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Der diesjährige Filmwinter, Festival für Expanded Media in Stuttgart behandelt das Thema „Abwesenheit“. „Die Festival-Edition bewegt sich an die Schnittstelle zwischen der hypermedialisierten Gesellschaft in all ihren Facetten und all den Dingen, die durch das Raster einer solchen Gesellschaft fallen oder verwischt werden: Das nicht Ausgesprochene, das nicht Aussprechbare, das nicht Darstellbare, das Verdrängte oder Verweigerte. Wir sehnen uns nach der Abwesenheit und ihren Spuren. Wie ein Teststreifen taucht unser Festival ein in das große Haus der Abwesenheit und stellt sie in den Makrofokus.“ (Zitat: Filmwinter) Es werden Preise für unterschiedliche Kategorien vergeben.
Katharina Kohl hat mit dem Werk „Erinnerungslücken“ (Video-Installation, 2–Kanal-Installation und Monitor, 2018) den 1. Preis in dem Bereich „Spaces“ gewonnen.
Wir gratulieren. Die Begründung der Jury lautet wie folgt:
- „Das Thema der Abwesenheit findet sich in dieser Arbeit. Abwesenheit von klaren Umständen. Abwesenheit von Gerechtigkeit, von Wahrheit, von Informationen, von Gewissheit und von Beweisen. Diese Abwesenheit ist schwarz und geschwärzt. Diese Darstellung offenbart die kraftvolle Macht und den Wunsch, sich nicht erinnern zu wollen. Die Verantwortlichen wollen für die Auswirkungen ihrer Handlungen nicht einstehen. Sie ziehen die Unwissenheit und das Vergessen dem Gewicht der eigenen Positionen vor. „
- „Der Gestaltungswille und Ausdruck der Arbeit ist auf das Notwendige reduziert. Alles wird auf den Punkt gebracht. Jedes ikonografische Element spiegelt scharfsichtig die Botschaft. Es gibt nicht das „Zuviel“ oder das „Zuwenig“. Dieses Werk, Teil eines viel grösseren, ist konzeptionell und gestalterisch durchdacht. Die Jury ist begeistert und absolut überzeugt, dass nicht nur das Thema des Festivals punktgenau reflektiert, sondern auch dass die inneliegende Botschaft mit grosser Eindringlichkeit und Genauigkeit getroffen wurde. “ (Jurymitglieder: Robert Seidel, Helen Varley Jamieson und Ursula Drees)
Die Autorin hatte die Gelegenheit, mit der Künstlerin vor Ort zu sprechen.
Frage 1. Was gab den Ausschlag für das Werk Erinnerungslücken?
Die Arbeit zu den „Erinnerungslücken“, in der analogen Handruck-Version „Gedächtnislücken“ genannt, begann 2017, nach 6 Jahren intensiver Auseinandersetzung mit dem NSU-Komplex im Rahmen meines Projektes „Personal-Befragung/Innere Sicherheit“. Ich habe sehr viele Akten gelesen und Untersuchungsausschüsse besucht. Die Formulierung „Das ist mir nicht erinnerlich“, die mir in diesem Zusammenhang so oft begegnete, war für mich befremdlich, vor allem weil sie in ihrer Passivform das Erinnern wie eine Kraft von außen erscheinen ließ. Ich begann daraufhin, systematisch die Zeugenbefragungen nach verschiedenen Formulierungen des Nicht-Erinnerns zu durchforsten. Dadurch kam ich dann auf die Form der Arbeit: Protokollseiten des Untersuchungsausschusses des Bundestages zu schwärzen und nur die Stellen sichtbar zu lassen an denen die Zeugen sich nicht erinnern. (Link: http://personal-befragung.de/erinnerungsluecken-druck)
2018, nachdem die „Personal-Befragung“ zum ersten Mal öffentlich gezeigt wurde, griff ich ein altes Motiv auf, das Motiv der Aktenordner, das ich zu Beginn meiner Arbeit zum NSU schon einmal in einem Video verarbeitet hatte. „Fallakte“, 2012
Da inzwischen so viel Zeit vergangen war, kam ich auf die Idee des sich „ewig“ drehenden Akten-Karussells und verband dies mit den Erinnerungslücken.
Frage 2: Wenn sie Menschen portraitieren, was sehen sie durch die genaue Betrachtung?
