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Monthly Archives: September 2016

Ars Electronica die Orte

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Ausstellungsraum im 1. Geschoss
Postcity ist der ehemalige Paketversandort. Ein grosses urbanes industriellen Areal aus Beton. Im nächsten Jahr wird der Abriss geplant. ES war kurzfristig Flüchtlingshalle. Über stehen Blumen herum, jede einzelne erinnert an die Aufgefallenen. Ein schönes Zeichen.  Der Besucher geht über die Lastwagenauffahrt in den ersten Stock dort in eine Halle. Infodesk, Presse, Tickets, Snackbar, der linke Bereich geht in die U 19 Zone, dort wird vor Ort von der Jugend experimentiert, Unternehmen stellen Entwicklungen vor, z.B. die VHS ein Lernprogramm, eine Autobatterie, die TESLA das Leben schwer macht. Darüber ist ein Biomarkt in einer anderen leicht verschobenen Halle. Auf der rechten Seite vom Infobereich eine Vielzahl von Projektvorstellungen, Exponate, Demonstrationen. Ein Workshopareal, der Ort, wo die Gewinner geehrt werden, irgendwo dann eine weitere Halle für die Konferenz. Alles ist weitläufig und riesig.  Allein auf dieser Ebene lässt es sich spielend ein ganzer Tag verbringen.

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Posterity I’m 1. Stock dort wurden die Pakete geordnet

Es gibt noch das Untergeschoss, den Keller, das Basement. Durch Flure, Schächte begibt sich der Besucher in die Tiefen dieser ehemaligen logistischen Stätte.  Dort sind Quadratmeter um Quadratmeter der Technologie, Kunst und Wissenschaft gewidmet. Dafür braucht es auch einen Tag. Und mitnichten reicht die Zeit um alle Exponate zu entdecken und zu studieren, sie zu würdigen. Eine riesige Industrieanlage, die der Ars Electronica mit dem Namen Postcity zur Nutzung zur Verfügung gestellt wurde. Ein Zentrum und  zum Glück gibt es Materie, gibt es Objekte, gibt es Dingliches zu betrachten, berühren, zu bedenken.

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Im Untergeschoss von Postcity

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Auch im Untergeschoss, ob es das erste oder zweite ist, kann nicht gesagt werden, es ist ein Labyrinth.

Ein anderer Ausstellungsort ist das ÖK, das offene Kulturzentrum inmitten der Stadt. Dort werden die Preisträger, die Auszeichnungen und Honorary Mentions präsentiert. Es sind die Kategorien Computer Animation, Film, VFX, die Interactive Art+,  Digital Communities und die Kategorie U 19_create your World ausgestellt.

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In diesem Museum geht es leise zu. Hin und wieder summt etwas; das war es. Ein leeres Museum, die Kunst ist digital. Sie wird auf Video dokumentiert, vielleicht gibt es mal ein entstandenes Produkt als Objekt zu betrachten, aber in der Regel stehen bequeme Sofas vor Monitoren, und dort werden über Menüauswahl die Websites, die Videos und Begleittexte gelesen und angeschaut. Das Museum ist weiss und leer, wenig körperliches Erkunden.

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Bei Animation, Film, VFX  sind wir im Kino Central. Hier sehen die Besucher vielleicht mal eine Skizze aber der Rest spielt sich an der Wand als Projektion ab. Wer will braucht sich morgens nur hinsetzten und muss zum Trinken, Essen, Versorgen aufstehen. Keine Bewegung, es spielt sich im Kopf ab.

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Im Central Vortrag

Im Ars Electronica Center derweil gibt es viel zu tun. Die Exponate sind Mitmachexponate. Stell dich hier hinein, erkunde selbst und mach deine Erfahrung. Ein Ort der Bewegung, des Tun und Handeln, das macht Spass. Da sind Kinder auch gerne.

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Es gibt noch mehr zu sagen, aber festzuhalten ist:

  1. Wenn die Kunst digital wird, dann braucht es kein Museum mehr.
  2. Das Ars Electronica Festival ist riesig.
  3. Auch wer 5 Tage dort ist, wird nur einen Bruchteil sehen.
  4. Die Locations sind aufregende Orte.

 

Die Klangwolke fand wie üblich am Donauufer statt. Menschenmassen!

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Und was schreibt die Ars Electronica Presseabteilung?

85.000 Besuche bei Ars Electronica 2016

In der POSTCITY wurde dieses Jahr auch noch der „Underground“ und damit vom Dach bis zum Keller quasi alles bespielt. „Ob Davide Quayolas mehrere Meter hoher Bildhauerroboter, Dragan Ilics ‚Robo-Action‘, die riesigen Seifenblasen von Thom Kublis ‚Black Hole Horizon‘, die ‚Drone-Academy‘ oder die 50.000 Blumen in der Konferenzhalle – unsere BesucherInnen konnten auf jeder Etage der POSTCITY tolle Dinge entdecken“, so Martin Honzik (Leiter Ars Electronica Festival.)

