbreitung und Vermittlung einer nachhaltigen und erhaltenden Entwicklung zum Schutz des durch die durch die UNESCO ernannten einzigartigen Biosphären Reservats. Das Museo Atlantico fungiert als artifizielles Riff zur Verbesserung und Aufbau der Flora und Fauna des Meeresraumes. Das Museum befindet sich in 12 Meter Tiefe südlich von Lanazarote, den Bahía de Las Colordas. Mit 2.5000 qm avanciert es zur Haupt Attraktion für Taucher und Schnorchler.
ein 3.04 minütlicher Film, durch das Museo Atlantico am 6. Mai 2017 veröffentlicht. Der Film beginnt mit Schwarz WEiss Aufnahmen, illumieniert die Skulputen in der Nacht und endet mit farbigen Eindrücken der Installationen..
ein 6.36 minütiger Film von Jason deCaires Taylor und Mario AC Navarro über das MUSA (Museo Subacuatico de Arte) mit Skulpturen aus CanCus / Isla Mujeres, Mexiko und Grendada, West Indies. Das Werk heißt „Silent Evolution“. Neben der Dokumentation werden Making off Szenen zum Herstellungsprozess eingebunden.
[1] http://bildungsserver.hamburg.de/natuerliche-oekosysteme-nav/3611198/korallenriffe/ am 28.10.2017 „Tropische Korallen leben in Symbiose mit einzelligen Algen, den Zooxanthellen, die auf den Skeletten wachsen und so den Eindruck verleihen, es handle sich insgesamt um Pflanzen. Diese Symbiose kommt beiden Seiten zugute: Die Korallen beziehen durch die Algen Sauerstoff und Energie, die Algen von den Korallen Kohlendioxid, Stickstoff- und Phosphatverbindungen. Korallenriffe sind geologisch gesehen sehr alt und wachsen nur langsam.“
[2]Susan Smillie (2016): „Drowned world: welcome to Europe’s first undersea sculpture museum”, The Guardian, UK https://www.theguardian.com/artanddesign/2016/feb/02/drowned-world-europe-first-undersea-sculpture-museum-lanzarote-jason-decaires-taylor am 23.11.2017
Vier Photographien – Portraits: es sind Nachtaufnahmen mit Blitz, der Hintergrund ist schwarz, die Kontraste scharf. Zwei Abbildungen sind Detailaufnahmen der Skulptur „The Raft of Lampedusa“, eine stellt ein Detail aus „Crossing the Rubincon“ dar und die Vierte ist eine Teilaufnahme aus einer in Mexico befindlichen Gruppe mit dem Titel „The Silent Evolution“.
Abb. 01: Crossing the Rubicon, (Detail), Lanzarote, Spain. Image © Jason DeCiares – Taylor /CACT Lanzarote
Dieses Bild wurde von einer auf der Biennale in Venedig ausgestellten Fotografie mit dem Handy gemacht. In diesem Blog wird es nur deshalb verwendet, weil kein anderes vergleichbares vom Museo Atlantico gestellt werden konnte und der Künstler auf Reisen war und nicht erreichbar. Dennoch erscheint uns diese Aufnahme trotz der Reflektieren aussagestark. Die Hell und Dunkelkontraste machen das Bild lebendig, der Blick wird auf das Gesicht gelenkt . Die Aufnahme geht nah an das Motiv und die kleinsten Schalentiere und Muscheln lassen sich wunderbar erkennen.
Was hat das Meer mit dem Antlitz gemacht? Das Gesicht mit geschlossenen Augen, Nasenrücken und Glatze. Der Körper leicht vorgebeugt und unbekleidet. Ist es Mädchen oder ein Junge? Der Blick scheinbar nach Innen gerichtet, ganz für sich, meditierend. Auf der Oberfläche haben sich feine, grüne Algen auf dem Kopf, zwischen Augen und Nasenrücken niedergelassen. So auch auf der Brust und den Schultern. Eine Art Bewuchs von Seepocken (kleine muschelartige Lebewesen) oder Ablagerungen, weiß, als sei Kopf und Körper mit kleinen Würmern befallen ist erkennbar. Sie liegen auf den Augenlidern, den Lippen im Nasenloch. Eine Invasion von Wasserwesen nimmt die Skulptur, den Körper ein.