Ich beschäftige mich seit 1994 intensiv mit dem Thema Porträt, bzw. der Frage, was ich sehe, wenn ich einen Menschen sehe. Ausgelöst wurde diese Frage durch das Porträt von Innozenz X, 1650, Diego Velázquez. Über die Jahre hat sich für mich die Suche nach einer Art Haltung als zentrales Element herauskristallisiert. Unter Haltung verstehe ich dabei die Verortung und Orientierung eines Menschen in einem mentalen Raum, den ich als „Blickraum“ begreife. Die Präsenz eines Menschen greift in diesen Raum ein, verändert ihn. So kann es sein, dass ich mich in Gegenwart eines Menschen z.B. groß, klein, unbedeutend, oder, oder, oder… fühle.
Dieser Zustand entsteht durch die Art, wie sich jemand in den Raum einbringt und damit diesen „Blickraum“ erzeugt. Bei den „Personal-Befragungen“ habe ich diese Räume als berufliche Haltungen versucht zu erfassen. Deswegen habe ich in den meisten Fällen nach Videos gearbeitet, da dieses Phänomen nur durch die Bewegung des Porträtierten im physischen Raum und im Verhältnis zu anderen Anwesenden sichtbar wird. So gibt es z.B. einige der Porträtierten, die durch ihre Präsenz einen Raum erschaffen, der sofort ein Gefälle erzeugt. (August Henning, Wolfgang Geier, Klaus-Dieter Fritsche). Andere ordnen das Blickfeld so, dass immer nur sie selbst gespiegelt werden (Lutz Irrgang, Wilhelm Kanther) und so weiter.
Ich versuche also, kurz gesagt, die „Ordnung im Raum“ zu erfassen, die die Präsenz eines Menschen erzeugt.
Frage 3: Wie lange bewegt sie das Thema der NSU Fälle?
Das Thema NSU bearbeite ich seit Januar 2012, seit ich den ehemaligen Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz Thüringen, Helmut Roewer, in einer Fernsehaufzeichnung sah, sein Gesicht nicht „lesen“ konnte und mich dann entschloss ihn zu malen, um mehr über ihn zu erfahren.
Wir bedanken uns herzlich für die Zeit und die Geduld, die uns Katharina Kohl entgegen brachte. Vielen Dank.
„Seit über 30 Jahren widmet sich der Festival den Grenzübergängen von Kino und Medienkunst mit einem experimentierfreudigen internationalen Programm aus Filmen, Workshops, der Expanded Media Ausstellung und Performances. Kern des Festivals sind die internationalen Wettbewerbe für Kurzfilm, Medien im Raum und Network Culture flankiert von einem generationsübergreifenden umfangreichen Programm.
Jedes Jahr steht der Stuttgarter Filmwinter unter einem bestimmten Motto. Dieses findet sich in der Gestaltung, Rahmenprogramm und der gesamten Aura des Festivals wieder. Bei der Festivaledition im Januar 2020 erforscht der Stuttgarter Filmwinter das Thema Abwesenheit.“
Zum Filmwinter: Das Festival wird empfohlen. Es verfügt über eine sehr anziehende und erfrischende Kraft. Es wirkt belebend, die Werke, Ausstellungen und Performances an den jeweiligen Kunstorten zu sehen. Die Positionen, die Werke und Festivalleitung, Kuratoren und Mitarbeiter zeigen Format, sie entziehen sich dem kommerziellen Mainstream. Diese Position ist attraktiv und überraschend.
Beitrag von Prof. Ursula Drees
Schlemmer and beats is an interactive Techno-Art Club at the Stuttgarter Staatsgalerie. After almost 100 years the Triadic Ballet is being performed in a new look and feel. In 1922 the world premiere of Oskar Schlemmer’s „Triadic Ballet“ took place in Stuttgart. Today, 7 of the original 18 costumes are still on display in the Staatsgalerie Stuttgart. The remaining 11 were destroyed in the Second World War.
Schlemmer divided his Triadic Ballet into 3 acts, three moods, music styles, worlds of colour. He often experimented with music. He wanted a specially composed, highly modern music, but nobody could provide him with this during his lifetime. Painted sequences of images were to „accompany the music optically as running projections via a device to be specially made for this purpose.” Schlemmer x Beats lets the Triadic Ballet dance to techno music in a virtual club. All costumes, including the destroyed, missing 11, were constructed in 3 D according to the original designs. All 18 Triadic dancers and their costumes are revived to dance with us.
