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„Algo-r(h)i(y)thms“ von Tomas Saraceno

ZKM Ausstellung Renaissance 3.0

Renaissance 3.0, dieser Ausstellungsname bezieht sich auf 3 uns bekannte Zeiten einer Renaissance, der Neugeburt einer Kultur. Die erste wird die Arabische Renaissance zwischen  800 -1200 genannt. Im arabischen Raum wurden Musik Maschinen und  Roboter ähnlichen Figuren geschaffen.

Die zweite Renaissance bezieht sich auf die Italienische zwischen dem 15. Und 17. Jahrhundert. Hier wurden Perspektive, Grundlagen der Naturwissenschaften, die menschliche Anatomie und komplexere mechanische Maschinen erdacht. Die dritte Renaissance bezieht sich auf unser Zeitalter. Es ist die digitale Renaissance. Hier findet eine Politisierung und Verwissenschaftlichung der Kunst statt. Kunst und Wissenschaft verwenden gleiche Tools, das gleiche Handwerkszeug. Künstliche Intelligenz und Robotic, Machine Learning, Big Data hinterfragen nachhaltig die Rolle der Kunst, ihre Definitionsfähigkeit und generelle Rolle in der Kultur.

Wir nähern uns einer Kunst die von technischen Experiment oder wissenschaftlichen Experiment kaum zu unterscheiden ist. In der Ausstellung Renaissance 3.0 werden Exponate von Forschern, von Künstlern und von Designern auf einer Ebene gezeigt.

Dort findet sich das Kunstwerk von Tomas Saraceno. Erst studierte er Architektur in Buenos Aires, im Anschluss Skulptur an der Kunstuniversität Escuela Superior de bellas Artes Ernesto de la Carcova. Mit dem um die Jahrtausendwende aufgetretenen wirtschaftlichen Zusammenbruch in Argentinien siedelte Saraceno 2001 nach Deutschland um. An der Städelschule in Frankfurt besuchte er ein postgraduierten Studium bei Thomas Bayerle und Ben van Berkel.  Dann besucht er Kurse von Olafur Eliasson und Hans Ulrich Obrist in Venedig und nimmt 2009 am International Space Studies Program im NASA Ames Research CenterSilicon Valley, Kalifornien, teil. Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends zieht es ihn nach Berlin und er kauft 2012 das ehemalige Agfa Fabrik Gelände in der Rummelsburger Bucht.

Saraceno erforscht die Welt der Spinnen.  

Arachnophilia ist eine interdisziplinäre, forschungsgetriebene Gemeinschaft. Sie ist aus der mehr als 10-jährigen Zusammenarbeit des Künstlers mit Menschen, Spinnen und ihren Netzen hervorgegangen. Mit Forschern der TU Darmstadt entwickelte Saraceno den Spider/Web Scan, ein neuartiges, lasergestütztes tomografisches Verfahren, mit dem erstmals präzise 3-D-Modelle komplexer Spinnennetze erstellt werden konnten. Nggàm dù, ein Webportal der Spinnen-Wahrsager von Somié, Kamerun, meditiert über die Möglichkeiten wechselseitiger, interkultureller und inter- und intraspeziesischer Beziehungen.

Die hochentwickelten sensorischen Fühler ermöglichen nicht für Menschen problemlos zu entschlüsselnde und nachahmbare  Kommunikationsformen. Saraceno hat einen ganzheitlichen Blick auf das Leben von Mensch und Tier. 

Der Mensch, der sich als überlegenes Lebewesen definiert, ein Lebewesen, das sich selbst zur überlegenen Kreatur auf dem Planeten ernannt hat und andere Lebensformen und Kreaturen sich untertan macht. Saraceno teilt diese Überzeugung nicht. Er schafft Kunstwerke, die Besonderheiten anderer Lebensformen auf unserem Planeten in diesem Fall Spinnen vermitteln. Seit mehr als zwei Jahrzehnten hat Saraceno Projekte initiiert, die darauf abzielen, die Mitgestaltung der Atmosphäre zu überdenken.

Wir sollen erkennen, dass wir zusammen leben müssen, dass wir Teil der natürlichen Lebenswelt sind, nicht deren Dominator. So untersucht er die Spannkraft, den Aufbau, die  Widerstandsfähigkeit von Spinnennetzen. Im europäischen Raum kennen wir 2 dimensionale Spinnennetze, es gibt aber in anderen Regionen Spinnenformen, die hochkomplizierte 3 dimensionale Netzkörper spinnen. Da Spinnen ziemlich schlecht sehen, verfügen sie über ausgezeichnete Schwingungssensoren. Sie kommunizieren über Schallveränderungen  und über sehr leichte Vibrationen.

In der Installation

Es ist ein weisser Raum mit übergrossen 3 dimensionalen Spinnennetzen. Einige Schnüre sind über Tonabnehmer mit einem Computer verbunden und erzeugen Geräusche, Töne. Wer die Saiten anschlägt oder daran entlang fährt, hört Echos, die Paarungstöne eine bestimmten Spinnenspezies. 18 verschiedene Soundskulpturen swingen in verschiedenen Frequenzen. Dafür hat Saraceno gut 3,5 KM Schüre in einem weißen Raum verlegt. Nur jeweils 5 Besucher dürfen gleichzeitig in den Raum hinein und können die Saiten zum Schwingen bringen und die Töne und Echos hören. Ein ganzheitliches Erleben in einer ruhigen und besonnenen Installation findet statt. Hier muss nicht gesprungen oder gehüpft werden. Es geht um ein vorsichtiges Explorieren der Netze, ihrer Fragilität und um die Suche nach Tonsträngen.

Vorsichtig werden sie angeschlagen und die BesucherIn geht dem ton nach. Verbindet sie mit anderen Geräuschen und lässt die Klänge in sich nachhallen.

Ein Video von Tomás Saraceno: Building “future flying cities” with spiders,
San Francisco Museum of Modern Art

Beitrag von Ursula Drees

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