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Simon Griesser über: There is a Rang Tan in my Bedroom.

Screenshot of „There is a Rang Tan my bedroom“©Salon Alpin

Salon Alpin steht für Simon Griesser und Lip Comarella, Gründer des Film- und Animationsstudios, situiert in Lissabon als auch in Wien. Die Gründer sind als Regisseure und als Drehbuchautoren mit dem Kurzfilm „Much Better Now“ bekannt geworden.  

Sie sind nicht nur für Filmdirektion und Animation bekannt, sie stehen auch für künstlerische und illustrative Arbeiten, machen Musik und bleiben auf der Suche nach neuen visuellen und auditiven Stilerlebnissen. Preise haben sie gewonnen, ihre Kunden lesen sich gut. Da steht Greenpeace, Montblanc oder auch die österreichische Zeitung „Falter“.

„There is a Rang Tan in my Bedroom“ wird von Simon Griesser auf der fmx näher beschrieben. Greenpeace als Kunde macht auf täglich ca. 550 Millionen m2 abgeholzten Regenwald aufmerksam. Das entspricht der Größe von Bayern. 

Screenshot o „There is a Ran Tan my bedroom“©Salon Alpin

Lebenswelten der Tiere werden zerstört. Nicht nur die unserer Vorfahren, der Waldmenschen“, jener Menschaffen, die mehr als 95 % des Erbgutes mit dem Menschen teilen, Oran Utans, sondern aller Lebewesen der Regenwälder, klein und groß.  Und was hinterlassen die Menschen nach der Abholzung? Eine Steppe, Sandboden, eine tote Welt. Nur damit Industrienationen mit Palmölen Kosmetikprodukte wie Shampoo produzieren können. Und für Tropenholz, Papier, Rinderweiden oder zur Ausbeutung von Bodenschätzen wie Eisenerz, Gold, Öl oder Gas oder zum Bau von Großstaudämmen. Kostengünstig und so viel wie nur möglich. 

Screenshot o „There is a Rang Tan my bedroom“©Salon Alpin

Die Stabilisation des Weltklimas wird beeinträchtigt, der Wasserkreislauf auch, der Boden ist fast unbrauchbar und nicht mehr nutzbar und die dort lebenden Stämme und Völker müssen auswandern oder werden wie die Tiere vom Erdboden gefegt. 

Screenshot o „There is a Rang Tan my bedroom“©Salon Alpin

Ein wichtiges Thema, und gleichzeitig eines auf dem Abstellgleis. Ein Thema für Idealisten. Wenn an politische Mächte gedacht wird, die systematisch den Klimawandel leugnen, dann steht Greenpeace wie ein David vor Goliath. Ein berührendes Thema und eins das ziemlich gut verdrängt werden kann, die Regenwälder sind groß und ziemlich weit weg. Sich damit auseinanderzusetzen bedeutet: Lebensumstellung, Komsumverhaltensänderung, Kapitaleinbußen: kurz Veränderungen im ökonomischen, wirtschaftlichen im privaten und öffentlichen Leben.  Wie kann ein solches Thema in einem Werbespot vermittelt werden? Wie schafft der Kreative eine Aussage zu setzen, die

  1. Nicht das gesamte Ausmaß bespricht
  2. Kurz und knapp die Wirklichkeit vermittelt
  3. Nicht abstoßend ist, denn sonst lehnt der Verbraucher eine Auseinandersetzung ab
  4. Nicht oberflächlich, trivial oder profan ist
  5. Hoffnung vermittelt inmitten von menschgemachter Zerstörung?
  6. Kurz: wie kann man den Zahn der Zeit treffen?

Welches Format bietet sich an? Welcher Stil? Welche Einzelbotschaft wird fokussiert, die dann für das gesamte steht? Wie wird der Zuschauer angesprochen und hineingezogen?

