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„The Mapping Journey Project“ von Bouchra Khalili

Bouchra Khalili ist eine international anerkannte marokkanische Künstlerin und Filmemacherin, die vor allem für ihre videobasierten Arbeiten und multimedialen Installationen bekannt ist. Sie wurde 1975 in Rabat, Marokko, geboren, lebt und arbeitet heute in Paris. Ihre Werke behandeln Themen wie Migration, Identität, politische Exklusion und die Geschichte der Kolonialisierung. Khalili ist bekannt für ihre künstlerische Auseinandersetzung mit den Erfahrungen von Migranten und Flüchtlingen und ihrer Reflexion über die politischen und sozialen Realitäten der globalen Welt.

Sie studierte an der École nationale supérieure des beaux-arts (ENSBA).

In ihren Filmen erzählt sie Geschichten von Migranten, Exilierten und Minderheitengruppen. Ihre Arbeiten sind geprägt von einer Mischung aus Dokumentation, narrativer Kunst und visueller Poesie. Sie nutzt hauptsächlich Video, Fotografie und Installationen. Ihre Werke beinhalten sowohl fiktionale als auch dokumentarische Elemente und spielen mit der Idee des Erzählens und des Wissens. Ihre Arbeiten reflektieren den Umgang mit Grenzen, sowohl im physischen als auch im metaphorischen Sinn, und stellen die universelle Bedeutung von Erinnerung und Erzählung in den Vordergrund.

Sie ist eine der einflussreichsten Künstlerinnen in Europa. Sie stellte unter anderem im The Solomon R. Guggenheim Museum New York, in der Tate Modern London, im Centre Pompidou Paris, im MACBA Barcelona und auf der Biennale in Venedig aus. Das sind nur eine Ausstellungsorte, die aber, wie wir wissen, auch gleich die renommiertesten sind.

Das Kunstwerk „The Mapping Journey Project“ entstand zwischen 2008 und 2011. Es ist ein multimediales Projekt und setzt sich aus mehreren Videoarbeiten, Fotografien und installativen Elementen zusammen. Es werden Geschichten von Flucht beschrieben. Abenteuerlich, herzzerreissend und wer tiefer fühlt, erschütternd. Das Werk ist eine Art subjektives, interaktives Mapping von Migration anhand einer Kartennachzeichnung. Migranten erzählen ihre Reiseerfahrungen und zeichnen die Route über eine Landkarte nach.

Auf der Biennale in Venedig 2024 wird keine Interaktivität angeboten. In einer grossen Halle des Arsenales sind die Großmonitore in einer Staffelung aufgebaut, davor Sitzbänke, die Zuschauen dürfen zuhören und mit den Erzählungen die Flucht nachvollziehen. Während des Erzählens und Nachzeichnens findet bei den Erzählenden Personen erneutes Erinnern und Erleben statt. Fast wie in einer Therapie. Das Ereignis wird wiederbelebt, es wird vielleicht sogar zurück erobert, denn wer erzählen kann und dem zugehört wird, hat ein Anreicht auf Erfahrungen, auf Erlebnisse und auf Leben. Dieses Recht wird Migranten genommen. Während der Flucht werden sie wie Ware verschifft, in lebensgefährliche Situationen versetzt, sie werden ausgebeutet, sich selbst überlassen und sie verlieren ihr Recht auf Menschsein. Wer erzählt, gewinnt das Recht auf Individualität zurück. Die Karten dürfen deshalb als Symbol für die Rückeroberung verstanden werden. Der Mensch darf wieder selbstbestimmend agieren. Der Mensch gewinnt an Authentizität, die Karten werden verändert, bemalt, bezeichnet und zu Tagebucheintragungen. Es ist ein Akt des Wiederstands gegen Grenzen, Staaten, Politik, Recht und Anerkennung.

„The Mapping Journey Project“ von Bouchra Khalili ist ein Kunstwerk, das Kartografie, Film und Erzählung miteinander vereint und so eine persönliche und globale Geschichte über Migration, Widerstand und die Definition von Grenzen erzählt.

Beitrag von Ursula Drees

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