Ebenfalls ein riesen Publikumserfolg war die gemeinsam mit Intel präsentierte Europapremiere von „DRONE 100 – Spaxels über Linz“. „Seit 2012 haben wir viele Shows in aller Welt gemacht, der Flug in Linz war für uns aber etwas Besonderes“, meint Horst Hörtner (Senior Director Ars Electronica Futurelab): „Wir wollten hier unbedingt zeigen, was wir können und waren daher auch ein bisschen nervöser als üblich.“ 100.000 Menschen waren Samstagabend im Donaupark dann mit dabei, als die 100 Weltrekorddrohnen zu ihrem Tanz abhoben. Neben der spektakulären Lichtchoreografie trug die von Sam Auinger komponierte Musik ihren Teil dazu bei, Gänsehaut-Stimmung im Donaupark zu verbreiten.

Weitere Publikumsmagneten waren die von Hiroshi Ishii kuratierte Radical Atoms-Schau im Ars Electronica Center und die CyberArts-Exhibition im OÖ Kulturquartier. „Eine Ars Electronica ohne CyberArts wäre keine Ars Electronica“, sagt Christine Schöpf (Künstlerisches Direktorium Ars Electronica Festival): „Viele KuratorInnen, MusemsleiterInnen, KünstlerInnen und Medienkunstfans aus aller Welt kommen jedes Jahr allein deswegen nach Linz, weil sie hier die besten Kunstprojekte des Jahres erleben und ihre UrheberInnen persönlich treffen können.“

534 Verstaltungen an 5 Tagen, 842 mitwirkende KünstlerInnen &

WissenschaftlerInnen aus 50 Ländern

Mit insgesamt 534 Veranstaltungen an 5 Tagen war das Programm der Ars Electronica in diesem Jahr so umfangreich und vielfältig wie noch nie. 842 KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen, DesignerInnen, TechnologInnen, IngenieurInnen, EntrepreneurInnen und Social Activists präsentierten ihre Werke, gaben Vorträge und Workshops, führten Konzerte und Performances auf.

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382 Kooperationspartner aus Linz und aller Welt

Von Intel über den Mobilitätspartner Daimler und Animationsfestival-Sponsor Maxon bis zu BioAustria – insgesamt 382 Kooperationspartner trugen maßgeblich dazu bei, dass sich die Ars Electronica 2016 in einer solchen Dimension und Qualität präsentieren konnte. Darüber hinaus spielten die Behörden von Stadt Linz und Land OÖ sowie die Exekutive eine wichtige Rolle – ohne deren Engagement und Kooperationsbereitschaft wären weder die Bespielung der POSTCITY noch die Europapremiere von „DRONE 100 – Spaxels über Linz“ möglich gewesen.

405 akkreditierte JournalistInnen aus 31 Ländern

Agence France Press, ARD, ZDF, BBC, Arte, Gizmodo Japan, New Scientist, Delo, cnet, Rolling Stone Deutschland, NHK Europe, Slowenisches Fernsehen, Kroatisches Fernsehen oder Chip.de – ingesamt 405 MedienvertreterInnen und BloggerInnen aus 31 Ländern akkreditierten sich für die Ars Electronica 2016 und berichteten aus Linz.

Und der Blog New Media Art Blog Berlin war auch dabei. Danke.

Ars Electronica: postcity_Artist Lab Quayola (IT)

img_9093Sculpture Factory

Postcity als Ausstellung- und Konferenzort an   sich ist eine Attraktion. Urbane Architektur. ehemals der Post zugeordnet jetzt jedoch sind die Hallen, Gänge, Zimmer umfunktioniert. Überall befinden sich Aktionen, Infodesks, Installationen, Demonstrationen. Mit Blick auf die Gleisanlagen befindet sich dieses Exponat am Anfang, ganz in der Nähe der Information und der Pressestelle.

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Es sind grosse Styroporquader, auf Säulen präsentiert. Aus ihnen schälen sich gepixelt, in Stufen oder schon geglättet die Skulpturen der Laocoon Gruppe von Michelangelo. Sie werden von einem Industrieroboter geschnitten. Das Material allein ist leicht und schnell zerstörbar. Hier wird ein für die Ewigkeit in der italienischen Renaissance geschaffenes, mühsam in jahrelanger händischer Arbeit in Stein gemeisseltes Kulturwerk, zügig in poröses, federleichtes, weisses Material geschnitzt. Der Industrieroboter übernimmt die Arbeit. Es ist kein Gedanke an Kreativität vorhanden, der führt aus. Die Fähigkeiten sind dem der Maschine angemessen. Wie auch bei Michelangelo sind die Skulpturen unvollendet. Sie wachsen aus den Blöcken heraus. Manchmal nur rudimentär zu erkennen, manchmal genau und imposant. Die Idee des „non-finito“. Die Figuren sind unvollendet.