In collaboration with professional dancers, Schlemmer’s original choreographies were expanded and transferred to electronic beats. With the help of a motion capturing suit, the movements are transformed into fluid sequences and these are played out as animations for the bodies of the triadic dancers. From the very beginning of the club experience, visitors get to create their Triadic Dancer at the Triadic Selection Columns. This is done on 3 hexagonal columns, each consisting of 3 segments. In the 3 columns the 3 acts of the original artwork are taken up.
The triadic selection columns show parts of the costumes. The upper selection module shows headgear, the middle part shows costume parts of the body and the lower module lets you select legs, trousers and shoes. We produce 3d models of the abstracted costume parts. We make them in plaster with the help of a 3D printer. Plaster is a fragile and difficult to print material. At the same time it gives a pleasant feel. Therefore we went the Extra Mile and printed with this state of the art material. After the configuration of the costume the visitors and the dancers enter their club: Schlemmer and Beats.
In the course of the evening each dancer receives his personal „10 seconds of fame“. The dancer grows, his name appears and then he shows special moves.
The movements of the DJ’s are recorded live during the event and transmitted to a virtual „DJ Schlemmer. On the opposite wall of the DJ Stage, the current distribution of the Triadic Dancers is visualized in the three colors magenta, yellow and black. Each colour stands for a fixed musical mood. The music is visualized.
With the help of this visualizer, the DJ (Electronic Beats by Waltraud Lichter) plays music that matches the mood. Not only the triadic dancers experience their virtual DJ and their music but also the visitors on site. Everyone dances and celebrates together. An immersive, interactive art experience is created in a club with electronic music. Perhaps Oskar Schlemmer would have liked this club.
Schlemmer x Beats will open only on February the 14, 2020 at 20:30 at the Staatsgalery Stuttgart. It is one night with Oskar Schlemmer.
Students of the University of Media, Stuttgart created the interactive art club experience „Schlemmer x Beats“. For more information visit the website eventmedia-produktion.de
Author: Prof. Ursula Drees
1 Kanal stereoskopisches 3 D Video
Ohne den Titel gelesen zu haben, oder gar den Künstler nach Alter, Land und Herkunft beurteilt zu haben, ist das Video eine Reise in zwei Welten. Es wechselt zwischen Aufnahmen von Cos Playern und Menschen, die gegen Trump und für Bernie Sanders demonstrieren. Beide Szenerien werden im Wechsel geschnitten. Lange Sequenzen sind es jeweils, der Betrachter hat Zeit, die Filmausschnitte zu betrachten.
In der Cos Play Welt sind die kostümierten jungen Menschen, eigentlich noch Kinder, als Helden gekleidet. Die Perfektion der Verkleidung, durch Accessories, akuraten Tools und Waffen vervollständigt, verblüfft. Da ist das Einhorn, die Jungfrau, da ein Avatar, ein Elfe, da sind Comic- oder Animefiguren.
Der Konferenzort erscheint modern, klimatisiert, sauber und characterlos. Einer lehnt entkräftet an einer Säule. Dann kommt wer anderes, fragt nach einem Bild. Der private Mensch wird zum Performer, zum Model, zum Helden. Die Cos Player nehmen Heldenposen ein, Bilder werden gemacht. Die Show ist vorbei, es beginnt die Privatheit an der Säule. Der Posierende sackt zusammen.
Die Demonstration: AmerikanerInnen jeglicher Colour tragen Schilder und singen im Chor zu Rythmen ihre Schlachtrufe wie: „Let them in“ oder „This is what democracy looks like“.
Menschen wie jederman und jedefrau: verschiedene Haare, Kleidung, Haut, Alter und Grösse, vereint durch eine Überzeugung. Für Freiheit, für Demokratie, Diversität, Vielfalt und Gleichberechtigung. Manche tragen eine aufblasbare Weltkugel herum, andere die Fackel der Freiheitsstatue oder verkleiden sich gleich als Freiheitsstatue. Die Demonstration führt am Konferenzort vorbei, die Welten treffen aufeinander. Cos Player betrachten die Demonstraten und umgekehrt.
