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Monthly Archives: Juli 2021

Ohmie eine 3D gedruckte Lampe aus Orangenschalen

©Krill Design

Mit der Klimakrise werden alternative Konzepte für alle Objekte, die uns umgeben, entwickelt. Diese Bestrebungen können gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Und die in Mailand ansässige Firma Krill Design hat sich diesem Konzept verschrieben. Sie haben eine Lampe namens Ohmie aus Orangenschalen kreiert. Die Schalen kommen aus eine Sizilien, ein Kardinalorangenplantagenort. (Ist das nicht ein wunderschönes, sehr langes Wort geworden?)

Diese Lampe wird durch Touch an- und ausgeschaltet. Sie ist leicht, klein, kompakt und kann kompostiert werden. Das allein ist eine ausserordentlich hoch anzurechnende Entwicklung.

©Krill Design

Jede Lampe besteht aus den Schalen zwei oder drei Orangen. Die kommen von einer Familienplantage in der Messinaregion. Die Designer von Krill Design sagen in einem Interview mit DEZEEN : „We needed a material that would not run out and given that Sicily alone produces about 3 per cent of global oranges, that allows us to stock up on the peels and be able to always produce Ohmie“ . 3 Prozent aller Orangen wachsen in Sizilien. Deshalb gehen die Designer davon aus, dass diese Quelle nicht so schnell versiegen wird. Sie sind daran interessiert den lokale und vollständig italienischen Produktionszyklus zu unterstützen. Nicht nur dass es hohen Symbolcharakter aufweist, es unterstützt nachhaltig eine eher zu Armut tendierende Region.

©Krill Design

Die Lampe ist 23 cm hoch, die Farbe und auch die Oberfläche reflektieren das Ursprungsprodukt. Es ist eine zu orange tendierende dunkle Brauntonalität im Aussenbereich, im Inneren Lampenschirm ist die Farbe Gelblich Orange. Eine gelungen Kombination des farblichen Lebenszyklus einer Orangenschale. Lebensmittelabfälle müssen nicht zwingend Abfälle werden, wie diese Entwicklung beweist. Es ist ein ökologische gestaltetes Produkt, das sowohl Funktionalität als auch eine anschauliche Gestaltung aufweist.

©Krill Design

Wer die Nase voll von seiner Lampe hat, bricht sie in Stücke und wirft sie in den Bioabfall. Aber warum sollte das geschehen? Vielleicht beim Umzug oder wenn es eine Änderung des Interior Designs der Lebensräume gibt? Diese Frage wird hier nicht beantwortet, es wird aber gesagt, dass die Lampe entweder zu Kompost oder sogar zu biologischen Treibstoff werden kann. Noch darf diese Lampe nicht im heimischen Komposthaufen zu Erde werden, dafür ist noch die industrielle Kompostierung zuständig. Nichtsdestotrotz sehen die Gestalter von Krim Design den nächsten Schritt in der Entwicklung eines Materials, dass einerseits haltbar und fest ist und dann aber auf dem Komposthaufen hinter dem Haus entsorgt werden kann.

©Krill Design
©Krill Design

Sie verwenden 3 D Printing, weil sie keine grossen Überschüsse bei der Produktion haben wollen. Die Orangenschalen werden mit einer vegetarischen Stärke angereichert. Bevor das geschieht, werden die Schalen ausgetrocknet, um auf weniger als 4 % Flüssigkeit zu kommen. Dann werden sie zu einer sehr feinen Pudermischung granuliert und die biopolymerische Stärke wird beigemischt. Diese Mischung wird zu Pellets geformt und dann kann gedruckt werden.

©Krill Design

Krim Design ist nicht die einzige Firma, die sich mit der Entwicklung von kompostierbaren Objekten oder Gestaltungen auseinander setzt. Eine in Kopenhagen angesiedelte Firma zum Beispiel verbindet die Rückstände für die Apfelsaft Produktion mit einer natürlichen Gummi und formt daraus ein pflanzenbasiertes Leder. Daraus werden Taschen oder andere Designs hergestellt. Es ist eine hervorragende Entwicklung von de wir deutlich mehr brauchen.

Die Fotografien sind alle von Krill Design.

Nachwort der Autorin.

Normalerweise schreibe ich eher zu medialen Erlebnisräumen, zu Installationen, zu Kunst mit Medien. Aber es wird wichtiger auch Alltagsprodukte in diesem Blog zu beschreiben. Denn die Klimakrise kann nicht aus dem Bewusstsein dieses Blog ausgeklammert werden.