Abb. 02: Crossing the Rubicon, (Detail), Lanzarote, Spain. Image © Jason DeCiares – Taylor /CACT Lanzarote
Diese Fotografie wurde vom Museo Atlantico geschickt. aber es handelt sich hier nicht um eine Nachtfotografie, die Farben entwickeln einen lebendigen und saturierten Eindruck.
Die Aufnahmen versprühen eine eigenartig anziehende und gleichzeitig abschreckende Wirkung. Wie nur sehen diese Skulpturen in den Fotografien aus? Ein Bärtiger wird gezeigt. Ist es Krieger oder Gott der Antike? Die große Nase, wulstige Augenbrauen, der Backen – und Oberlippenbart weisen aus dem Bild, die Aufnahme ist rückgewandt. Die Skulptur scheint zurück zu schauen. Stirn und Kopf sind ohne merklichen Bewuchs oder Befall, im Nacken grüne Algen, sie sehen wir Haare aus. Die Vermutung drängt sich auf, dass diese Skulptur bekleidet zu sein scheint. Verschieden farbige Meeresbewohner bilden eine zweite Oberfläche, werden zu Kleidung. In gleißendem Rot strahlt eine Koralle, dort wo der Bart, die Lippen, das Kinn sind, weiß die Nase, gerade noch die Augenhöhlen und der obere Kopf, Teile der Schultern, der Brust. andere Bereiche, wie der Hinterkopf oder die Schläfen sind bewachsen. Und auf der Brust ein stacheliger Seeigel. Er sitzt hoch auf dem Brustbein. Ist es eine Anlehnung an den [1]„Kopf des blinden Homers“ oder eine Fiktion an einen blinden Seher? Wer wird abgebildet?
Abb. 03: The Silent Evolution, (Detail), Mexiko Image © Jason DeCiares – Taylor /CACT Lanzarote
Abb. 04: The Silent Evolution, (Detail), ;Mexico. Image © Jason DeCiares – Taylor/CACT Lanzarote
Die Photographien strahlen eine eigenartige Faszination für diese Unterwasser Skulpturen aus. Fragen kommen auf. Welche Person soll das sein? Sind es Heroen, mythische Personen, Zitate an die römische oder griechische Antike, an die italienische Renaissance oder sind es Bildnisplastiken vom Menschen unserer Ära? Das lässt sich nicht sagen, aber Assoziationen dieser Art klingen bei der Betrachtung an. Die Übernahme der Natur durch Muschel und Schalentiere, durch Algen und Korallen fesselt die Vorstellung. Ist es eine feindliche Übernahme oder eine freundliche? Stehen sie als Mahnmal dort unten, verborgen für die Augen der Menschen? Bilden sie einen Lebensraum für die durch Menschenhand bedrohten Ozeane? Werden die Plastiken durch die Ablagerungen zu unkenntlichen Formen? Erobern Meeresbewohner Raum zurück? Wird die menschliche Abbildung und Einmaligkeit verdeckt, werden Ecken und Kanten unscharf und schwammig? Sollen diese Skulpturen im Laufe der Jahre nicht mehr erkennbar sein? Oder werden sie aus toter Starre zu lebenden Abbildern, sollen sie wachsen, sollen sie zu Unterwasserlebewesen werden? Soll erst die Tiefe des Ozeans Leben einhauchen?
Sie kommen als tote Abbilder aus der Überwasserzivilisation und beginnen erneut in der Tiefe zu leben. Im Laufe der Jahre werden sie von Schalentieren und Korallen, von Algen und anderen Ablagerungen eingenommen. Alles Eckige verschwimmt, geht ineinander über, wird sukzessive übernommen und integriert. Die Gesichter schmilzen, Brustkörbe, mit Krabben übersät, Seeigel bewegen sich langsam an Nacken und Hälsen in das Gesicht, Blasenalgen hängen sich an Schultern oder anderen Gliedmaßen. Die Tiere und Lebewesen formen Taylor’s Skulpturen nach, und hauchen ihnen ein anderes Leben ein. Die Skulpturen werden zu weichen Abstraktionen der Menschen.
