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Laokoon: Made to Measure, Video

Im Deutschen Hygiene Museum in Dresden gibt es eine Ausstellung über KI zu sehen. Sie ist gut gemacht. Keine Frage, es werden Grundlagen bearbeitet, es wird ein breites Publikum angesprochen. Deshalb muss erst die Funktionsweise und die Einsatzorte von KI’s in unserem Alltag anschaulich gemacht werden. Eigentlich eine schwere Aufgabe, denn es ist eine Aufzählung und die werden oft langweilig. Die Kuratoren dieser Ausstellung haben es gut gemeistert.

Einer der Ausstellungsräume im Deutschen Hygiene Museum in Dresden.

Es werden immer wieder auch künstlerische Arbeiten gezeigt. Entweder handeln sie von Deep Data, oder sind direkt mit Hilfe einer KI erstellt.

Die Gruppe Laokoon stellt das 14.38 minütliche Video mit dem Titel Made to Measure vor. Hinter Laokoon verstecken sie Cosima Terrasse, Moritz Riesewieck und Hans Block. Das Werk ist 2021 entstanden.

Screenfotografie. Ausschnitt des Videos „Made to Measure“

Durch eine Befragung werden willige Personen ermittelt, die mit einer kurzfristigen Rechnerübernahme einverstanden sind. Nur um den Verlauf der Google Daten zu betrachten und auszuwerten. Eine Datenanalystin und KI expert*innen werten die Google Daten aus und stückeln damit ein Leben, die Geschichte einer Person zusammen. Es wird eine Schauspielerin gecastet. Sie ähnelt der Person, deren Daten ausgewertet wurden. Sie ist wie eine Doppelgängerin. Beide Personen werden einander vorgestellt, sitzen wie in einer Therapie Sitzung einander gegenüber und die  Schauspielerin erzählt von ihren Erlebnissen. Es ist eine Art Re-enactment. Das Leben blättert sich vor der Testperson auf. Und das ausschließlich anhand der hinterlassenen Google Spuren. Ein Schwangerschaftsabbruch, eine überwundene Magersucht,  persönlichste Überlegungen und Gedanken treten zu Tage. Fast ein ganzes Leben lässt sich von den Spuren ableiten und mit einem Mal ist alles transparent. Die intimsten Geheimnisse werden offenbahrt.

Screenfotografie. Ausschnitt des Videos „Made to Measure“

Die Schauspielerin erzählt der Testperson ihr Leben. Das macht sie überzeugend. Und irgendwann wird der der Testperson klar, was geschieht, dass sie ihr Leben hört. Das Gesicht versteinert, sie bittet um eine Pause, muss verarbeiten. Die Schauspielerin derweil bleibt vor der Kamera. Sie wartet. Aber es laufen die Tränen die Wangen herunter. Es ist kein Experiment mehr, eines das man sachlich professionell abwickelt. Den Beteiligten wird klar, dass es um eine Lebensgeschichte geht. Das Experiment wird an diesem Punkt abgebrochen.

Davon handelt dieses Kunstwerk.

An der Stirnseite, sehr dezent, hängt der Bildschirm. Ein paar Kopfhörer und die Besucher*innen erleben ganz für sich diese Geschichte.

Es ist eher versteckt im hinteren Bereich und unbedingt sehenswert.

Beitrag von Ursula Drees

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