plusinsight

CHRISTIAN DIOR, COUTURIER DU RÊVE

       

Christian Dior in Paris im Louvre.

Auf der Ars Electronica wird über Modulmode geforscht. Materialien die eher technisch sind werden zu flexiblen Partikelkleidungsstücken, der Schnitt und Anpassung an den Menschen noch Mühe und Veränderung bedarf.

Im Gegensatz dazu steht die Mode der Vergangenheit. Haut Couture im wahrsten Sinne des Wortes. Eine Mode für die Schönen und Reichen, deren auserlesener Stil und Extravaganz die Magazine zu Paradieszeitungen der Träume werden lies. Die Diven des letzten Jahrhunderts kleideten sich in prunkvolle Gewänder, manche nur ein Mal auf der Welt und unverwechselbar.

Und diese unvergesslichen Gewänder werden ausgestellt. Grace Kelly, Elizabeth Taylor und Jane Mansfield, Brigitte Bardot, Königinnen und Prinzessinnen trugen sie. Da passt der Hut, die Handschuhe, die Schuhe, der Schal, die Tasche zum Kleid und Mantel. Ein Gesamtkunstwerk wurde der Welt am Körper dieser Frauen präsentiert.

Mit einem Wort: Mode, wie sie heute nicht mehr zu sehen ist.

Die Ausstellungsgestaltung muss sich mit den Exponaten messen lassen. Wo will man diese Art von Luxus artentsprechend denn zeigen können. Im Louvre natürlich, das größte, mit 72,735 qm Kunst-Museum der Welt. Die Ausstellung wird im Musée des Arts Décoratifs, einem Teil des Louvres inszeniert. Nicht nur Dior’s Kreationen werden gezeigt, auch die der Nachfolger von Yves Saint Laurent, Marc Bohan, Gianfranco Ferré, John Galliano, Ralf Simons und aktuell Maria Grazia Chiuri.

Eine weitere Attraktion wird als Nebensache behandelt. Es werden Originalaufnahmen der großen ModefotografInnen wie von Baron Adolphe de Meyer, Arik Nepo, Henri Cartier-Besson, William Klein, Michael Pudelka, Peter Lindbergh, Horst P. Horst, Richard Avedon, Guy Bourdin, Helmut Newton, David LaChapelle, Ellen von Unwerth, Annie Leibovitz, Brigitte Lacombe, Maripol, Brigitte Niedermair und Janette Beckman aufgehängt. Da geht es um Mode und ganz selbstverständlich hängen dort diese Fotos.

Damit, und mit Briefen, Zeichnungen, Skizzen und den Accessoires und Schmuck ist Mode mehr als nur Kleidung, sondern ein Kulturausdruck oder sogar Kunstausdruck. An einem ordinären Wochentag inmitten des Septembers bedeutet das, wenn kein Internetticket gekauft wurde, anstehen. Mindestens 1,5 Stunden und dann werden die Besuchermengen, viele, viele Frauen, jung, mitteljung, mittelalt und älter, mit Celine Handtaschen und Designerkleidung, konservativ, Streatwear oder Hippie, alles einfach, durch die Ausstellung gesteuert – Wegeleitsystem und Besuchersteuerung muss funktionieren. Tut es, fast – aber nicht ganz.

Die Ausstellung ist in 3 Teile strukturiert. Es fängt in schwarz gestrichenen Räumen an, macht in weiss weiter und endet in Schwarz – Weiss. Im Anfang, der schwarzen Passage an den Wänden wird über die Kindheit mit dem Material was zu finden war, gesprochen, einige eher hilflos erscheinende interaktive Applikationen (Lichtsensor und Projektion als Slideshow auf DinA 4), Photographien, Zeichnungen direkt auf die Wand und kleine skulpturale Objekte sind überflüssig. Die Besucher bedienen die Interaktionsangebote selten. Kleine schwarz weiß Fotos an der Wand sind dokumentarisch einfacher und kompakter zu erschließen, auch weil der Echtheitsgrad höhere Authentizität atmend. Und weil nur wenige ausgestellt sind, ist es ein Hinkucker. Denn es gibt zu viel zu schauen.

