David Hockney: „Portrait d’une artiste (Pisquine avec deux personnages)“, 1972 ©Hockney
Im Centre Pompidou wird David Hockney gezeigt.
Er ist 80 Jahre alt, in England geboren, aber da er hauptsächlich in Californien gearbeitet hat, und mit den Swimminpoolbildern bekannt wurde, ist dies Wenigen bekannt. Seit 2000 lebt er wieder in England.
David Hockney hat alles erreicht, was ein Künstler erträumen kann. Im MOMA ist er, Guiness Prize, Gold Medal des Royal College of Arts, Paris Biennale, Kodak Photo Prize, documenta Kassel und so geht die Liste weiter: große Preise, große Orte, große Auszeichnungen.
Das Centre Pompidou zeigt eine Vielzahl seiner berühmten Gemälde. Die sind gerade heute ultramodern, wo die 70ies und 80ies wieder en vogue sind. Er malt mit kräftigen Farben, plakativ das Leben in Kalifornien, die homosexuelle Dandyszene. Am Pool, unter der Dusche, hier und da abhängend. In der Zeit war das Leben freier, kein AIDS, kein Puritanismus weit und breit. Er kannte eine Vielzahl von ebenso bekannten Künstlern wie Francis Bacon oder Lucian Freud. Die Meisten sind tot, er nicht, er arbeitet weiter. Heute weniger im Life Style, sondern Landschaften, groß und farbenreich. Seine Vorbilder sind Vermeer oder Matisse, da ist ein bisschen Realismus drin, nicht immer, aber viel. Er liebt das Kino, er liebt Polaroids, ist mit Billy Wilder und der Clique befreundet.
Die Bilder: Swimmingpools, Kopfsprünge, Duschen und viel nackte Jugend, seine Galeristen oder Eltern, er selbst. Immer in Blau, Lila, Hellrosa. Er experimentiert mit den damaligen neuen Techniken, mit dreidimensionalen Collagen, Fotokopien, Polaroids. Manchmal kritisiert ein Anderer das Werk als oberflächlich und nicht in die Tiefe gehend. Ob das stört? Vielleicht in der Zeit seiner größten Schaffensperiode. Denn die Kunstwelt beäugt sich kritisch. Es gibt viele Künstler, die malen wie die Könige, aber unentdeckt bleiben. Sie fristen ein Leben in der Einsamkeit, voller Idealismus, kämpfen sich mit Nebenjobs durch die Armut und leiden malend. Maler-Innen, die den Durchbruch schaffen, werden argwöhnisch beäugt. „Hat sich da jemand mit seiner Malerei prostituiert? Ist da wer mit den Galeristen ins Bett gegangen? Kann da wer Marketing und Selbstvermarktung besser als malen? Ist das wirklich Kunst oder nur plakatives Verteilen von bunten Farben auf einer Leinwand? Warum hat der Glück und ich nicht?“
Das sind schwere Vorwürfe und harte Unterstellungen, sogar Gerüchte. Und vollkommen egal. Die Bilder sind ja sichtbar und sprechen.
Matisse ist erkennbar. Die Aufhebung der Perspektive, Farbflächen aneinander Reihung wie bei Impressionisten, Licht festhalten und Eindruck schildern. Seine Personen sind ziemlich steif. Da fehlt es an eleganter Beweglichkeit. Die Gesichter fast erstarrt. Das er sein Handwerk versteht, setzen wir voraus, aber manche Bilder sehen trotzdem skizzenhaft aus. Eher wie Entwürfe, wo es nicht so genau drauf ankommt. Denn es geht um die hauptsächliche Aussage. Der Hypnotist ist so eins. Die Sichtlinie zwischen Handgeste und den Augen steht eisern, der weiße Schatten, der die Bewegung mitzieht und eine klare Dynamik hinein bringt. Die Kugel zu Füssen im Mittelraum lenkt den Blick ab, aber füllt gleichzeitig den zu überbrückenden Hypnoseraum in der Mitte. Das Bild ist humorvoll.
Ganz anders die Bilder ohne Menschen. Da steht die Komposition, die Farben die Architektur, die Beschreibung des Laisse faire Lebens. Eine moderne Architektur mit großem Pool, kein Stress, keine Ablenkung, das Sprungbrett und hinein ins kühle Wasser und „The Splash“. Der Wasseraufprall in der Mitte und kein Mensch, der taucht ab. Ein Architekturselfie. Es müssen ja nicht immer nur Menschen abgebildet werden. Das Bild ist hell und frisch. Und so wunderbar beruhigend, das kann, wer es sich leisten kann im Wohnzimmer, ewig hängen.
Oder „Rubber Ring Floating in a Swimming Pool (1971)“. Das Bild ist abstrakt, auch wenn das Motiv unschwer erkennbar ist. Das Pool von oben auf den roten Schwimmring. Helles Türkis steht auf natursteinfarbigen Boden und im linken Drittel der rote Kreis. Wasserblasen, ein bisschen Spritzwasser und eine kleine Reflektion als Andeutung im Poolblau, Feuchtigkeit durch Nuancierung auf dem Beckenrand. Detailliert beschrieben und in eine formale Farbstudie eingebunden. Zen in der Malerei.
Oder ein Aquarell „Fall Pool with Two Flat Blues (Paper Pool 28), 1978. Blaues Wasser an Türkis Beckeninnenrand, an violetten Beckenaußenstand, eingerahmt mit Grünschattierungen: Rasen und Hecke. Und Mittig ein hellgelbes Sprungbrett. Mittelachsial, zentriert, symmetrisch, klarer Aufbau, klassische Komposition, voll saturierte Farben. Alles zusammen ein Sprungbrett im Pool aus der Subjektiven und phallisch das die Lachmuskulatur vibriert.
