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Biennale Venedig 2015: Italienischer Pavillion, Nicola Samori, Paintings

IMG_3608Es ist ein Kathedrale, Klein zwar aber dennoch eine Kathedrale. An der Stirnseite befindet sich ein Wandfüllender Altar. Er wird das Archiv der Erinnerungen genannt. An den restlichen Wänden finden sich großformatige Ölgemälde. Sie sind klassisch. Sie tragen Namen: Il punto acerbo – in Deutsch der unausgereifte Punkt. Lienzo – , Il cavacarne – Der Reiter ohne Sattel. Die deutschen Übersetzungen sind vielleicht treffend, vielleicht daneben, es sind grobe Übersetzungen von mir.

Dieser Raum innerhalb des italienischen Pavillions, so wie noch zwei oder drei, werden durch Zeichnungen oder Ölgemälde geprägt. Das sehen wir nur noch selten auf der Biennale. Oft finden sich Installationen, Concept Art, Assemblages, Medien und viel Multi. Hier ist auch ein wenig Multi, es ist auch eine Installation aber wer sich in dieser Räumlichkeit befindet wird die Bilder genau ansehen.

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Dunkel sind sie, zeigen Szenen der Leidensgeschichte Jesu. Il punto acerbo – in Deutsch „der unausgereifte Punkt“ erkenne ich den Verrat oder vielleicht die Erkenntnis, dass Jesu für die Menschheit sterben wird. Die Arme sind ausgebreitet, die Hände geöffnet, fragend. Der Körper sitzt, die Leinwand wird durch Objekte gebrochen, es sind die Speerspitzen der Peiniger. Das Gesicht können wir nicht sehen. Der Künstler hat es weg gewischt. Es ist der Körper, der deutlich, lebendig und ausdrucksstark in der Dunkelheit hervorsticht.

Das nächste Gemälde „Lienzo“ zeigt Jesu, so nehme ich an, im Grab. Der Fuß zeigt die Stigmatia. Es ist in der Manier der Renaissance gemalt liegend, der Körper halb in Tüchern eingeschlagen liegt in dem querformatigen Gemälde. Erstaunlich auch hier der künstlerische Eingriff. Die Leinwand ist abgerollt, und so sehen wir nur den unteren Teil des Bildes. Der obere wird durch einen schwarzen Himmel gefüllt. Ein halbes Bild. Eine halbe Geschichte der Grablegung.

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Das dritte Gemälde „Il cavacarne – Der Reiter ohne Sattel“ zeigt nur den unteren Teil eines Motives. Wir vermuten es ist ein Lesender oder eine Lesende. Eine Hand hält anmutig ein aufgeschlagenes Buch. Denn auch hier wird die Leinwand in einem Halbrund abgerollt. Der obere Teil zeigt nur mehr einen dunklen Hintergrund und sehr undeutlich den Umriss, die Silhouette eines Kopfes und einer Schulter, die Fortsetzung des gemalten Motivs. In mitten des dunkles Hintergrund hängt ein Amulett, an den beiden oberen Bildseiten mit einem dunklen Faden befestigt erkenne ich 3 Krallen eines Tiers, eines Greifvogels vielleicht. Wird in diesem Bild die Erinnerung der Naturreligionen, des frühen Aberglaubens mit der beginnenden Unterwerfung der menschlichen Lebenswelt durch Forschung und Naturwissenschaften gezeigt. Auch dieses Bild ist im Stil der klassischen Renaissance meisterhaft gemalt.

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Der Künstler vermag fast skulptural die Figuren und die Gewänder auf der zwei Dimensionalen Leinwand sich entfalten zu lassen. Die Farbe der Haut ähnelt wohl eher der des Marmors. Diese Gemälde vereinen Klassik und Moderne. Sie sind eindringlich und kompliziert zu entschlüsseln. Es sind Bilder in Schichten. Der Künstler nimmt Schichten halb ab und entblößt die darunter liegende. Es sind Epochen und religiöse Überzeugungen die da zum Vorschein kommen. Manchmal ist es aber auch nur das Schwarze. Wie das gesehen und gewertet werden kann ist offen. für mich ist es immer die Dunkelheit. Etwas im Dunklen verborgenes oder vielleicht Tauch einfach nur das Nichts.

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