(Credits: Direction : Lip Comarella, Simon Griesser
Production Management: Janet Smith (Passion Pictures)
Initial Character Dev.:Therese Larsson, Thibault Leclerq, Marceline Tanguay
Lead Character Animator: Borja Montoro
Character Coloring: Daniel Damm, Drazen
Ink and Paint: Laura Barić,Lea Kralj Jager, Martin Nyberg, Petra Balekic
Additional Animation: Sasha Vernik, Marc Valls, Pablo Miro, Daniel Damm
Sound design: Lennert Busch

Ein 129 Sekunden  langer Spot. 3 Teile, Einführung, Erklärung, Verständnis und Handlung. So darf die inhaltliche Aufteilung für diesen Ultrashort beschrieben werden. Eine mit Pastellfarben gezeichneter Umgebung führt das Thema ein. Das Kinderzimmer eines Mädchens. Der Baby Oran Utan hangelt sich durch den Raum, lässt die Palme umfallen, schreit bei der Schampooflasche auf, berührt dies und das und hinterlässt Unordnung. Das Mädchen ist erzürnt und verweist das Tier aus dem Raum. Aber kurz vor Verlassen kommt doch der Gedanke: Warum ist ein Oran Utan in meinem Zimmer. Und der kleine Menschenaffe erzählt im Teil 2 des Kurzfilms, jetzt sind die Bildwelten in Grauschattierungen von der Zerstörung der Lebenswelten. Abholzung, Tiere fallen dem zum Opfer, niemand schert es, denn es sind große Maschinen, Lastwagen, Baufahrzeuge, die für die Verwüstung stehen, Menschen sehen wir hier nicht. Ein schreckliches Bild. Im letzten Drittel sind wir erneut in der pastosen Kinderzimmerwelt. Menschaffe und Mädchen sitzen zusammen, das Mädchen hat die zündende Idee und malt ein Bild. Menschenaffen und Menschen – Hand in Hand. Gemeinsam. Abschliessend wird von Greenpeace auf eine Petition aufmerksam gemacht. Diese 129 Sekunden sind gut verwendet.  Denn die Bildsprache ist emotional und in so kurzer Zeit wird das Thema nicht nur intellektuell, sondern auch mit Gefühl vermittelt. 

Screenshot o „There is a Rang Tan my bedroom“©Salon Alpin

Ein Meisterwerk der narrativen und stilistischen Kunst. Und trotzdem vom Britischen TV als zu politisch aus dem Programm gestrichen.

Ein anderes Werkbeispiel: „Old Man’s Journey“, ein Puzzle Adventure Game wird als Kurzfilm beworben. Der Trailer/Teaser ist ein wenig rätselhaft, denn die Geschichte findet kein Ende.  Sie endet einfach. 

Es wird die Lebensgeschichte eines Mannes beschrieben. Er  findet seine wundervolle Frau, sie segeln, sie leben, haben Kinder und mit einem Mal, an einem regnerischen Tag, verlässt er die Familie und begibt sich auf Weltreise. Allein ohne Familie. Die Frau ist erzürnt, aber nichts hält ihn. Er segelt über die Meere, sieht Wale vor seinem Segelboot in der Luft Kapriolen springen, ist einsam und hält das Bild seiner Tochter vor Augen. Es ist kalt und er ist allein. Ist er einsam? Warum macht er das?

Old Man’s Journey©Studio Alpin

Wer bei diesem Ende nicht ernsthaft überlegt, das Spiel zu erwerben, hat nicht genau hingeschaut. Es sind im Bild sensibel animierte Einzelbilder. Manchmal ist nur der Schatten oder der Rauch der Zigarette das bewegte Element. Die Kamera fährt langsam über die Bilder und legt das Setting frei. Es wird aquarelliert. Viele Bildebenen ergeben zusammeneine ausgefeilte Bilder. Poetisch, sanft, tief und lieblich. Einfach sieht alles aus, aber bei Gott, wie schwer muss die Komposition sein. Und das Szenenbild neben den Charakteren ist nur ein Teil des Spiels. Wie wird es sich entwickeln, welche Geheimnisse verbergen sich in der Geschichte? 2017 wurde das Spiel mit dem 2017 Apple Design Award ausgezeichnet.