Geht es um Freiheit und Gleichberechtigung von Gesellschaften, egal wie sie sich definieren? Geht es um greifbare Politik, um akute Problemstellungen, oder umspannt die Botschaft alle nur erdenklichen Formen menschlicher Existenz und Selbstdefinition?
Verwunderlich ist es, wenn die Elfen mit kleinen Öhrchen und gelber Polyester Perücke, Synthetikkleidchen, roten Mündern und Schuhen in die Realität einzutauchen drohen. Es wird sich verkleidet, um eine andere Identität zu verkörpern, vielleicht sogar um nicht mehr von dieser Welt zu sein.
Verkleidungen tragen das Motiv der Fremdaneignung, der Vereinnahmung in sich. Das Motiv lautet: „Trinke das Blut des Gegners. Mache dir dessen Kräfte und Mächte zu eigen. Trage die Haut und das Fell jener, die dir gefährlich sind und vereinnahme sie für immer und ewig“.
„They came together to perform heroic gestures“. (In a manner that was meaningful to them).
Der Künstler schaut auf die Oberfläche. Durch den Vergleich bezweifelt er die Kraft der Übernahme. Cos Player bleiben Pupertierende, Spielende und Selbstdarstellende in Fantasiewelten. Demonstrierende, ganz der Wirklichkeit verpfllichtet, kämpfen, schaffen sich Gehör, konstituieren signifikate ideale. Sie sind Helden, posieren nicht minder für die Kamera, aber mit Grund. Die Gegenüberstellung geht nur auf formaler Eben auf, der inhaltliche Vergleich hinkt.
Beitrag von Prof. Ursula Drees
gesehen im Kunstbezirk, anlässlicher des 33. Stuttgarter Filmwinters.
Festival für Expanded Media dauert 4 Tage. Und das beutet jetzt noch 2 von den vieren. Es ist in Stuttgart und empfehlenswert.
Die Vielfalt der Exponate und Formate, die Athomsphäre, die gewählten Arbeiten atmen den Wunsch, sich nicht an Mainstream Festivalformen anzukuscheln. Das ist erfrischend und empfehlenswert. Was gezeigt wird, ist anders, manchmal sperrig, manchmal laut, manchmal undurchsichtig, manchmal ein bisschen fatal und bissig. Der Blick bleibt hängen und bringt Verstehen und Gefühl in Einklang.
Es ist eine Veranstaltung von Wand 5 e.v. In Kooperation mit FITZ! Theater animierter Formen, Theater tri-büne, Kunstbezirk.
Es geht um Absence. Absence, die Abwesenheit von was genau? Von Dingen, Objekten, von Stimmungen, von Vorstellungen, dem Mentalen, dem Dinglichen, dem Seelischen, dem Politischen?
In der Ausstellung Expanded Media im Ausstellungsort KUNSTBEZIRK finden sich eine Vielzahl von Interpretationen, die durch den medialen Grundstoff geeint werden. Einige Werke arbeiten mit Artifizieller Intelligenz, oder was wir heutzutage damit bezeichnen. Im Wesentlichen Möglichkeiten, die Rechnerleistung und das Rechnerkönnen auf bestimmte Tätigkeiten zu fokussieren und mit deutlich höherer Geschwindigkeit, Ähnlichkeiten und Verwandtschaften in der Menge, der frei verfügbaren digitalen Formate zu kombinieren.
Damit kann einiges angestellt werden. Die KünstlerInnen geben Beispiele. “Angestellt werden“ ist gar nicht schlecht. Vor allem, wenn das Thema Absence ist. Denn da wo Digital, da ist auch immer das Fehlen der Masse, der Dichte, des Originalen. Da ist andererseits aber auch das Experiment und die Überraschung. Die KünstlerInnen gehen einen Vertrag mit dem Computer ein, sie lassen ihr Handwerkszeug entscheiden. Nicht allumfassend, aber in einem Rahmen, der von der künstlerischen Struktur vorgegeben wird.
Es ist erforschungswürdig. Und deshalb werden wir eine eindeutige Empfehlung für den Besuch aussprechen.
