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fmx 2016: Michael Pangrazio, Weta Digital

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Michael Pangrazio, WETA Digital

So einen wie Michael Pangrazio sollte jeder kennen. Nicht nur weil er schon etwas länger als Concept Artist für Filme arbeitet, sondern weil seine Herangehensweise und sein Stil Gestaltungswerte kommunizieren. Er ist auf der fmx 2016 und einer jener, die über Komposition, Gestaltungsprinzipien und gesetze, über Farben und deren Wertigkeit in einer abstrakten Weise zu sprechen vermögen. In der Regel werden Künstlerportraits, Herangehensweisen, Besonderheiten in der Arbeit aus subjektiver Sicht vorgetragen, denn das liegt auch nah. Hier werden Hintergründe der Wahrnehmung der Sichthierarchie, der Lesestruktur für Bilder angesprochen.

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Michael Pangrazio hat schon für Starwars Concept Art gemacht, er hat genauso auch für Tim und Struppi, Planet of the Apes, the Hobbit Trilogy, Avatar, The Lovely Bones…. gearbeitet. Wirklich viele, viele, viele mehr.

„All your work should make you FEEL SOMETHING“. Das ist das erste Zitat mit dem er beginnt. Und so leicht es sich schreibt, so schwer ist es, zu realisieren. Es ist das essentielle in der Kunst. Wer so schreibt wird nicht nur während der Arbeit in eine Art Zen fallen, wird sich in dem zeitlosen Raum der vollständigen Vertiefung in eine Sache hineinfallen lassen, der wir auch zurück treten und die Betrachterperspektive einnehmen können.

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Und nach diesem Statement spricht er von Gestaltungsgrundlagen. Sagt auch dass sie immer noch gültig sind. Sie bilden die Grundlagen der Wahrnehmung, siew erden wohl auch in 100 Jahren zutreffen.

Farben stellt er heraus. Spricht von der Psychologie der Farben. Zeigt das Farbrad, zeigt voll saturierte, aufgehellte, wässrige Töne, geschwärzte, dumpfe Töne. Zeigt Farben, Gegensätze: Komplementärkontrast.

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Hier ist er emotional, betrachtet die Farbe mit Künstleraugen. Nicht die des Wissenschaftlers, des Analysten. Rot bedeutet dieses Gefühl, Blau ein anderes. Wie universal diese Farbpsychologie ist, lässt er offen. Aber Farben und Wahrnehmung ist schwer messbar. Wir beschränken uns auf Anhaltspunkte wenn wir über Farbpsychologie sprechen. Die Welt der Farbforschung ist seltsam ruhig seit gut 60 Jahren. Wie können Farbwahrnehmung bindend gemessen werden? Er hat auch keine Antwort. So zeigt er das Bild vom Film: Marie Antoinette. Eine Pastelltonphantasie in Rosa, Pink und lichtem Weiss im Vordergrund, Pastellblaugrau im Hintergrund. Linksseitig Helligkeit, rechtsseitig Schatten und dort dunklere Pastelltöne. Links: das Sonnengestirn, die Königin, rechts die Hausdame im Schatten. So wie die Gesellschaft war. Wer im Licht steht hat die Macht, die anderen sind im Schatten. Dieses Bild ist nicht nur von der Farbgestaltung vielsagend, er verweist aber speziell auf die Farben.

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Dann spricht er von Komposition. Von der Symmetrie. Wie sie das Traditionelle, das Mächtige, das Alte und Konstante, das Unverrückbare und in sich geschlossene Ausdrückt. Er zeigt ein Bild vom Film „“TinTin. Das Schloss des Professors. Das wiederum ist geschickt an einigen Stellen aus der Symmetrie genommen. Die Kletterpflanzen an der Hauswand ordnen sich nicht der Architektur unter. Wachsen dort wo und wie sie wollen genau wie der auf der oberen Zinne des Turms angebrachte Wetterhahn. Und TinTin’s Auto ist nicht in der Mitte der Auffahrt, er steht linksseitig auf der Straße. So wird das Unverrückbare, Mächtige konterkariert. Wird mit wenigen Mitteln in Frage gestellt, das Starre zum Leben erweckt.

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Er spricht von geometrischen Grundformen in der Bildkomposition so wie sie schon in der Bauhauszeit in Weimar geschult wurden. Dafür führt er ein Bild aus Planet of The Apes an. Zeigt erst Dreieck, Kreis und Quadrat und lässt anschliessend das auf dieser Komposition entstandene Motiv durchscheinen. Erklärt dass diese Grundformen nicht unbedingt bei der Beschau erkannt und identifiziert werden, aber sie werden wahrgenommen hinter dem figürlichen Motiv. Und so wird ein Dreieck durch die Spitzen eher einen aggressiven Charakter in der Grundform kommunizieren, der Kreis eher die ausgewogene Ästhetik der Vollendung und das Quadrat etwas massives konstantes vermitteln.

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Er spricht von Proportionen, von Perspektiven, von Diagonalen und Horizontalen, Vertikalen Linien. Zeigt an seinen Beispielen, welche Wirkung sie entfalten.

Michael Pangrazio ist ein Künstler, er versteht sich als solcher. Er wird nicht nur die Tiefe des zeichnerischen Aktes empfinden, er wird mit fast neutralen Augen des Unbeteiligten auf das eigene Werk schauen und dabei Gefühle zulassen. Wird bei der Wahrnehmung aufmerksam sein, wird erkennen, ob es was stimmt, ob die Linienführung, ob die Achsen, Formen und Farben zusammen wachsen und einen Eindruck hinterlassen.

Er wird nicht nur das können, der wird auch den Blick des Spezialisten einnehmen. Wird sich genau anleiten, wird begreifen, wann an welcher Stelle etwas nicht stimmig ist, wird vielleicht sogar die Kraft und die Fähigkeit haben, zum rechten Zeitpunkt aufzuhören. Wobei bei diesem letzten Punkt ist selbst ein Michael Pangrazio auf die Aussenwelt angewiesen. Für ihn hört Arbeit auf wenn die Deadline abgelaufen ist. „I am a perfectionist, I work until I have to stop. It is difficult for me to stop just like that. I always want to achieve the very best“.

Er wurde gefragt, ob er während er arbeitet Musik hört oder sich durch andere Einflüsse unterstützt.

„I never listen to music, I work with silence, I want that it is quite and qualm. Diversity is not something that I need.“ Er will die Ruhe, hört keine Musik oder muss nicht TV im Hintergrund laufen lassen. Ein Mensch, der sich einlässt und sich ganz und gar seiner Sache verschreibt. Wenn er arbeitet, dann tut er das. Multitasking so wie viele behaupten es tun zu können, er jedenfalls kann es nicht, will es nicht, warum auch?

Er wird nach seinen Zeichenutensilien gefragt. Bis zu diesem Zeitpunkt haben wir schon andere Speaker gehört, anderen Künstlern die gleiche Frage gestellt. Einige sagen, dass sie gar nicht mehr mit Zeichenstift arbeiten. Vielleicht mit Wacom Boards, mit digitalem Pencil, aber nicht mit Bleistift, Graphitstift, nicht mit Pinsel, nicht mit Kreiden oder Pastellen, nicht mit Feder oder Tusche. Sie arbeiten mit digitalen Mitteln. Die machen sich nicht schmutzig. Michael Pangrazio arbeitet mit allem. Er kann mit Stiften arbeiten, der hat keine Furcht vor Farbfingern, Papier, Streifen, Schmier und Klecksen.

Er ist unabhängig und autark. Arbeitet in seinem speziellen Umfeld, seiner Realität, seiner Phantasie.

 

 

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