Susan Smillie schreibt für den Britischen Guardian, taucht, kennt den Künstler, berichtet in regelmäßigen Abständen über ihn. Sie besucht die Arbeit The Silent Evolution zwei Jahre nach dem Versenken ein zweites Mal und berichtet von roten Schwämmen, die das Gesicht bedecken und den Anschein von Narbengewebe machen. Es erscheint ihr als wären Gesichtsausdrucke sanfter; Nase, Lippen und Augen stechen hervor. Die Farbe ist strahlend und wirkt belebt. Eine violette Koralle hat sich unter einem Kinn angesiedelt, einige Hummer entdeckt sie am Fuß einer Skulptur. „Dies sind gute Zeichen für die Wiederbelebung eines Korallen Riffs“, schreibt sie.[2]
[1] Homer, Epimenides-Typus. München, Glyptothek
[2] https://www.theguardian.com/artanddesign/2016/feb/02/drowned-world-europe-first-undersea-sculpture-museum-lanzarote-jason-decaires-taylor
Bei diesem Werk arbeitet eine Artifizielle Intelligenz und ein Mensch unter gleichen Bedingungen zusammen. Beide legen Platten auf, sie sind DJs. Zumindest werden die Bedingungen so gut wie möglich aneinander angeglichen. Denn die artifizielle Intelligenz verwendet den gleichen Plattenspieler und hat sogar eine physische Hand, die diesen Plattenspielertyp bedient. Und so macht es auch der Mensch.
Photo by Yasuhiro Tani, Courtesy of Yamaguchi Center for Arts and Media [YCAM]
Das System hört den unterschiedlichen Tracks des Menschen DJ zu und ermittelt den Beat, Rhythmus und Art der Musik. Nachdem der Mensch aufgelegt hat, beginnt das artifizielle Intelligenzsystem den nächsten Track aufzulegen. Es fixiert das Tempo des nächsten Tracks und gleicht es dem des menschlichen DJ Tracks an. Es geht dem VR DJ darum, dass beide Tracks einen guten Übergang finden und die Rotationsgeschwindigkeit des Plattenspielers ähnlich ist. Hier kommt der Roboter – Finger zum Tragen, denn er manipuliert durch Berühren der Vinylplatte die Geschwindigkeit der Drehung. Es wird Musik ausgesucht, der Beat wird nahtlos dem neuen Track angepasst, es wird verglichen und abgeglichen. Als weiteres Feature, wird die Tanzmenge, die vor den DJs steht, analysiert.
Denn ein guter DJ liest sein Publikum, er schaut auf ihre Vorlieben, ermittelt was funktioniert und nicht. Er kommuniziert, schaut Tanzenden in die Augen, lacht, tanzt; er fordert sie zum mitgehen auf. Ein schlechter DJ macht das nicht, der schaut auf sein Mischpult und zieht das vorher geübte durch und ab. Er geht nicht auf die Menge ein. Und dann kann es für den Partygänger zu einer wenig stimmungsvollen Nacht kommen.
Photo von MvT
Dieses System, der AI DJ betrachtet die Menge. Eine Kamera nimmt die Daten auf, analysiert sie und gibt den Datensatz, nach einer Bewertung weiter. Auf dieser Basis sucht der AI DJ Tracks, die eine ähnliche Stimmung erzeugen. Das verfolgt die AI so lange, bis die Bewegung der Tanzenden schwächer wird. Dann werden verschiedene Musikstücke ausprobiert und getestet, ob das Publikum weiterhin gelangweilt ist oder wieder mitgroovt.
Der Mensch DJ erlebt sicherlich die ein oder andere Überraschung, wenn der AI DJ ungeahnte Tracks selektiert. Das kann Spaß machen, kann zu Verwirrung gleichermaßen führen. Ebenso hofft der Mensch DJ sicherlich auch, dass der AI DJ seine Ansprüche und Anforderungen erfüllt. So ein System birgt Ungeahntes in sich.