Prof. Ursula Drees
Im Kindl Museum Neukölln Berlin sind einige Exponate des Künstlers Bjørn Mehlhus zu sehen. Das Kindl Museum selbst gibt es noch nicht so lange. Seit 2016 werden in dem Gebäudekomplex der ehemaligen Kindl-Brauerei in Neukölln wichtige Positionen internationaler Gegenwartskunst gezeigt. Das Ausstellungsprogramm unter der künstlerischen Leitung von Andreas Fiedler umfasst mehrere große Ausstellungen pro Jahr und wird durch Veranstaltungen wie Künstlergespräche, Vorträge und Konzerte ergänzt. Bereits im ersten Jahr zählte der neue Kulturstandort über 30.000 Besucherinnen und Besucher. Hier auszustellen bedeutet in grosszügigen Hallen mit toller Beleuchtung wenn erforderlich sein Werk zu präsentieren.
In der Ausstellung Free Update zeigt der norwegische Künstler Bjørn Melhus Arbeiten aus den letzten Jahren. Melhus beschäftigt sich mit Filmen und Videoinstallationen mit Phänomenen der Medienwirklichkeit. In oft überzeichneten, zum Teil absurd-komischen Kurzfilmen hinterfragt er Motive und allgemeine Strategien der Massenmedien und reflektiert ihren Einfluss auf unsere heutige Gesellschaft. Grundlage seiner Arbeiten sind Audiofragmente aus verschiedenen Kanälen der vorwiegend westlichen Pop- und Kinokultur wie US-amerikanischen Filmen, TV-Sendungen oder YouTube-Videos. Ausgehend von diesen Tonsequenzen entwickelt der Künstler Erzählungen, in denen stereotype Figuren in eigenartige Kontexte versetzt werden. Dabei verkörpert Melhus die unterschiedlichsten und oft höchst bizarren Akteure seiner Filme selbst. Neben Arbeiten wie The Theory of Freedom (2015) und Can You See My Art? (2018) ist in der Ausstellung Bjørn Melhus’ neuester Film Sugar (2019) zu sehen.
Gleich zu Beginn wird „Can You See My Art“, ein Video präsentiert. Auf grellen, sich ständig ändernden Mustern steht eine Person. Sie bewegt sich hin und her, affektiert und übertrieben. So ist auch die Stimme, die Sprache ist nicht synchronisiert. Es wird immer wieder mantrahaft gefragt: „Can You See That? Can You See My Art“. Aufdringlich, kreischend, ohne Unterlass. Und dahinter wechseln die Muster. Mal Wellen, mal Streifen, was der Computer und die Effekte hergeben, immer in grellen Farben. Die Wahrnehmung wird herausgefordert.
Das Szenario ist anstrengend. Die Wiederholungen, Bewegungen und Muster…, alles ist anstrengend. Der Besucher steht vor der Projektion, betrachtet das Treiben, sinniert über die zeitversetzte Sprache, über die Bewegungen und die Aussage. Die Kunst wird gesehen, die Frage ist überflüssig, denn wir sind in einer Kunstausstellung.
Eine Selbstbeweihräucherung, eine Eitelkeit, eine Arroganz. Es spricht ungebrochenerer Narzissmus aus dem Video. Die Botschaft kommt an. Medial vernetzt, überall erreichbar, zu jeder Zeit und an jedem Ort lassen sich Menschen im virtuellen Raum vervielfältigen, legen ihr Dasein offen, beweihräuchern sich mit Selfies, zeigen Food Porn, ihre Katzen und Hunde, ihre Reisen, ihre Mode, alles. Meistens mit Instagram Filtern verschönert oder verunstaltet. Aber immer im Mittelpunkt und auf der Suche nach den 10 Seconds of Fame. Sie fragen sich, ob sie gesehen werden, kontrollieren die Menge der Kommentare, der Likes, der Hits. Ihre Wichtigkeit soll Resonanz aufweisen. Sie tun etwas, sei es noch so trivial, profan und verlangen Aufmerksamkeit. Sie wollen da sein.
Photo mit Handy direkt von der Projektion@udrees
Der Künstler steht vor der Kunst, bewegt sich hin und her, verlässt nie den Mittelpunkt des Bildausschnitts. Die Farbe der Kleidung wechselt und mit dem Kommentar: „It is super impressive. The colors change“ begleitet. Selbst wenn die hintergründigen Farben, zu einem irrelevanten Rauschen degenerieren, verblasst die Person im Vordergrund keineswegs. Die bleibt im Mittelpunkt. Und verbrät die vordergründige Botschaft. „Can You See My Art?
Beitrag von Prof. Ursula Drees