Wenn es darum geht Menschen zu malen wie z.B. bei „ Henry Geldzahler und Christopher Scott, 1969“ erstarrt der Pinsel und Bewegungen bleiben außen vor. Der Mensch befindet sich wie eine Skulptur im Bild, sitzend besser als stehend, denn dann erscheinen die Proportionen unstimmig, zu klein und gedrungen. Aber sie scheinen ohne Verbindung und isoliert. Da schaut sich keiner an. Die Farbpalette bleibt die Selbe, pink und grün. Perspektivisch auch mittig in der Achse, jedoch wird die Symmetrie durch Lampen, oder leicht versetzte Möbel und Dekorationen wie Blumen zum Spannungsbogen.
So auch das Bild seiner Eltern. Beide sitzend auf hölzernen Klappstühlen. Die Mutter in der linken Bildseite, frontal mit geschlossenen Beinen, im Schoss gefaltete Hände, weiß haarig im taubenblauen Kleid. Der Teppich ist lavendelfarben, der Vater auf dem gleichen Stuhlmodell auf der rechten Seite diagonal gestellt, halb auf dem Teppich, halb vor einem kräftig grünen halbhohen Rollschrank auf dem eine Vase mit Tulpen und ein Spiegel steht. Der Vater beugt sich tief über einen Katalog. Ob es einer über den Künstler ist, wissen wir nicht. Die Wand als Fläche in lindgrün verbindet alles. Ein stilles, bewegungsloses Bild. Auf ewig eingefangen die Eltern in der Pose. Sind sie glücklich? Sind sie verbunden? Sie sind zu Besuch im Atelier, so erscheint es, denn ihre Haltung drückt eine Art vorüber gehendes Abgestellt-Sein aus. Die gehören einfach nicht in das Interieur. Die Mutter scheint zu warten, sie harrt aus, der Vater beschäftigt sich.
Diese Starre zeigt sich sogar in seinem „Still Life on a Glass Table“ von 1971-1972. Formatfüllend ein Glastisch. Die sanft apricot farbige Wand nimmt 4 Teile des Bildes ein, der Rest ist gebrochenes kühles Weiß, der Fußboden. Auf der Tischplatte, fein säuberlich angeordnet 9 Objekte: eine kleine Vase, eine Tischlampe, davor zum Übersehen ein gläsernes Kännchen, daneben eine Art Miniaturköcher für Irgendetwas, genau in der Mitte eine 8 Eckige Vase, diagonal aufgestellt mit einer lavendel farbigen kleinen Lilie, dann eine Form wie eine hölzerne Thermoskanne, eine weitere grünlich schimmernde Vase, ein Aschenbescher, der vor einer mit gelben Tulpen gefüllten Vase steht. Kaum Berührungen, staubfrei, arrangiert und frei von Dynamik. Bis auf die oktogonale, diagonal auf der Tischplatte ausgerichtete Vase, stehen alle Objekte frontal zum Betrachter. Das kann Ruhe sein, es kann das auf Ewig fest Gehaltene sein, es kann Harmonie des Alltäglichen sein. Ein ruhendes Bild.
Als er in den frühen 80iger Jahren mit Polaroid collagiert erweitert er seine Handschrift und die wiederum ist so neu, sie geht in die Kunstgeschichte ein. Er fotografiert akribisch eine Szene und setzt sie kleinteilig zusammen. 76 Polaroids formen das Geschehen. Zwei Männer im Bildmittelpunkt, einer sitzend, der andere stehend. Der Stehende, in einer lässigen Standbein Position und Hände in den Hosentaschen blickt auf den lächelnden Sitzenden. Im Hintergrund Teile seiner Malerei. „Don + Christopher, Los Angeles am 6. März 1982“. Da stehen sie, jetzt ganz gelöst im Atelier des Malers. Sind das befreundete Galeristen? Sie scheinen bekannt und einander zugewandt zu sein. Ein frohes Bild, viele kleine Teile führen zum ganzen Eindruck.
Genauso auch „Billy + Audrey Wilder, Los Angeles, April 1982“. Es ist nicht im Atelier, es ist im Garten der Wilders, spekulieren wir hier. Ein schwarz weißer Kachel Boden, an der linken und rechten Bildseite Blumenstreben und Töpfe in geometrischen Kübeln oder -haltern, in der Mitte die Wilders sitzend, Billy Wilder mit Kamera vor dem Auge frontal auf den Künstler, im Halb Profil seine Frau mit roten Blazer, über geschlagenen Beinen, lächelnd und Zigarette in der Hand. Erneut eine bewegte Komposition, befreit in der Geometrie der quadratischen Polaroids. Die Hell-Dunkel Kontraste der Falten in den Hosenbeinen sehen wie gemalt aus. Das Bild kann auch von Georg Braque gemalt worden sein. Ist es nicht, es ist ja eine Collage, aber so malerische wie eine Photographie nur sein kann.
Mit seinen Landschaften löst er sich vom figurativen, Horizonte werden zu Flächen und Details zu Formen. Henri Matisse hätte davor gestanden und gestaunt. Die Farben sind kräftig, das Licht wird eingefangen, auch überschattete Landschaften sind deutlich als solche zu erkennen. Und alles abstrakt. „Canyon Painting von 1978. Bonnard, Picasso, Dufy, Marquet, diese Namen drängen sich auf. Jeder kann sich darin wieder finden. Klassische Malerei.
Die Bilder wurden mit Handy im Pompidou von Ursula Drees gemacht. Das erste nicht, das stammt von der Webseite des art magazines.
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