Hito Steyerl ist Künstlerin, Kuratorin und Theoretikerin. Sie arbeitet hauptsächlich mit Video, Installation und digitalen Medien. Ihr Fokus liegt auf den Themen Digitalisierung, Informationsflut, Medienkritik und die politischen sowie gesellschaftlichen Auswirkungen moderner Technologie. Steyerl analysiert, wie Bilder, Daten und Bilderfluten unsere Wahrnehmung und Wirklichkeit beeinflussen. Ihre Arbeiten verbinden Kunst, Theorie und kritische Gesellschaftsanalyse und sind international anerkannt.

„Power Plants“ ist ist schon etwas älter, aus dem Jahr 2014. Es handelt sich um eine interaktive, video-basierte Mehrkanalinstallation. Die Blumen und Pflanzen wurden durch KI erzeugt. Bei der Ausstellung aus dem Jahr 2019 mit dem Titel „I will survive“ ist die Installation mit dem Garten des Geländes verbunden. Die 18 LED Screens alle unterschiedlich gross, auf denen die Pflanzen und Blumen generierten Animationen laufen, befinden sich auf Gerüststrukturen. 18 LED Textmodule geben Informationen zu den Pflanzen. Jede Monitor-Text-Einheit ist eine „Power Plant“-Videoskulptur. Es soll ein virtueller Garten entstehen.

Diese Arbeit war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sehr zeitgemäß. In den Jahren 2018 bis ungefähr 2022 wurde KI in der Kunst populär. Die Grenzen zwischen Technologie und Kunst verschwammen. Es wurden reine Technikexperimente plötzlich zu Kunst erhoben. Wir denken zum Beispiel an „Edmond de Belamy“. Immer wieder hiess es: KI kann auch Kunst. Mittlerweile hat sich die Kunstwelt besonnen. KI wird mehr und mehr zu umsetzenden Werkzeug, aber eigenständige Kreativität wird nicht mehr attestiert. Der Mensch, der Künstler erobert seine Domäne des emotionalen, assoziativen, nicht logisch Nachvollziehbaren, des Intuitiven, des kontextuellen Verbindens und Schaffens zurück. Die Faszination KI in der Technischen Kunst ist abgeflaut. Gott Lob.

Diese Arbeit liegt genau in der Zeit der Klärung: Was ist Kunst und was kann Technik in der Kunst. Refik Anatol hat mit Machine Hallunizinations einen ähnlichen Wurf geschafft. Dann aber wurde das Ganze kommerzialisiert. Wir denken an Monets Garten. Es entstanden eine Vielzahl ähnlicher immersiver Experience Spaces. Sie haben nichts mit Kunst zu tun. Es sind Inszenierungen, die einem ungebildeten Spektakel-Publikum Kunst auf eine technisch nur erdenkliche Weise näher bringt.

„Power Plants“ jedoch zeigt zwar grosse Anteile von KI erstellte Animationen, aber die Kombination Text mit Scheininformationen aus der Biologie ergeben eine tiefere Ebene. Das wird durch den Installationsaufbau unterstützt. Die Power Plants: LED Screen und Textmodul, sind auf dem Riggingsystem aufgehängt und ergeben ein kühles und mit Natur wenig verbundenes Arrangement. Zwar haben die bunten Animationen einen wunderbar hypnotischen Effekt, aber sie bleiben hohl und nur schön anzusehen. Grelle Farben, stete Veränderung, wer mag da nicht hinstarren.
Die neueren Werke werden präziser. Sie setzen sich mit den aktuellen Herausforderungen auseinander, die durch soziale Medien, Überwachung, globale Konflikte und Umweltzerstörung entstehen. Im Mittelpunkt steht die Frage: „Was bedeutet die Zukunft in einer Welt, die von digitalen Technologien, Datenfluten und globalen Machtkämpfen geprägt ist?“ Steyerl analysiert kritisch, wie Bilder und Daten unsere Wahrnehmung verändern und welche gesellschaftlichen Folgen daraus entstehen.
Deshalb ist auch „Power Plants“ eine Arbeit, die gesehen werden darf.
Beitrag von Ursula Drees. Die Photos wurden mit dem Iphone in der Stuttgarter Staatsgalerie gemacht.
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