Old Man’s Journey©Studio Alpin

‘A Parisian Wintertale’, 2014 ist eine Sequenz aus 4 Teilen. Alle sind kurz und knapp, eine poetische und spannende Einführung, Erzählung begleitet weiße Szenerien aus Papier. Grautöne vermengen sich mit der Wintergeschichte, das Weiß ist natürlich, Farbe scheint nicht zu fehlen. Langsame Fahrten über Standbilder werden gezeigt, nur selten bewegt sich ein kleines Element. Vorder- und Hintergrund verschwimmen bei der Kamerafahrt, werden unscharf und stellen auch dann wenn der Betrachter hindurch geführt wurde einen Rahmen. Mise-en-scene im animierten Film. Der Betrachter genießt die Ruhe, die kontemplative Stille, die durch Klaviermusik (von Markus Loeber) begleitet, verstärkt wird. 

Die Französische Schriftstellerin Tatiana de Rosnay stellt die Handlung in das verschneite Paris. Eine junge Frau, einsam in ihrem winzigen Apartment im Oberstock eines Pariser Wohnhauses schaut auf die in der Weihnachtszeit durch die Straßen flanierenden eleganten Pariser. Sie selbst lebt in bitterer Armut, denkt mit Schrecken an die Rechnungen: Wohnung bis hin zum Frisör. Es gibt kein Geld. 

Eines Tages findet sie ein Portemonnaie im Straßenrand liegen, ein einziges schwarzes Ding, mittig platziert im weissen Raum. Sie nimmt es auf, schaut sich um, öffnet es und findet 1000 Euro, eine ungeheuer hohe Summe! 

Sie nimmt das Portemonnaie an sich, imaginiert was sie mit dem Geld machen kann, geht in ein Café und trinkt eine heiße Schokolade. Sie weiß, nicht was sie tun soll. Die Versuchung zerrt an ihr. Wieder durchsucht sie den Inhalt und einige aus dem Jahr 1960 stammende Notizen auf dünnem Briefpost Papier mit zittriger Hand und Füller geschrieben, fallen in ihre Hände. Es sind poetische Liebesbriefe, so schön, dass sie nicht zu Ende ließt, zu persönlich und herzvoll der Inhalt, eine Adresse findet sich ebenfalls. Sie springt auf, sie weiss was zu tun ist und begibt sich zur Adresse.

Es wird dunkel, ihre Schuhe sind für dieses Wetter nicht gemacht, sie erreicht an dem herrschaftlichen Haus mit Gittertor und Eingangscode, steht und kommt nicht hinein, muss warten, bis jemand anderes hinein oder heraus kommt. Lange wartet sie, dann tritt ein Paar heraus, sie schlüpft hinein, klingelt im zweiten Stock und ein junger Mann in ihrem Alter öffnet die Tür. Mit einem Mal fühlt sie sich fürchterlich deplatziert, übergibt das Portemonnaie und rennt so schnell sie kann heraus, nur schnell weg! Aber an einer Straßenecke tippt der Junge Mann auf ihre Schulter. „Die Großmutter ist überglücklich, die Briefe des verstorbenen Ehemann bedeuten ihr die Welt“. Der junge Mann, Sebastian, begleitet sie zurück zur Großmutter. Und auf dem Weg dorthin erscheint ihr das verschneite Paris so schön wie nie zuvor. Das sanfte Lächeln des jungen Mannes wärmt ihr Herz.

Diese märchenhafte Geschichte wird durch die sensiblen Scherenschnitte zu einer zartfühlenden Komposition. Die Botschaft an Liebe und an das Gute des Menschen wird mit Macht vermittelt. Studio Alpin konzentriert sich auf Projekte außerhalb des klassischen Werbemarkts. Hier entsteht Kunst.

Beitrag von Professorin Ursula Drees.

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