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Die Meisterhaftigkeit der Originale werden durch die Herangehensweise des Industrieroboter nicht vernichtet. Die Kopie hat eine Eigenheit, geschuldet dem Material und der Roboterhandhabung. Vielleicht auch gegenüber dem Code, der Programme. Es ist eine Kopie in wertloses Material geschnitten.  Die Faszination der automatisierten Welt steht im Vordergrund. Der grosse Roboterarm wirkt imposant. Manchmal wird dem Arm Persönlichkeit zugesprochen. aber so sind Menschen. Wir lieben auch unsere Autos, Kaffeemaschinen und Toaster, solange sie funktionieren. Davide Quayola bewegt sich im Themenbereich der Realität im Gegensatz zum Abstrakten, des Alten im Gegensatz zum Neuen, dem Originalen im Gegensatz zur Kopie.

Es ist eine Rauminstallation aber eigentlich ist es die Präsentation eines Industrieroboters der nach einem Schnittmuster, was zugegebenermassen bekannt und der Schönheit verpflichtet ist, imitiert.

Ars Electronica_Postcity: Iris van Herpen

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Iris Van Herpen

Gewinnerin des STARTS-Grand Prize – Artistic Exploration: Für künstlerische Erforschung und Kunstwerke, bei denen die Aneignung durch die Kunst großes Potenzial zur Beeinflussung und Veränderung von Technologie und deren Nutzung, Entwicklung und Wahrnehmung hat.

Sie ist Modeschöpferin. Sie ist Designerin und denkt interdisziplinär. Sie verbindet sich mit Künstlern der interaktiven Künste, lässt sich inspirieren, macht Mode. Und wird dafür hoch geschätzt.

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Es werden einige Kleider gezeigt, einige Schuhe. Die Schuhe sind bizarre Gebilde, sie werden durch magnetische Anziehung aus Plastikartigem Material geformt, sie entsprechen keiner Norm, sind wie im Science Fiction spitz und gefährlich. Dass Damenschuhe mit unmässigen Absätzen oder besser fürchterliche Höhen haben, wird nicht hinterfragt. Es sind eher Folterinstrumente als Schuhe. Es sind Objekte der Kunst, vielleicht zum Repräsentieren. In diesen Objekten wird nicht gegangen, es wird gestanden und auf die Bequemlichkeit und Funktionalität für den Menschen wird nicht geschaut. Diese Schuhe werden einmal verwendet und dann als Objekt gesammelt. Als Prototyp gefeiert.

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Es geht nicht um das Bekleiden von Körper und Fuss, es geht um das Darstellen. Die Idee entspringt der Fantasie, hat nichts mit dem Gebrauch und dem Alltäglichen zu tun. Es ist artifiziell. Immer wieder stellt sich die Frage ob dieses Artifizielle auch gleich ein künstlerischer Moment darstellt. Ist es nur eine Zeiterscheinung, etwas so ungeheuerlich Andersartiges, so anders auch hergestellt, dass es Aufmerksamkeit erregt und zu etwas besonderen erhoben wird, oder hat dieses Dinghafte Erscheinen einen kulturprägenden Wert? Wird hier von der Entfremdung des Menschen von dem Natürlichen , der Natur gesprochen?  Frauen stellen sich freiwillig hinein und beschneiden sich der Bewegungsfreiheit. Diese Schuhe lassen Grundbewegungen zu: Stehen, einige Schritte.

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Die Kleidungsstücke sind tragbar. Sind Netzstruckturen aus Leder, eine spitzenhafte Verschleierung, ein Unterkleid ist schon nötig. An den Knotenpunkten befinden sich Kristalle oder Minerale. Diese Kleider sind ansehnlich, werden sicher getragen und gekauft. Sie müssen wertvoll sein, denn die Materialien erscheinen so. Sie werden Maschinell gefertigt, so zumindest sieht es aus. Neue Techniken, andere Kombinationen und Formen vereinen diese Art von Modedesign. Sie sind empfindlich. Können nicht oft getragen werden und krönen den Körper. Die Mineralien sind spitz und hart, darauf kann nicht gesessen werden. Ein Stehkleid. Sie können nicht gewaschen werden, sie sind zu Schauzwecken hergestellt. Aber Bewegungen im Stehen und Gehen erlauben diese Kleider bereits.

