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Monthly Archives: Juli 2015

Biennale Venedig 2015: Heimo Zobernig, Österreich

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Der  1934 nach den Plänen von Josef Hoffmann und Robert Kramreiter realisierte Bau des Österreichi­schen Pavillons hat der Kunstprofessor an der Akademie der bildenden Künste Wien Heimo Zobernig gestaltet. Er hat veränderte den Innenraum und stellt dabei die Frage nach der Kunst.

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Wir gehen hinein und schreiten durch die Räume. Es ist ein Atrium, das links und rechts durch jeweils 2 weitere gleich große Räume flankiert wird. Dann geht der Besucher an den jeweiligen Seiten der Flanken in den hinteren Bereich, eine offener überdachte Terrasse. Sie öffnet sich zu einem bepflanzenden Garten. Die Bereiche sind sachlich, kühl und zurückhaltend. Die Architektur spricht Ruhe und Gelassenheit.

Und ist vollständig leer. Wir fragen uns, wo denn die Kunst ist und fühlen uns wie Loriot. Gehen hin und her, schauen und setzen uns auf die zwei weißen Bänke. Schauen und dann lassen wir die Kunst Kunst sein, entspannen, genießen die dunkle und kühle Atmosphäre. „Ist schön hier nach den vielen andern Pavillons.“

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Wir nehmen die Kamera hervor und machen einige Photos vom einfallenden Licht. Von den Reflektionen, von den Grauschattierungen. Jetzt endlich! Es fällt der Groschen. Natürlich, wir sitzen inmitten der Kunst. Denn ist die Decke nicht erstaunlich tief? Der Pavillon ist doch eigentlich architektonisch anders. Tatsächlich, die Decken sind abgehängt, ein doppelter Boden eingelegt. Es gibt keine Schwellen, es ist ein vereinheitlichter Ausstellungsraum. Keine Dachfenster,, keine Rundbögen. Die Wände sind weiss geblieben.

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Dieser Pavillon lässt mich die Kunst durch meine eigenen Aufnahmen erkennen. Die geometrischen und formalen Linien, Flächen, Hell- und Dunkelschattierungen. Jedes Foto strahlt Einheit, Ruhe, Gestaltung und Komposition. Ich bin der Künstler. Heimo Zobernig stellt den Raum. Zur Eröffnung des Pavillons sagt er: „Jetzt haben wir Punkt Null erreicht, ich trete zurück und Sie können es selber erleben.“ Wir haben die Besonderheit dieses Werks entschlüsselt und gehen beflügelt hinaus. Erfrischt, erstaunt und erbaut.

Biennale Venedig 2015: „Darwins Room“ von Adrian Ghenie, Rumänien

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Darwins Room: Malerei von Adrian Ghenie(*1977 in Baia Mare) ist im rumänischen Pavillon in den Giardini zu sehen. Malerei, wir wiederholen das Wort. Denn das gibt es nicht mehr so oft in den Länderpavillons.

Es sind klassische Werke: Öl auf Leinwand, nicht überdimensioniert, gut überschaubar, manchmal sogar eher Kleinformatig. Auch Zeichnungen mit Bleistift finden wir. Alt ist er nicht dieser Adrian Ghenie, gerade mal 37 Jahre. Seine Malerei derweil ist modern und klassisch. Klassisch die Portraits, die Motive, modern durch den Stil. Er arbeitet nicht mit Pinsel und Palette, nur mit Spachtel und Schablonen. Natürlich sind diese Utensilien auch nicht neu, aber das was er mit ihnen auf der Leinwand mit Ölfarbe vollbringt ist eindrucksvoll. Es ist ein gestisches Malen. Er selbst sagt: „You cannot paint this with a brush. It’s simply the result of an accident. Everything is an accident. Very few things are actually painted.“

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Man kann die Bilder nicht mit einem Pinsel malen, sie sind eher ein Resultat eines Zufalls, oder vielmehr eines Missgeschicks, eines Unfalls. Alles ist ein Störfall, Unfall. Es gibt nur weniges was tatsächlich gemalt wurde“. Von der Ferne erscheinen seine Bilder deutlich, je näher man kommt, desto stärker verflüchtigt sich der Eindruck. Die Farben verschwimmen. Das Auge sucht nach Grenzen, nach dem vorher so klar erkannten Figurativen. Als sei die Oberfläche zerstört, es ist ein brutaler Akt der Entstellung. Die Haut ist weggerissen und man sieht auf die innersten Tiefen. Dann tritt man wieder zurück und findet die Form erneut. Seine Kompositionen atmen den Geist des Verfalls. Die Bilder sind figurativ und abstrakt in einem.

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Er malt Portraits von Persönlichkeiten des 20sten Jahrhunderts und präsentiert sie im Pavillon. Menschen, die mit Völkermord und Misshandlung von Nationen assoziiert werden: Lenin, Ceausescu oder ein Dr. Joseph Mengele. Viele der Bilder heißen: Pie Fight Study 1 , 2, 3, 4, usw. Und so stehen wir von den Gemälden und versuchen die Gesichter zu erkennen. Wer verbirgt sich dahinter?

Er malt Gesichter und denkt an die ideologische Verkrüppelung der Darwinschen Theorien durch Nationalsozialisten.

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Er hat auch andere Motive: so Bilder von Lenins Grab, den Fensterspringer,  Laurel und Hardy oder Duchamp’s Grablegung. Seine Bilder sind in der Regel keine Cocktailparties, eher dunkle Kompositionen zu düsteren Themen. Meisterwerke.

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