Ursula Drees

Die Ars Electronica 2021_ In Keplers Garden

Ein Festival-Vorgeschmack und ein Handbuch für digitale Humanist*innen

(Linz, 19.7.2021) Faszinierende Ausstellungen, inspirierende Talks und Konferenzen, themenspezifische Führungen, Workshops und tolle Konzerte mit digitaler und/oder klassischer Musik und all das sowohl in Linz als auch an 100 weiteren Locations rund um den Globus: Von 8. bis 12. September wird das Ars Electronica Festival wieder als hybrider Event über die Bühne gehen. Der thematische Ausgangspunkt für diese Reise um die Welt ist diesmal die Forderung nach einem „New Digital Deal“. Bei Ars Electronica Home Delivery am Dienstag, 20. Juli 2021, stellen Martin Honzik (CCO Ars Electronica) und Manuela Hillmann (Projektkoordination Ars Electronica) eine Reihe von Festival Gardens vor, die sich in diesem Jahr mit dem Thema „Erde“ auseinandersetzen. Beginn des Live-Streams ist um 16:00 Uhr (CET). Darüber hinaus erhalten Zuseher*innen von Ars Electronica Home Delivery am Donnerstag, 22. Juli 2021 Einblick in die Forschungsarbeit von Kyriaki Goni, die sich derzeit im Rahmen der ArtScience Residency bei Ars Electronica mit dem Themen KI und Sprachschnittstellen auseinandersetzt. Beginn ist um 14:30 Uhr (CET).

Inside Festival (Episode 2): In 49 Tagen oder 1.195 Stunden oder 71.640 Minuten startet die Ars Electronica 2021
DI 20.7.2021 / 16:00 (CET)

In der zweiten Episode von „Inside Festival“ präsentieren Martin Honzik (CCO Ars Electronica) und Manuela Hillmann (Projektkoordination Ars Electronica) verschiedene internationale Festival Gardens, die sich in diesem Jahr mit dem Thema „Erde“ auseinandersetzen. So beschäftigt sich der Garden Indonesia, organisiert vom MAG (MediaArtGlobale) Festival, mit dem Ursprung von Sambal, einer Chilli-Gewürzpaste, die Dank des fruchtbaren Bodens des Landes zu einem einzigartigen Symbol der indonesischen Kultur geworden ist. La República de la Montaña, die den Garten Andes ausrichtet, hat wiederum eine Permakultur-Farm in Peñalolén ins Leben gerufen und rückt das Community-Projekt „Cooking for Freedom“ in den Mittelpunkt. Ein Projekt, das aus der Not entstanden ist und die Früchte des chilenischen Bodens nutzt, um Menschen zusammenzubringen. Auf eine Reise zu unterirdischen Strukturen, die zu einer Manifestation des Bodens des Anthropozäns werden, lädt die ITMO Universität in St. Petersburg: zu einer Stahlbetonhöhle, die versucht, sich in die natürliche Landschaft einzufügen und danach strebt, mit neuem Inhalt befüllt zu werden.

Ars Electronica Festival
Am 18. September 1979 erblickt in Linz das erste Ars Electronica Festival das Licht der Welt. Ein Pilotprojekt, das die gerade heraufziehende digitale Revolution zum Anlass nimmt, nach möglichen Zukünften zu fragen und diese Recherche an der Schnittstelle von Kunst, Technologie und Gesellschaft ansiedelt. Mit dieser bis heute gültigen Philosophie legten der Kybernetiker und Physiker Herbert W. Franke (AT), der Elektronikmusiker Hubert Bognermayr (AT), der Musikproduzent Ulli A. Rützel (AT) und Hannes Leopoldseder (AT), damaliger Intendant des ORF-Landesstudios Oberösterreich, den Grundstein für die Erfolgsgeschichte der Ars Electronica. Heute, mehr als 40 Jahre später ist Ars Electronica eine der weltweit größten hybriden Plattformen für Medienkunst, ein Festival für digitale Musik, ein Showcase für Kreativität und Innovation und Spielwiese für die nächste Generation.

User Manual for Digital Humanists: ArtScience Special
DO 22.7.2021 / 14:30 (CET)

Mit der Initiative der „Europäischen Plattform für Digitalen Humanismus“ beteiligen sich Ars Electronica und ihre Partner*innen aus Forschung, Industrie und Kultur an einer dringenden Neubewertung unseres Verhältnisses zu den von uns geschaffenen Technologien und deren Nutzung. Diese Sonderausgabe des User Manual for Digital Humanists widmet sich der Forschung von Kyriaki Goni, die derzeit die ArtScience Residency bei Ars Electronica absolviert und gemeinsam mit ihrer Wissenschaftspartnerin Prof. Martina Mara von der JKU Linz KI-Systeme und Sprachschnittstellen untersucht. Die ArtScience Residency wird durch die Partnerschaft von Ars Electronica und der Deutschen Telekom und mit Unterstützung der Johannes Kepler Universität Linz ermöglicht.

Ars Electronica Home Delivery
„Ars Electronica Home Delivery“ ist ein wöchentliches Programm, das Guided Tours durch die Ars Electronica Ausstellungen, Ausflüge in die Ars Electronica Labs, Besuche im Machine Learning Studio, Konzerte mit Echtzeitvisualisierungen, Deep Space LIVE-Sessions, Workshops mit Engineers und Talks mit Artists und Scientists aus aller Welt sowie Angebote für Schulen, Universitäten und Unternehmen umfasst. „Ars Electronica Home Delivery“ will die künstlerisch-wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Zukunft einem möglichst breiten Publikum zugänglich machen.