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Ars Electronica_Postcity: FrAgile 3-Coralloid Cocoons von M. Colletti, J. Ladinig

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Es ist ein Teil einer Serie zum Thema Fragilität. Die beiden Künstler sind Architekturstudenten. Die Fakultät verfügt über 3 Industrieroboter. Sie machen sich Gedanken, was man mit diesen Dingern machen kann. Und der Architektur eingeschrieben ist immer der Gedanke an Material, an Dichte, Beschaffenheit, an Statik und Schaffung von Bereichen. Ob es Lebensbereiche sind und für wen diese Lebensbereiche hergestellt werden, ist eine andere Frage. Es ist ein technisches Experiment mit Material und Roboter. Wie kann Beton zu einer zerbrechlichen Masse werden? Wie kann die Herstellung selbst eine Zerbrechlichkeit inkludieren. Können Ornamente, Faltenwürfe, können Leben und Bewegung in Beton gebracht werden?

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So entstand dieses Werk. Die Roboter drucken faltenwurfhafte Module, diese werden zusammengestellt, sie sind ziemlich schwer zu bewegen, aber immerhin es haut hin und bilden einen Cocoon. Ein Modul im unteren Bereich dauert im Druck 18 Minuten. Das ist erstaunlich kurz. Die oberen, kleineren Module entstehen bereits in 8 bis 9 Minuten. Sie bilden den Grundstein der Cocons. Dann nimmt der Roboter anderes Material. Es ist das filigrane, biegsame PLA Material. Es wird in der Regel für 3 D Druck verwendet. Die Roboter spinnen ein Gefecht auf den Aussenmauern der Grundmauer. Es ist ein schwarzes Wirrwarr, ein feinere, weich anmutende Schicht.

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Die Roboter arbeiten und türmen mehr Wand auf. Am Ende der Ars Electronica sollen sich die Roboter ein türloses Nest gebaut haben. Sie sind im Inneren und versteckt, können nicht raus, haben Mauern um sich aufgebaut. Die Farben der Materialien wurden nicht verändert. Das was regelhaft ist, das wurde genommen. Es geht um Materialtests und die Frage der neuartigen Erscheinung von Hartem und Weichen. Es geht um Fertigung, um Erscheinung und Verstecken. Und um die Herstellung konformen mit starren Beton. Ob der Beton noch nachbearbeitet wird? Nein, das würde er nicht, die Form und Struktur, die im Fertigungsprozess heraus kommt, soll bestehen bleiben. Im Innen übernimmt die feingliedrige Wabenstruktur die Statik, im Aussenbereich ist der Faltenwurf  Dekoration.  Was wäre, wenn der Beton aussen geschliffenen und  auf Hochglanz gebracht würde?

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Mein Dank geht an Johannes Ladinig, der stand rum und ich durfte ihm meine Fragen stellen.

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Ars Electronica_Postcity: Shortcut von David Kaltenbach, Maximilian Mahal, Lucas Rex

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Die Idee zu „Artificial Skins and Bones“ entstand im Lauf einer gemeinsamen Workshopreihe der Kunsthochschule Berlin Weißensee und Ottobock. Angestoßen wurde sie durch Gespräche mit TechnikerInnen und PhysiotherapeutInnen des Prothetik-Weltmarktführers sowie mit Menschen, die durch Unfall oder Krankheit eine oder mehrere Gliedmaßen verloren.

Im Rahmen des Projektseminars „Artificial Skins and Bondes” experimentierten ProfessorInnen und Studierende der Kunsthochschule Berlin Weißensee mit Materialien und ließen sich dabei von der Natur, ihren Mustern, Strukturen und Funktionsweisen, inspirieren. Mit einzelnen Forschungsprojekte legten sie den Fokus auf die Sprache der Sinne, die Interaktion mit künstlichen Gliedmaßen und die Ästhetik künstlicher Körperteile im Verhältnis zur Ästhetik des menschlichen Körpers.

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„Shortcut“ von David Kaltenbach, Maximilian Mahal und Lucas Rex widmet sich Menschen, denen Teile ihrer Arme amputiert wurden. Trotz ihrer Prothesen sind die Betroffenen bei der Nutzung digitaler Geräte eingeschränkt, da weder Maus, Tastatur oder Touchscreen für sie geeignet sind.  Ein mit Sensoren ausgestattetes Armband nimmt Muskelimpulse wahr und übersetzt sie in eine intuitive Programmsteuerung. Ein Tippen mit bestimmten Fingern etwa bewirkt einen Links- oder einen Rechtsklick, ein Schnipsen schließt aktive Fenster.

 

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