Zheng Guogu wurde 1970 in Yangjiang, Provinz Guangdong, China, geboren. Sein Werk umfasst viele verschiedene Medien, darunter Kalligrafie, Architektur, Performance und Fotografie. Er zählt zu den bedeutenden zeitgenössischen Künstlern Chinas.
Zhengs Werke wurden international ausgestellt, unter anderem im Museum of Modern Art (MoMA) in New York, das 2019 seine Ausstellung „Visionary Transformation“ präsentierte. Seine Arbeiten sind in bedeutenden Sammlungen vertreten, darunter das Guggenheim Museum und das Hammer Museum.
Im Jahr 2006 wurde Zheng mit dem Best Artist Award der Chinese Contemporary Art Awards ausgezeichnet. Seine Auseinandersetzung mit der Beziehung zwischen Symbolen, Konzepten und Energie sowie seine Erforschung der „Ästhetik der Energie“ tragen zu seiner Bedeutung in der aktuellen Kunstwelt bei.
Eines seiner Werke, The Aesthetic Resonance of Chakra No. 1 (2014), befasst sich mit dem Konzept der Chakren – Energiezentren, die im tantrischen Hinduismus und Vajrayana-Buddhismus bekannt sind. In diesem Werk verwendet Zheng wabenförmige Strukturen und symmetrisch angeordnete Farbpunkte entlang einer zentralen Achse, in Öl gemalt. Die Energiezentren werden symbolisch dargestellt. Er abstrahiert, bindet die Chakren Lehre in eine geometrische Formensprache ein und interpretiert die Lehre bildlich auf neue Art und Weise.

Wer ein solches Bild malt, der wird sich meditativ seinem Thema nähern. Es dauert viel Zeit und Muse diese Komposition mit Öl zu realisieren. Der Atmen, die ruhige Hand, die Farbe, die Form, der Abstand zueinander, die Gedanken, die die Idee führen. Wer sich die Bilder anschaut, sieht grosse Ordnung, sieht Klarheit, sieht Struktur, Vereinfachung, Konzept und Idee.

Zhengs spiegelt seine Auseinandersetzung mit der chinesischen Spiritualität wider, insbesondere mit dem Studium des Qi, der grundlegenden Lebenskraft in der traditionellen chinesischen Medizin und den Kampfkünsten. Seine Gemälde weisen geometrische und ikonografische Elemente auf, die von tibetisch-buddhistischen Thangka-Gemälden inspiriert sind und sich durch eine lebendige, vielschichtige Bildsprache auszeichnen.
Seit den wirtschaftlichen Reformen in den 1980er-Jahren hat sich China von einer planwirtschaftlich geprägten Gesellschaft hin zu einer konsumorientierten Wirtschaft entwickelt. Mit dem wachsenden Wohlstand der Mittelschicht hat sich der Konsum zu einem zentralen Bestandteil des Alltags und der Identitätsbildung entwickelt. Die Konsumgesellschaft bleibt in China ein ambivalentes Phänomen: Motor für Wachstum und Modernisierung – aber auch Auslöser von sozialen Spannungen, Umweltproblemen und kulturellem Wandel. Die Menschen und die Regierung als zentralistisches Element reagiert auf den Identitätswandel nicht mit klarer Ablehnung oder vollständiger Anpassung, sondern mit einem strategischen, oft widersprüchlichen Umgang: Einerseits wird kulturelle Identität gefördert, andererseits werden Konsum und Globalisierung akzeptiert – solange sie sich mit chinesischer Eigenständigkeit vereinen lassen. Das Ergebnis ist eine neue kulturelle Hybridform, die Tradition modern interpretiert und gleichzeitig offen für globale Einflüsse ist. Das hört sich an, als wäre das Problem halbwegs im Griff. Aber die kulturelle jahrtausend andauernde Identität verschwimmt. Was mal unausgesprochen als Richtig und Gut, Falsch und nicht gut angesehen wurde, muss plötzlich benannt werden. Es ist eine Suche nach diesem hybriden Kulturform. Einfach ist das nicht. Chinesischen Künstler benennen das, versuchen dem einen Ausdruck zu verschaffen. So auch Zheng Guogo.
Durch die Kombination digitaler Techniken mit akribischer Handmalerei versucht Zheng, visuelle Frequenzen zu erzeugen, die mit dem Meridiansystem des Körpers in Resonanz treten und eine Interaktion zwischen dem Kunstwerk und dem Energiefluss des Betrachters ermöglichen.
In der Serie „Visionary World in a Changing State of Mind“ richtet Zheng den Fokus speziell auf das Herzchakra, das im Chakrensystem als Zentrum von Liebe, Mitgefühl und emotionaler Energie gilt. Es sind drei grosse Ölgemälde im Stile eines Thangkas gestaltet. Er überlagert mehrere Bilder von Thangkas digital und erreicht eine komplexe, vielschichtige Kompositionen. Dann überträgt er sich auf eine Leinwand und mal mit ÖL nach. Die Bilder sind für die Augen wie Wimmelbilder. Auf den ersten Blick sind sie vor allem voll und farbig. Aus der Nähe lassen sich einzelne Formen isolieren, manche sind zu benennen, manche eher geometrische Muster. Aus der Ferne wird die Farbkomposition wahr genommen. Es sind komplementäre Kontraste die jedem Bilder vorherrschen.
In The Great Visionary Transformation- Traquility of the Heart ist eis Blau und Gelb. Natürlich gibt es die anderen Erdtöne auch. Es geht um die vorherrschende Farbstruktur. Hier steht man lange und differenziert den Blick. Mal viel, dann isoliert eine Form erkennen, wieder zurück usw. Es ist ein ständiges Hin und Her. Die Lesehierarchie ist auf den Mittelpunkt konzentriert. Es gibt ein Innen und Aussen aber die Lesehierarchie der westlichen Formalgestalten in Bildern lässt sich nicht finden. Hier ist alles auf Einmal zu sehen. Es gibt keine Besonderheit, es gibt nur das Innen und Aussen. So sind die beiden Folgebilder auch gestaltet.

Visionary Transformation of the Colored Gaze betont den Grün Rot Kontrast. Der Bildaufbau ist vergleichbar mit dem Bild davor. Die Formsprache unterscheidet sich. Hier gibt es auch ein Innen und Aussen, aber das Aussen zeigt sich wiederholende Motive, die auf einem Hintergrund von Organe-rot-gelb platziert sind. Sie sehen aus wie zwei sich gegenüber befindlichen Einheiten. Sie sind symemetrisch. Es können zwei knieende Menschen sein, zwei Fische, zwei was auch immer. So genau lässt sich das nicht sagen. Aber die Bildordnung zeigt nicht nur ein Innen und Aussen, sondern auch ein oben und Unten. Auf diesem Bild lässt sich die herangehensweise nachvollziehen.

Einweiteres der Serie Infrared Transformation No.2 ist wieder ein Stück eindeutiger. Violett – Magenta beherrscht die Farbwahl. Die Komposition ist deutlich so auch die Motive.

Gesehen und mit dem Iphone fotografiert im ZKM , Karlsruhe, Ausstellung Fellow Travelers.
Beitrag von Ursula Drees
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