Dieser Beitrag behandelt die Arbeiten des japanischen Künstlers Takahiro Iwasaki auf der Biennale Venedig 2017. Ausgewählte Kunstwerke werden besprochen und erklärt.
[1]Takahiro Iwasaki (1975) wurde in Hiroshima geboren, lebt und arbeitet dort. Die Stadt ist in das kollektive Gedächtnis der Menschheit mit dem Atombombenabwurf der Amerikaner am 6. August 1945 eingegangen. Ein Desaster ohne Gleichen. 70.000 bis 80.000 Menschen wurden sofort getötet und in den Folgemonaten nach dem Abwurf kamen bis Ende 1945 noch 130.000 vorzugsweise Zivilisten hinzu. Als Folge der Langzeitfolgen der Strahlung wird heute noch eine nachweisbar höhere Menge an Krebserkrankungen der Bewohner festgestellt.
Kollagen oder Mock Ups werden gezeigt wie eine schwarz weiß Fotografie des Meeres. Wellenkämme mit Schaumkronen laufen diagonal in den Horizont. In diesem unruhigen Gewässer sind Büchertürme zu sehen. Manche sind horizontal gestapelt, andere hochkant und wer genau hin schaut, ließt den Titel und das Sujet. Die Bücher sehen aus wie Ölbohrtürme. Sie stehen auf schmalem Fundament und werden nach oben hin breiter. Die Statik ist wackelig. Es reichen Striche, in der Wirklichkeit wären es Seilzüge aus 50 cm breiten Stahlzügen herunter, hinein in die Wellen, wahrscheinlich zum Meeresboden.
Photomontage einer wilden See mit Büchern und Kränen. Photographie © Ursula Drees
Im Pavillon findet sich eine Anlehnung an die Konzeptphotomontage realisiert. Jede Menge Bücher auf einem runden hölzernen Tisch, es könnte ein Biedermeiertisch sein. Sie liegen, aufgeschlagen, geklappt, geschlossen, stehend, gestapelt, balancierend, eingekeilt. Einige haben japanische Titel und Autoren, andere Englisch wie „The Secret Life of Dust: From the Cosmos to the Kitchen Counter, the Big Consequences of Little Things “ von Hannah Holmes, „The Fold: Leibniz and the Baroque“ von Gilles Deleuze, „Aromic Assistance: How „Atoms for Peace“ Programs Cause Nuclear Insecurity – Cornell Studies in Security Affairs“ von Matthew Furmann, Flow: Nature’s patterns: a Tapestry in Three Pats“ von Philip Ball oder Crisis Without End: The Medical and Ecological Consequences of the Fukushima Nuclear Catastrophe von Helen Caldicott. Mit Vorstellungskraft stellen sie eine Skyline dar. Und auf den höchsten Büchern stehen Baukräne in Blau, orange, grau, weiß. Es sind die Farben der Buchlesezeichen. Daraus werden sie gemacht.
Tectonic Model (Flow); 2017; books, table; photo © Inexhibit
Hochhäuser aus Büchern und Baukräne aus Lesezeichen. Photographie © Ursula Drees
Der Besucher geht herum und beugt sich hinunter. Alles vorsichtig, denn das hier auf dem Tisch aufgebaute befindet sich in einem beängstigend zarten Gleichgewicht. Wenn die Tasche durch Zufall gegen die Tischkante schlägt, dann fällt sicherlich alles in sich zusammen. Der Buchuntergrund ist wackelig, wenn ein Buch umkippt, dann reißt es den ganzen Aufbau in die Tiefe und es entsteht ein schreckliches Unglück.
[1] https://urano.tokyo/en/artists/iwasaki_takahiro/ am 25.10.2017
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Atombombenabwürfe_auf_Hiroshima_und_Nagasaki am 25.10.2017
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