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Chromo Sapiens – Hrafnhildur Arnardóttir / Shoplifter

Pavilion of Iceland auf der Biennale Venedig

Mit Handykamera©ursula drees

Der Pavillon von Island liegt ein bisschen abseits. Einmal Vaporetto fahren auf die Guidecca, bis zur letzten Haltestelle vor dem Hilton Hotel, dann ein oder zwei Querstraßen zurück und in den Hinterhof hinein. Ein altes Fabrikgelände, jetzt saniert mit allen möglichen Nutzungen. Und natürlich mit dem Island Pavillion. Chromo Sapiens wird das darin befindliche Werk betitelt und ist von Shoplifter alias Hrafnhildur Arnardóttir gemacht. 

Es gibt Pavillons, wo das Hineingehen ein kleines Abenteuer ist, wie z.B. in diese Jahr bei dem Fanzösischen Pavillon. Wenn Stufen und Gänge in vollständiger Dunkelheit beschritten werden müssen, um an das Ziel zu kommen. Hier ist alles einfach. Die Türe durchschreiten, durch den Vorraum und hinein. Mit dem Verlassen der Vorhalle steht die BesucherIn bereits ganz und gar mitten drin. Von oben an den Seiten, unten, über Kopf sind drei aufeinander folgende Höhlen mit Plüsch ausgekleidet. Das Material erscheint weich und anschmiegsam, aber ist es nicht in dem Maße, wie es aussieht. Es ist eher sogar ein bisschen hart, wie Drahthaarfell bei Hunden. Oder ein wenig wie sie in Autowaschanlagen bei den rotierenden Wischkreiseln zu finden sind. Lange bleibt der Gedanke nicht bei den Materialien. Denn die Farbexplosion einerseits und andrerseits die angeregten Tastsinne lassen die Besucherin ein- und ausatmen. Raus aus Venedig, rein in der Isländischen Pavillon und in einer unterwasserhafte Ruhe.

Das Erleben ist mit Metaphern zu beschreiben. Ist es eine Tiefseelandschaft? Sind es Algen, Wasserpflanzen, die von Oben herunter ranken? Oder ist es eine weiche Tropfsteinhöhle? Vielleicht sind wir im Einhornland? Die erste Höhle ist in Blautönen, die Zweite wechselt über Grün zu Pink und  Rot und in der Dritten wird es hell und weisslich. 

Ein Weg von der Dunkelheit in das Helle, eine Erleuchtung regelrecht. Auch wenn die Besucherinnen im Mittelteil der Installation anhalten; dort wo die Farben aufeinander treffen und in voller Wucht sich entfalten befindet sich eine Sitz- oder Liegewiese, ebenfalls beplüscht.  Kaum dass die Besucherin sich versieht, schon liegt sie auf diesem Paletot, genießt die weiche Liegewiese, starrt in den Farbenhimmel und hört die Klänge. 

Eine akademische Auseinandersetzung bietet sich in diesem Szenario kaum an. Es gibt nichts Verkopftes. Dieses Ambiente wird gelebt. Fragen nach dem Farbkreis, nach der Materialität, nach Mischverhältnissen, oder nach Inszenierung stellen sich nur für wenige Sekunden und schon sind sie weg. Es ist, was es ist. Nicht mehr, nicht weniger. 

Ein weicher, warmer, farbiger Innenraum. Mit Musik. Leben und genießen ist die Aufgabe. 

Diese Räume erfreuen den Menschen, es ist schön, es ist fantastisch, es ist zum Liegen bleiben und nicht mehr Aufstehen. Diese Farben, die Menge, dieses Material. Manchmal hängen Farblianen von der Decke, alles ist weich und sanft. Diese Räume sind Magie und die Besucherin verlässt den Pavillon mit einem Lächeln. Anders geht es nicht, das ist ein Besuch im Träumelchenland.

Chromo Sapiens – Hrafnhildur Arnardóttir / ShoplifterCommissioner: Eiríkur Þorláksson, Icelandic Ministry of Education, Science and Culture. Curator: Birta Gudjónsdóttir. Exhibitor: Hrafnhildur Arnardóttir / Shoplifter. Venue: Spazio Punch, Giudecca 800

Beitrag von Prof. Ursula Drees
Alle Bilder und der Movie stammen von der Handykamera der Autorin.