Weiter geht es in die hinter Glass Objekte  –  Modeentwürfe als Miniaturen. Die Ordnung ist am Farbkreis angelehnt, die Gelben, Orangen, Roten, Pinken, Violetten usw. Stücke mit allen Accessoires und manchmal ein Kleid in Originalgröße. Die Miniaturen sind mit Federn, Fäden, Pailletten, Edelsteinen oder Halbedelsteinen, gestickt, benäht plissiert, gefaltet, gelegt, geformt. Puppenformat, mit entsprechenden Schuhversionen, diese auch mit Federn, Perlen, Spangen, Schleifen in allen Formen und Farben hergestellt. Da lässt es sich verweilen und die Nase platt drücken. Aber der Strom der Besucher treibt die Menge weiter. Ein Raum, zwei Räume, drei Räume, die Fülle der Exponate in Mini ist groß und die Aufmerksamkeit sinkt. Es ist dunkel, die leicht gewölbten Scheiben reflektieren, die Luft steht und letztendlich wächst die Sehnsucht nach Helligkeit und Licht. Da hilft weder das Thema noch die Mühe mit Ambiente – zuviel ist zuviel.

Aber glücklicherweise dann Licht. Fantasievolle Ausgestaltungen und die große Mode. Endlich. Jetzt erst lohnt sich ein Foto der Räumlichkeiten. Von oben herab in Weiß hängt ein Blattwald, filigran wie die Mode. In weiß eingebettet, indirekt beleuchtet, die Kreationen. Sie vereinen sich mit der Umgebung, sechs, manchmal sieben Stücke auf einer leichten Plattform, oftmals weniger und das tut gut. Die Inszenierung gewinnt und endlich gibt es auch ein bisschen Raum für die Besucher.

Der Weg führt durch dein Eingangsbereich auf die andere Seite des Gebäudes. Die Fassadenprojektion lässt uns an den Eingang zum Modeatelier denken, unten schon als Vorgeschmack hell erleuchtet in Schwarz Weiß eine ausstaffierte Modepuppe. Darüber als im Fenster die Arbeit es Designers am Model.

Die Räume strahlen Klarheit, sie zeigen in chronologischer Folge die Stile, in den 50iger Jahren beginnend Straßen taugliche Mode, dann geht es weiter und endet bei der Brautkleidung. Anfangs streng in Schwarz Weiß, dann kommen einzelne Farben hinzu, in den Siebzigern wird es kurz und sachlich, aber nicht weniger spannend. Weniger Stoff erfordert mehr Kunst mit Schnitt, Material und Farbe. Immer wieder exzellente Modephotographien, und dann kommen die Entwurfshallen. Die Decke ist verspiegelt und erhöht den Eindruck. In hellem Nesselstoff werden mit Hand genähte Entwürfe aufgereiht. Manche erkennt man wieder, andere sind neu. Die Luft und das Licht sind rein, der Raum entspricht der Modekunst. Der Blick verweilt, hier wird mit wenigen Mitteln das Potential einer Objektpräsentation ausgeschöpft. Die Geometrie ordnet die organische Mode, das neutrale Licht schafft eine Spannung zu den offwhite Entwürfen.

Dieses Schema wird im Folgebereich auf die Dunkelheit angewendet. Die Inszenierung sicherlich hat Charme, in rechteckigen Streben, seitlich mit hellem LEDs als Lauflicht ausgestattet werden Modelle gezeigt. Es sind Mäntel, Kostüme, der 50iger. Eng Tailliert, mit Hut, oder Pelerinen, der Geist einer Grace Kelly wird geatmet. Es könnte gut sein, aber schwarze Mode an schwarzen Puppen im schwarzen Raum und reduziertem Lauflicht, alles interessant, aber das Objekt ist nur zu erahnen. Soll das Mystisch sein?

Diese Frage bleibt ungelöst. Aber da soviel Mode bereits gezeigt und gesehen wurde, ist ein Vergessen leicht, denn im finalen Bereich wird die Abendgarderobe und Brautmode in Szene gesetzt. Punktlichter als Sternenhimmel in kühlen Blaunuancen fokussieren den Blick. Das Finale ist gelungen und der Eindruck der Ausstellungsgestaltung gerettet. Ein schweres Thema mit viel Liebe und Aufmerksamkeit dargeboten.

„Christian Dior, Couturier du Rêve“, Musée des Arts Decoratifs, Paris. Bis 7.1. 2018

Louvre und Les Arts Décoratifs.

Alle Photographien ©Ursula Drees

Tags:

Comments are closed.