Bemerkenswert ist sein Projekt „Liao Garden“ in seiner Heimatstadt Yangjiang. Es verbindet Technologie, Mystik und Natur und folgt der Vison des Künstlers einen anderen Zusammenlebens.
Liao Garden ist ein fortlaufendes Kunstprojekt des chinesischen Künstlers Zheng Guogu. 2000 fängt damit in der Nähe seiner Heimatstadt Yangjiang an. Ursprünglich unter dem Namen „The Age of Empire“ bekannt, inspiriert von dem gleichnamigen Computerspiel, wurde es 2012 in Liao Garden umbenannt.
In der Ausstellung Fellow Travelers im ZKM erhält diees Projekt viel Raum im oberen Stockwerk. Es wird in Szene gesetzt. Dokumentation und Kunst sind nicht zu trennen. mit grossformatigen Fototapeten wird der Bild gelenkt. Es ist ein grünes Naturspiel von Nah und Fern. Die Fotos zeigen Blätter, Wurzeln, Blattwerk aller Art, alles ganz nah. Darauf sind kleinere Screens angebracht. Manchmal ist es Kunst, manchmal eine Dokumentation oder ein Interview. Auf dieser Seite ist es eine lange Aufnahme eines Mannes der auf einem flachen Felsblock sitzt, kauert, kniet und auf den Strom des Wassers um ihn herum schaut. Gerne würde ich diese Bild mit Caspar David Friedrich’s „Wanderer über dem Nebelmeer“ in Verbindung bringen. Es ist eine gewagte Assoziation, kunstgeschichtlich unbegründet, aber trotzdem kam sie mir in dem Moment, wo ich das Bild sah in den Sinn. Deshalb nehme ich mir die Freiheit und lösche meine Gedanken nicht.



In jeder Ausstellung wird der die Besucher*in vor die Herausforderung gestellt entweder zu lesen und sich zu bilden, oder aber zu denken und all seine Sinne und die Wahrnehmung auf das Gezeigte zu fokussieren. Wer nur durch flaniert, dem wird sich das Werk nicht offenbaren, dann bleibt es an der Oberfläche. Aber das Entschlüsseln fordert und macht Spass. Daher fragte ich mich, warum diese Wand durch einen Kreis, der wiederum das Gestänge nicht verdeckt, gebrochen wird. Das Durchschauen auf das Dahinter ist gewollt. Die Besucher müssen den runden Mantrateppich sehen, die Gestängepyramide, den Rechner, den Sitz. Natürlich stellt sich die Frage, was da wohl mit dem Rechner anzustellen ist.
Der Weg geht auf die Rückseite, zur Rechnerseite. Jetzt bewegt sich was im Kopf und ich verstehe was das alles soll. Der Aufbau wird klarer. Dieses Projekt erstreckt sich über ein weitläufiges Gelände in der Nähe seiner Heimatstadt Yangjiang und dient sowohl als Wohn- und Arbeitsraum für Zheng Guogu als auch als Plattform für künstlerische Experimente. Es umfasst vielfältige Strukturen wie eine goldene Pyramide, ein Atrium und sogar ein „Museum des Windes“. Der Künstler betrachtet Liao Garden als ein sich ständig weiterentwickelndes utopisches Gebiet, das traditionelle chinesische Philosophie mit anarchischer Bauweise außerhalb konventioneller gesetzlicher Parameter verbindet. Das wird gezeigt.
Die Szenerie mit dem Rechner ist „Age of Empires“ das bekannte Echtzeit-Strategiespiel gewidmet. Hier kann man auch gleich mal spielen. Es werden Imperien aufgebaut, Städte errichtet und Armeen befehligt – alles auf Grundlage historischer Epochen und Kulturen. Zheng Guogu wuchs damit auf. „Age of Empires“ inspirierte ihn , es bot ihm die Möglichkeit, virtuelle Welten zu erschaffen – ein Raum, in dem Geschichte, Macht und Kultur im Kleinen „gespielt“ wird. Er nutzt es als Modell für das Gestalten von Realität – also nicht umgekehrt. Das Computerspiel wird zur architektonischen Inspiration und zur philosophischen Metapher: Wie im Spiel entscheidet er, was wann und wo gebaut wird – Kunst als Strategie und Simulation von Macht. Er fängt an, an seinem riesigen architektonisch-künstlerischen Lebensprojekt „Liao Garden“ zu bauen.
Über 20 Gebäude, Pavillons, Brücken, Höfe, Skulpturen – eine Mischung aus Tempelanlage, privatem Rückzugsort und Kunstinstallation sind da. Sie sind aus Beton, Glas, Naturstein – oft aus der Umgebung oder recycelt, gebaut. Elemente aus der chinesischen Gartenarchitektur (Wasser, Felsen, Pflanzen) werden mit modernen oder surrealen Formen kombiniert. Manche Räume sind für Meditation gedacht, andere für Kunst, Teezeremonien oder Zeremonien. Dieser Garten ist als eine Manifestation seiner Gedankenwelt, in der sich Chakren-Lehre, Daoismus, Popkultur und Strategie-Denken zu verstehen. Die Architektur folgt keinem klaren Masterplan – sie wächst organisch, wie eine „bauliche Collage“. Es ist eine Art lebendige Skulptur, die ästhetische, spirituelle, digitale und kulturelle Ebenen verbindet.




Ein zentrales Anliegen von Zheng Guogu in Liao Garden ist die Erforschung der Beziehung zwischen Symbolen, Konzepten und Energie, was er als „Ästhetik der Energie“ bezeichnet. Durch die kontinuierlichen Erweiterungen und Modifikationen des Gartens spiegelt er den buddhistischen Glauben an die Vergänglichkeit der physischen Welt wider. Liao Garden dient nicht nur als physischer Raum, sondern auch als Medium für die Auseinandersetzung mit Themen wie Wahrnehmung, Spiritualität und der Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt.
Beitrag und Fotos von Ursula Drees
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