Bilder und der Pressetext wurden von der Ars Electronica Presse verfasst.

Nachruf auf Joachim Sauter

Es ist ein trauriges Ereignis. Joachim Sauter ist am 10. Juli 2021 von dieser Welt gegangen.

Mit freundlicher Genehmigung von ART+COM

Er hat ART+ COM mitbegründet. War an der Hochschule der Künste, später Universität der Künste in Berlin Professor für Kunst und Gestaltung mit digitalen Medien und Adjunct Professor für Mediengestaltung und Medienkunst an der University of California, Los Angeles.

Sein erstes Werk, für das er zusammen mit Dirk Lüsebrink, die goldene Nica 1992 gewann, „Der Zerseher“ bringt auch heute noch die wesentliche Botschaft der neuen Medien in der Kunst, Wissenschaft, Gestaltung und Gesellschaft auf den Punkt. Er war ein unermüdlicher Denker, Gestalter, Künstler und Schaffender.

Die Liste seiner Werke ist lang. Seine Werke kratzen am Zahn der Zeit, sie verbinden Technik und Gestaltung, atmeten Schönheit und Botschaft. Mehr dazu bei ART+COM. Trotzdem einige Beispiele.

THE SHAPES OF THINGS TO COME•KINETISCHE SKULPTUR –, 2008 BMW Museum, München

•RESONANCE – REFLECTIVE KINEMATRONIC III, 2010_ •Kunsten Museum, Aalborg, Dänemark

Ich habe ihn als Studentin an der HdK kennen gelernt. Er war der Betreuer meiner Meisterschülerjahre, ein Vorbild, er verstand den Wert der Medien in der Kunst und in der Forschung und hat sie vermittelt. Wie oft ich ihn auf der Ars Electronica traf und reden hörte, kann ich nicht sagen. Er veröffentlichte und hinterließ Gedanken, die mich nachhaltig bewegten. Er war ein Quell der Inspiration und die Welt verliert eine grosse Persönlichkeit.

Er war verständnisvoll und kannte keine Arroganz, obwohl er viel bewegte und mit ihm eine Ära zu Ende geht. Aber so ist das mit Menschen, die in der dünnen Luft da oben leben. Sie sind nicht arrogant, sie müssen sich nicht beweisen, sie arbeiten und bewegen. Einfach so. Ich erinnere mich an eine erste Begegnung. Er wurde in jungen Jahren zum Professor berufen und ich war Studentin, nur 4 Jahre jünger. Er war souverän und wissenstechnisch allen Anwesenden überlegen, er hatte eine Vision. Er kam in den Seminarraum, es muss Anfang 1990 oder Ende 1998 gewesen sein, und sagte: „HTML, das müsst ihr euch merken. Das wird die Welt ändern.“ Wir hatten keinen blassen Schimmer, er beleuchtete die Tragweite und wir bekamen einen Einblick in die Zukunft. Das gleiche wiederholte er einige Jahre später als MOSAIK auf den Markt kam. Er war den Dingen einen Schritt voraus und das machte seine Lehrtätigkeit zu diesem besonderen Erlebnis. Ein Seminar bei Joachim Sauter bedeutete Inspiration, Wissen und Zukunftsblick. Vergessen habe ich so gut wie nichts.

Als ich meine Meisterschülerinnenprüfung bei ihm absolvierte, zeigte er seine ausserordentliche Qualität für Empathie. Dafür muss ich ausholen. Bei meiner mündlichen Diplomprüfung war ich einigermassen runter mit den Nerven. Ich hatte viel gearbeitet, war aufgeregt und etwas übermüdet. Und deshalb bekam ich vor lauter Aufregung kein Bein an die Erde und fing nach wenigen Minuten an, fürchterlich und nicht enden wollend zu schluchzen. Es war kein Weinen mehr, es war der Zustand der absoluten Auflösung. Die Prüfung wurde unterbrochen, ich bekam einige Minuten Zeit und als ich dachte, ich könnte weiter machen, brauchte ich nur in die Gesichter der Prüfer zu schauen und schon ging es von vorne los. Dies war eine überaus entwürdigende Erfahrung. Ich begriff, ich habe Prüfungsangst.

In der mündlichen Verteidigung für die Meisterschülerinnenprüfung stand Joachim Sauter vor mir, schaute mich an und fragte nur: „Ursula, wie lange wirst du durch halten?“ „Vielleicht 8 bis 10 Minuten?“. Darauf erwiderte er: „Nun gut, dann musst du in 10 Minuten das Wissen, das im Normalfall in 20 Minuten abgeprüft wird, vermitteln. Konzentrier dich und dann werden wir einen Prüfungssprint hinlegen.“

Nach ca. 9 Minuten kamen die Tränen und ich schaffte noch eine letzte Minute, da aber bereits mit gebrochener Stimme. Aber es reichte und ich bestand. So war Joachim Sauter.

Lieber Joachim, du warst zu kurz auf dieser Welt.

Nachruf von Prof. Ursula Drees