Er lebt in Basel, in der Schweiz. Er malt und zeichnet. Ein Sujet sind Kühe, genauer gesagt er malt Kuhportraits. Folgende Anekdote erzählt er der Autorin beim Atelierbesuch. Eine Dame tritt bei seiner letzten Ausstellung an ihn heran, entrüstet, und weist darauf hin, dass seine Kühe keine Hörner haben! Wie kann das sein? Kühe haben Hörner.
In der Tat, sie haben keine. Soll er welche malen, wo keine sind?
Im letzten Jahr wurde in der Schweiz darüber abgestimmt, ob Kühen aus ökonomischen Gründen weiterhin nach der Geburt die Hornanlagen, ein Mittel zur Kuhkommunikation, ausgebrannt, ein schmerzhafter Prozess, werden sollen. Der Bergbauer Armin Capaul trat die Diskussion los und verlangte aus Tierwohlgründen eine Abstimmung, die jedoch von den Schweizern abgelehnt wurde. Denn die Tiere brauchen dann größere Ställe, also mehr Platz und dafür braucht es Subventionen.
Der Anblick von Kühen mit Hörnern ist uns fremd, obwohl doch natürlich. So wie über Hundegenerationen Hundeschnauzen zurück gezüchtet wurden, Ruten coupiert und Hinterläufe schräg abfallend wurden. Ob dem Tier damit geholfen wird, stand nicht zur Debatte.
Der Künstler malt was er sieht: das Leben so wie es ist.
Eine scheinbar humorvolle Geschichte. Aber ganz unversehrt bleibt die Zuhörerin nicht. Sie schaut die Bilder erneut an, erkennt, dass hier nicht eine pittoreske Heimatmalerei von Statten geht. Das selbe bezieht sich auf die Darstellungen der Hunde und Pferd und Hähne, die von Adam Hernandez auf Papier oder Leinwand gebannt werden. Es geht hier nicht um eine Darstellung der Tierwelt, es geht um eine Darstellung von der Seelenhaftigkeit der Geschöpfe. Das können Tiere sein, es können auch Menschen sein. Es ist vielleicht sogar auch die Welt der Objekte. Das Stillleben.
Adam Hernandez betrachtet das Leben ganzheitlich, alle Lebewesen werden einbezogen. Nicht der Mensch als überlegener Herrscher der Erde, sondern als Betrachters der Natur und des Natürlichen. Und deshalb sehen wir in den Bildern einen Versuch das Wesen der Kühe, Pferde, Hähne und Hunde zu verbildlichen. Tiere mit Gefühl und individuellem Ausdruck. Jedes Portrait ist Spiegel einer Seele. Die Sanfte, Störrische, Wütende, Bockige, Liebenswürdige, Feurige, Wartende….Die Motive erscheinen auf den ersten Blick liebenswürdig und schön anzusehen, vielleicht sogar profan, auf den zweiten Blick, wird ein Umstand adressiert, den die heutige Welt der Massentierhaltung, der Entfremdung mit der Tierwelt oftmals gerne vernachlässigt. Die Erde wird von profitwütigen, kapitalistischen Menschen an den Rand des Abgrunds geführt und Gattungen werden ausgerottet. Wir sehen in Adam Hernandez‘ Bildern nicht Tiere oder Viehzeugs, sondern Portraits. Jedes für sich und mit eigenem Ausdruck.
Diese Porträts erlangen die Bedeutung eines tierischen Charakterbildes, das ganze Wesen des Dargestellten gelangt lebensnah zum Ausdruck. In technischer Hinsicht setzt der Maler einen entsprechenden Strich und Farbgebung ein. Weichheit und Wärme des Fells werden nicht mit photorealistischer Akkuratesse, sondern mit einem impulsiven kraftvollen Pinseleinsatz vermittelt. Seine Farben bringen eine humorvolle oder experimentelle fast schon impressionalistische Stimmung in das Bild.
Ein weiteres Sujet des Künstlers ist das Stillleben.
Es ist nicht eine Darstellung von Reichtum und Wohlstand, sondern ein Dokument der industriell hergestellten Artefakte eines schnelllebigen Daseins. Nicht aufwändig arrangierte Kompositionen von Früchten, Speisen, Blumen oder leblosen Objekten wie Kelchen, Flaschen, Tellern, Musikinstrumenten sind zu sehen, sondern jeweils nur ein Objekt. Dazu gehört der Starbucksbecker, die Cappuccinotasse, Wein- oder Ketchupflaschen. Alltäglichkeiten aus dem Supermarkt oder Café. Diese Objekte werden in ihrer Normalität festgehalten und finden Raum im Format . Geht es um inne halten? Geht es darum, etwas zu sehen, das längst nicht mehr bemerkt wird? Das Format entspricht Din A 2, mal hochkantig oder querformatig, je nachdem was das Model vorgibt. Das Motiv steht mittig, der Hintergrund wird in der Regel als farbige Fläche angedeutet. Keine Tischtücher, Tischkanten, keine Dekoration. Es geht um das Ding, so wie es ist. Alltäglich, einfach, unprätentiös.
Selbst die Warholschen Campelldosen hat Adam Hernandez ins Visier genommen. Das ist ein humorvoller Akt, denn als Warhol mit den Abbildungen von 100 Campell-Dosen den Widerstand gegen die Warengesellschaft thematisieret und sie durch das schnelle Medium Siebdruck unendlich vervielfältigt, macht er nicht nur das Thema, sondern die Kunst im Allgemeinen zur Warengesellschaft. Die Avantgardebewegungen der 60iger Jahre rufen einen Bruch mit dem überlieferten Darstellungssystem aus, in den Hoffnung die Institution Kunst aufzuheben. Damals handelt es sich um etwas „Neues“. Es ist nicht nur qualitativ unterschieden vom Vorhergehenden, sondern auch durch die künstlerischen Verfahrensweisen und sogar durch die Veränderung des Darstellungssystems.
Hernandez sieht Kunst nicht als Kommerz und steuert dem entgegen. Deshalb malt er eine einzige Dose und nur eine. Die ist das Original und nicht reproduzierbar. Der Künstler lässt sich mit seiner einzelnen Campelldose auf tradierte Kunstbegrifflichkeit ein. Im Kontext des 21. Jahrhunderts wird das Original an und für sich zur Seltenheit und deshalb ist es ein humorvoller Akt nur eine Dose zu malen. Der Farbauftrag ist gesättigt, oft gibt es eine Führungsfarbe, sie wird durch komplementär Kontraste ergänzt. Einige Male wird der flächige Strich durch sehr feine Linien aufgebrochen und akzentuiert. Es ist gesättigt, lebensfreudig und vermittelt Energie. Der Künstler selbst sieht sich als Mensch in den Bildern. Seine aktive Hingabe, seine Energie will er im Werk manifestieren. Der Betrachter kann diese Energie spüren. Mehr hier…
Beitrag von Ursula Drees
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