Photo von MvT
Es ist eine herausragende Arbeit, die eine Kommunikation mit den Menschen und einem artifiziellen Intelligenzsystem ermöglicht. Die Autorin fragt sich, ob dieses System nicht eine Berufsgruppe in Bälde in Pension schickt. Denn der AI DJ kann mehr oder minder all das was auch ein Mensch DJ macht. Vielleicht reicht es, einem AI DJ eine Auswahl an Stücken zu geben und dann geht es los?
Vielleicht aber reagiert ein Mensch besser auf Stimmungsschwankungen im Publikum?
Photo von MvT
Aber es kann natürlich ohne weiteres passieren, dass die artifizielle Intelligenz coolere Musik auflegt. Momentan greift das System noch auf 350 vorselektierte Tracks zurück. Aber das könnte sich auch ändern. Wir wissen das nicht. Dieses Projekt in jedem Fall, fasziniert durch Technik und Intelligenz, durch Mensch-Maschine Zusammenarbeit und Funkyness.
Prämiert auf der Ars Electronica mit einer Anerkennung. Hintergrundinformationen gibt es hier. Dieser Beitrag wurde im ÖK, anlässlich der Ars Electronica in Linz gesehen.
Beitrag von Margarete von Trifft.
„dynamic maximum tension“ bedeutet in Deutsch: „dynamische maximale Spannung“. Der Begriff geht auf Buckminster Fuller zurück, er verwendete ihn seit den 1930iger Jahren für verschiedene Erfindungen wie die Dymaxion Weltkarte, -Auto und -Haus.
Die Dymayion Weltkarte stellt die Projektion einer Weltkarte auf ein Polyeder, dessen Oberfläche durch Auffaltung auf unterschiedliche Weise als eine zweidimensionale Weltkarte dargestellt wird, dar. Bei dieser Art der Weltkartenrepräsentation zeigt sich das alle Kontinente im aufgeklappten Zustand als zusammengehörige Landabschnitte abgebildet werden. Wenn die Karte jedoch als Kugel aufgefaltet wird, ergeben die Abstände der Kontinente zueinander das von den Mercator Darstellungen bekannte Bild.
Das Kunstprojekt +b (ORBIT) zeigt Buckminster Fuller’s Dymaxion Karte, flach ausgelegt, gebaut aus Zuckerstückchen. Sie werden mit einer Aufprojektion bespielt, die alle Atomaren Explosionen seit 1945 zeigt. Die Zuckerstücke sind als 3 Dimensionale Pixel auf der flachen Karte angelegt.
Michael Saup, Andrea Winter und Andreas Erhart (DE) haben Zuckerwürfel als Symbol für Energie gewählt. Zucker wird als Nahrungsmittel verwendet und in Form von Ethanol für Maschinen als Treibstoff eingesetzt. In Zeiten des Krieges ist Zucker in der Regel eines der Lebensmittel, das rationalisiert wird. Die Zuckerfläche bildet eine 3 Dimensionale Karte der Buckminsterfullerschen Dymayion Weltkarte.
Photografien©MvT
An den Kanten werden die jeweiligen Eckdaten der Explosionen abgebildet. Die Koordinaten und das Datum der Explosion. Anfangs erkennt der Besucher die Weltkarte in Zucker in einem großen, dunklen, leeren Raum. Sie ist ca. 40 cm vom Boden auf einer Fläche ausgelegt. Mit der näheren Betrachtung kommt die Neuanordnung der Kontinente auf der Fläche zu Bewusstsein. Die Zuordnung de Kontinente fällt schwer. Wo liegt Europa, Afrika, Amerika, Russland, Indien, Australien, China. Ganz zu schweigen von Ländern, alles erscheint verschoben und eng aneinander gepresst. Diese Kartendarstellung der Erde erscheint neu.
Photografien©MvT
Mit der Erkenntnis dass alle Kontinente zusammengehörig sind, dass sie durch keinen Ozean auf dieser Abbildungsfläche getrennt sind, werden die Lichtwellen bedeutsam. Auch hier dauert es einige Zeit bis die Wahrnehmung eine Zuordnung zu Explosionen macht, dass es Atomare sind oder sein könnten, wird bei einer noch intensiveren Auseinandersetzung möglich, den die Datumsanzeigen stimmen mit den Erinnerungen zu den ersten Atombombenabwürfen überein. Später werden diese Vermutungen durch Nachlesen bestätigt und das Projektionserlebnis bekommt einen tiefen Sinn. Gesehen auf der Ars Electronica 2018 in der PostCity.
