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Museo Atlantico Teil 1: Das Floß der Lampedusa von Jason deCaires -Taylor

Abb.: 01 Der Grundriss des Meeresbodenmuseums mit den Arbeiten von Jason de Caires Taylor  Image ©Jason deCaires Taylor / CACT Lanzarote

Mit dem Museo Atlántico schafft der Künstler Jason deCaires Taylor einen wirkungsvollen visuellen Dialog zwischen Kunst und Natur. Ein Unterwassermuseum, mit Fokus auf Umweltschutz ist als als riesiges künstliches Riff gestaltet. Seit der Versenkung der ersten Skulpturen im Jahr 2016 wird bereits eine beträchtliche Vermehrung und Zunahme an Vielfalt der Spezies verzeichnet. Aktuell wird es häufig von Engelhaien, Schwärmen von Barrakudas und Sardinen, Kraken, Schwämmen und gelegentlich von Schmetterlingsrochen besucht. 

Das Museum erstreckt sich auf einer Fläche von 50 x 50 Metern auf dem unbewohnten Meeresboden. Die Skulpturen sind aus pH-neutralen, umweltfreundlichen Materialien, alle Bestandteile sind so entworfen, dass sie sich in das endemische Meeresleben einfügen. Die Ausstellung besteht aus zehn Installationen. 

Jason DeCiares – Taylor wurde 1974 als Sohn eines Engländers und einer Guyanesischen Mutter geboren. Er studierte am London Institute of Arts und graduierte mit einem BA Honours. Er ist nicht nur bildender Künstler, er ist auch Unterwasser Photograph und überzeugter Naturschützer. Diese Interessen und Fertigkeiten finden in seinen Arbeiten einen Ausdruck. Er entwickelt Unterwasser Museen oder Skulpturen Parks. Das macht er seit 10 Jahren und mittlerweile lassen sich 850 Skulpturen in [3]Cancun Mexico, Nassau in den Bahamas, Moilinere Bay in Granada, Las Colorrads in Lanzarote, an der Themse in London und in Canterbury in Kent im und am Wasser finden und besuchen. Manche dieser Skulpturengruppen sind auf 4-8 m Tiefe angelegt, andere wie die in Grenada lassen sich auch beim Schnorcheln, ruhiger See und klaren Wasser bei 5 Meter Tiefe betrachten. Die Installationen an der Themse in London stehen am Rand des Flusses und werden je nach Tidenhub sichtbar oder verschwinden zu Teilen im Wasser. Seine Arbeiten stellt er an Orten aus, wo ökologische Systeme aus der Balance geratenen sind.

Jason DeCiares – Taylor befindet sich künstlerisch an der Schnittstelle zu Land Art[4] und politischem Einsatz für die Umwelt. Seine Arbeiten adressieren den menschlichen Umgang mit natürlichen Ressourcen dieser Erde, unserem Lebensraum. Die Skulpturen stehen auf dem Meeresgrund. Dort wo sie verankert sind, siedeln sich Unterwasserkulturen an. Er schafft artifizielle Korallenriffe. Wer als Taucher zum „Raft of Lampedusa“, „Das Floß von Lampedusa“,[5] kommt, wird neben einem Schlauchboot mit 13 Flüchtlingen eine Vielzahl von anderen Skulpturen sehen. Es sind Menschen in Ruderbooten, Liegende, Stehende, Gehende, sich Betrachtende, Selfie-Nehmende oder in Bildschirm-Starrende zu sehen. Sie pilgern in Richtung Unterwasserstadtmauer. Die Menschenskulpturen sind aus Beton und stehen in einer Tiefe von 15 Metern auf dem Meeresboden vor Lanzarote. Sie stellen einen Teil des ersten Unterwassermuseums dem „Museo Atlantico“[6] Europas dar.

„Das Floß von Lampedusa“,[5] ist eine Anlehnung an ein Gemälde des französischen Romantikers (1791 – 1824) Théodore Géricault „Das Floß der Medusa“, (1818). Dieses Gemälde wurde 1819 im Pariser Salon ausgestellt. Es thematisiert einen wenig ruhmreichen Vorfall  während der Napoleonischen Kriege im Jahr 1816. Nachdem ein Schiff mit 400 Personen in Richtung Senegal eine von England zurückgegebenen Kolonie auf Grund lief, wurde ein Floss aus der Fregatte gebaut. Es gab nicht genügend Rettungsboote. Dieses Floß mit 149 Menschen sollte von den Rettungsbooten an Land gezogen werden. Aber nach kurzer Zeit wurden die Seile gekappt und die Menschen auf dem Floß sich selbst überlassen. Letztendlich sollen nur 15 Personen das Unglück überlebt haben, wovon dann aber fünf weitere im Verlauf starben. Ein Flüchtlingsdrama.