Beitrag von Margarete von Trifft (MvT)
Das Projekt wurde co-produiert von der Trans-Media-Akademie Hellerau e.V.
Fotografie von MvT
Dantes Göttliche Komödie wurde im Jahr 1307 begonnen und aller Wahrscheinlichkeit nach im Jahr 1321 fertig gestellt. Die Divina Commedia, das bedeutendste Werk der Dichtung in der italienischen Literatur, geschrieben von Dante Aligheri. Es wird als Weltliteratur angesehen und beschreibt jenseitige Reiche von der Hölle, dem Inferno, zum Sündenpfuhl, Fegefeuer bis hin zum irdischen Paradies und dem Garten Eden.
Durch diese verschiedenen Gebiete leitet ein Führer. Zum Beispiel ist der römische Dichter Vergil jener, der durch die Hölle führt. Der Dichter Statius geleitet durch den Bußbereich der Geizigen. Vergil führt zum jüngsten Gericht. Es endet am Baum der Erkenntnis und am Brunnen der Läuterung.
Dante Aligheri´s Werk ist schon seit Menschengedenken ein Werk der bildenden Kunst. Es ist voller Bilder, innerer und äußerer, es ist poetisch und opulent. Und metaphorisch. Diese Poesie ermöglicht bildenden Künstlern Interpretationen.
Fotografie von MvT
So ließ sich auch der junge Grafik- und Animationskünstler Boris Labbé von diesem Werk verzaubern und inspirieren. Er löst sich von einer sturen Übersetzung und findet seine eigene Göttliche Komödie.
Dafür legt er unzählige Zeichnungen mit Papier, indischer Tusche und Wasserfarbe an, überträgt sie ins digitale, invertiert und erstellt einen Stop Motion Movie. Ungefähr 3500 originale Zeichnungen mit dem Format 30 × 42 cm entstehen. Der Kurzfilm selbst in 2K-Auflösung, mit 24 f/s und 5.1 surround Sound dauert 14:22 min. Für die Musik ist Daniel Ghisi verantwortlich. Bei einem gemeinsamen Künstleraufenthalt lernten sie sich vor einigen Jahren kennen. Die Freundschaft mündet in diese kreative Zusammenarbeit.
Fotografie von MvT
Der Künstler Boris Labbé setzt sich intensiv mit Farben auseinander. Seine Aquarellzeichnungen werden durch wenige Farbtupfer akzentuiert und der Blick, das Auge reagiert. Die transparente, leichte Wassertechnik des Aquarellierens in eher schwarz-weiß gewinnt durch diese Farbtupfer. Die Bilder mit ihren leicht verlaufenen Farben assoziieren Unschärfe. Die Farbtupfer vermischen sich mit dem Wasser, bluten vielleicht noch ein wenig nach, ziehen an den Fasern des Papiers entlang. Der Anblick vom Fegefeuer erscheint nicht nur rot, sondern ein wenig blutig. Für alle Szenen wird mit dieser Sensibilität farblich umgegangen und es entsteht eine weitere anspruchsvolle Interpretation von Dante Aligheri’s Göttliche Komödie.
Gesehen im ÖK, anlässlich der Ars Electronica und der Vergabe des Prix Ars Electronica, der goldenen Nica. Diese Animation erhielt eine Auszeichnung.
Fotografie von MvT
Beitrag von Margarete von Trifft (MvT)
Gastautorin Dr. Margarete von Trifft studierte Soziologie und Kunstgeschichte, später freie Kunst an der Universität der Künste in Berlin und promovierte in den Bildwissenschaften. Es ging um die Virtualität der bildlichen Ausdrucksformen, des flüchtigen Bildes. Professor Ursula Drees lud sie ein, auf der Ars Electronica in Linz für den MediaArtBlog plusinsight zu schreiben.
Die Photographien wurden von der Leinwand im OK, Linz anlässlich der Ars Electronica mit einem Handy von Margarete von Trifft aufgenommen.
Wer ein bisschen mehr erfahren will, der sollte dieses Interview anschauen.