Abb. 01: The Raft of Lampedusa, (Detail), Lanzarote, Spain. Image ©Jason deCaires Taylor / CACT Lanzarote

Diese Photographie des Flüchtlingsschlauchbootes gibt dem Werk seinen Namen. Ein mit Menschen überfülltes Floß auf dem Meeresgrund. Manche liegen, kauern, hocken, warten, sitzen oder sind schon verstorben. Jeder ist für sich. Niemand der winkt, um Hilfe Ausschau hält. Es gibt keine Bewegung in den Körpern und auf dem Boot. Es ist eine verzweifelte Situation. Allein der Gedanke, eine unsichere Seereise in einem viel zu kleinen seeuntauglichen Boot anzutreten, übersteigt die Vorstellung. Wie groß muss die Not sein, um das Leben in dieser Art auf das Spiel zu setzen? Was tun Menschen in einem Ausnahmezustand? Das betrifft nicht nur jene auf dem Boot, es betrifft auch Schleuser, die wie unlängst in der Welt[7] berichtet auf Online Platformen wie Alibaba „Hoch-qualitative Flüchtlingsboote, ab 800 Dollar, bis zu 800 Stück pro Monat lieferbar”[8] kaufen. Es gibt keine sicheren Alternativen, um aus lebensgefährlichen Ländern zu fliehen, die Menschen werden weiterhin verzweifelt einen Strohhalm ergreifen und über gefährliche Routen und in riskanten Transportmitteln ihr Leben mit  Hoffnung auf Sicherheit riskieren.

Informationen: 
Wie kann der Besuch organisiert werden? Ein Besuch des Museo Atlántico kann erfolgen zwischen 10.00 und 16.00 Uhr erfolgen, d. h. über das Netzwerk der zugelassenen Zentren, die den gesamten Ablauf organisieren: die Reservierung, den Verleih der Ausrüstung und den Besuch: cactlanzarote.com/centros-eoma 

Es gibt zwei Möglichkeiten für den Besuch: 
1. Tauchen 
2. Schnorcheln und Luft anhalten 
Information 
Büro von Museo Atlántico 
museoatlantico@centrosturisticos.com 
+34 928 517 388 
ÖFFNUNGSZEITEN 
Mo-Fr 10:00 – 17:00 Uhr

Anmerkungen

[1] Asher Mains, Milton Williams und fünf weiteren internationalen Künstlern Alexandre Murucci (Brazil), Khaled Hafez (France), Rashid Al Kahlifa (Bahrain), Mahmoud Obaidi (Canada), Zena Assi (Lebanon)

[2] Das Ausstellungsgebäude beherbergt im Normalfall Bücher und historische Manuskripte, es verfügt über notwendige Sicherheitsmaßnahmen gegen Hochwasser, Aqua Alta, und gehört dem Venice Institute of Science.

[3] http://www.underwatersculpture.com/projects/museo-atlantico-lanzarote/ am 29.10.2017

[4] Land Art thematisiert die Beziehung Mensch und Umwelt. Es handelt sich um eine Kunst mit und in der Natur. ES werden Veränderungen und Eingriffe in die abgeschiedene Landschaft durchgeführt. Wichtige Vertreter der Land Art sind Robert Smithson, Richard Ling, Charels Ross oder James Turrell.

[5] Kia Vahland: Théodore Géricault malte 1819 den Schrecken des Schiffbruchs, in: SZ, 18./19. April 2015, S. 16.

[6] Das erste Unterwassermuseum „Atlantic Ocean“ wurde durch das Kunst- Kultur und Tourismus Zentrum der Cabildo von Lanzerote und dem Ministerium der kanarischen Inseln (The Art, Culture and Tourism Center of the Cabildo of Lanzarote „CACT“ and the Government of the Canary Islands) finanziert.

[7] „Unverantwortlich, dass diese Flüchtlingsboote als Qualitäts-Waren beworben werden“ von Christoph B. Schiltz, Brüssel | Veröffentlicht am 24.08.201 gefunden auf https://www.welt.de/politik/ausland/article167944735/Unverantwortlich-dass-diese-Fluechtlingsboote-als-Qualitaets-Waren-beworben-werden.html (28.11.2017)

[8] Die Eigenwerbung für „hoch – qualitative Flüchtlingsboote“ ist kurz nach Erscheinen des Artikels gelöscht worden.

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